Kreuzzüge die nur Raubzüge waren

matze67

Mitglied
Welche Kreuzzüge nach dem Morgenland waren in Wirklichkeit nur Raubzüge?
Als "Raubzug" ist mir, bisher, nur der Kreuzzug vom 1365, gegen Alexandria, aufgefallen.

MfG Matze67
 
Da fällt mir vor allem der Vierte Kreuzzug und die Plünderung Konstantinopels 1202-1204 ein.


Das Datum ist in der Orthodoxen Kirche heute noch ein überaus heikles.

Ein Beutestück aus Konstantinopel ist heute noch am Marcusdom in Venedig zu sehen. Es zeigt die Tetrarchen, die sich umarmen. Die quadrigen hat man aus dem Hippodrom von Konstantinopel geklaut. Es stand auf dem gr´ßen Platz zwischen Der Hagia Sophia und der "Blauen Moschee"
 
Welche Kreuzzüge nach dem Morgenland waren in Wirklichkeit nur Raubzüge?
Als "Raubzug" ist mir, bisher, nur der Kreuzzug vom 1365, gegen Alexandria, aufgefallen.

Rhetorische Gegenfrage, war irgendein Kreuzzug kein Raubzug ?

Jeder bereicherte sich auf seine Art im Morgenland, aber Scorpio hat natürlich Recht, die Plünderung Konstantinopels war wirklich nur Raub.
-> Zu der Plünderung habe ich eine nette Reportage auf N-TV gesehen, war damals auch hier im Forum angekündigt, lief letztes Jahr...
 
Da fällt mir vor allem der Vierte Kreuzzug und die Plünderung Konstantinopels 1202-1204 ein.
Der fällt mir auch immer ein... Das sogenannte "Lateinische Kaiserreich" hielt 60 Jahre lang; es war also "mit Eroberung" :)

In den Berichten steht: ".. die Kreuzritter plünderten die Hagia Sophia als ob sie ein heidnischer Tempel wäre..."

Unter den Paläologen wurde dann natürlich wieder restauriert, aber Geld war knapp.

1453 heißt es dann: "...Mechmet found the church in a state of ruin..."
 
Es wird schon noch ein paar mehr gegeben haben. Und weil es keine Ruhmesblätter waren schweigt darüber die Geschichte.

Damit macht man es sich zu einfach. Die Kreuzzüge wurden durchaus auch von abendländischer Kritik begleitet. Von griechischen und arabischen Quellen ganz zu schweigen.
 
Ich gehe sogar soweit zu behaupten das die mehrzahl der Literatur und Quellen zu den Kreuzzügen sehr kritisch ist. Jedenfalls wenn wir die Annalen auslassen, die meist nur mit ein bis zwei Sätzen das Geschehen wiedergeben ohne dabei groß zu werten(, ganz abgesehen von deren Zuverlässigkeit).
 
Ich glaube, das ist eine Frage der Definition. Was bezeichnet man als Kreuzzug? Was sind die "Voraussetzungen", um einen Kriegszug zu einem Kreuzzug zu erklären? Und da scheitern ja schon Experten an einer einheitlichen Regelung, da der 5. manchmal der erste Damiette-Kreuzzug mit Brienne & Co ist und manchmal der von Friedrich II. Oder, andersrum, der von FII wird nicht mitgezählt, oder doch beide (die Version, die ich bevorzuge) etc.
Klassische Raubzüge scheinen mir die Aktionen von Rainald von Chatillon gewesen zu sein, aber die wird wohl niemand als Kreuzzug bezeichnen.
 
Ich glaube, das ist eine Frage der Definition. Was bezeichnet man als Kreuzzug?
RIchtig. Und umgekehrt: Was bezeichnet man als Raubzug?

Eigentlich war es doch bis in die Neuzeit so, daß es völlig normal war, daß ein Kriegszug möglichst auch lukrativ für den Organisator und die Teilnehmer sein sollte. Egal was nun der offizielle Anlaß war - Beutemachen gehörte fast immer dazu.

Da waren die Kreuzzüge wohl im Schnitt nicht viel anders als andere Kriegshandlungen ihrer Zeit.
 
Richtig. Und umgekehrt: Was bezeichnet man als Raubzug?

Eigentlich war es doch bis in die Neuzeit so, daß es völlig normal war, daß ein Kriegszug möglichst auch lukrativ für den Organisator und die Teilnehmer sein sollte. Egal was nun der offizielle Anlaß war - Beutemachen gehörte fast immer dazu.

