Verhältnis zwischen Deutschland und Polen

Reinhard

Neues Mitglied
Was ist denn so schwierig am Verhältnis zwischen Deutschland und Polen? Der Bundespräsident ist sofort nach seiner Vereidigung nach Polen gereist. Warum? Hat Deutschland da was wieder gut zu machen? Ist in der Geschichte der beiden Staaten etwas Schlimmes passiert? (Außer dem Einmarsch in Polen am ersten September 39) Ich würde da gerne kurz informiert werden.
 
Unter dem Begriff "Polnische Teilung" wirst Du auch fündig. Polen als Staat/Kollektiv sowie viele Polen als Individuen haben aus gutem Grund respektive schlechter Erfahrung ein gewisses Misstrauen ihren "größeren Nachbarn" gegenüber, und damit respektvoll umzugehen gehört zur Politik.
 
Ist in der Geschichte der beiden Staaten etwas Schlimmes passiert? (Außer dem Einmarsch in Polen am ersten September 39) Ich würde da gerne kurz informiert werden.
Der Einmarsch, wie du schreibst, ist auch unter dem berühmt-berüchtigten Namen Blitzkrieg bekannt. Weitere Stichwörter wären Warschauer Ghetto und Auschwitz - das alles kann man zunächst bei Wikipedia mal anschauen. Ebenso die monströse Ruine der Wolfsschanze. Das betrifft den Zeitraum des Zweiten Weltkriegs.

Eine weitere Belastung der polnisch-deutschen Beziehungen sind die (teils gewaltsamen) Bevölkerungsverschiebungen direkt nach dem Zweiten Weltkrieg.

Damit wären zwei Themengebiete genannt, die bis heute direkte Nachwirkungen haben: da gibt es nicht nur zahlreiche Opfer, sondern es gibt auch Überlebende, will sagen es gibt zu beidem noch Erinnerungen von Opfern, von Vertriebenen, von Zeitzeugen.

...aber so insgesamt erstaunt mich doch die Naivität der Fragestellung sehr, wie ich zugeben muss...

Schon genannt wurde das Thema der Teilungen Polens: diese Aufteilungen unter den Großmächten Preussen, Russland und Österreich sind für die heutigen Polen nach wie vor schwer verdaulich - allerdings werden in Polen die administrativen und militärischen Zeugnisse der Fremdherrschaften des 19. Jhs. (Arsenale, Verwaltungsgebäude, Festungen) gepflegt und dokumentiert (so gut es die öffentlichen Mittel sowie Spenden erlauben)

Zahlreiche nicht schon im Krieg oder direkt danach zerstörte Bunkeranlagen werden museal aufbereitet und als Mahnmale gepflegt.
 
Reinhard schrieb:
Was ist denn so schwierig am Verhältnis zwischen Deutschland und Polen? Der Bundespräsident ist sofort nach seiner Vereidigung nach Polen gereist. Warum? Hat Deutschland da was wieder gut zu machen? Ist in der Geschichte der beiden Staaten etwas Schlimmes passiert? (Außer dem Einmarsch in Polen am ersten September 39) Ich würde da gerne kurz informiert werden.

Ich frage mich ob du diese Frage wirklich ernst meinst. Es geht mir gleich wie meinem Vorschreiber, die Naivität der Fragestellung erstaunt mich auch.


Ich empfehle dir folgende Beiträge zu lesen:

Polnische Geschichte vom Anfang bis zur Wiederherstellung der Staatlichkeit 1918 | bpb

Deutschland und Polen | bpb

Lange Schatten: Der Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg und seinen Folgen in Polen und Deutschland | bpb

http://www.zukunft-braucht-erinneru...-ghetto-litzmannstadt-im-polnischen-lodz.html

Ghetto Litzmannstadt ? Wikipedia

Auschwitz

Wenn du Literatur suchst kannst du ja mal hier reinschauen:

http://www.geschichtsforum.de/f66/standardwerke-und-links-zum-holocaust-39349/
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich wollte nochmal sagen, dass ich die Frage ernstgemeint habe. Ich weiß einiges über den Holocaust, und auch einiges über den Blitzkrieg, aber ich habe den Eindruck, dass (noch) anderes zu dem Trauma geführt hat. Inzwischen habe ich erfahren, dass Polen eine lange Zeit von der Landkarte verrschwunden war. Wegen der Aufteilung durch andere Mächte. Und in einem Roman ("Die Sterne können warten" von Jay Basu, einem Engländer mit polnischen Vorfahren) klang an, dass die Nazis den Polen irgendwie ihre polnische Identität abgesprochen haben. Und das wollte ich konkretisiert haben. Deswegen habe ich gefragt. Und da danke ich für die Literaturhinweise von 'ursi' sowie Eure übrigen Antworten
 
Was auch nicht vergessen werden sollte ist, dass sich nach der Wiedervereinigung für die Polen die Frage stellte, ob Deutschland die nach dem zweiten Weltkrieg von den Siegermächten gezogenen (Oder-Neiße-)Grenzen akzeptieren würde. Die DDR hatte dies zwar getan, die BRD hatte sich in dieser Frage jedoch immer "zurückhaltend" gezeigt. Kurz zusammengefasst kann das Ganze auch bei der bpb nachgelesen werden.

