Einführung in die Ritterorden "für Anfänger"

beetle

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ich habe versucht, mich in das Thema Ritterorden einzulesen, dabei sind mir noch Fragen offen geblieben, hoffe, dass mir das jemand beantworten kann:

1. wie wurde man "Templer" oder "Malteser" usw.? Mußte man sich bewerben? Wurde man nominiert? Gab es unterschiedliche Aufnahmerituale?

2. Ab welchem Alter konnte man frühestens Ritter werden?

3. welche Aufgaben übernahmen Ritter, die fürs Kämpfen zu alt wurden?

4. Als der Temlerorden zerschlagen wurde, konnten einige Templer in andere Orden wechseln. Ging ein Wechsel zwischen verschiedenen Ritterorden auch sonst?

5. Die Templer waren doch ein reiner Kämpferorden. Hätten sie Bestand haben können, wenn sie nicht weitgehend von Philipp IV. vernichtet worden wären?

6. gab es bekannte Freundschaften bzw. Feindschaften zwischen den unterschiedlichen Orden?
 
Zu ein paar Fragen kann ich etwas sagen, aber in Bezug auf den Deutschen Orden:

1. wie wurde man "Templer" oder "Malteser" usw.? Mußte man sich bewerben? Wurde man nominiert? Gab es unterschiedliche Aufnahmerituale?
Habe mal gelesen, dass die Kandidaten in der frühen Jugend (jenseits der 10) von ihren (häufig niederadligen) Familie in den Orden geschickt wurden. Im Deutschen Orden musste man sich auf jeden Fall früh entscheiden, ob man Priesterbruder wurde (und da eher den herkömmlichen Mönchen glich, es gab z.b. auch hier das Konvent) oder Ritterbrüder, also einer der kämpfenden Kreuzritter. Es gab dann auch in der späteren Ordenslaufbahn keine Wechsel mehr vom Priester- zum Ritterbruder und umgekehrt.
Im Deutschen Orden gab es außerdem noch eine Form der assozierten Mitgliedschaft, die "Graumäntler".

3. welche Aufgaben übernahmen Ritter, die fürs Kämpfen zu alt wurden?
Im DO gab es sowohl für Priester als auch für Ritter Ämter, die in der Theorie erworben wurden, wenn man schon ein erfahrener Ordensbruder war. Diese standen mit der Verwaltung in den Ordenshäusern in Zusammenhang (z.B. der "Tressler": Schatzmeister). In der Praxis waren diese Ämter oft nomineller Natur. Jenseits des Ordenstaates waren die Niederlassungen oft so klein, dass die Aufgaben schon früh an die Brüder verteilt werden mussten. Der Grundsatz war trotzdem: der ältere Bruder war als Führungsperson und Verwalter gedacht.

5. Die Templer waren doch ein reiner Kämpferorden. Hätten sie Bestand haben können, wenn sie nicht weitgehend von Philipp IV. vernichtet worden wären?
Die Ritterorden wandelten sich alle sehr stark, nachdem die Phase der Kreuzzüge zu Ende ging. Spätestens nach den Niederlagen des Deutschen Ordens in Ostpreußen war die Zeit der "Ritterbrüder" in allen Ritterorden wohl zu Ende. Im Altreich war es ohnehin schon im Spätmittelalter so, dass der Deutsche Orden zwar starke Stützpunkte besaß und wohlhabend war, dass er sich längst weit von seiner ursprünglichen Bedeutung entfernt war. Im Prinzip widmete sich der Orden dann noch theologischen Aspekten, hier und da gab es noch ein Hospital, vor allem aber war die Güter- und Vermögensverwaltung bedeutend. Im Prinzip glichen sich die Ritterorden aber den "herkömmlichen" Orden funktional an. Allerdings führten die Transformationsprozess in der Neuzeit (dabei meine ich die gesamte, bis ins 19. Jahrhundert) bei allen überlebenden Ritterorden dazu, dass sie abseits des klerikalen Kerns auch einen ausgeprägten "weltlichen" Teil entwickelten und weltliche Personen Mitglieder werden können.
 
