Burgen und Burgleben im Mittelalter

B

-bernhard-

Gast
hi,
weiss jemand eine gute Website, auf der man Informationen über Burgen und das Burgleben im Mittelalter findet? (Referat) Hab schon bei Google geschaut, aber nichts rechtes gefunden.

vielen Dank
Gruß Bernhard
 
Hallo!

Ich habe zu diesem Thema mal eine Frage:
Hatte wirklich jeder Ritter eine Burg? Mein Geschichtlehrer behauptete nämlich, dass jeder Ritter eine eigene Burg besessen hatte. Aber ich habe gelesen, dass nicht jeder Ritter sofort nach seiner Ausbildung eine Burg bekam, sondern oftmals erst als "fahrender Ritter" durch das Land zog. Dies traf doch sehr häufig bei 2.geborenen Söhnen zu, da die Burg und das dazugehörige Lehen schon an den 1.geborenen Sohn fiel.
Doch muss man gleichzeitig bedenken, dass der Bau und die Unterhaltskosten einer Burg mit den dazugehörigen Angestellten Unsummen von Geld verschlang, so dass sich nur Hochadel und ein paar reich gewordene Ministeriale so etwas leisten konnten, ganz abgesehen davon, dass der Burgenbau ein Regal war und somit nur dem König vorbehalten war, was den Adel aber nicht großartig interessierte.
Wenn man der Aussage meines Lehrers Glauben schenkt, muss es doch in Europa hunderttausende von Burgen gegeben haben!
Vielleicht kann mir einer von euch weiterhelfen!
 
Hallo Octavian,

ich versuche es einmal mit einer kürzestmöglichen Antwort...

Octavian schrieb:
Ich habe zu diesem Thema mal eine Frage:
Hatte wirklich jeder Ritter eine Burg? Mein Geschichtlehrer behauptete nämlich, dass jeder Ritter eine eigene Burg besessen hatte. Aber ich habe gelesen, dass nicht jeder Ritter sofort nach seiner Ausbildung eine Burg bekam, sondern oftmals erst als "fahrender Ritter" durch das Land zog. Dies traf doch sehr häufig bei 2.geborenen Söhnen zu, da die Burg und das dazugehörige Lehen schon an den 1.geborenen Sohn fiel.
Doch muss man gleichzeitig bedenken, dass der Bau und die Unterhaltskosten einer Burg mit den dazugehörigen Angestellten Unsummen von Geld verschlang, so dass sich nur Hochadel und ein paar reich gewordene Ministeriale so etwas leisten konnten, ganz abgesehen davon, dass der Burgenbau ein Regal war und somit nur dem König vorbehalten war, was den Adel aber nicht großartig interessierte.
Wenn man der Aussage meines Lehrers Glauben schenkt, muss es doch in Europa hunderttausende von Burgen gegeben haben!

Zunächst zu der Annahme, daß es ja in Europa so viele Burgen gegeben haben müßte: hier darf man zwei Dinge nicht übersehen. Erstens gab es eine beträchtliche Anzahl mehr an Burgen als jene, die heute noch erhalten sind - in Deutschland findet man bspw. abseits heutiger Ortslagen scheinbar "mitten in der Landschaft" Fundamente solcher Anlagen. Zum anderen gab es gar nicht so viele Ritter, wie oftmals (fälschlicherweise) angenommen wird: dazu sollte man sich vor Augen halten, daß bspw. ein Herzog oder Bischof, welcher 1000 Ritter oder mehr (also nicht eingeschlossen die ebenfalls gepanzerten Reiterkrieger der Sergenten) ins Feld schicken konnte, bereits ein mächtiger Fürst und damit schon außergewöhnlich war - zumindest gilt diese Abschätzung fürs Hochmittelalter (also etwa 1100 - 1300)!

Lassen wir mal den für Deutschland typischen Ministerialen außen vor (der übrigens ein Lehen und damit eine Burg haben konnte oder auch nicht) und konzentrieren uns auf den "richtigen" ritterlichen Adel. Außerdem bezieht sich meine Schilderung wieder aufs hohe Mittelalter...