"Im Potsdamer Protokoll wurden die deutschen Ostgebiete - nämlich die ehemaligen deutschen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie (Ostpreußen, Westpreußen, Pommern und Schlesien) - "vorbehaltlich der endgültigen Bestimmungen der territorialen Fragen bei der Friedensregelung" unter sowjetische (Teile Ostpreußens) sowie unter polnische Verwaltung gestellt. Es wurde nur ein "gebietsmäßiger Kompensationsanspruch" seitens der drei Mächte anerkannt, aber die endgültige Festlegung der Grenzen sollte einer "Friedensregelung" vorbehalten bleiben. Die drei Mächte stimmten nur überein, "dass bis zur endgültigen Festlegung der Westgrenze Polens die früher deutschen Gebiete östlich der Linie Swinemünde und von dort die Oder entlang bis zur tschchoslowakischen Grenze verläuft, unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als ein Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen". Während die DDR bereits 1950 im Görlitzer Vertrag die Oder-Neiße-Grenze als Staatsgrenze zwischen der DDR und Polen als endgültig anerkannte, hat die BRD zunächst die Oder-Neiße-Grenze nicht akzeptiert. Im 1955 in Kraft getretenen Deutschlandvertrag zwischen den drei Westmächten und der BRD stimmten die Vertragspartner überein, dass die "endgültige Festlegung der Grenzen Deutschlands einer frei vereinbarten friedensvertraglichen Regelung für ganz Deutschland" vorbehalten bleiben musste. Somit konnte auch die Oder-Neiße-Linie nicht von der BRD als endgültige Westgrenze Polens anerkannt werden. Unter der sozial-liberalen Regierung Brandt wurde eine neue deutsche Ostpolitik eingeleitet, die mit den Ost-Verträgen (Moskauer und Warschauer Vertrag 1970, Prager Vertrag 1973) auf die Normalisierung und Entspannung in Europa zielte und dabei von der "in diesem Raum bestehenden wirklichen Lage" ausging. In den Verträgen werden ein Gewaltverzicht ausgesprochen und die bestehenden Grenzen in Europa, also auch die Oder-Neiße-Linie, als unverletztlich anerkannt. Allerdings hat die BRD mit diesen Verträgen nicht den Friedensvertragsvorbehalt aufgegeben, so dass die völkerrechtliche Entscheidung über die endgültige Abretung der ehemaligen deutschen Ostgebiete erst von einem gesamtdeutschen Souverän gefasst werden konnte."
 
Zuletzt bearbeitet:
Und in einem Roman ("Die Sterne können warten" von Jay Basu, einem Engländer mit polnischen Vorfahren) klang an, dass die Nazis den Polen irgendwie ihre polnische Identität abgesprochen haben. Und das wollte ich konkretisiert haben.

Es war noch viel schlimmer. Den "slawischen Völkern" inkl Polen wurde nicht mehr als der Status einer "Untermenschen-Rasse" zugestanden; diese sollte nach einer erfolgreichen Eroberung den deutschen "Herrenmenschen" als Sklaven dienen. In Polen, dass im 2. Wk. am längsten unter der deutschen Besatzung litt, führte dies zu einem brutalen Terrorregime, in dem v.a. die Oberschicht, die "Intelligenz" gezielt ermordet wurde; aber natürlich auch jede andere Person, die es wagte, Widerstand zu leisten. Noch ein Link dazu:

http://www.dhm.de/lemo/html/wk2/kriegsverlauf/besatzungpolen/index.html

Deswegen habe ich gefragt.

Irgendein kluger Mensch, vermutlich Konfuzius, sagte mal: Frage, und die wirkst einmal dumm. Frage nicht, und Du bleibst dumm Dein Leben lang.

:winke:
 
Ich lese grade die Autobiographie des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt und da hieß es zum Beispiel zu dem Thema .:

Ich war überzeugt, dass der Aussöhnung zwischen Polen und Deutschland der gleiche geschichtliche Rang zukommen müsse wie der deutsch - französischen Freundschaft .
[ Willy Brandt - Erinnerungen aus dem Jahr 1989]

Und ich sehe es genauso wie Brandt.:
Wir als deutsches Volk haben auch in Zukunft die Pflicht die vergangenen Verbrechen und ihre Folgen so gut es geht zu mindern, mit aussöhnender Kooperation und konfliktabbauender Freundschaft gegenüber jenen, denen wir Leid zugefügt haben .

Wie bereits oben angeklungen ist, hat Polen genug gelitten wegen den Deutschen , sei es durch Vernichtungslager wie Auschwitz oder Treblinka, durch bereits vor dem Krieg stattgefundene Aufteilungsideen von Hitler und Stalin , durch die minderwertige Behandlung mit den Polen ( minderwertige Rassentheorien oder Nichtanerkennung des polnischen Staatsgebietes ) Auch 67 Jahre nach Kriegsende tun wir gut daran, dass Thema mit genügend Sensibilität zu betrachten . (Ist zumindest meine bescheidene Meinung )
 
Zurück
Oben