Der Untergang des Panzerritters. Gründe ?

Lysiander

Neues Mitglied
Ich frage mich in letzter Zeit immer wieder was für den militärischen Niedergang der Panzerreiter/Ritter war. Ausgang dafür war der Kometar eines Geschichtslehrers der meinen Bruder unterrichtet. Dieser behauptete der Untergang der schweren Reiterei sei durch die Entwicklung der Armbrust eingeleitet worden.
Ich halte das allerdings für unwahrscheinlich da das Prinzip der Armbrust schon den Römern bekannt war (Baliste). Ich nehme auch an das Armbrüste schon lange in Armeen Tradition haben wenn auch selten waren.
Dem nach was ich gelesen habe ist der Niedergang vorallem auf die Entwicklung der Piken und ähnlichen Langspiesen sowie Langbögen und frühen Schiesspulverwaffen ("deren Wirkung am Anfang jedoch die Rüstungen nicht durchdrang, die Stossenergie schleuderte den Getroffenen aus dem Sattel"[?]) zurückzuführen.

Was meint ihr ?
 
Panzerreiter waren Langbogenschützen klar im Nachteil. Die Langbogen haben eine sehr hohe Durchschlagskraft und Panzerreiter sind sehr unflexibel, also langsam, ungelenk.
Die Franzosen haben deshalb auch eine sehr große Schlacht (frag mich nicht nach dem Namen) gegen die Engländer aufgrund dieses Vorteils gewonnen.

Dass die Armbrust daran schuld sei, glaube ich nicht. Da kann ich dir nur zustimmen. Ist für mich eher unrealistisch

Lg
Balduin
 
Es geht um folgende Schlacht. Sie ging weniger für die Franzosen verloren, weil der Langbogen so überlegen als Wunderwaffe war, sondern aufgrund der Undiszipliniertheit und taktischen Dummheit der Ritter.
Schlacht von Crécy - Wikipedia

Ohne Schutz durch Stangenwaffen sind Bogen- und Armbrustschützen an für sich sehr empfindlich gegenüber Reiterattacken gewesen. Wir hatten aber auch schon andere Threads darüber. Am besten die Suchfunktion oben nutzen.
 
Es geht um folgende Schlacht. Sie ging weniger für die Franzosen verloren, weil der Langbogen so überlegen als Wunderwaffe war, sondern aufgrund der Undiszipliniertheit und taktischen Dummheit der Ritter.
Schlacht von Crécy - Wikipedia

Ich glaube in der Schlacht von Azincourt 1415 hatten die Langbögen für die Engländer eine wesentlich höhere Bedeutung.
Auch dort mussten Frankreichs Ritter eine blutige Schlappe hinnehmen.

Anmerkung: Hier im Forum gibt es zum Thema aber sicher schon einige Threads.
 
Es ist wohl dieser gemeint http://www.geschichtsforum.de/f48/wann-begann-das-ende-des-rittertums-1046/
zum Langbogen siehe http://www.geschichtsforum.de/f43/englische-langbogen-2892/

PS: Ballisten und Armbrüste funktionieren nicht nach dem gleichen Prinzip. Beim ersten stecken die Wurfarme in gedrehten Seilbündeln, welche durch weitere Drehungen Energie speicher, bei der Armbrust hingegen werden die Arme selbst gespannt. die Gemeinsamkeiten liegen in der horizontalen Lage der Arme und möglicherweise (bei der Feinmechanik kenne ich mich nicht aus) beim Auslöser (der Haken, der die Sehne festhält und freigeben kann)
 
Dieser behauptete der Untergang der schweren Reiterei sei durch die Entwicklung der Armbrust eingeleitet worden.
Das ist m. W. deutlich falsch.

Armbrüste haben diverse Nachteile (zu langsam, wetterempfindlich ...), sie sind für Ritter lästig, aber nicht entscheidend gefährlich.

Da sind die Langbogenschützen schon deutlich gefährlicher, aber die waren enorm aufwendig in der Ausbildung und nur in England und dort auch nur zeitweise üblich.
Auch wenn die Franzosen (nicht zuletzt auch durch die Unfähgikeit der Kommandeure) bittere Niederlagen gegen Langbogenarmeen kassiert haben - das hat weder sie noch das restliche Europa am weiteren Einsatz der Ritter gehindert.

Entscheidend war die Herausbildung von disziplinierten Fußvolk mit Stangenwaffen, die einem Ritterangriff standhalten konnten (Flamen, Schweizer, Landsknechte ...).
Und als dann noch die Verbreitung der Feuerwaffen dazu kam, war die Zeit der Panzerritter vorbei.
 