Nehmen wir den quasi Normalfall eines Ritters: er hat 2 Söhne, und nur der erste erbt das Lehen und damit die väterliche Burg - d.h. auch er ist wieder Ritter mit Burg. Der zweitgeborene wird gewöhnlich aber nicht Ritter, sondern dem geistlichen Stand zugeführt (Mönch, Priester, ...) - das ist aber nicht als "Abschiebung" des Nachgeborenen mißzuverstehen, sondern bedeutet ja, daß man damit einen Gelehrten bzw. Mann von Bildung in der Familie hat. Unabhängig davon haben wir in diesem Fall das JA: Ritter mit Burg!

Der Fall, daß ein oder auch mehrere nachgeborene Söhne nicht in den geistlichen Stand kommen, ist seltener und tritt meines Wissens dann ein, wenn betreffender zweiter, dritter, ... Sohn nicht zum Mönch oder Priester oder dergleichen "taugt", d.h., oftmals zu ungesittet und/oder zu ungebildet ist. Wird ein solcher Nachgeborener nun auch Ritter, so handelt es sich - vereinfacht gesagt - oftmals um einen sog. Einschildritter: er bringt sich selbst, seine Ausrüstung (Waffen, Schild, Rüstung, Pferde, Waffenknechte) und damit seine ganze Kampfkraft ein, um bei einem anderen Herren (oft Grafen, Herzog, Abt, Bischof o.ä.) in Dienst zu treten. Hier haben wir dann ein NEIN: Ritter ohne Burg!

Noch einmal zur Verdeutlichung: der zweite Fall ist seltener, tritt aber nicht nur in Einzelfällen auf!

Der dritte Fall ergibt sich im Umfeld der Kreuzzüge und dem Entstehen der Ritterorden: hier sammeln sich nachgeborene Söhne des (oft ritterlichen) Adels und treten einem solchen Orden bei. Also faktisch so etwas wie die Verbindung aus den beiden zuvor genannten Fällen - auch wenn das jetzt wieder vereinfacht gesagt ist. Der Nachgeborene tritt in eine klösterliche Ordensgemeinschaft ein, und er bringt dabei sich selbst, seine Ausrüstung (Waffen, Schild, Rüstung, Pferde - damit wieder seine Kampfkraft) sowie eine Schenkung/Mitgift an den Orden ein. Und obgleich die Orden über sehr gut ausgebaute Burgen verfügen, haben wir auch hier wieder den Fall eines Ritters ohne Burg, wenngleich dieser einen Spezialfall darstellt.

In jener Zeit (12./13.Jh.) übrigens ist dieser "Karriereweg" - der letztgenannte - gerade für die nachgeborenen Söhne des ritterlichen Adels äußerst lukrativ.

Ich hoffe, dies hilft Dir wenigstens etwas zur Beantwortung Deiner Frage.

In diesem Sinne

Timo
 
Danke für die ausführliche Antwort, hast mir echt weitergeholfen! Ich habe einige Aspekte, die du genannt hast, nicht bedacht!
 
timotheus schrieb:
.

Zunächst zu der Annahme, daß es ja in Europa so viele Burgen gegeben haben müßte: hier darf man zwei Dinge nicht übersehen. Erstens gab es eine beträchtliche Anzahl mehr an Burgen als jene, die heute noch erhalten sind - in Deutschland findet man bspw. abseits heutiger Ortslagen scheinbar "mitten in der Landschaft" Fundamente solcher Anlagen. Zum anderen gab es gar nicht so viele Ritter, wie oftmals (fälschlicherweise) angenommen wird: dazu sollte man sich vor Augen halten, daß bspw. ein Herzog oder Bischof, welcher 1000 Ritter oder mehr (also nicht eingeschlossen die ebenfalls gepanzerten Reiterkrieger der Sergenten) ins Feld schicken konnte, bereits ein mächtiger Fürst und damit schon außergewöhnlich war - zumindest gilt diese Abschätzung fürs Hochmittelalter (also etwa 1100 - 1300)!

Lassen wir mal den für Deutschland typischen Ministerialen außen vor (der übrigens ein Lehen und damit eine Burg haben konnte oder auch nicht) und konzentrieren uns auf den "richtigen" ritterlichen Adel. Außerdem bezieht sich meine Schilderung wieder aufs hohe Mittelalter...

