Französische Ritter der frühen Neuzeit

Witege

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Die französische schwere Reiterei war die stärkste der frühen Neuzeit. Sie konnte in Fornovo 1495 einen entscheidenden Sieg gegen die Italiener erzielen und bewahrte 1515 die Franzosen vor einer Niederlage gegen die Schweizer am ersten Tag der Schlacht von Marignano, bevor sie 1525 fast vollständig bei Pavia von den spanischen Musketieren vernichtet wurde.

Es gab 20 Kompanien aus 100 Lanzen, welche jeweils aus 6 Reitern bestand.

Über die Zusammensetzung der Lanzen gibt es allerdings viele verschiedene Angaben, aus welchem Grund ich fragen wollte, ob jemand eine Ahnung hat, welche stimmt.

a) 1 homme d'arms (Ritter) + 3 Archers + 1 coustillier + 1 Page
b) 1 man-at-arms + 1 squire (Knappe) + 2 Archers + 2 Pagen
c) 1 gendarme + 2 mounted Archers + 1 coustillier + 1 valet (Diener) + 1 Page
(Ist die Korrekte Bezeichnung auch im deutschen Archer oder muß man es mit Bogenschütze übersetzen?)

Der Ritter war mit einer Vollplatte (weißem Harnisch) gerüstet, benutzte eine Lanze und ein Schwert (bzw. eine andere Handwaffe) und rüstete auch sein Pferd mit einem Plattenharnisch. (Der Stoffharnisch für das Pferd wurde in Frankreich ja nicht verwendet oder?)

Neben dem Ritter kämpften nur noch die Archers und die Coustilliers und bildeten die hinteren Reihen der Reitereinheiten. Hier kenne ich jetzt auch zwei unterschiedliche Versionen, welcher von beiden der schwerer gerüstete war. Auf jeden Fall kämpften auch die Archer beritten (oder doch ab und zu auch als richtiger Bogenschütze?). Am wahrscheinlichsten fand ich die Angabe, bei der der Archer auch als schwerer Reiter kämpft, allerdings eine kürzere Lanze und nur eine Halbplattenrüstung trägt. Der Coustillier kämpfte als leichter Reiter, aber auch nur in der Reiterformation. (Oder bildete er auch selbstständige Einheiten wie die spanischen Gineten bzw. venezianischen Stradiotti).

Außerdem wollte ich noch fragen was genau die Bezeichnung "ordonance du roi" bedeutet. Waren sie noch normale feudale Ritter oder waren sie Unfreie aus dem Haushalt des Königs?
 
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Hallo Witege,

leider kann ich Dir kaum weiterhelfen, weil mich das ausgehende Spätmittelalter bei weitem nicht mehr so interessiert wie das Hochmittelalter.

Aber zu einigen Punkten kann ich vielleicht etwas beitragen...

Witege schrieb:
Es gab 20 Kompanien aus 100 Lanzen, welche jeweils aus 6 Reitern bestand.

Über die Zusammensetzung der Lanzen gibt es allerdings viele verschiedene Angaben, aus welchem Grund ich fragen wollte, ob jemand eine Ahnung hat, welche stimmt.

a) 1 homme d'arms (Ritter) + 3 Archers + 1 coustillier + 1 Page
b) 1 man-at-arms + 1 squire (Knappe) + 2 Archers + 2 Pagen
c) 1 gendarme + 2 mounted Archers + 1 coustillier + 1 valet (Diener) + 1 Page
(Ist die Korrekte Bezeichnung auch im deutschen Archer oder muß man es mit Bogenschütze übersetzen?)

Ausgehend vom traditionellen Rittertum bzw. der hochmittelalterlichen Gleve erscheint mir (a) am wahrscheinlichsten - dies ist jedoch nur meine Interpretation!

Archer bedeutet sowohl im Englischen wie auch im Französischen Bogenschütze und sollte demnach auch so übersetzt werden...

Witege schrieb:
Außerdem wollte ich noch fragen was genau die Bezeichnung "ordonance du roi" bedeutet. Waren sie noch normale feudale Ritter oder waren sie Unfreie aus dem Haushalt des Königs?

Ordonnance du Roi heißt mW nicht mehr und nicht weniger als Knecht des Königs, was die traditionelle Bezeichnung der Ritter immer war - das englische knight leitet sich bspw. auch von dieser ursprünglichen Bedeutung ab.
Davon abgesehen aber sprechen wir im Falle des Königreichs Frankreich spätestens seit der Pragmatischen Sanktion 1438 von einem stehenden Heer, welches besoldet wird (durch Staatseinnahmen aus dem Ertrag der Krongüter). Das heißt wohl weder traditionell feudale Ritter noch Unfreie...

