Fehden im Hochmittelalter

Mittelwalter

Mitglied
Hallo zusammen

Dass es Fehden im Hochmittelalter gab und wie diese abliefen ist mir weitesgehends klar.
Meine Frage bezieht sich eher auf das Ausmaß bei Fürstenfehden.
Wurde so zum Beispiel im Königreich Frankreich ständig unter den Fürsten gefehdet und wenn in welchem Ausmaß ?
Sicher war das Fehdewesen unter den Fürsten im Reich ausgepraegter als anderswo, oder ?

Gruss Mittelwalter
 
Was gegen einen staendigen Kriegszustand sprechen würde, waeren Entwicklungen wie das Bevölkerungsansteigen im frühen Hochmittelalter, die ja bei einem immer in der Luft liegenden Fehdezustand behindert gewesen waeren.
 
Also ist das Bild der öfter mal im Streit und Kampf mit seinem Nachbarn liegenden Fürsten des Hochmittelalters falsch ?

(Ist der Post im falschen Thema platziert? Ich wunder mich nur, weil ja sonst hier im Forum die Antworten wie aus der Pistole geschossen kommen :grübel: )
 
Das kommt auf die Region an. Aber mit "Slaweneinfällen", Ungarneinfällen, später Italienzüge etc waren die Fürsten ziemlich mit Heerfolge beschäftigt.

Ja und mit den Antworten, belegen kann man das nicht so einfach, wieviel "Fehde" da wann zwischen wem war. Es war wohl ziemlich friedlich im Vergleich zu anderen Jahrhunderten, da herrschte ja vergleichsweise dauernd Krieg bis ins letzte Jahrhundert.
 
Also ist das Bild der öfter mal im Streit und Kampf mit seinem Nachbarn liegenden Fürsten des Hochmittelalters falsch ?

Das hängt, wie Wilfried schon schrieb, von Region und Zeit ab. Die große Fehdezeit in Frankreich (feudale Anarchie) zB umfasste in etwa den Zeitraum vom 9. bis zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Da haben sich schon mal engste Familienangehörige um eine Burg blutig gestritten, bis hin zu Bruder gegen Bruder, wie Suger von Saint-Denis in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts auch beklagte. Das schwache Königtum der späten Karolinger und der frühen Kapetinger hatte diese Zustände begünstigt. Gelegentlich befehdeten mächtige Adlige ja auch die Könige selbst. Erst nachdem diese im 13. Jahrhundert ihre herrscherliche Gewalt wieder über das ganze Königreich zurückgewinnen konnten, ebbte das Fehdewesen ab.

Guy de la Roche-Guyon ? Wikipedia
 
Meine Frage bezieht sich eher auf das Ausmaß bei Fürstenfehden ...
Sicher war das Fehdewesen unter den Fürsten im Reich ausgepraegter als anderswo, oder ?

Die großen Adelsfamilien bekämpften sich Im Mittelalter allerorten und überall ging es um die Ausweitung von Macht und Einfluss und natürlich um die Ausweitung des eigenen Territoriums, da damit weitere Einkünfte und eine Stärkung der eigenen Position gegenüber anderen begehrlichen Adelshäusern verbunden war.

So kam es z.B. in Thüringen im 14. Jh. zur berühmten Grafenfehde zwischen den Wettinern und einigen Grafenfamilien. Im Ergebnis büßten dabei einige Adelshäuser ihren Einfluss bis zum Ende des Alten Reichs ein. Ähnliches geschah vielerorts an anderen Stellen im HRR, oftmals wegen erheblich kleinerer Dimensionen ziemlich unbeachtet und nur im engen regionalen Maßstab von Bedeutung.

