Wandel durch Annäherung - Willy Brandts Ostpolitik

nkontrast

Neues Mitglied
Hallo Leute,

ich muss ein Referat über Willy Brandts Ostpolitik halten. Das Thema heißt "Wandel durch Annäherung", ich weiß aber nicht ganz wie ich das gliedern soll.

Ich dachte mir, dass ich zuerst ein wenig was biographisches über Brandt sage ( wobei ich da auch nicht sicher bin, was alles wichtige Punkte sind), dann könnte man die Ostverträge (Moskauer/Warschauer Vertrag .. Prager Vertrag) erklären, was kann man denn noch alles sagen?
Ich hab wirklich keine Ahnung wie ich das gliedern soll und hab auch überhaupt keinen Überblick über das Thema

Würde mich über eine Antwort sehr freuen und bedanke mich schon im voraus, mit freundlichen Grüßen,
nkontrast
 
Ich bin in neuzeitlicher Geschichte eher Laie. Ich denke aber, daß eine Gegenüberstellung von Brandt's Politik mit der der Vorgängerregierungen ganz hilfreich wäre. Kommt ja auch immer auf die Referatslänge an und ob Gymnasium, Uni etc.
 
Und den Knie-Fall von Warschau nicht vergessen. Das war das große Symbol von Brandt.

Apvar
 
„Wandel durch Annäherung“.
Stell Dir auch die Frage, welche Politik galt vorher (Politik der Stärke).
Beschäftige Dich auch mit der Rede von E. Bahr vor der evangelischen Akademie in Tutzing (15.07.1963).

Friedrich Ebert Stiftung.

Da findest Du auch die komplette Rede von E. Bahr (pdf, 5 Seiten).
 
Zunächst mal ein paar weiterführende Links, die dir evt. helfen eine Gliederung und Übersicht zu erstellen:

Neue Ostpolitik

Willy Brandts Konzept einer neuen Ostpolitik | MDR.DE

Entspannung und Neue Ostpolitik 1969-1975 | bpb

Umstrittene Ostpolitik Willy Brandts | tagesschau.de

Deutscher Bundestag: Historische Debatten (6): Ostverträge

Deutscher Bundestag: Folge 6: Machtwechsel und Vertrauensfrage (1969-1972)

Biographiesches würde ich wie Floxx nur dann erwähnen wenn es zum Thema passt. Du kannst jedoch die Daten zusammenstellen und diese dann verteilen.
 
Erstmal vielen Dank für die Antworten
@floxx ok, vielleicht ist es aber wichtig, dass er im Exil war, damit hat Adenauer ihn z.B. diskreditiert und wenn man sich den Kniefall anguckt, ist es doch vielleicht auch gut zu wissen, dass er im Exil war, weil er eigentlich der letzte gewesen wäre, der da auf die Knie fallen müsste

@Apvar ja du hast recht, der Kniefall muss auf jeden Fall ins Referat, danke !

@Ralf M soweit ich weiß, hat Adenauer Westintegration "betrieben", d.h. er näherte sich dem Westen an z.B. durch den Beitritt in die Nato und die Wiederbewaffnung und wollte dass die BRD damit wieder in die Weltgemeinschaft integriert wird. Er hat soweit ich mich erinnern kann auch versucht sich mit Frankreich auszusöhnen (Ellysee Vertrag?). Bei der Annäherung an den Westen hat er aber dem Osten den Rücken gekehrt und sieht die DDR als Staat nicht an, die Hallstein Doktrin besagt, dass zu allen Länder, die die DDR als Staat anerkennen, die diplomatischen Verbindungen aufgelöst werden.
Das ist so weit mein Wissensstand, habe ich wichtige Punkte in der Vorgeschichte vergessen?

@ursi danke für die Links, ich werde sie mir morgen alle durchlesen :)

Vielen Dank für die Antworten, hätte nicht gedacht dass das so schnell geht :)
 
Zuletzt bearbeitet:
"Wandel durch Annäherung"

Ich würde Brands Politik vom Ende her sehen (und so auch die Gliederung machen)
nämlich als wesentlichen Schritt auf dem Weg zur Wiedervereinigung, auch wenn das damals von seinen Kritikern genau anders herum gesehen wurde (nämlich dass die Teilung Deutschlands damit für immer manifestiert würde.