Ich hoffe, ich konnte Dir mit meinen spärlichen Anmerkungen wenigstens punktuell weiterhelfen...

Viele Grüße

Timo
 
Witege schrieb:
...
Der Ritter war mit einer Vollplatte (weißem Harnisch) gerüstet, benutzte eine Lanze und ein Schwert (bzw. eine andere Handwaffe) und rüstete auch sein Pferd mit einem Plattenharnisch. (Der Stoffharnisch für das Pferd wurde in Frankreich ja nicht verwendet oder?)

.....

Wie kommst Du darauf?

Zumindest auf dem Grabmal Franz' I ist ein Basrelief mit der Darstellung einer Schlacht zwischen Rittern und Lanzknechten, auf der die Pferde offesnsichtlich ein Stoffharnisch tragen.

In der Handschrift des Froissard ebenfalls (Darstellung der Schlacht bei Nancy 1477).

Im Museo Nazionale in Neapel befindet sich ein Brüsseler Wandteppich mit der Darstellung der Gefangenahme Franz I bei Pavía. Sein Pferd hat keinen kompletten Harnisch aber einen Brustschutz aus Stoff (auf spanisch genannt "Gualdrapas")
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke, ihr habt mir wirklich weitergeholfen.

@Timotheus
(a) fand ich auch am wahrscheinlichsten, stammt auch aus einem "richtigen" Buch, die anderen Varianten stammen aus verschiedenen Osprey-Heften.

@Bdaian
Oh, das hatte ich falsch übernommen. Im Osprey-Heft über Fornovo steht, dass sie im Gegensatz zu den Italienern keine Lederharnische für ihre Pferde verwendeten. Ich hatte das gleich noch auf den Stoffharnisch bezogen, was wohl eindeutig falsch war.
Die Aussage mit den Lederharnischen stimmt aber, oder?
 
Noch eine Anmerkung zu den Heften der Osprey Reihe... etwas :eek:fftopic:

Ihr Inhalt wird oftmals entweder überschätzt oder unterschätzt.
Was Vermerke von primären Bild- und Skulpturquellen (incl. Grabplatten u. dgl.) angeht, sind sie wirklich gut.
Die Details in den Texten sind einerseits gut recherchiert, andererseits gibt es aber auch teilweise Stellen mit Flüchtigkeitsfehlern u.ä.
Die Bildtafeln zur Umsetzung - sprich: bildliche Rekonstruktionen - weisen leider ein hohes Maß an Interpretation und manchmal sogar Detailfehler auf...
(Hier gebe ich zu bedenken, daß die Bildtafeln ursprünglich als Anleitung für Miniaturenbemalung gedacht waren und nicht als Vorgabe für Living History etc.!)
 
Bdaian, du behauptest im anderen Thread, dass es 1530 keine Ritter mehr gab. Die Ordonnance du Roi waren aber doch noch "richtige" Ritter, obwohl sie besoldete Soldaten waren. Oder siehst du ihr Ende 1525 bei Pavia?

Oder kann man sie bereits nicht mehr als Ritter bezeichnen, sondern muß sie homme d'arms nennen?
Wie lautet überhaupt die korrekte Übersetzung davon? Gewappnete?


@Osprey
Mein Dozent im Seminar über die Kriegsgeschichte der frühen Neuzeit, gab die Osprey-Hefte auch in der Literaturliste an. Sie sind also auf jeden Fall nicht zu unterschätzen.
Die Bildtafeln finde ich aber auch sehr gut, da man sich die verschiedenen Krieger so viel besser vorstellen kann, selbst wenn nicht jede Kleinigkeit stimmen sollte. Aber natürlich darf man keine wissenschaftliche Schlüsse daraus ziehen.
 
Witege schrieb:
Bdaian, du behauptest im anderen Thread, dass es 1530 keine Ritter mehr gab. Die Ordonnance du Roi waren aber doch noch "richtige" Ritter, obwohl sie besoldete Soldaten waren. Oder siehst du ihr Ende 1525 bei Pavia?

Oder kann man sie bereits nicht mehr als Ritter bezeichnen, sondern muß sie homme d'arms nennen?
Wie lautet überhaupt die korrekte Übersetzung davon? Gewappnete?

Ich habe nicht gesagt, dass es keine Ritter mehr gab, sondern dass es keine "Ritter" im klassischen Verständnis waren, d.H. im Sinne dass es kein Feudales Aufgebot auf der Grundlage der Heerfolge und persönlicher Treueverhältnisse war. Es waren hauptsächlich Söldner, unabhängig von Ihrem gesellschaftlichen Stand und ob sie zum Ritter geschlagen worden waren oder nicht.