Thüringer Grafenkrieg ? Wikipedia
 
naja, Spätmittelalter
im Hochmittelalter , so scheint es mir , war´s doch verglichen mit dem 18-20 Jhdt recht friedlich. Zumindest im HRR nördlich der Alpen
 
naja, Spätmittelalter
im Hochmittelalter , so scheint es mir , war´s doch verglichen mit dem 18-20 Jhdt recht friedlich. Zumindest im HRR nördlich der Alpen

Fehden gab es im Mittelalter zu allen Zeiten. Warum soll das im Hochmittelalter anders als im späten Mittelalter gewesen sein? Nicht grundlos bemühte sich die Kirche seit dem 10. Jh. (!) im Rahmen der Gottesfriedensbewegung um eine Beschränkung des Fehderechts und die diversen "Landfrieden", die 1235 in den reichsweiten Mainzer Landfrieden mündeten, hatten das gleiche Ziel. Dass dennoch lustig weiter befehdet wurde, zeigt die Geschichte. :fechtduell:
 
Ich habe die Fehden beilebe nicht bestritten und bitte , verstehts nicht so, das im HoMi im HRR alles Friede , Freude, Eierkuchen war.
Nur wurde wohl nicht so exessiv gefehdet wie im ausgehenden Mittelalter, einmal wars von den Lehnsherrn nicht gerngesehen, wenn sich die Lehnsnehmer "Kloppten", zum anderen war man eben mit diversen Heerzügen beschäftigt.

In der Frage ist für mich impliziert, das sich die Großen des Reiches laufend befehdeten. Dem war meines Wissens nicht so, denn das wären Bürgerkriege gewesen.

Wenn , waren es eher auf Grafen /Dienstadelsebene "Guerillaaktionen" . "Du klaust mein Vieh , ich klau Deins und dann haben wir uns wieder lieb zu haben"
 
In der Frage ist für mich impliziert, das sich die Großen des Reiches laufend befehdeten. Dem war meines Wissens nicht so, denn das wären Bürgerkriege gewesen.

Im 12. Jh. begann die Territorialisierung, d.h. die diversen Herzöge, Markgrafen, Landgrafen, Grafen, Bischöfe und Äbte strebten danach, ihre zersplitterten Besitzungen zusammenzufassen, schwächere Nachbarn zu verdrängen und ein geschlossenes Herrschaftsgebiet zu bilden.

Das konnte ihnen allerdings nur gelingen, wenn sie konkurrierende Herren überwanden, okkupierten und landsässig machten. Dass das nicht ohne ständige Fehden abging, versteht sich von selbst. Es reicht, dazu einmal eine Territorienkarte von 1300 und eine von 1600 zu vergleichen. Dann sieht man, in welch starkem Umfang einst freie Ritterschaften, Grafschaften, Herrschaften oder Städte landsässig gemacht und in das größere Territorium des Landesherrn inkorporiert wurden - und das alles gewiss nicht auf freiwilliger Basis.
 
Doch wie laesst sich das Bevölkerungswachstum im H-Mittelalter erklären, wenn unablaessig Krieg herrschte ?
Dass sich die Fürsten damals im Krieg alle ritterlich verhielten war ja selbstverständlich ;) .
 
Des Weiteren konzentrierte Krieg sich ja auch regional, und ging, im Fall von Fehden nicht unbedingt "direkt" gegen die Zivilbevölkerung. Auch waren Fehden eher zeitlich begrenzter Natur. Zudem war für Adlige, z.B. im Kontext des Hundertjährigen Krieges die Chance im Krieg zu fallen gerinmger als als Geisel genommen zu werden, und dem Stand entsprechend behandelt auf Zahlung eines Lösegelds zu harren.

Selbst bei kriegerischen Gesellschaften, ich kann hier z.B. Sparta als Beispiel nennen, unterscheidet sich die Sterblichkeitsrate, bzw die Alterspyramide nicht signifikant von den Gesellschaften die eher "friedlich" ausgerichtet waren.

Zu erklären damit das nie ein besonders großer Teil der Gesellschaft (zumindest im MA) gleichzeitig am Krieg "teilnahm" und Schlachten ohnehin selten mit der vollständigen Vernichtung des Gegners, sondern eher dessen "Zerstreuung" enden, somit konnte der geschlagene Landsknecht auch weiter fröhlich Nachkommen produzieren ;)
 
Doch wie laesst sich das Bevölkerungswachstum im H-Mittelalter erklären, wenn unablaessig Krieg herrschte ?
Dass sich die Fürsten damals im Krieg alle ritterlich verhielten war ja selbstverständlich

Hier ist evtl. auch anzumerken, dass man es immer besser verstand, sich gegen (begrenzte) Übergriffe zur Wehr zu setzen. So erhielten viele Ortschaften Stadtmauern, die unerwünschten Besuch fernhielten. Auch dürften die - in der Forschung oft vernachlässigten - Landwehren (gemeint sind hiermit die Bauwerke, nicht die später entstandenen milit. Verbände) eine Rolle gespielt haben. Sie erschwerten nicht nur das Eindringen in fremdes Territorium, sondern auch das Entkommen nach "getaner Arbeit".