Nehmen wir den quasi Normalfall eines Ritters: er hat 2 Söhne, und nur der erste erbt das Lehen und damit die väterliche Burg - d.h. auch er ist wieder Ritter mit Burg. Der zweitgeborene wird gewöhnlich aber nicht Ritter, sondern dem geistlichen Stand zugeführt (Mönch, Priester, ...) - das ist aber nicht als "Abschiebung" des Nachgeborenen mißzuverstehen, sondern bedeutet ja, daß man damit einen Gelehrten bzw. Mann von Bildung in der Familie hat. Unabhängig davon haben wir in diesem Fall das JA: Ritter mit Burg!

Der Fall, daß ein oder auch mehrere nachgeborene Söhne nicht in den geistlichen Stand kommen, ist seltener und tritt meines Wissens dann ein, wenn betreffender zweiter, dritter, ... Sohn nicht zum Mönch oder Priester oder dergleichen "taugt", d.h., oftmals zu ungesittet und/oder zu ungebildet ist. Wird ein solcher Nachgeborener nun auch Ritter, so handelt es sich - vereinfacht gesagt - oftmals um einen sog. Einschildritter: er bringt sich selbst, seine Ausrüstung (Waffen, Schild, Rüstung, Pferde, Waffenknechte) und damit seine ganze Kampfkraft ein, um bei einem anderen Herren (oft Grafen, Herzog, Abt, Bischof o.ä.) in Dienst zu treten. Hier haben wir dann ein NEIN: Ritter ohne Burg!

Noch einmal zur Verdeutlichung: der zweite Fall ist seltener, tritt aber nicht nur in Einzelfällen auf!

Der dritte Fall ergibt sich im Umfeld der Kreuzzüge und dem Entstehen der Ritterorden: hier sammeln sich nachgeborene Söhne des (oft ritterlichen) Adels und treten einem solchen Orden bei. Also faktisch so etwas wie die Verbindung aus den beiden zuvor genannten Fällen - auch wenn das jetzt wieder vereinfacht gesagt ist. Der Nachgeborene tritt in eine klösterliche Ordensgemeinschaft ein, und er bringt dabei sich selbst, seine Ausrüstung (Waffen, Schild, Rüstung, Pferde - damit wieder seine Kampfkraft) sowie eine Schenkung/Mitgift an den Orden ein. Und obgleich die Orden über sehr gut ausgebaute Burgen verfügen, haben wir auch hier wieder den Fall eines Ritters ohne Burg, wenngleich dieser einen Spezialfall darstellt.

In jener Zeit (12./13.Jh.) übrigens ist dieser "Karriereweg" - der letztgenannte - gerade für die nachgeborenen Söhne des ritterlichen Adels äußerst lukrativ.

Dazu wird aber auch das Ganerbentum, das zu regelrechter Armut unter kleinerem ritterlichen Adel führt des Öfteren beklagt.
Danach hatte nicht EIN Ritter EINE Burg, sondern es wohnten oft mehrere Ritter auf einer Burg, womit das Erbe immer weiter unterteilt war , sodaß am Schluß davon kaum mehr gelebt werden konnte.
 
hideyoshi schrieb:
Dazu wird aber auch das Ganerbentum, das zu regelrechter Armut unter kleinerem ritterlichen Adel führt des Öfteren beklagt.
Danach hatte nicht EIN Ritter EINE Burg, sondern es wohnten oft mehrere Ritter auf einer Burg, womit das Erbe immer weiter unterteilt war , sodaß am Schluß davon kaum mehr gelebt werden konnte.

Das ist richtig, aber dies stellt mE keinen häufigen, sondern eher einen Sonderfall dar, weswegen ich es in dem Überblick nicht mit behandelt hatte.
 