Das ist jedoch alles eine Definitionsfrage.

"Homme d'arms" und "Gens d'arms" kann man sinngemäß als "Kriegsvolk" übersetzen. Auf deutsch nennt man jemanden der wie ein Ritter gerüstet ist, jedoch keiner ist, üblicherweise Reisiger.

Witege schrieb:
@Osprey
Mein Dozent im Seminar über die Kriegsgeschichte der frühen Neuzeit, gab die Osprey-Hefte auch in der Literaturliste an. Sie sind also auf jeden Fall nicht zu unterschätzen.
Die Bildtafeln finde ich aber auch sehr gut, da man sich die verschiedenen Krieger so viel besser vorstellen kann, selbst wenn nicht jede Kleinigkeit stimmen sollte. Aber natürlich darf man keine wissenschaftliche Schlüsse daraus ziehen.


ich Teile die Meinung Thimos: Das Bildmaterial ist vorzüglich, der Textinhalt oft etwas dürftig bzw. oberflächlich.
 
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Ehe wir uns wegen eines Begriffes der Militärgeschichte streiten, der durch die Zeiten einige Wandlungen erfahren hat, noch einmal etwas zum Konsens...

hommes d'arms
gens d'arms
men-at-arms

Grundsätzlich bedeuten diese Wörter allesamt nicht mehr und nicht weniger als Männer in Waffen oder bewaffnete Männer oder eben Kämpfende.
Im Hochmittelalter stehen diese Bezeichnungen für Ritter und Sergenten, während sie ab dem Spätmittelalter auch auf anderes "Kriegsvolk" angewendet wurden. Damit wird eine eindeutige Zuordnung im ausgehenden Spätmittelalter bzw. der Frühen Neuzeit natürlich durchaus schwierig... :grübel:
 
Ich habe mich jetzt nochmals näher mit den Ordonanzkompanien beschäftigt und wollte hier eine Zusammenfassung schreiben. Ich hoffe, dass jetzt alles stimmt.


In der letzten Phase des hundertjährigen Krieges schuf Karl VII. durch die Ordonnanz von Orleans 1439 und der Reform von 1445 15 Ordonanzkompanien (compagnies d’ordonnances). Die in den Städten Frankreichs stationierten Reitertruppen wurden durch Steuern finanziert und bildeten das erste stehende Heer Europas, welches direkt dem König unterstellt war.
Die Ordonanzkompanie wurde von einem Hauptmann angeführt und galt als die stärkste schwere Kavallerie ihrer Zeit. Sie bestand aus 100 vollen Lanzen (lance fournie), welche aus einem Waffenträger, einem Coutilier, einem Pagen und drei Bogenschützen gebildet wurde.
Die Waffenträger wurden aus den Reihen des Adels rekrutiert, kämpften auf die traditionelle ritterliche Art und Weise und hatten das Recht im vorderen Glied zu kämpfen. Sie waren dem König treu ergeben und verachteten die Infanterie. Gerüstet waren diese Elitekämpfer mit den so genannten „weißen Rüstungen“. Diese in Italien nach Maß gefertigten Rüstungen schützten den ganzen Körper des Kämpfers durch eiserne Harnische und bestanden im Einzelnen aus einem engen Kürass, Armschienen, Schulterpanzern, Beinharnischen, Panzerhandschuhen und einem Sallet mit Visier und Kinnschutz. Zum Kampf verwendete der Waffenträger, der auf einem mit Stoff- oder Plattenharnischen geschützten Pferd ritt, eine schwere Lanze und, nachdem diese zerbrochen war, ein Langschwert eine Streitaxt oder einen Streitkolben.
[FONT=&quot]Die hinteren Glieder der Einheit wurden durch die Nebenkämpfer des Waffenträgers gebildet. Die Bogenschützen kämpften im 16. Jahrhundert nicht mehr als berittene Bogenschützen, sondern ausschließlich als schwere Kavallerie. Sie trugen leichtere Lanzen als die Waffenträger und mit Platten verstärkte Kettenrüstungen. Die Coutilier waren leicht gerüstete Reiter mit Schwertern und Kurzlanzen. Ihr Name kommt von ihrer unehrenhaften Aufgabe in der Schlacht, dem Töten der abgeworfenen Gegner. [/FONT]
 
Da passt jetzt zwar überhaupt nicht mehr zum Rittertum, allerdings habe ich noch eine Frage zu den französischen Armeen.

Sehe ich das richtig, dass bis auf die Francs-Archers die Infanterie zur Zeit der Ordonannzkompanien immer aus Söldnern bestand?
 