Zu erklären damit das nie ein besonders großer Teil der Gesellschaft (zumindest im MA) gleichzeitig am Krieg "teilnahm" und Schlachten ohnehin selten mit der vollständigen Vernichtung des Gegners, sondern eher dessen "Zerstreuung" enden, somit konnte der geschlagene Landsknecht auch weiter fröhlich Nachkommen produzieren

Richtig. Es war sowieso nicht immer das Ansinnen des Angreifers, die Bewohner des fremden Territoriums zu vernichten, denn die konnte man später noch als Arbeitskräfte brauchen. Vielmehr ging es darum, den Gegner zu unterwerfen und/oder zu schädigen. So drangen oftmals kleinere berittene Einheiten ins Feindesland ein, brandschatzten Höfe, stahlen oder vernichteten die Ernte und raubten das Vieh. Auf diese Weise sollte dem Landesherrn die wirtschaftliche Gundlage entzogen werden um ihn zu Zugeständnissen oder gar zur Aufgabe zu bewegen.
 
Richtig. Es war sowieso nicht immer das Ansinnen des Angreifers, die Bewohner des fremden Territoriums zu vernichten, denn die konnte man später noch als Arbeitskräfte brauchen. Vielmehr ging es darum, den Gegner zu unterwerfen und/oder zu schädigen. So drangen oftmals kleinere berittene Einheiten ins Feindesland ein, brandschatzten Höfe, stahlen oder vernichteten die Ernte und raubten das Vieh. Auf diese Weise sollte dem Landesherrn die wirtschaftliche Gundlage entzogen werden um ihn zu Zugeständnissen oder gar zur Aufgabe zu bewegen.

In dieser von dir geschilderten Form liefen die meisten Fehden ab: Schädigung und Schwächung des Gegners, wobei allerdings die Zivilbevölkerung durchaus litt, denn oft wurde den Bauern das Dach über dem Kopf angezündet oder die Felder verheert, Städte und Dörfer wurden geplünder und gebrandschatzt. So gab es z.B. in meiner Region häufig Streit zwischen den Bischöfen von Halberstadt und benachbarten kleinen Territorialherren und dabei ging es in der Regel um den Einfluss in benachbarten Territorien oder die Verletzung von Einflusszonen.

In die Mitte des 14. Jh. fallen Streitigkeiten des Stifts Halberstadt mit den Grafen von Anhalt wegen des Fürstentums Aschersleben, und fast gleichzeitig brach eine Fehde aus zwischen dem Stift und den Grafen Albrecht und Bernhard von Regenstein, den Schutzherren der Stadt Quedlinburg. Bischof Albrecht eroberte die den Grafen gehörende, dicht bei Quedlinburg gelegene Guntekenburg um Ostern 1325, und infolge dieses Sieges ging die Schutzherrlichkeit über die Stadt Quedlinburg auf das Stift Halberstadt über (14. April 1326).

Nachdem der Bischof noch eine bedeutendere Fehde mit Meißen ausgekämpft hatte, brach der alte Zwist wieder aus. Der Bischof beschuldigte die Grafen, dass sie außer verschiedenen Gewalttätigkeiten und Eingriffen in seine Rechte Kirchen zu befestigten Plätzen umgebaut hätten. Als Schiedsrichter wählten die streitenden Parteien Herzog Otto von Braunschweig, des Bischofs Bruder. Aber der Spruch des Herzogs befriedigte die Grafen nicht. Von neuem erhoben sie die Waffen und schädigten das Stift und die mit ihm verbundene Stadt Quedlinburg. Sie waren aber in diesem Kampf nicht glücklich und mussten ihren Gegnern verschiedene Zugeständnisse machen. Noch ehe jedoch die Fehde mit den Grafen von Reinstein beigelegt war, wurde die Tätigkeit Bischof Albrechts bereits von anderer Seite in Anspruch genommen.

