Gräber der lateinischen Könige von Jerusalem

Dieter

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Zahlreiche lateinische Kreuzfahrerkönige von Jerusalem wurden in der dortigen Grabeskirche beigesetzt. Das kann man überall nachlesen. Allerdings habe ich keine Nachricht darüber gefunden, ob diese Gräber heute noch existieren und wo sie sich gegebenenfalls in der Grabeskirche befinden. Da schweigen sich Wiki und auch andere Infoseiten aus.

Vielleicht hat ja jemand mehr Glück als ich und findet im Internet doch noch konkrete Hinweise zu dieser Frage. :grübel:
 
Wenn ich mich recht erinnere hatte Saladin 1187 Grabschändungen an christlichen Einrichtungen und Gräbern untersagt. Als aber 1244 die Choresmier Jerusalem erobert hatten, sollen sie die Gräber geschändet und die Knochen zerstreut haben.
 
Montefiore, Jerusalem, beschreibt das mit Verweis auf andere Literatur:

"On 11 July 1244, the Tartar horsemen led by Barka Khan clattered into Jerusalem, fighting and hacking their way through the streets, smashing into the Armenian convent and murdering the monks and nuns. They destroyed churches and houses, plundering the Holy Sepulchre and setting it on fire. Coming upon the priests as they celebrated Mass the Tartars beheaded and disembowelled them at the altar. The bodies of the kings of Jerusalem were disinterred and burned yet their elaborate sarcophagi were somehow spared"
 
Aber was macht denn nun Berke Khan mit seinen Mongolen in der Gegend?
Ist da der Chronist ein wenig durcheinander gekommen?
 
Bei meinen Besuchen in der Grabeskirche kann ich mich an Spolien von Grabplatten an der Aussenwand der Adamskapelle erinnern.
 
Aber was macht denn nun Berke Khan mit seinen Mongolen in der Gegend?
Ist da der Chronist ein wenig durcheinander gekommen?

Dieser Barka Khan wird bei Joinville genannt, der ihn als "Kaiser von Persien" (Lempereur de Perse...Barbaquan) beschrieben hat, der mit seinen dreihunderttausend Kriegern von dreihundert tartarischen Rittern aus seinem Königreich vertrieben wurden war und darauf sich mit dem Sultan von Babylon (Ägypten) verbündet hat. Allerdings hat Joinville dazu nichts von der Eroberung Jerusalems durch Barka Khan berichtet. Ob dieser überhaupt historisch war kann ich schwer beurteilen, da er mir aus anderen Überlieferungen nicht bekannt ist.

Natürlich bezieht sich Joinvilles Beschreibung auf die Vernichtung des Choresmierreichs, das in Persien gelegen war, durch die Mongolen des Dschingis Khan. Eine Reiterhorde der Choresmier (khwarezmiyya) wurde vom ägyptischen Sultan as-Salih Ayyub in Dienst genommen, die für ihn schließlich Jerusalem eroberte. Joinville hatte 1250 vor al-Mansura gegen eine Abteilung dieser Choresmier gekämpft und soll einen von ihnen während seiner Gefangenschaft kennen gelernt haben.

Joinville, Histoire de Saint Louis, Recueil des historiens des Gaules et de la France XX, S. 264, 270.
 
Ich könnte mir vorstellen, dass der damalige lateinische Patriarch von Jerusalem, Robert von Nantes, über die Zerstörung und Grabschändungen durch die Choresmier berichtet hat. Jedenfalls hatte dieser nach der Niederlage von La Forbie, die er selbst nur knapp überlebt hat, einen Brief an den Papst in Lyon geschrieben und über die Ereignisse im heiligen Land berichtet, was auch ausschlaggebend für den großen Kreuzzug Ludwigs IX. von Frankreich war, in dem Joinville mitgezogen war. Auch der Großmeister der Templer, Guillaume de Sonnac, hatte einen Brief in den Westen geschrieben, den Matthäus Paris in seine Chronik kopiert hatte.
 
Ich habe zu dieser Frage doch noch eine interessante Information im Internet entdeckt. Danach waren die kostbaren Sarkophage der lateinischen Könige und bedeutender Kreuzritter noch bis ins 19. Jh. in der Jerusalemer Grabeskircher vorhanden. Erst nach einem Brand von 1808 sorgte die osmanische Regierung bei der nachfolgenden Renovierung dafür, dass die Gräber der Könige von Jerusalem und alle Hinweise auf die Kreuzfahrerzeit verschwanden.

Die baulichen Veränderungen und Ergänzungen während der Zeit der Kreuzfahrer wären heute noch zu besichtigen, wenn nicht der Großbrand von 1808 der Grabeskirche schwere Schäden zugefügt hätte. Die griechisch-orthodoxe Kirche kam den Franziskanern bei der Renovierung und Wiederherstellung zuvor. Sie erhielten vom Sultan in Istanbul die Erlaubnis, die Schäden in alleiniger Verantwortung beseitigen zu dürfen. Deren Hauptziel schien es allerdings zu sein, alle Spuren, die auf die Erneuerung der Kirche durch die Lateiner hinwiesen, zu vernichten und auszutilgen.

Die Ädikula verschwand, die kostbaren Sarkophage Gottfrieds von Bouillon und seiner Nachfolger als Könige von Jerusalem wurden aus der Kirche entfernt, lateinische Inschriften wurden übermalt. Damalige Besucher berichteten, dass der Schaden durch die Renovierung größer war als der Brand selbst.

http://www.land-der-bibel.de/jerusalem/kirche-des-heiligen-grabes/kirche-des-heiligen-grabes.htm

In diesem Bericht ist ein altes Bild abgedruckt, das den bei der osmanischen Renovierung im 19. Jh.zerstörten Sarkophag des Königs Gottfried von Bouillon zeigt.
 
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