Da waren die Kreuzzüge wohl im Schnitt nicht viel anders als andere Kriegshandlungen ihrer Zeit.

Das ignoriert aber, das ein Schritt zu den Kreuzzügen die Gottesfriedensbewegung war, die gerade die Fehde insgesamt verringern und in der Fehde das Beutemachen verhindern sollte - was im Umkehrschluss die Kreuzfahrer nicht zu Heiligen machen soll.
 
...die gerade die Fehde insgesamt verringern und in der Fehde das Beutemachen verhindern sollte ...
Betonung wohl aber auf "sollte" - ich meinte eher den Ist-Zustand, den diese Bewegung verändern wollte.

Wobei es m. W. durchaus gelang, daß es weniger Fehden gab - aber wohl nicht, daß dabei aufs Beutemachen verzichtet wurde.
 
RIchtig. Und umgekehrt: Was bezeichnet man als Raubzug?

Eigentlich war es doch bis in die Neuzeit so, daß es völlig normal war, daß ein Kriegszug möglichst auch lukrativ für den Organisator und die Teilnehmer sein sollte. Egal was nun der offizielle Anlaß war - Beutemachen gehörte fast immer dazu.

Da waren die Kreuzzüge wohl im Schnitt nicht viel anders als andere Kriegshandlungen ihrer Zeit.
Man darf auch nicht vergessen das die Art der Unternhemungsführung Plünderungen "erzwang". Man darf sich die Kreuzzüge nicht als gut organisierte Kriegszüge vorstellen. Die Kreuzfahrer setzten sich zusammen aus mehr oder weniger allen Schichten der Gesellschaft. Ärmere und solche die ihre Ausgaben falsch eingeschätzt haben sind schnell in Not geraten was Nahrungsversorgung, Ausrüstung und natürlich auch Geld anging. Sie waren oft ein fach gezwungen zu plündern. ZB. im Falle der Ersten Kreuzfahrer vor Konstantinopel, die taten das nicht aus purer Bosheit und Gier, sie mussten sich einfach irgendwie versorgen.
Dazu kommt noch dass sich die Kreuzfahrer schon daheim in unglaubliche Unkosten gestürzt haben. Viele veräußerten große Teile ihres Hab und Guts, oder sogar alles um sich den Kreuzzug zu finanzieren. Wie ernst, mancher wuerde sagen fanatisch sie wirklich dabei waren zeigt sich zB. bei Guibert von Nogent: "Jeder verkaufte seinen Bestand zu einem Preis, der viel geringer war, als den welchen er bekommen hätte, wenn er in einem schmerzvollen Gefängis eingesperrt worden wäre und ein sofortiges Lösegeld hätte zahlen müssen."(eigene Übersetzung, Recueil des historiens des Croisades III, Dei Gesta per franco) Die euphorisierten Kreuzfahrer achteten demnach wenig auf "faire Preise".
Schon vorher gaben sie also ihren Reichtum auf. Kann man da von "Gier" reden? Spricht das nicht dagegen? Zumal Riley-Smith gezeigt hat das einige Kreuzfahrer Reichtümer die sie mit nach Hause brachten Tempeln und Klöstern spendeten oder ihre verpfändeten Güter abstotterten. Nur zur Räuberei ist kein Kreuzzug durchgeführt worden.
Zwei Ausnahmen von der Regel können wir aber dennoch machen. Den erwähnten vierten Kreuzzug und den am Anfang genannten "Kreuzzug nach Alexandria". Letzterer ist, um es kurz zu machen, aufgrund seiner eindeutig ökonomischen Motive eben nicht in die Reihe der allgemein als solche Anerkannten aufgenommen worden. Hier handelt es sich also per Definiton nicht um einen Kreuzzug.
Der Vierte Kreuzzug dagegen resultierte, wie im allgemeinen angenommen wird, aufgrund der Umlenkungsmanöver Veneziens in der Eroberung Konstantinopels. Hier sind die Motive der Kreuzfahrer aber noch eindeutig als solche erkannbar. Ziel war die Eroberung Ägyptens zur Erleichterung der Rückeroberung Jerusalems und gerade nicht die Plünderung. Trotzdem dürfen wir die Kreuzfahrer nicht als Zuckerschlecker ansehen die sich eine Gelegenheit wie das Ausräumen einer der reichsten Städte der Welt verzichten würden.
Entscheidend für die Beurteilung und die Kategorisierung ist immer die Motivation der Kreuzfahrer (u.a. Ablass) neben zwei weiteren Punkten. Die Legitimation durch den Papst und der Kampf gegen die Gegner der Kirche. Diese drei Punkte MUSS ein Kreuzzug erfüllen. Ed gibt zwei Arten von Definition die im großen und ganzen anerkannt sind, die "Engere Definition" und die "Erweiterte Definition". Unter Erstere fallen jene Züge, die die drei genannten Punkte erfüllten und zur Rückeroberung des Hl. Landes geführt wurden. Letztere bezeichnet darüberhinaus noch jene Kreuzzüge die die drei Punkt erfüllten aber nicht ins Heilige Land gingen sondern zB in Spanien, Frankreich, Preussen etc. geführt wurden (Reconquista, Albigenser, Kreuzzug gegen Friedrich II. etc.)
 