Entschuldigen Sie mich für mein schlechtes Deutsch , aber das ist nicht mein Muttersrache !

Une lance ist ein klein Taktikgruppe. Unter dem Kônig Karl VII, das ist sechs peronen.


Un homme d'arme (Waffenmann), der von Adelstand kommt
Un page (Knecht)
Deux Archers (2 Bogenschûtzen mit Pferde)
Un Valet (ein Bubbe fûr die Bogenschûtze)
Un coutillier ( Ein Mann mit Messer)

Les Francs archers (Franc ist Frei, sie bezahlen kein Steuer, aber sie mûssen jede Sonntag trainieren, Archer ist Bogenschûtze).

Aber, diese System hat schlecht funktionniert, und wae bei Ludwig XI Abschaffen, nach der Schlacht von Guinegatte wo die Francs-Archers entwischen.
 
@Jean-Marc

Können Sie mir eine Quelle angeben, welche die Zusammensetzung der Lanze angibt? Ich habe wie gesagt immer wieder unterschiedliche Versionen gelesen.

Kommt der Name des Coutillier also doch von seiner Waffe und nicht von seiner Aufgabe? Ich habe beide Versionen gelesen. In der einen Version heißt es, dass seine Waffe ein kleiner Degen sei, mit dem man einem Gefangenen die Gurgel durchschneidet, falls dieser kein Lösegeld beschafft.
 
Fûr die Lance der Kônig Karl VII, meine Quelle ist : La guerre de cent ans von Jean Favier (Fayard 1980). Fûr die anderen, ich muß suchen.

Für die Französischen Armeen bis XVIII. Jahrhundert, sie können dieses Buch lesen:

http://visualiseur.bnf.fr/Visualiseur?Destination=Gallica&O=NUMM-62960


Der name coutillier kommt der name "couteau" (Messer auf Deutsch). Fûr das Pferd verletzten, und der Reiter Gefangenes zu machen (oder killen, aber un Reiter Tot kann nicht eine Lôsegeld bezahlen)
 
In einem Text von Gerrit Himmelsbach zur Schlacht von Murten 1476 fand ich folgenden Umfang einer burgundischen Lanze:
1 gepanzerter Reiter
3 berittene Bogeschützen
3 Infanteristen (Lanzenträger, Bogen- und Armbrustschütze)
dazu rechnet der Autor mit ca. 3 Assitenten.
Mich verwundert dabei der große Anteil an Fernkämpfern.
 
Bdaian schrieb:
"Homme d'arms" und "Gens d'arms" kann man sinngemäß als "Kriegsvolk" übersetzen.

Ich meine, "Gens d`Arms" is die neugeschaffene Truppe, welche Polizeiaufagben versah. So auch die Verhaftung der Templer unter Phillip dem Schönen.

siehe hierzu: A.Beck: "Der Untergang der Templer-gößter Justizmord d. MA?"
 
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Speaker schrieb:
Ich meine, "Gens d`Arms" is die neugeschaffene Truppe, welche Polizeiaufagben versah. So auch die Verhaftung der Templer unter Phillip dem Schönen.

siehe hierzu: A.Beck: "Der Untergang der Templer-gößter Justizmord d. MA?"

So weit ich weiss, galt dieser Begriff für die "Haustruppe" des Königs, den 15 Compagnien, die dem königlichen Haushalt direkt unterstellt waren und in dessen Sold sie standen. Sie haben zwar auch Polizeiaufgaben erfüllt, dieses war jedoch nicht ihre Hauptaufgabe.

Ich dachte jedoch, sie wären erst unter Karl den VII, um 1445 aufgestellt worden.
 
Gens d'armes ist wie Feldgendarmerie , militär Polizei auf Deutsch. Am anfang , diesen Soldaten waren unter der Befehlen der Connétable, der Cherf der Armee.


Heute sind die Gendarmes immer Militär, und sind Polizisten in Land. Zivilen Polizisten sind nur in großen Städte.
 
Im Buch "Franz I. von Frankreich" von Gerd Treffer wird bei der Querung der Alpen vor der Schlacht bei Marignano zwischen 3000 Ritter des königlichen Hauses und 12000 (normalen) Rittern unterschieden.

Waren nicht alle Ritter der Ordonanzkompanien Ritter des königlichen Hauses? Oder gab es noch zusätzlich zu den Ordonanzkompanien normale, feudale Ritter? Oder ist hiermit die Adelsreiterei gemeint, welche während der Schlacht mit Franz I. im zweiten Treffen des Zentrums kämpfte? Oder sogar eine Art Leibwache?
 
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