Sonderfall sehe ich da eher keinen.
Speziell im süddeutschen Raum scheint das Ganerbentum stark um sich gegriffen zu haben.
Und aus der daraus resultierenden Zwangslage wird sich dann auch das "Soldrittertum" entwickelt haben.
Man darf nicht vergessen, daß auch die Kreuzzüge imho gerade wegen der Aufteilung des Erbes solchen Zulauf erhielten.
Jedenfalls war der Lebensstandard auf der Burg wesentlich schlachter als in den Städten, woraus sich ergab, daß viele Ritter auf die Burg verzichteten und lieber im Stadthaus wohnten. Bestes Beispiel sind da die italienischen Adeligen, deren bauliche Zeugnisse man heute noch bewundern kann.

Ich bin überzeugt, daß der mittelalterliche Ritter Alles Andere als gut betucht war. Im Gegenteil. Der allergrösste Teil wird nicht viel besser als seine Bauern gelebt haben. Der einzige Unterschied war das zugige Loch, das er noch dazu mit Miterben teilen mußte. Ich habe Klagen gelesen in denen sich Adelige über
ihre Unterkünfte beschweren .

Die oben angeführte Tatsache, daß ein Bannerherr der 1000 Ritter ins Feld stellen kann etwas Aussergewöhnliches gewesen sein muß, spricht für die These vom armen Ritter.

mfg
 
Zuletzt bearbeitet:
hideyoshi schrieb:
Sonderfall sehe ich da eher keinen.
Speziell im süddeutschen Raum scheint das Ganerbentum stark um sich gegriffen zu haben.

Da ich dies allgemein gehalten habe - denn ich hatte es nicht einmal auf das HRR eingegrenzt -, war es für meine (zugegebenermaßen zusammengeraffte) Darstellung ein Sonderfall.
Für den süddeutschen Raum - insbesondere Franken - hast Du durchaus recht, und ich bestreite dies auch gar nicht. Wie Du siehst, liegen wir gar nicht so gegensätzlich, wie Du meinst...

hideyoshi schrieb:
Und aus der daraus resultierenden Zwangslage wird sich dann auch das "Soldrittertum" entwickelt haben.
Man darf nicht vergessen, daß auch die Kreuzzüge imho gerade wegen der Aufteilung des Erbes solchen Zulauf erhielten.

Bezüglich Kreuzzüge noch einmal: der Zulauf kam ebenso durch Nachgeborene zustande, die zuhause gar kein Erbe o. dgl. zu erwarten hatten. Das eine schließt ja aber das andere nun einmal nicht aus...

hideyoshi schrieb:
Jedenfalls war der Lebensstandard auf der Burg wesentlich schlachter als in den Städten, woraus sich ergab, daß viele Ritter auf die Burg verzichteten und lieber im Stadthaus wohnten. Bestes Beispiel sind da die italienischen Adeligen, deren bauliche Zeugnisse man heute noch bewundern kann.

Dies ist bereits die Charakteristik des Spätmittelalters - aus meinen o.a. Beiträgen aber wirst Du erkennen, daß ich die vorhergehende (Sub-)Epoche betrachtete: das Hochmittelalter...
 
Die Erbteilung unter dem Adelsstande war kein Sonderfall, sonder allgemein die Regel. Nur der Umstand, daß bei vielen dieser Familien am Ende doch nur einer mit Nachkommen überlebte, ließ eine Vielzahl von Adelsherrschaften die Zeit überdauern. Gerade auch im Mitteldeutschen und Hessischen Raum kam es immer wieder zur erneuten Zersplitterung der Herrschaften, bis diese kaum noch eigenständig auftreten konnten. Bestes Beispiel ist das Haus Wettin. Weiter Beispiele wären die Vögte von Weida/Reuß, die Schenken von Vargula, die Herren von Lobdeburg usw.
 
Wäre ich paranoid, so würde ich langsam denken, daß mich einige hier mißverstehen wollen :grübel: :rolleyes: ;)

Strupanice schrieb:
Die Erbteilung unter dem Adelsstande war kein Sonderfall, sonder allgemein die Regel. Nur der Umstand, daß bei vielen dieser Familien am Ende doch nur einer mit Nachkommen überlebte, ließ eine Vielzahl von Adelsherrschaften die Zeit überdauern.