Schon vorher gaben sie also ihren Reichtum auf. Kann man da von "Gier" reden?

Religiöse Gier ? Du gehst jetzt vom gemeinen Mann aus, da werden vor allem religiöse Absichten dahintergesteckt haben. Anders ist es beim Adel, der verfolgte weit weltlichere Ziele. An deinen Definitionen gibt es wenig zu rütteln...
 
Das ignoriert aber, das ein Schritt zu den Kreuzzügen die Gottesfriedensbewegung war, die gerade die Fehde insgesamt verringern und in der Fehde das Beutemachen verhindern sollte - was im Umkehrschluss die Kreuzfahrer nicht zu Heiligen machen soll.
Ich sehe das ähnlich. Die Frage wäre, ob man einen Kreuzzug als Raubzug betitelt, da er in einen solchen ausuferte oder ob man ihn nach den vorherigen Absichten bezeichnet.
 
Religiöse Gier ? Du gehst jetzt vom gemeinen Mann aus, da werden vor allem religiöse Absichten dahintergesteckt haben. Anders ist es beim Adel, der verfolgte weit weltlichere Ziele. An deinen Definitionen gibt es wenig zu rütteln...

Genau umgekehrt war's: Der erste Kreuzzug war eigentlich sehr gut organisiert. Schon vor dem Konzil von Clermont hatte Urban II. sich von wichtigen Adeligen eine Zusage eingeholt, so dass die Masse der Ritter schon Leute hatte, an denen sie sich orientieren konnten. Danach sollte es noch ca. ein Jahr dauern, bis die vorwiegend französischen Kreuzfahrer loszogen. Das dauerte aber anderen Bevölkerungsteilen, die von Urban II. und Adhemar von Le Puy nicht eingeplant waren, zu lange. Sie zogen deshalb auf eigene Faust los, plünderten christliche Nachbarreiche (etwa Ungarn) und verursachten entlang des Rhein die Pogrome. Die Byzantiner wurden sie dann auf elegante Weise los, indem sie sie einfach über den Bosporus setzten.
 
Welche Kreuzzüge nach dem Morgenland waren in Wirklichkeit nur Raubzüge?
Als "Raubzug" ist mir, bisher, nur der Kreuzzug vom 1365, gegen Alexandria, aufgefallen.

Wenn man davon ausgeht, welcher Kreuzzug eindeutig gegen den Geist des Kreuzzugsgedanken verstieß, so wäre an prominenter Stelle der Vierte Kreuzzug zu nennen, in dessen Folge die Kreuzfahrer 1204 Konstantinopel erstürmten, die christliche Hauptstadt des Byzantinischen Reichs. Zeitgenössische Quellen berichten, dass die Kreuzfahrer die griechisch-orthodoxen Kirchen plündeten, kostbare Reliquien und sakrale Gegenstände fortschleppten, Frauen vergewaltigten.

Selbst wenn manche dieser Quellen einseitig Partei nehmen, so bleibt dennoch der Vierte Kreuzzug als gewaltiger Raubzug des abendländischen Adels in Erinnerung, der nichts mehr mit christlichen Motiven zu schaffen hatte. Die Kreuzfahrer teilten sich die unermessliche Beute, die immerhin einem christlichen Staat entwunden war, und zerlegten das Byzantinische Reich in kleine und größere fränkische Herrschaften.

Dass prinzipiell alle Kreuzzüge mit Raub und Plünderung verbunden waren, steht auf einem anderen Blatt. Es zählt zum Selbstverständnis damaliger Zeit, wo es nicht als Vergehen erschien, die "gottlosen" Muslime auszuplündern oder ans Messer zu liefern. Dass die muslimische Gegenseite nicht viel anders verfuhr, sei der Vollständigkeit halber bemerkt.
 
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