Armbrüste haben diverse Nachteile (zu langsam, wetterempfindlich ...), sie sind für Ritter lästig, aber nicht entscheidend gefährlich.

Die Wetterempfindlichkeit betraf auch die Bogen - Sehnen - insofern
waren beide Systeme bei feuchtem Wetter schwer einzusetzen.

Armbrüste sind langsamer , weil der Spannvorgang meist durch Winde
oder Kniehebel erfolgte - daher war die Schussfolge bei Bögen deutlich
höher.
Allerdings durchschlugen Armbrustbolzen ohne weiteres mittelalterliche
Kettenhemden , siehe auch hier:
Historia vivens 1300

Während das Bogenschiessen hohe Anforderungen an den Schützen stellt,
denn er muss ja Bogen , Pfeil und Körper koordinieren , ist auf Grund
der Vorspannung die Armbrust auch für weniger Geübte erfolgreich
einzusetzen - zielen und treffen musst man jedoch auch erlernen.

Mw. wurden Armbrüste vielfach zur Verteidigung von festen Plätzen
und auf Schiffen eingesetzt - zur Verwendung in offener Feldschlacht
fällt mir atm kein Beispiel ein.
 
@Treibsand: ...zur Verwendung in offener Feldschlacht
fällt mir atm kein Beispiel ein.
In der von mir einige Beiträge (Nr.3) zuvor verlinkten Schlacht von Crecy setzten die Franzosen Genueser Armbrustschützen quasi als erste Welle ein, gegen die Langbögen der Engländer machten die freilich keinen Stich.
 
In der von mir einige Beiträge (Nr.3) zuvor verlinkten Schlacht von Crecy setzten die Franzosen Genueser Armbrustschützen quasi als erste Welle ein, gegen die Langbögen der Engländer machten die freilich keinen Stich.

Danke , das ist es.
Mir geht es um die potentielle Tödlichkeit des Sytems Armbrust , auch für
Gepanzerte - bei geeigneter Entfernung. Da wird genau wie beim Bogen
eine enorme Energie auf den Wirkungspunkt übertragen durch die
gehärteten Bolzenspitzen. Das wird immer wieder unterschätzt.
In den USA gehen einige absolute Extremisten mit modernen Armbrüsten
auf Schwarzbärjagd.....
 
Die Wetterempfindlichkeit betraf auch die Bogen - Sehnen - insofern waren beide Systeme bei feuchtem Wetter schwer einzusetzen.
So weit ich mich erinnere, gab es da einen entscheidenden Unterschied: Bogensehnen waren sehr schnell zu montieren (oder eben abzumontieren).
Bei Armbrüsten war das wohl sehr aufwendig.
Auch waren die Bögen aus einem eher regenunempfindlichen Stück Holz, die Armbrüste Kompositkonstruktionen mit feuchtigkeitsempfindlichem Leim.

Die Bogenschützen konnten also bei Regen die Sehne trocken verwahren, waren aber bei Bedarf in kurzer Zeit einsatzfähig.
Die Armbrustschützen dagegen mußten ihre Waffen montiert lassen und bei Feuchtigkeit ließ die Wirksamkeit ihres Feuers drastisch nach.

Bei Crécy war das Wetter vor der Schlacht sehr schlecht, die Armbrustschützen waren nur begrenzt einsatzfähig (und mußten wegen der unfähigen Führung auch noch auf ihre Pavisen verzichten, damit war die lange Nachladezeit ein besonderes Problem).
 
Das Verschwinden des Rittertums ist bedingt durch die Entwicklung der gesamten europäischen Gesellschaft, in der die Entwicklung der Militärtechnik nur ein kleinen Teilaspekt darstellt. Das zu dieser Frage ein bereits heißdiskutiertes Parallelthema existiert, brauche ich wohl nicht zu erwähnen.