4. Als der Temlerorden zerschlagen wurde, konnten einige Templer in andere Orden wechseln. Ging ein Wechsel zwischen verschiedenen Ritterorden auch sonst?

Ich weiß nur, dass während der Kreuzzüge an Lepra erkrankte Ordensritter in den Lazarus-Orden übergetreten sind.

Ansonsten, ich bin nicht mehr ganz im Thema drin, hieß es bei den Templern nicht, dass sie nur in einen rein geistlichen Orden übertreten durften, Zisterzienser vermutlich? Ich bilde mir ein, sowas mal gelesen zu haben und mein Hirn drängt mir da den Begriff "mit strengeren Regeln" auf. Faszinierendes Ding, so ein Hirn, wenn auch leider etwas lückenhaft in meinem Fall. :D

Aber ich denke mal, jedes bessere Buch über das Thema sollte diese Fragen ansprechen? Meine Templereinführung und -bibel war Alain Demurgers Buch, aber vielleicht gibt es da noch was mit aktuellerem Forschungsstand?
 
vielen Dank, Triere!

Ansonsten, ich bin nicht mehr ganz im Thema drin, hieß es bei den Templern nicht, dass sie nur in einen rein geistlichen Orden übertreten durften, Zisterzienser vermutlich? Ich bilde mir ein, sowas mal gelesen zu haben und mein Hirn drängt mir da den Begriff "mit strengeren Regeln" auf. Faszinierendes Ding, so ein Hirn, wenn auch leider etwas lückenhaft in meinem Fall. :D

Ein möglicher Wechsel in ein Zisterzienserkloster würde Sinn machen. Schließlich ging von Bernhard von Clairvaux einerseits die Erneuerung des klösterlichen Gemeinschaftslebens Zisterzienser) aus, andererseits hat er an der Schaffung der Templer-Regeln mitgewirkt. Und der Templerorden erhält durch die Fürsprache von Clairvaux die Legitimation durch Papst Honorius II.
 
4. Als der Temlerorden zerschlagen wurde, konnten einige Templer in andere Orden wechseln. Ging ein Wechsel zwischen verschiedenen Ritterorden auch sonst?

Hatte früher einmal gelesen das in Portugal und in Kastilien die Templer geschützt worden seien, bzw. in einem neuen Orden aufgegangen sind. Und zwar dem Christusorden. Habe leider keine Quelle.
Tante Wiki scheint dies zu bestätigen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Christusorden_(Portugal)

Apvar
 
Danke Apvar!

in dem Buch "Tempelritter - Wissen leicht gemacht" von Tatjana Alisch wird das auch so beschrieben.
 
ich habe versucht, mich in das Thema Ritterorden einzulesen, dabei sind mir noch Fragen offen geblieben, hoffe, dass mir das jemand beantworten kann:

beetle schrieb:
4. Als der Temlerorden zerschlagen wurde, konnten einige Templer in andere Orden wechseln. Ging ein Wechsel zwischen verschiedenen Ritterorden auch sonst?

Mir sind keine Beispiele bekannt, in denen freiwillige Wechsel zwischen den Orden vorgekommen werden. Einzige Außnahme bleibt wohl der Lazarusorden, in dem an Aussatz erkrankte Brüder anderer Orden übergewegselt sind. Die Lazarener waren darüber besonders mit den Templern eng assoziiert.

beetle schrieb:
5. Die Templer waren doch ein reiner Kämpferorden. Hätten sie Bestand haben können, wenn sie nicht weitgehend von Philipp IV. vernichtet worden wären?

Die Templer waren kein reiner Kämpferorden. Ihre Kampfeinheiten waren ausschließlich in den Kreuzfahrerstaaten der Levante stationiert. Vielleicht hatten sie noch ein paar Ritter in Spanien, aber dazu kenne ich mich nicht sonderlich aus. In Frankreich, England, Italien und Deutschland aber hat der Orden vor allem Kommenden, Spitäler und Kirchen betrieben. Im 13. Jahrhundert hat ihr Haus in Paris (Le Temple) sogar den französischen Staatsschatz beherbergt. Als Kämpfer sind sie mir in Europa jedenfalls nicht in Erscheinung getreten.

beetle schrieb:
6. gab es bekannte Freundschaften bzw. Feindschaften zwischen den unterschiedlichen Orden?