Auch das hatte ich gar nicht bestritten, aber es war auch nicht der Ausgangspunkt der Betrachtung; hideyoshi hatte vielmehr auf den Fall der aus dem Ganerbentum resultierenden Ganerbenburg verwiesen:

... es wohnten oft mehrere Ritter auf einer Burg, womit das Erbe immer weiter unterteilt war...

Und dies ist ein Fall, der mW für den süddeutschen Raum nicht selten ist, andernorts aber sind sog. Ganerbenburgen zwar zu finden, aber nicht mehr so gehäuft. Und außerhalb des deutschen Raums treten sie kaum mehr auf.
Und deswegen hatte ich diese Burgen in der Überblicksdarstellung zu Beginn nicht extra betrachtet...

Strupanice schrieb:
Gerade auch im Mitteldeutschen und Hessischen Raum kam es immer wieder zur erneuten Zersplitterung der Herrschaften, bis diese kaum noch eigenständig auftreten konnten. Bestes Beispiel ist das Haus Wettin. Weiter Beispiele wären die Vögte von Weida/Reuß, die Schenken von Vargula, die Herren von Lobdeburg usw.

Oder die Schönburger, von denen ich an der Stelle nur die bedeutenden Linien mit Schönburg-Glauchau, Schönburg-Waldenburg und Schönburg-Hartenstein nennen will. Gerade an den Schönburgern läßt sich aber gut erkennen, daß Ganerbentum nicht automatisch auch die Existenz einer Ganerbenburg bedingt...
 
Zuletzt bearbeitet:
Treibt den armen Timo nicht zur Verzweiflung! Er hat doch gar nicht bestritten, dass es mehr oder weniger häufig Ganerbenburgen gab, und wollte das Thema "Burg" lediglich in verkürzter Form präsentieren.

Die "Schönburger" brauchten natürlich für sich selbst keine Ganerbenburgen, da sie in der luxuriösen Position waren, statt eines Burgenanteils jeder Linie gleich ein kleines Territorium zur Verfügung stellen zu können. Das mag aber nicht ausschließen, dass auf dieser oder jener Burg im Schönburger Land eine Ministerialenfamilie saß, die ihrerseits in Ganerbengemeinschaft lebte.
 
hideyoshi schrieb:
Dazu wird aber auch das Ganerbentum, das zu regelrechter Armut unter kleinerem ritterlichen Adel führt des Öfteren beklagt.
Danach hatte nicht EIN Ritter EINE Burg, sondern es wohnten oft mehrere Ritter auf einer Burg, womit das Erbe immer weiter unterteilt war , sodaß am Schluß davon kaum mehr gelebt werden konnte.

"Ganerben" mussten nicht unbedingt arme Ritter sein. Man unterscheidet zwei Typen von Ganerben. Es gab diejenigen, die wirklich Häuser in der Burg hatten (z.B. die Linien der Eltz an der Burg Eltz an der Mosel), häufig saßen jedoch nur wenige Ganerben in eigenen Häusern in der Burg. Der andere Typ sicherte sich mit seiner Ganerbenschaft lediglich Zuflucht und Schutz in der Burg - in Fällen der Not und Gefahr, erhielt also keine aktive Hilfe oder gar das Recht eigenmächtig aus der Burg eine Fehde zu führen.
In Ganerbschaften konnte man nicht nur als Erbe, sondern auch durch Kauf oder Tausch Aufnahme finden, es konnte also auch für reiche Ritter (mit eigenen Burgen) interessant sein, sich in mehrere Ganerbschaften einzukaufen (besonders wenn der eigene Besitz räumlich weit verstreut lag).

(Eine eigene "Burg" zeugt auch nicht unbedingt von Reichtum, das waren zum Teil recht bescheidene Bauten: Wohntürme, Burghäuser, Burgställe, Kemenaten auf Adelhöfen, sogar mit Wassergräben geschützte Weiherhäuser gingen als "Burgen" durch.)