Die von ihm geschlossenen Grundverträge waren der wichtigste Staatsvertrag bis zur Wiedervereinigung.
Sie waren zur damaligen Zeit sehr umstritten und nur eine Person wie Brandt ( hier kommt seine Biografie rein) konnte so eine kühne gegen den Zeitgeist verstoßende Politik in die Wege leiten.
Es wurden die Beziehungen zwischen Ost und West n o r m a l i s i e r t , besser es wurde so etwas wie Kommunikation überhaupt erst möglich
- vorher gab es nur NICHTKommunikation (was natürlich auch eine Form der Kommunikation ist)

Ostpolitik: Brandt ändert die Welt des Kalten Krieges | ZEIT ONLINE

Der Grundlagenvertrag von 1972 Der Freidenker
 
Nicht nur mit seiner Zeit im Exil wurde Brandt diffamiert, sondern auch mit seiner Unehelichen Geburt , während des Bundestagswahlkampfes 1961.

Apvar
 
@floxx ok, vielleicht ist es aber wichtig, dass er im Exil war, damit hat Adenauer ihn z.B. diskreditiert und wenn man sich den Kniefall anguckt, ist es doch vielleicht auch gut zu wissen, dass er im Exil war, weil er eigentlich der letzte gewesen wäre, der da auf die Knie fallen müsste

:winke:

Ich wollte das halt nur nicht selbst sofort schreiben, weil hier dauernd Leute auftauchen, die ihre Arbeit von anderen gemacht haben wollen. Tatsächlich sind das wichtige Punkte, die man nicht unerwähnt lassen sollte.

Egon Bahr würde ich, wie Ralf schon vorgeschlagen hat, auch erwähnen.

Viel Erfolg weiterhin!
 
"Wandel durch Annäherung"

Es wurden die Beziehungen zwischen Ost und West n o r m a l i s i e r t , besser es wurde so etwas wie Kommunikation überhaupt erst möglich
- vorher gab es nur NICHTKommunikation

Sehr richtig! Von Bender - im Abschnitt: Die Philosophie der Anerkennung (S. 163ff) - werden die Aspekte aufgezeigt, die relevant waren für Brandt und Bahr, wie von "Anthea" dargestellt.

http://books.google.de/books?id=syp...a=X&ei=EqzCUpXEO8KitAaGtoHADg&ved=0CDUQ6AEwAA


Im Prinzip war es eine Dreiecksbeziehung zwischen dem WP, der BRD und der Nato.

Zu untersuchen wäre, wie die Situation durch die Konfliktstellung vor der Entspannungspoltik immer knapp unterhalb zum heißen Krieg gehalten wurde. Mit negativen Konsequenzen und Befürchtungen für alle drei Partner. Und wie sich diese Beziehung durch die Entspannungspolitik, zumindest temporär, veränderte.

In disem Sinne kam Brandt mit seiner Politik den Forderungen nach Anerkennung des Status quos durch den WP nach und senkte den Grad der politischen und militärischen Konfrontation.

Er kam aber auch den Erwartungen der Nato nach, die eine nachhaltge Entspannugn des Konfliktherds "Deutschland" erwartete, in Kombination mit einer zuverlässigen Integration der BRD in die westlichen Kooperationsstrukturen.

In diesem Sinne hat Brandt teilweise die Adenauersche Politik der Westintegration fortgeführt und durch die faktische Anerkennung der Teilung Europas ergänzt.

Allerdings, und das ist der eigentlich Verdienst, nur vordergründig. Im Prinzip war die Konzeption, der "Wandel zur Annäherung" ein durchaus "subversives" Konzept, das die Wandlungsfähigkeit von Gesellschaften im Friedenszustand im Osten für wahrscheinlicher hielt, wie ein Wandel im Osten im Rahmen eines permanenten indirekten Kriegszustands.