Im 13. Jahrhundert haben die Templer in der Levante mit den Hospitalitern (Johanniter/Malteser) in Konkurenz um Einfluss und Besitz gestanden, die auch zu militärischen Konfrontationen geführt haben. So im Lombarden- und Saint-Sabas-Krieg.
 
Hatte früher einmal gelesen das in Portugal und in Kastilien die Templer geschützt worden seien, bzw. in einem neuen Orden aufgegangen sind. Und zwar dem Christusorden. Habe leider keine Quelle.
Tante Wiki scheint dies zu bestätigen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Christusorden_(Portugal)

Apvar

hier habe ich auch noch etwas gefunden: Templer - Fakten und Informationen zu den Templern

@Joinville: bei dem von mir genannten Link wird erwähnt, dass in Portugal und Spanien die Templer sehr stark an der Reconquista beteiligt waren. Darum wurden sie in beiden Ländern auch nicht verhaftet.
 
Zu ein paar Fragen kann ich etwas sagen, aber in Bezug auf den Deutschen Orden:

Habe mal gelesen, dass die Kandidaten in der frühen Jugend (jenseits der 10) von ihren (häufig niederadligen) Familie in den Orden geschickt wurden. Im Deutschen Orden musste man sich auf jeden Fall früh entscheiden, ob man Priesterbruder wurde (und da eher den herkömmlichen Mönchen glich, es gab z.b. auch hier das Konvent) oder Ritterbrüder, also einer der kämpfenden Kreuzritter. Es gab dann auch in der späteren Ordenslaufbahn keine Wechsel mehr vom Priester- zum Ritterbruder und umgekehrt.
Im Deutschen Orden gab es außerdem noch eine Form der assozierten Mitgliedschaft, die "Graumäntler".

Aus Sicht der Templer!

Der adlige Ritterbruder musste schon vor dem Eintritt den Ritterschlag erhalten haben. War also ca. 17-20 Jahre alt. Der Kaplan wegen der Priesterausbildung wohl etwas älter beim Ordenseintritt. Beide, der Ritterbruder als Laienmönch und der Kaplan legten den ewigen Profess ab.

Der Dienender Bruder konnte ein Freier sein oder ein Adliger mit oder ohne Ritterschlag. Dieser Bruder legte den kleinen Profess ab und konnte auf Zeit im Orden dienen. Als Kämpfer oder Verwaltungsbeamter in hoher Funktion. In Templerorden trugen diese einen braunen Mantel und beim OT graue Mäntel. Deswegen "Graumäntler".;)

Diese 3, also Ritterbruder, Kaplan und Dienender Bruder waren Vollmitglieder im Orden.

Assozierte Mitglieder gab es in vielen Formen. Manch einer schenkte seine Besitz und seinen Körper dem Orden, oder nur den Besitz und konnten bis zu ihrem Ende im Templerhaus wohnen. Andere schenkte zu Lebzeiten ihren Besitz der nach dem Tode an den Orden ging und aif dem Sterbebett oder gar nach dem Tode erhielten sie den Mantel, wurden also Ritterbruder. Angestellte, Hörige oder sonstige Föderer gab es auch noch. Aus diesen Gruppen der Oblaten und Assozierten kammen die "Templer-Nonnen" und "Templer im Alter von 10 Jahren".

@beetle: In Kastilien (kann auch ein anderes Königreich auf der Halbinsel gewesen sein) wurden die Templer sogar gefoltert. Sage jetzt nur Verwandschaft von franzsöschen König. Nur in Portugal standem sie unter Schutz und wurden später der Christusorden. Die Orden der Halbinsel sind ein Sonderfall der Orden, auch bei den Templer.