Gut bekannt ist auch die Eversteiner Fehde, eine Erbfolgeangelegenheit, die zwischen 1404 und 1409 zwischen den Edelherren von der Lippe und den Herzögen von Braunschweig-Lüneburg stattfand. Der kinderlose Graf Simon III. hatte im Jahr 1403 einen Erbverbrüderungsvertrag mit dem kinderlosen Grafen Hermann VII. von Everstein geschlossen, wonach die Grafschaft Everstein nach seinem Tod an Lippe fallen sollte. Die Braunschweiger Herzöge wollten diesen lippeschen Machtzuwachs nicht hinnnehmen und begannen eine Fehde gegen Lippe. 1407 erreichte der Herzog die Aufhebung des geleisteten Eides von Papst Gregor XII., in dessen Folge Lippe von allen Seiten angegriffen wurde, woran benachbarte Landesherren und der Bischof von Paderborn (!) beteiligt waren. Das Ende vom Lied war die Übergabe von Everstein an Braunschweig und die Plünderung und Brandschatzung der Städte Detmold, Blomberg und Horn.
 
Ich möchte die schöne, ausführliche Schilderung um einen kleinen Aspekt ergänzen:

In dieser von dir geschilderten Form liefen die meisten Fehden ab: Schädigung und Schwächung des Gegners, wobei allerdings die Zivilbevölkerung durchaus litt, denn oft wurde den Bauern das Dach über dem Kopf angezündet oder die Felder verheert, Städte und Dörfer wurden geplünder und gebrandschatzt.
(...)

Daneben litt insbesondere der Handel unter dem Fehdewesen respektive -unwesen. Es war mWn üblich und durchaus lukrativ, Kauf- und Fuhrleute auf dem Gebiet des Fehdegegners zu überfallen, bzw Abgaben von diesen zu fordern. Diese Behinderung des Handels traf auch die Städte, die dank Größe und Befestigung kaum direkt von Angriffen bedroht waren, abseits größerer Konflikte als regionalen Fehden.

Für die Mark Brandenburg wäre das Stichwort hier: "Raubritter", aber evtl. gabs das anderswo auch... ;)

www.geschichtsforum.de/f48/kleinkrieg-im-mittelalter
 

Anhänge

  • san_gimignano_br_xiks.jpg
    san_gimignano_br_xiks.jpg
    28,5 KB · Aufrufe: 531
ich weiß nicht, ob man das Fehdewesen des Hochmittelalters 900 bis~1250 im HRRso einfach mit dem späteren Fehdeunwesen gleichsetzen kann. Die Lehen sind noch nicht so richtig erblich, territoriale "Eroberungen" also schwerer möglich. Das ganze findet also auf niederer Ebene statt. Die Gottesfrieden gabs, weil die Gegner vieler Fehden sich denn auch an Kirchengut vergingen. Später , mit Erblehen und so weiter gibts ja handfestere Gründe, wie Dieter schon schreibt. Auch die Aufstände des Königssohns gegen den König und andere Kriege sind ja keine Fehden.
Gabs ja auch reichlich im HRR.
Und Italien ? Das ist dann noch wieder eine andere Qualität. Wenn Patrizierfamilien einer Stadt sich in den Haaren lagen und Streit gewaltsam ausfochten, bis zum erlöschen ganzer Familien.
 
@Wilfried: in wiefern sollen sich die Fehden des Hochmittelalters von den später ausgetragenen Fehden unterschieden haben? Meinst du damit, dass es in früherer Zeit zahlenmäßig weniger Fehden gab, oder dass sie eine andere Qualität hatten?

Ich gebe hierzu zu bedenken, dass es den Fehdebrief als solchen so etwa ab 1180 gab. Zahlreiche frühere Auseinandersetzungen dieser Art waren also evtl. gar nicht dokumentiert und sind somit heute nicht mehr nachvollziehbar. Aber die Tatsache, dass man die Fehden zu regulieren versuchte, kann m. E. als Indiz dafür gewertet werden, dass Handlungsbedarf bestand, es also in der Zeit davor nicht so selten vorgekommen war, dass man Streitigkeiten auf diese Weise zu lösen versuchte.
 
Zurück
Oben