P.S. Zur Ausgangsfrage: http://www.burgenwelt.de/frameset.htm
 
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@ Livia: in diesem Zusammenhang ist die Burg Münzenberg in der Wetterau interessant. Das war der imposante und in einer Ebene beherrschende Sitz einer Ministerialenfamilie. Als die Familie ausstarb, wurde die Burg in Sechstel aufgeteilt, die zeitweise auch wirklich sechs hessischen Grafengeschlechtern gehörte (später dann häufig vieren, am Ende nur noch zweien). Mit Ausnahme der Falkensteiner engagierte sich keines dieser Geschlecht besonders stark in der Burg. Es ging aber darum, dass sich keine Familie allein die mächtige Burg sichern konnte - und, was vielleicht noch wichtiger war: der umfangreiche Besitz in der Umgebung wurde ebenfalls aufgeteilt.
 
Hallo Livia. Hallo Timo , Hallo Leute.

Ich halte "Ritter" sicher nicht für reiche Leute.
Ich bin hier viel eher der Ansicht, daß diese Lehensnehmer in Wirklichkeit oft schlechter dastanden als so mancher Bauer.
Wenn Du die Literatur oder so manchen Briefwechsel, vielleicht auch alte Chroniken durchblätterst , dann wirst Du die schlechten Verhältnisse unter denen die edlen Herren lebten schnell erkennen können.
Leider wird im heutigen Bild des Ritters viel zu sehr der reiche Bannerherr in den Mittelpunkt gerückt.
Daß die Hierarchie aber auf einer unglaublich breiten Basis von de facto Habenichtsen stand , das wird heute gerne übersehen.
Diese materielle Not ist aber seit dem Aufkommen des Feudums systemimmanent.
Denk´ nur an die Hagustalten der Franken, die ihrem Wesen nach nichts Anderes als Lehnsritter waren und bei denen es nichtmal zur Versorgung einer Familie reichte.
Oder an die späteren Lehnsritter, die wenn sie aufgeboten wurden zumeist kaum Möglichkeiten hatten die vierzig Tage des Aufgebotes zu finanzieren.
In den mir zugänglichen Quellen finde ich immer wieder Hinweise, daß der Ritter des frühen und auch des hohen Mittelalters eher wie ein Bauer lebte und arbeitete und meilenweit davon entfernt war seinen Verpflichtungen z.B. zur Heerfolge nachkommen zu können.
Quellen in denen sich über das Fernbleiben vom Heer beschwert wird , gibt´s zuhauf.
Der finanzielle Background und auch der Mangel an Zeit zur Ausbildung und Übung scheinen Gründe für das Aufkommen von Soldrittern gewesen zu sein. Von der Zuverlässigkeit will ich da gar nicht reden.

Wie ich schon betonte, scheint der arme Ritter die Regel gewesen zu sein.
Und der wird sich irgendwann aus schierer Not auch verkauft haben.
Warum soll das anders als bei den Reisläufern gewesen sein ?
 
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Ich erinnere mich, in einem Was-ist-Was-Buch gelesen zu haben, daß viele oder gar die Mehrzahl der "Ritter" lediglich in (Land-) HÄUSERN wohnte.

Oder traf das nur auf die "Nachgeborenen" zu?
 
Tekker schrieb:
Ich erinnere mich, in einem Was-ist-Was-Buch gelesen zu haben, daß viele oder gar die Mehrzahl der "Ritter" lediglich in (Land-) HÄUSERN wohnte.

Das ist aber wohl eher eine sprachliche Unklarheit: Burgen und Schlösser wurden zumindest in bestimmten Regionen durchaus gängigerweise Haus genannt, ohne dass damit aber eine bescheidene Behausung gemeint war. Beispielsweise ist in Westfalen die Benennung Haus üblich gewesen - und damit konnte sich etwa hinter Haus Nordkirchen durchaus ein Schloss von umfangreichen Proportionen verbergen...
 
@ Herold

Nein, nein, es wurde schon auch als einfaches Haus beschrieben, sogar an ein Bildchen kann ich mich erinnern. :)
 
hideyoshi schrieb:
Ich halte "Ritter" sicher nicht für reiche Leute.
Ich bin hier viel eher der Ansicht, daß diese Lehensnehmer in Wirklichkeit oft schlechter dastanden als so mancher Bauer. [...] Leider wird im heutigen Bild des Ritters viel zu sehr der reiche Bannerherr in den Mittelpunkt gerückt.
Daß die Hierarchie aber auf einer unglaublich breiten Basis von de facto Habenichtsen stand , das wird heute gerne übersehen.
Diese materielle Not ist aber seit dem Aufkommen des Feudums systemimmanent.