Templer und das Hospital kämpften auf dem Schlachtfeld Seite an Seite, aber bei der Politik gingen die Orden sehr verschiedene Wege. Im falle Saint-Sabas-Krieg standen das Hospital und der Tempel auf verschiedenen Seiten. Auch im Konflikt mit Friedrich II. standen die Templer und der Deutsche Orden auf verschiedenen Seiten. Doch gegeneinander gekämpft haben sie wohl nicht. Da im 13. Jahrhundert fast alle Reiche (ausser HRR) Templer im Verwaltungsdienst hatten, gab es mehr als einen Fall das auf beiden Seiten Templer standen. Aber auch da nicht auf dem Schlachtfeld.

Keiner musste den Templerorden verlassen, wenn er nicht wollte. Alte, Kranke oder Kriegsgeschädigte wurde in das Abendland gebracht. Wie der DO hatten die Templer sehr wenige Spitäler und keins konnte mit einen der Johaniter mithalten.

@Triere Demurger, Barber, Bulst-Thiele, Hiestand und Online das Templerlexikon von Dr. Napp. Alles etwas älter. Einzele Arbeiten zum Pergament von Chinon ( zB Barbara Fralle) sind fast die neusten Erkenntnisse. Demurger und Barber haben zwei "aktuelle" Bücher zu Molay und den Prozess. 2014 war ja der 700te Jahrestag der Molay Hinrichtung.
 
@Triere Demurger, Barber, Bulst-Thiele, Hiestand und Online das Templerlexikon von Dr. Napp. Alles etwas älter. Einzele Arbeiten zum Pergament von Chinon ( zB Barbara Fralle) sind fast die neusten Erkenntnisse. Demurger und Barber haben zwei "aktuelle" Bücher zu Molay und den Prozess. 2014 war ja der 700te Jahrestag der Molay Hinrichtung.

Danke! Ich glaube, der Demurger über de Molay war eh eines der letzten Bücher, die ich zum Thema gelesen habe. Aber, wie gesagt, ich bin schon eine Weile nicht mehr am Laufenden, deshalb hätte es ja sein können, dass ich irgendwas absolut unverzichtbares neues an Literatur übersehen habe.

Zum Thema Ordensfeindschaft, soweit ich weiß, war es gegen die Regeln, die Waffen gegen andere Christen zu ergreifen, deshalb hat sich das wohl auf politische Konflikte beschränkt.
 
Zum Thema Ordensfeindschaft, soweit ich weiß, war es gegen die Regeln, die Waffen gegen andere Christen zu ergreifen, deshalb hat sich das wohl auf politische Konflikte beschränkt.

Nunja eigentlich war es jeden Christ verboten gegen Christen zu kämpfen.
Ausnahme war der "Gerechte Krieg" der von Platon, über Augustinus von Hippo, bis zu Thomas von Aquin "entwickelt" wurde. Aber es sind auch nur Menschen und ich sage jetzt nur Zadar oder Byzanz.

Die geistige Einstellung eines Templers des frühen 12. Jahrhundert zeigt am besten der "Liber ad milites templi de laude nova militiae" von Bernhard von Clairevaux und die Ordensregeln in der Langversion. Zudem muss man die Ritterorden immer im Kontext ihrer Zeit sehen. Kreuzzüge incl. der Kreuzfahrerstaaten, Reconquista, Mongolensturm, Kaiser vs Papst, England vs Frankreich, Entwicklung der Nationalstaaten usw.

Aber wie gesagt er war in erster Linie immer ein politischer Konflikt und lag auch viel an den unterschiedlichen Persönlichkeiten der Meister.

BTW: Das Buch "Die Geschichte des Ordens der Tempelherren" von Wilcke gibt es als Neuauflage und eine kleine Buchreihe "Die Templer in Mitteldeutschland", "Die Templer im Osten von Deutschland" und "Die Templer in Westen von Deutschland" von Lehmann und Patzner. Kommende, Niederlassungen und Besitz im nördllichen HRR. Die "Die Tempelherren und ihre Besitzungen im Preußischen Staate" von Ledebur gibt es als Nachdruck vom selben Verlag.
 
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