Was die hier aufgeworfene Frage der Bedeutung von Bögen und Armbrüsten für das Verschwinden des Rittertums angeht, so bin ich der Meinung, daß diese Waffen maßlos überschätzt werden. Auch ich bin in der Schule dahingehend unterrichtet worden, daß die Armbrust den Untergang des Ritters bedeutet habe. Diese Darstellung ist einfach und daher gut zu vermitteln, aber nicht richtig. Ich möchte meine Meinung wie folgt begründen:

Die im Mittelalter verfügbaren ballistischen Handwaffen (Armbrust und Langbogen) waren im Gefecht, insbesondere in einer Schlacht, aufgrund ihrer Natur nur Unterstützungswaffen. Jede Schlacht wurde erst durch die direkte Begegnung der Blankwaffenträger entschieden, die Unterstützungswaffen konnten diese Begegnung nur vorbereiten. Bei Schlachten, die auf andere Weise entschieden wurden, lagen immer besondere Umstände vor, wie hier an anderer Stelle bereits erwähnt wurde. Z.B. war bei Agincourt die französische Führung völlig konfus, die Aufstellung des Heeres denkbar ungeschickt und der weiche, nasse Boden ein entscheidendes Hindernis. Das Ergebnis war eine spektakuläre Niederlage der Franzosen, und das Erstaunen darüber täuscht üner die militärisch-technische Bedeutungslosigkeit der Schlacht hinweg.
Ohne zu sehr in die Spekulation abzugleiten, möchte ich behaupten, daß unter ausgeglicheneren Umständen (fester Boden, geordneter Einsatz der französischen Truppen, massiver Reitereiangriff) selbst bei einer weniger krassen numerischen Überlegenheit der Franzosen deren Sieg sicher gewesen wäre.

Der militärische Niedergang des Rittertums wurde entscheidend bedingt durch das Aufkommen einer wirklichen Infantrie, alle Fernkampfwaffen (Bogen, Armbrust und auch Feuerwaffen) waren dabei nützliche, aber nicht entscheidende Hilfsmittel. Ich möchte das an dieser Stelle nicht weiter ausführen, da ich mich dazu in der erwähnten Paralleldiskussion eingehend geäußert habe und hier nicht noch mehr Platz füllen möchte.

Eine weitere Anmerkung möchte ich mir noch erlauben:
Man sollte sich auch nicht zu dem Trugschluß verleiten lassen, daß mit dem Verschwinden des Rittertums die Reiterei ihre Bedeutung gänzlich verloren hätte. Nachdem sie ebenfalls ihre Transformation zur taktischen Einheit, der Kavallerie, vollzogen hatte, stieg ihre Bedeutung wieder stark an, so z.B. bestanden die Heere des Dreißigjährigen Krieges bis zur Hälfte aus Kavallerie. Selbst als das Pferd durch die enorme Steigerung der Feuerkraft der Heere in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Reittier für das Gefecht unbrauchbar wurde, wandelte sich die Kavallerie im Ersten Weltkrieg zur Panzerwaffe und blieb als solche bis heute erhalten.
 
Ich frage mich in letzter Zeit immer wieder was für den militärischen Niedergang der Panzerreiter/Ritter war.

Der Einsatz von Kanonen (mit Eisenkugeln) machte die Ritterrüstungen überflüssig. Mobile Kanonen wurden erstmals in den Hussitenkriegen eingesetzt.
 
Der Einsatz von Kanonen (mit Eisenkugeln) machte die Ritterrüstungen überflüssig. Mobile Kanonen wurden erstmals in den Hussitenkriegen eingesetzt.

Ich sehe das auch eher wie R.A., dass vor allem die Handfeuerwaffen zusammen mit den Pikenträgern das Ende der Panzerreiter besiegelten.

In den französischen Armeen der letzten Phase des 100-jährigen Krieges und in den Italienischen Kriegen war die durch Lafetten mobil gewordene Artillerie ein wichtiger Teil der Armee. Aber trotzdem bestand der wohl wichtigste Truppenteil aus den Panzerreitern der Ordonannzkompanien. Erst als diese die entscheidende Niederlage bei Pavia gegen die durch Piken gedeckten spanischen Arquebusenschützen erlitten hatten, wurde die schwere Reiterei mobiler.

Dieser behauptete der Untergang der schweren Reiterei sei durch die Entwicklung der Armbrust eingeleitet worden.
Das ist wohl eindeutig falsch. In Europa wurden mehrere Jahrhunderte Armbrüste neben Panzerreitern und in China sogar schon einige Jahrhunderte vor schwerer Reiterei eingesetzt.
 
Die (schwere) Armbrust gilt traditionell als Belagrungswaffe und ist aufgrund ihrer relativ langsamen Schussfolge nicht für allzu mobile Aktionen geeignet. Desweiteren als (leichte) Waffe oft bei der Jadg seit der Antike im Gebrauch.
 