Da möchte ich widersprechen. Selbstverständlich mag es Zeiten gegeben haben, in denen der niedere ritterschaftliche Adel mit sozialen und ökonomischen Problemen konfrontiert war und es um seine materielle Existenz schlecht bestellt war, ebenso wie es sicherlich Regionen gegeben hat, in denen sich ein wirtschaftlich starkes und politisch aktives Bauerntum herausbildete, doch im Allgemeinen dürften die Existenzbedingungen eines Ritters deutlich besser gewesen sein, als die eines Bauern.

Da ein Ritter als Adeliger ein ganzes Bündel von Privilegien und Vorrechten beanspruchen konnte, die sich nahezu komplett auf die Herrschaft über Hörige und deren ökonomische Nutzung stützte, war relativ sicher gestellt, dass der Herr in deutlich stärkerem Maße als die Untergebenen materiell abgesichert war und eine Verarmung des Adels bei Prosperität der Hörigen kaum vorkommen konnte. Gemeinhin fungierte der Adel als Grundherr, als Gerichtsherr, als Leibherr und in zahlreichen weiteren Funktionen, mit denen immer Abgaben und Einkünfte verschiedenster Art verbunden waren. Wie schlecht es den Hörigen auch gegangen sein mag, der adelige Herr hatte rechtlich abgesicherte Ansprüche gegenüber diesen und wusste sie auch durchzusetzen.

Das soll allerdings nicht bestreiten, dass adelige Wirtschaft in den meisten Fällen natürlich auch immer nur Subsistenzwirtschaft war, also nur einer Bedarfsdeckung diente und kaum Überschüsse zur weiteren Nutzung erwirtschaftet wurden.


hideyoshi schrieb:
Wenn Du die Literatur oder so manchen Briefwechsel, vielleicht auch alte Chroniken durchblätterst , dann wirst Du die schlechten Verhältnisse unter denen die edlen Herren lebten schnell erkennen können.

Nun ja, das scheint mir auf ein übliches Problem der Quellenkritik hinzudeuten: Negatives wird in Form von Klagen, Verbesserungswünschen etc. vermerkt, Positives als normal und daher wenig erwähnenswert gesehen. Und vielleicht mögen die Klagen des Ritteradels hier ein wenig täuschen: Wenn ein Adeliger darüber klagt, dass es ihm schlecht gehen würde, so steckt dahinter wohl meist die unausgesprochene Tatsache, dass ihm ein standesgemäßer Lebensstil zu führen kaum möglich ist - und das ist natürlich noch etwas ganz anderes als eine existenzbedrohende materielle Schieflage. Natürlich war es für einen Ritter schlimm, die Kosten für Haus und Hof, für (Aus-)Rüstung, für Ausbildung der Kinder, für repräsentative Akte nicht mehr tragen zu können und damit seinen Stand gefährdet zu sehen, dass er dabei aber die gleichen materiellen Sorgen wie ein Bauer hatte, heißt das aber bei weitem noch nicht!


hideyoshi schrieb:
In den mir zugänglichen Quellen finde ich immer wieder Hinweise, daß der Ritter des frühen und auch des hohen Mittelalters eher wie ein Bauer lebte und arbeitete und meilenweit davon entfernt war seinen Verpflichtungen z.B. zur Heerfolge nachkommen zu können.

Da hast du sicherlich recht, ist aber kein Argument für eine angebliche problematische ökonomische Lage im Adel. Der Ritter war in erster Linie Grundbesitzer, der zu einem großen Teil von einer agrarische Eigenwirtschaft lebte. Diese mag im Allgemeinen keine Reichtümer abgeworfen haben, reichte aber für die standesgemäße Lebensführung. Die länger dauernde Abwesenheit des führenden Kopfes von dieser Haushaltung konnte dann aber wohlgemerkt zu Schwierigkeiten führen.


