kaiserlicher Schutz der Juden im MA?

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Marlon

Gast
Ich habe gelesen, dass die Juden im Mittelalter unter kaiserlichen Schutz standen. Warum war das so. Ansonsten wurden sie in den Städten ja "ghettoisiert".

Danke für die Antwort,
Marlon
 
Ich habe gelesen, dass die Juden im Mittelalter unter kaiserlichen Schutz standen. Warum war das so?

Dies hing v.a. mit ihrer Rechtsstellung zusammen: sie gehörten zu Personen minderen Rechts (z.B. durften sie selbst keine Waffen tragen -> Zuordnung zu den unbewaffneten Sozialgruppen), weswegen sie unter besonderem Schutz des röm.-dt. Königs/Kaisers standen. Dieses Schutzprivileg war genaugenommen also Ausdruck ihrer verminderten Rechtsstellung.

Ansonsten wurden sie in den Städten ja "ghettoisiert".

Die Vorschrift, daß Juden nur in bestimmten Stadtvierteln u. dgl. leben durften, existierte tatsächlich, wurde aber von Stadt zu Stadt unterschiedlich durchgesetzt bzw. realisiert (es gab immer wieder Juden, die außerhalb solcher Bezirke lebten, wie auch Nichtjuden, welche in jenen Bezirken lebten). Allgemeine - und v.a. strikte - Durchsetzung fand diese Praxis erst im ausgehenden Spätmittelalter bzw. an der Wende zur Frühen Neuzeit.

Dazu noch eine Linkauswahl:
Jüdische Geschichte und Kultur: Rechtsstellung der Juden
Das mittelalterliche Judentum in Dortmund
Jüdische Geschichte und Kultur: Ghetto
Ghetto - Wikipedia
Geschichte der Juden (Mittelalter - Wikipedia)
http://www.geschichtsforum.de/f29/juden-im-mittelalter-2512/
http://www.geschichtsforum.de/f51/juden-im-mittelalter-9547/
 
Vielen Dank, das hat mir schon sehr geholfen, allerdings verstehe ich noch nicht, warum der Kaiser überhaupt ein Interesse daran hatte, Gruppen minderen Rechts, wie z.B. die Juden besonders zu schützen.

Grüße,
Marlon
 
Christen war es verboten, Geld zu verleihen (wg. der biblischen Szene in der Jesus die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel vertrieb), Juden waren aber im christlichen Umfeld die "ehrlichen Berufe" sowie Landbesitz verboten. Daher füllten sie die Nische des Geldverleihs und des Handels aus (was zu dem nicht tot zu kriegenden Klischee führte, dass Juden geschäftstüchtiger als andere seien). Als potente Geldgeber waren die jüdischen Gemeinden daher beliebt, besonders dann, wenn es daran ging, Kriegszüge zu organisieren und Vasallen mit Geldgeschenken zufrieden zu stellen. Hierin lag aber auch die Gefahr: niemand schuldet anderen gerne Geld. Und wenn der Geldverleiher noch einer ausgegrenzten Minderheit angehört, ist es umso leichter, an ihm Unrecht zu verüben.
 
Auch die Kunst des Diamantschleifens wurde fast ausschließlich von Juden beherscht. Es galt als Schick und Prestige wenn ein Kaiser, König, Fürst....einen Diamantschleifer zu seinen Untergebenen zählen konnte.

Da ein Jude für sich alleine nicht leben konnte , - er braucht seine "Gemeinde" um sich, um seinen Glauben zu leben - wurden die "normalen" Juden im Schatten eines "berühmten" Diamantschleifers geduldet.
 
El Q. schrieb:
Christen war es verboten, Geld zu verleihen (wg. der biblischen Szene in der Jesus die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel vertrieb)

Vielleicht als kleine Ergänzung:
Ausschlaggebend und viel diskutiert war auch eine Stelle aus dem 5. Buch Mose, 23, 19f.: "Du sollst von deinem Bruder nicht Zins nehmen, weder mit Geld noch mit Speise, noch mit allem, womit man wuchern kann. Von den Fremden magst du Zinsen nehmen, aber nicht von deinem Bruder..."
Auch im Lukasevangelium (6, 34f.) findet sich ein Verbot von Zins:
"Und wenn ihr leihet, von denen ihr hoffet zu nehmen, was für Dank habt ihr dann? [...] Leihet, daß ihr nichts dafür hoffet, so wird euer Lohn groß sein."

In der Bibelexegese des Frühmittelalters wurden diese Stellen ausgiebigst behandelt und die Kirchenväter sprachen sich sämtlich gegen ein Zinsverbot aus.
 