Ich möchte mich zu den Kanonen und Handfeuerwaffen äußern, die noch in diese Diskussion eingebracht wurden:

In der Militärtechnik muß grundsätzlich zwischen Belagerungs- und Feldkriegswesen unterschieden werden. Waffen und Truppengattungen, die bei Belagerungen entscheidend sein konnten, waren im offenen Felde möglicherweise herzlich nutzlos. Als herausragendes Beispiel kann die Artillierie dienen: Sie war als Belagerungswaffe schon im frühen Entwicklungsstadium von durchschlagendem Erfolg, während sie in offener Feldschlacht herzlich nutzlos war, von einer gewissen moralischen Wirkung beim Feinde einmal abgesehen. Erst das 16. Jahrhundert kennt ein Geschützwesen, das sich sinnvoll im Felde einsetzen ließ, dann aber auch nur als Begleitwaffe. Als entscheidungsbeeinflussende Waffengattung tritt die Feldartillerie erst im Dreissigjährigen Kriege auf. Auf den Niedergang des Rittertums hatte die Artillerie insgesamt nur einen indirekten Einfluß: Moderne Befestigungen konnten nur reiche Städte oder Territorialfürsten finanzieren, die unzähligen Burgen und Herrensitze der Ritterschaft wurden daher militärisch nutzlos.

Die erwähnten Handfeuerwaffen teilten das Schicksal von Bogen und Armbrust: Sie waren sehr nützlich, konnten aber kein Gefecht entscheiden, wenn nicht erwähnte besondere Umstände (Zustand des Schlachtfeldes, besondere Deckung, Unfähigkeit oder Demoralisation des Gegeners etc.) vorlagen. Erst die organistierte Infantrie, die in geschlossenen Formationen kämpfte und der Reiterei im offenen Felde gegenübertreten konnte, ermöglichte den Einsatz von Schützen aller Art als deren Hilfswaffe. Auch hier zwang nicht der Bogen (er wurde erst im 16. Jahrhundert bei Musterungen abgelehnt, während sich die Armbrust länger hielt) oder die Handfeuerwaffe die Ritterschaft in die Knie, sondern die pikenstarrende Infantrie.
 
Nun ist China aber auch nicht für schwere Reiterei bekannt, was eher für als gegen die Rolle der Armbrüste spricht.

Naja, das liegt wohl doch eher daran, dass die chinesische Militärgeschichte nicht so bekannt ist.

Schon zur Zeit der 3 Reiche wurde die Reiterei "schwerer" als bei der bekannten Qin-Terrakottaarmee der Streitenden Reiche. Schon von der Wei-Dynastie (220-265) wurden einige Pferde durch Rüstungsteile geschützt, also zu einem Zeitpunkt als die chinesische Armee noch keinen schwerwiegenden Wandel seit der Zeit der Streitenden Reiche erlebt hatte.

Ab der Zeit der 16 Reiche der 5 Barbaren (ab 304) kämpfte die Elite dann als Kataphrakten mit Bögen (wie auch eine römische Einheit), die sich schließlich zu den typischen Kataphrakten mit Kontos der Sui-Dynastie (581-618) wandelte.

Und obwohl die Reiterei während der Tang-Dynastie (618-907) wieder leichter (naja keine Kataphrakten, sondern eher türkische schwere Reiterei) wurde, gab es auch jetzt noch Panzerreiter mit Pferderüstungen.
 
Spielte sie (militärisch oder gesellschaftlich) aber jemals eine solche Rolle wie in Europa oder war es nicht eher eine Waffengattung unter vielen?
 
Spielte sie (militärisch oder gesellschaftlich) aber jemals eine solche Rolle wie in Europa oder war es nicht eher eine Waffengattung unter vielen?
Ja, sie wurde aus der sozialen (nicht Han-Chinesischen und zeitweise auch feudalen) Elite gestellt und bildete zumindest während der Sui-Dynastie die Hauptschlagkraft der Armee. Aber das meinst du ja offensichtlich nicht.

Das was du meinst spielt bei dieser Diskussion aber keine Rolle. In China gab es natürlich keine Schlacht die nur durch schwere Reiterei ausgetragen wurde. Das gab es in Europa aber auch nur im Hochmittelalter und da auch nicht immer (immerhin verschwand der typische Panzerreiter erst in der frühen Neuzeit). Das lag aber nicht an den Armbrustschützen, sondern vielmehr daran, dass in China immer Infanterie vorhanden war, die der schweren Reiterei etwas entgegensetzen konnte (wohl durch Schildwälle?). Wenn dies in Europa genauso gewesen wäre, dann wären wohl auch öfters Milizen zum Kampf gekommen. Wobei man natürlich nicht vergessen darf, dass in vielen Schlachten des Hochmittelalters die Ritter nicht beritten kämpften.
 
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