Genschers Rede in der deutschen Botschaft in Prag

Abajo

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Ich hab da mal ein paar Fragen zu :

1. Wer hat das entschieden, dass die flüchtlinge aus der botschaft afueinmal ausreisen dürfen. und vorallem warum?
"nur" wegen der katastrophalen lebensweise ?
2. warum sind die menschen in die botschaft geflohen?
weil sie da sicher waren? und sie niemand angreifen oder wegholen durfte?
3. nach seiner rede dürfen die ja ausreisen, aber warum nur die flüchtlinge aus der botschaft und nicht alle aus der ddr? kurz darauf ist ja eh die mauer gefallen.

hoffe ich bin richtig und ihr könnt mir weiterhelfen ;)
 
Zu 1.:

Die Prager Botschaftsflüchtlinge - Der Weg zur deutschen Einheit

Zu 2.:

Das Botschaftsgelände gilt gemeinhin als Territorium des entsendenden Staates und bietet daher eine gewisse Sicherheit, da ein Angriff auf ein Botschaftsgelände schwerwiegende diplomatische Konsequenzen nach sich ziehen würde. Quellen bleibe ich aus Müdigkeitsgründen schuldig.

Zu 3.: Dass die Mauer kurz danach fallen würde, war ein Szenario, das die Granden der DDR unbedingt verhindern wollten. Es versteht sich sicher von selbst, dass sie das "Problem" in der Prager Botschaft nicht zum Problem ihres gesamten Staates machen wollten.
 
Die verstärkte Fluchtbewegung von DDR-Bürgern in die Botschaften der BRD und über Ungarn und die CSSR im Laufe des Jahres 1989 war einer der Aspekte der Friedlichen Revolution in der DDR. Der andere Aspekt waren die regelmäßigen Montagsdemos. Beides zusammen genommen brachte schließlich die SED-Diktatur zu Fall.
 
Zu dieser Zeit konnte noch Niemand wissen, dass die Grenzen ein paar Monate später fallen würde. Die DDR- Führung war offenbar der irrigen Meinung, dass wieder Ruhe herrscht, wenn sie die Störenfriede, die ein schlechtes Licht auf die DDR warfen, ausreisen ließ.
 
Ich hab da mal ein paar Fragen zu :

1. Wer hat das entschieden, dass die flüchtlinge aus der botschaft afueinmal ausreisen dürfen. und vorallem warum?
"nur" wegen der katastrophalen lebensweise ?
2. warum sind die menschen in die botschaft geflohen?

Zu 1. Auch die DDR gierte nach internationaler Anerkennung und war in internationale Abkommen eingebunden, eine solche Zurschaustellung durch die Behandlung ihrer eigenen Bürger konnte sie sich schließlich nicht mehr leisten. Also hat sie nachgegeben.

Zu 2. Die Menschen sind in die Botschaft des Landes geflohen, in das sie ausreisen wollten. Sie hätten ja auch in andere Botschaften fliehen können, die wären ja genauso extraterritorial gewesen, aber mit der Besetzung des Botschaftsgeländes der BRD wurde auf beide deutsche Staaten Druck ausgeübt, das Problem im Sinne der Flüchtlinge zu lösen.
 
Danke für die Antworten, haben mir alle weitergeholfen.

Eins wüsst ich gern noch, und zwar warum sich die SU eingemischt hat, ich versteh nich in welchem Zusammenhang die miteinander stehen: (meine frage bezieht sich auf den zweiten satz)

Ende September besetzten 10.000 DDR-Flüchtlinge allein die Botschaft der Bundesrepublik in Prag. Der Druck auf die DDR seitens der Sowjetunion wurde stärker. In einem Gespräch mit dem damaligen sowjetischen Außenminister Eduard Schewardnadse bei der UN-Volksversammlung in New York gelang es Genscher schließlich, die Ausreiseerlaubnis für die Flüchtlinge in den Botschaften zu bekommen.
 
Die DDR war Teil des Warschauer Paktes, des Verteidigungsbündnisses des Ostblocks, dessen Führungsmacht die SU war (letztlich waren die ganzen sozialistischen Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Druck der SU erst zu sozialistischen Staaten geworden). Ebenso die CSR und Ungarn.
Die DDR war unter den sozialistischen Staaten jedoch das konservativste Land (nicht im Sinne konservativer Parteien, sondern im Sinne eines Beharren auf alten Doktrinen), während in der SU längst mit Glasnost (Öffnung von Meinungs- und Pressefreiheit) und Perestroika (Neuorientierung des Sozialismus) Reformprozesse in Gang gekommen waren, blieb in der DDR alles beim Alten. Das war auch ein Grund für die Unzufriedenheit der DDR-Bürger.
Die Massenflucht aus der DDR über Ungarn und die Tschechoslowakei war wohl auch als Reaktion über den mangelnden Reformwillen der DDR-Führung verstanden worden.
 
Der entscheidene Durchbruch wurde am 30.September in einem Gespräch zwischen Genscher, Kanzleramtsminister Seiters und dem Leiter der Ständigen Vertretung der DDR Neubauer erzielt. Neubauer eröffnete den bundesdeutschen Vertretern, das die DDR die Botschaftsflüchtlinge aus Prag und Warschau mit Zügen der DDR, durch das Territorium der DDR, in die Bundesrepublik ausreisen dürften. So wurde der Schein einer souveränen Entscheidung der DDR, die Flüchtlinge erhielten in den Zügen entsprechende Papiere, gewahrt. (1)

Anzumerken ist noch, das die Sowjetunion sich unter Gorbatschow von der Breschnew-Doktrin verabschiedet hatte und damit eigentlich genaugenommen auch die Herrschaft über Osteuropa aufgegeben hatte. (2)

(1) Wirschnigg, Abschied vom Provisorium

(2) Conze, Suche nach Freiheit
 
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