Tekker schrieb:
@ Herold

Nein, nein, es wurde schon auch als einfaches Haus beschrieben, sogar an ein Bildchen kann ich mich erinnern. :)

Okay, dann versuchen wir es anders: Man muss sich von der Vorstellung trennen, dass jeder Ritter eine Burg sein eigen nannte. Burgenbau war eher eine Sache der Landesherren, der weitaus größte Teil des Adels lebte in befestigten Häusern oder Turmhäusern. Diese Häuser waren aber von anderer Qualität als Bauernhäuser (in Form von Wehrspeichern fanden sie später Eingang in die bäuerliche Wohnkultur) und nicht eben "einfach", sie waren fester, gesicherter, trutziger, mit der Fähigkeit, auch einem Angriff im Rahmen einer Fehde standhalten zu können. Die Grenzen zur Burg blieben natürlich fließend, zumal auch diese festen Häuser Seitenflügel oder weitere Türme ausbilden konnten, und auch geographisch vorteilhafte Bauplätze für sich auszunutzen wussten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Herold schrieb:
Okay, dann versuchen wir es anders: Man muss sich von der Vorstellung trennen, dass jeder Ritter eine Burg sein eigen nannte. Burgenbau war eher eine Sache der Landesherren, der weitaus größte Teil des Adels lebte in befestigten Häusern oder Turmhäusern. Diese Häuser waren aber von anderer Qualität als Bauernhäuser (in Form von Wehrspeichern fanden sie später Eingang in die bäuerliche Wohnkultur) und nicht eben "einfach", sie waren fester, gesicherter, trutziger, mit der Fähigkeit, auch einem Angriff im Rahmen einer Fehde standhalten zu können. Die Grenzen zur Burg blieben natürlich fließend, zumal auch diese festen Häuser Seitenflügel oder weitere Türme ausbilden konnten, und auch geographisch vorteilhafte Bauplätze für sich auszunutzen wussten.

Damit liegt Herold vollkommen richtig: das Turmhaus wird in der Literatur auch als Burgentyp behandelt, der im (süd-)deutschen Raum als Ministerialensitz typisch ist.
Anm. dazu: Die Ministerialen hatte ich in meiner damaligen Betrachtung ausdrücklich ausgeklammert, um die Abhandlung nicht noch komplexer zu machen!

Zum Turmhaus bzw. der Turmburg (Bsp. Kirnstein im Inntal) noch ein Zitat aus "Deutsche Burgen, Schlösser und Festungen"...
Wichtige Anmerkung: In dem Buch wird "Turmhaus" und "Turmburg" synonym verwendet.

Kirnstein im Inntal ist der Typ einer kleinen Turmburg, wie sie vielfach an den Alpenpässen angelegt wurden. Diese ... waren als Verkehrsadern besonders schutzwürdig.
Die Wegkastelle auf natürlichen oder künstlich erhöhten Bergkegeln über der Straße waren mit Lehensleuten besetzt, die in friedlichen Tagen einen Bauernhof in der Nähe bewirtschafteten, in Kriegszeiten den Wachposten bezogen, um die wichtigen Durchgangsstellen zu kontrollieren.
...
In der Form entsprechen sie vollkommen den in Deutschland seit dem 10. Jh. verbreiteten Turmhügelburgen, die, wie schon erwähnt, als Sitze der Ministerialität Ergebnis der seit den Karolingern aufgebauten fränkisch-deutschen Staatsordnung waren. In dem Maße, als sich großgrundherrschaftliches Eigentum bildete, das als Lehen vergeben und von Dienstmannen verwaltet wurde, breitete sich über über das ganze Land ein wohl ursprünglich ziemlich gleichmäßiges Netz mittelalterlicher Burgen.
Eine bessere Möglichkeit, den Verkehr in den Tälern zu unterbinden, boten jedoch kleine Sperrmauern (als Klausen und Schanzen bezeichnet), die in Verbindung mit kleinen Burganlagen diese Wege abriegelten.
Auch für diesen Typ der Alpenburg gibt es in Bayern, in Tirol und in der Schweiz Beispiele. Die einfache Turmburg ist jedoch für diese Landschaft ein besonders charakteristischer Typ, der bei den Tiroler Burgen zu besonders monumentalen Erscheinungen entwickelt wurde.
 
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