Dieses Verständnis von politischem und kulturellem Wandel ist die eigentlich intellektuelle Leistung von Brandt und Bahr. Und ihre politische Leistung war es, sie erfolgreich umgesetzt zu haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
ok, hab jetzt einiges gelesen. Ich hab jetzt ein paar Punkte zu Willy Brandt geschrieben. Ich dachte mir jetzt, dass ich zuerst was über die Vorgeschichte schreibe. Ich fang einfach mal an. Adenauer hielt an der Westintegration fest, er leugnete komplett die DDR und hielt an dem Alleinvertretungsanspruch fest, d.h. dass die BRD der einzige rechtmäßige Vertreter deutscher Interessen ist. Die Begründung dieses Anspruches ist, dass die DDR eine SED Diktatur ist und den Bürgern ihre Selbstbestimmung verweigert, ergo vertretet sie die Interessen der Bürger nicht. Die BRD muss auch die Interessen der DDR-Bürger vertreten. Die Konsequenz daraus war, dass die BRD die DDR als Staat nicht anerkannte, keinen diplomatischen Kontakt mit der SED hatte und es keine Verhandlungen über kulturellen oder gesellschaftlichen Austausch gab. Um zu verhindern, dass die DDR von Entwicklungsländern als Staat anerkannt wird, setzte Adenauer die Hallstein-Doktrin ein, die besagt, dass zu allen Ländern, die die DDR völkerrechtlich (oder staatsrechtlich??) als Staat anerkennen, die diplomatischen Verbindungen aufgelöst oder wirtschaftliche Sanktionen erlassen werden. Bis 1969 hielten die Regierungen an der Hallstein Doktrin und am Alleinvertretungsanspruch fest. Als Reaktion auf die 1955 ratifizierten Pariser Verträge, die eine zunehmende Westanbindung der BRD bedeuteten gab es einen Wandel in der Deutschlandpolitik der UdSSR. Vor 1955 machte die UdSSR unter Stalin (Stalin-Note) der BRD Wiedervereinigungsangebote, danach rief Chruschtschow die Zweistaatentheorie aus, die besagte, dass die BRD und DDR nach dem 2. Weltkrieg zwei souveräne Staaten sind, die aus dem Deutschen Reich hervorgegangen sind. Chruschtschow begründet das mit der Genfer Gipfelkonferenz im Jahre 1955, an der die DDR auch teilnahm, was eine ziemliche Aufwertung für die DDR bedeutete. Später wurde die DDR noch von anderen Dritte Welt Ländern als Staat anerkannt, was diese These weiter stützte. Die Bedingungen Chruschtschows für eine Wiedervereinigung sind, dass 1. eine Annäherung der beiden deutschen Staaten erfolgen muss und die Einheit allein Sache der deutschen Bevölkerung ist (das versteh ich nicht ganz, ich dachte, dass ohne den Willen der UdSSR keine Einheit zustande kommen würde, hier sagt er aber doch, dass nur die DDR und BRD darüber verhandeln muss. Kann mir das jemand mal genauer erklären?) 2. die sozialistischen Errungenschaften der DDR müssen gewahrt werden. Eine Wiedervereinigung durch freie Wahlen ist also ausgeschlossen.
Über Erhard weiß ich, dass er für das Wirtschaftswunder steht und er vor seinem Kanzleramt Wirtschaftsminister war. Hat jemand vielleicht Links zu seiner Außenpolitik und Innenpolitik? Kurt Georg Kiesinger war vor Brandt Kanzler und ist ein alter Nazi, der damals bei Ribbentrop im Auswärtigen Amt gearbeitet hat. Er hat glaub ich auch versucht sich dem Osten anzunähern, dabei hat er allerdings ohne die UdSSR und DDR verhandelt, sodass die DDR eine zunehmende Isolierung fürchtete und die UdSSR eine Destabilisierung des Ostblocks. Die DDR kam dann mit der Ulbricht Doktrin, welche besagt, dass zuerst die DDR völkerrechtlich anerkannt werden müsste. Also hatte Kiesinger nicht wirklich Erfolg mit seiner Politik oder?
In der gesamten Welt bemühte sich die USA auch um Entspannung (wann setzte dieser Gedanke ein?), da durch die Zündung der H-Bombe seitens der UdSSR klar wurde, dass nun ein Gleichgewicht des Schreckens herrscht, deshalb wurde die DDR auch überhaupt zur Genfer Gipfelkonferenz eingeladen und die SALT Verhandlungen geführt. Willy Brandt führte dann die Entspannungspolitik der Amis fort und übertrug sie auf die BRD. Ein Festhalten an der Hallstein Doktrin würde lediglich zur zunehmen Isolierung der BRD führen (richtig?)
Danke erstmal fürs Lesen :) Fehlen da wichtige Punkte, würdet ihr da was ergänzen?