Im Grunde war das Juweliergewerbe das Einzige, das zu einem stattlichen Wohlstand führen konnte. Mancher Juwelenhändller konnte als Hoffaktor hoch steigen wie die Söhne von Mayer Amschel Rothschildt, aber auch tief stürzen wie Joseph Süß Opppenheimer, der nach dem Tod seines Herzogs in einem Schauprozess abgeurteilt und hingerichtet wurde.
 
Aus den XI Büchern Magdeburger rechts (1408)
Articulus 15.

Juden soellen von Gottes Rechte kein Wucher nemen / doch ist jhre ordnung anders geschickt / Denn sie hie zu Lande nichts Eygens moegen haben / Denn sie sind von den Keysern vnd Fuersten begnadet / durch jhres geldes willen / das sie ersatzt sind / vnd begnadet mit sonderlichem Rechte.
Distinctio 2.

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Es ging ja hier eigentlich um den kaiserlichen Schutz der Juden. Dieser ist bisher aber ein bisschen zu kurz gekommen. Heinrich IV. war zu einem Feldzug nach Italien aufgebrochen, als auf dem Konzil von Clermont 1095 zum Kreuzzug aufgerufen wurde. Eine Folge dieses Konzils war, dass es in den Bischofsstädten entlang des Rheins im Jahre 1096 zu Judenpogromen kam. Heinrich IV.als Schutzherr der Juden hätte nun eingreifen müssen, befand sich aber in Italien in einer misslichen Lage, er konnte Verona nicht Richtung Reich verlassen, weil die Alpenpässe von einem seiner Gegner (Welf IV. von Baiern, dessen Sohn die toskanische Markgräfin geehelicht hatte) besetzt worden waren. Durch Verhandlungen mit den Welfen gelang es ihm aber, dass ihm gestattet wurde, 1097 doch über die Alpen ins Reich zu ziehen. Er ließ dann Untersuchungen zum Judenpogrom durchführen, die feststellten, dass Verwandte des Erzbischofs von Mainz Ruthard im Besitz vormals jüdischen Eigentums waren, was dann zur Enthebung Ruthards als Bischof führte.
 
Querdenker: Auch die Kunst des Diamantschleifens wurde fast ausschließlich von Juden beherscht

Das ist in gewisser Weise auch heute noch der Fall (Diamantenbörse Antwerpen).

Was den kaiserlichen Schutz betrifft, wer wäre sonst in der Lage dazu gewesen? Landesherrn und Bischöfe sahen in ihnen eher eine Geldquelle.
Die kleineren Adligen standen oft bei Juden in der Kreide, z.B. wenn sie nach verlorenen Turnierkämpfen Pferd und Rüstung wieder einlösen mussten. Deshalb waren die Juden sicher nicht gerade beliebt, aber man brauchte sie.
Die Pogrome im Rheinland (1. Kreuzzug) wurden meines Wissens hauptsächlich von der armen Stadtbevölkerung, um nicht zu sagen dem Pöbel verübt, wobei Neid, Ungebildetheit und religiöser Fanatismus (aufgestachelt durch den niederen Klerus) wohl eine gewichtige Rolle spielten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Also, von England weiss ich das die Juden dort als : "King´s Men" geführt wurden, als Bevölkerungsgruppe die direkt der Krone unterstellt war.
 
Juden während der Kreuzzüge

Hi!
Ich muss nächste Woche ein Referat halten, über wie es den Juden im Nahen Osten während der Kreuzzüge erging, aber ich finde nicht so viele Informationen, dass es für einen viertelstündigen Vortag reicht.
Auf jeden Fall wurden sie mehr geachtet, als im Christentum. Sie waren dort zwar nur Bürger der zweiten Klasse, aber doch höher gestellt, als im Christentum. Die Muslime sahen von welchem Nutzen die Juden für ihre Wirtschaft waren. Oft gingen sie auch als Partner mit auf Reisen. Auch während der Kreuzzüge ging es ihnen nicht wirklich schlecht.
Das ist so ziemlich alles was ich fand.
Ich brauche dringend Hilfe und viel mehr Informationen.
Danke schon mal!
 
Hi!
Ich muss nächste Woche ein Referat halten, über wie es den Juden im Nahen Osten während der Kreuzzüge erging,...
Ich brauche dringend Hilfe und viel mehr Informationen...



Auf diesen GEO-Seiten ist ein wenig zu finden.
Unter dem Titel "Unter Kreuz und Halbmond - Mark Cohen über Juden im Mittelalter" von Beate Hinrichs steht auch einiges Interessante auf einer Seite des Deutschlandradios.
Über den zitierten Aufsatz von Cohen findest du auf einer Seite von "Quantara" auch etwas.
Damit hast du glaube ich einiges an Infos.
Mehr findest du z.B. unter den Stichworten "Juden im Nahen Osten+Mittelalter" bei Google.
 
Auch was das Fehdewesen betrifft standen die Juden unter besonderem Schutz des Kaisers, da diese eine besonders bedürftige GRUPPE waren.
 
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