Sorry, hab nicht gemerkt, dass ich schon so viel geschrieben hab :/
 
Anthea schrieb:
Es wurden die Beziehungen zwischen Ost und West n o r m a l i s i e r t , besser es wurde so etwas wie Kommunikation überhaupt erst möglich
- vorher gab es nur NICHTKommunikation (was natürlich auch eine Form der Kommunikation ist)

Die Anfänge der sogenannten Ostpolitik, wenn auch zögerlich, lassen sich durchaus schon in der Zeit der Großen Koalition, in der Brandt Außenminister und nicht Kanzler war, verorten. Der Rubikon der hier noch nicht überschritten werden konnte, war die, wie auch immer gelagerte, Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze. Zu Rumänien wurden immerhin diplomatische Beziehungen aufgenommen. Kiesinger war wohl auch immer mehr zu der Überzeugung gelangt, das die Hallstein-Doktrin nicht mehr haltbar sei. 1967 war auch Jugoslawien auf der Agenda zwecks Herstellung diplomatischer Beziehungen. 1968 kam dann der Gewaltakt des Einmarsches der Truppen des Warschauer Paktes zur brutalen Unterdrückung des Prager Frühlings.
 
Hat die Annäherung wirklich zum Wandel geführt oder war sie möglicherweise sogar kontraproduktiv ? Die Sowjetunion ist doch nicht durch Einsicht in die Notwendigkeit sondern durch wirtschaftliche Schwäche zusammengebrochen.Ohne die Möglichkeit die Rohstoffe zu verkaufen und Getreide zu kaufen wäre das vielleicht viel früher passiert.Viele Russen trauern der Sowjetunion nach, Lenin und Stalin werden nach wie vor hochverehrt, von der Demokratie ist Russland weit entfernt was die meisten Russen überhaupt nicht stört,Chodorkowski meint sogar, 80 % der Russen sind noch autoritärer eingestellt als Putin.Kann man in diesem Zusammenhang von Wandel reden ?
 
Hat die Annäherung wirklich zum Wandel geführt oder war sie möglicherweise sogar kontraproduktiv ? Die Sowjetunion ist doch nicht durch Einsicht in die Notwendigkeit sondern durch wirtschaftliche Schwäche zusammengebrochen.Ohne die Möglichkeit die Rohstoffe zu verkaufen und Getreide zu kaufen wäre das vielleicht viel früher passiert.Viele Russen trauern der Sowjetunion nach, Lenin und Stalin werden nach wie vor hochverehrt, von der Demokratie ist Russland weit entfernt was die meisten Russen überhaupt nicht stört,Chodorkowski meint sogar, 80 % der Russen sind noch autoritärer eingestellt als Putin.Kann man in diesem Zusammenhang von Wandel reden ?

Ich kann für die Sowjetunion nicht viel sagen, aber im Hinblick auf das deutsch-deutsche Verhältnis und die deutsch-polnischen Beziehungen war Brandts Anerkennung der Oder- Neißelinie überfällig. Sein Kniefall in Warschau wurde von einigen Konservativen wie dem Journalisten gerhard Löwenthal (ZDF Magazin) überaus negativ beurteilt. Im Hinblick auf die Bedeutung eines harmonischen Verhältnisses zu Polen halte ich es für eine bedeutende Geste.


Mich würde sehr interessieren, wie das damals in Polen aufgenommen wurde, kannst du, @chrono dazu mehr sagen?
 
Die Anfänge der sogenannten Ostpolitik, wenn auch zögerlich, lassen sich durchaus schon in der Zeit der Großen Koalition, in der Brandt Außenminister und nicht Kanzler war, verorten.

Waren die Anfänge der Ostpolitik nicht schon unter Erhard? Außenminister Schröder hat doch angefangen Handelsbeziehungen zu den Ostblockstaaten aufzunehmen.

Quelle: Die Kanzlerschaft Ludwig Erhards 1963 - 1966 unter Ost- und Deutschlandpolitik
 
Ich kann für die Sowjetunion nicht viel sagen, aber im Hinblick auf das deutsch-deutsche Verhältnis und die deutsch-polnischen Beziehungen war Brandts Anerkennung der Oder- Neißelinie überfällig. Sein Kniefall in Warschau wurde von einigen Konservativen wie dem Journalisten gerhard Löwenthal (ZDF Magazin) überaus negativ beurteilt. Im Hinblick auf die Bedeutung eines harmonischen Verhältnisses zu Polen halte ich es für eine bedeutende Geste.


Mich würde sehr interessieren, wie das damals in Polen aufgenommen wurde, kannst du, @chrono dazu mehr sagen?

Warum wurde der Kniefall denn für negativ befunden? Der Kniefall war doch genauso wie die Oder Neiße Grenze überfällig. Das Erste mal hat doch damit ein Kanzler klar gezeigt, dass er die kollektive Schuld des deutschen Volkes zugesteht. Haben manche Leute den Kniefall negativ gesehen, weil sie die Schuld nicht eingestehen oder weil sie die Anerkennung der Oder Neiße Grenze nicht akzeptieren?
 
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