Kreuzzüge - Was geschah mit den heimischen Christen?

Nimrud

Gesperrt
Hallo,

ich lese in den Geschichtsbücher über den 1. Kreuzzug Folgendes:

1. Papst Urban II. sagt u.a. im Jahr 1095, dass die Christen unter den Muslime leiden.
2. Die Kreuzritter erobern 1099 Jerusalem und töten die Bevölkerung - Juden, Muslime und auch Christen?

In anderen Webseiten lese ich, dass nur Juden und Muslime getötet wurden, da die Christen vor der Belagerung vom Statthalter aus der Stadt geworfen wurden.

Was ist jetzt richtig? Wurden auch die heimischen Christen (Griechen, Armenier, Kopten, Syrer) von den weströmischen Christen umgebracht?
 
Die Christen scheint das Morden der Kreuzfahrer in Jerusalem nicht betroffen zu haben. Als das Heer der Kreuzritter nahte, ergriff der fatimidische Statthalter Iftikhar-ad-Daula Vorsichtsmaßnahmen. Er verstopfte und vergiftete die Brunnen außerhalb der Stadt und trieb Vieh- und Schafherden von ihren Weideplätzen rund um die Stadt an sichere Orte. Ferner befahl er der gesamten christlichen Bevölkerung Jerusalems, die Stadt zu verlassen bzw. sich außerhalb der Stadtmauern zu begeben. Den Juden allerdings wurde erlaubt, in der Stadt zu bleiben.

Die Maßnahme des fatimidischen Staathalters beruhte auf der Tatsache, dass im 10. Jh. die Christen in Jerusalem zahlreicher als die Muslime waren, und somit christliche Sabotageakte nicht auszuschließen waren. Ferner bedeutete die Ausweisung der Christen, dass in der belagerten Stadt weniger hungrige Münder zu stopfen waren.

Die berüchtigte Mordorgie der Kreuzritter betraf somit zunächst die gesamte muslimische Bevölkerung Jerusalems und zwar - wenn man den Berichten Glauben schenken kann - unterschiedslos Männer, Frauen und Kinder.

Die Juden Jerusalems hatten sich geschlossen in ihre Hauptsynagoge geflüchtet. Da sie allerdings verdächtigt wurden, die Muslime unterstützt zu haben, gab es auch für sie keine Verschonung. Das Gebäude wurde in Brand gesteckt und die Juden im innern der Moschee fanden den Feuertod.
 
Hallo,

1. Deine Version habe ich gelesen. Ich habe aber auch eine andere Version gelesen, wo die Christen alle genauso wie Juden und Muslime umgebracht wurden. (Links folgen später). Die Kreuzritter haben angeblich gedacht, dass die Christen mit den Muslimen zusammenarbeiten.

2. Papst Urban II. sagte 1095, die Muslime unterdrücken und töten Christen. Stimmte das?


3. Was passierte mit den Muslimen, Juden und Christen außerhalb Jerusalems, also auf dem Feld (Kleinasien, Libanon, Askalon, Syrien, Edessa), wenn die Kreuzritter auf sie trafen?
 
Die Christen scheint das Morden der Kreuzfahrer in Jerusalem nicht betroffen zu haben. Als das Heer der Kreuzritter nahte, ergriff der fatimidische Statthalter Iftikhar-ad-Daula Vorsichtsmaßnahmen. Er verstopfte und vergiftete die Brunnen außerhalb der Stadt und trieb Vieh- und Schafherden von ihren Weideplätzen rund um die Stadt an sichere Orte. Ferner befahl er der gesamten christlichen Bevölkerung Jerusalems, die Stadt zu verlassen bzw. sich außerhalb der Stadtmauern zu begeben. Den Juden allerdings wurde erlaubt, in der Stadt zu bleiben.

Die Maßnahme des fatimidischen Staathalters beruhte auf der Tatsache, dass im 10. Jh. die Christen in Jerusalem zahlreicher als die Muslime waren, und somit christliche Sabotageakte nicht auszuschließen waren. Ferner bedeutete die Ausweisung der Christen, dass in der belagerten Stadt weniger hungrige Münder zu stopfen waren.

Die berüchtigte Mordorgie der Kreuzritter betraf somit zunächst die gesamte muslimische Bevölkerung Jerusalems und zwar - wenn man den Berichten Glauben schenken kann - unterschiedslos Männer, Frauen und Kinder.

Die Juden Jerusalems hatten sich geschlossen in ihre Hauptsynagoge geflüchtet. Da sie allerdings verdächtigt wurden, die Muslime unterstützt zu haben, gab es auch für sie keine Verschonung. Das Gebäude wurde in Brand gesteckt und die Juden im innern der Moschee fanden den Feuertod.

Der gute Gottfried von Bouillon meinte

tuez les tous,Dieu, reconnaîtra les siens

also-schlagt sie alle tod,Gott wird die Seinigen erkennen.
 
1. Deine Version habe ich gelesen. Ich habe aber auch eine andere Version gelesen, wo die Christen alle genauso wie Juden und Muslime umgebracht wurden. (Links folgen später). Die Kreuzritter haben angeblich gedacht, dass die Christen mit den Muslimen zusammenarbeiten.

Was ich hier schrieb, kannst du nachlesen in Robert Payne, Die Kreuzzüge, Köln 1986 oder in dem nicht mehr taufrischen aber immer noch als Standardwerk geltendem Buch von Steven Runciman, Geschichte der Kreuzzüge. Die Kreuzritter glaubten an eine Zusammenarbeit von Juden und Muslimen, was der Grund dafür war, dass sie ihnen die Synagoge über dem Kopf anzündeten.

2. Papst Urban II. sagte 1095, die Muslime unterdrücken und töten Christen. Stimmte das?

Diese Aussage ist differenziert zu sehen. Im Jahr 1071 besiegten die muslimischen Seldschuken das byzantinische Heer bei Mantzikert und überschwemmten in der Folge ganz Kleinasien bis vor die Tore von Konstantinopel. Das vor allem löste den Hilferuf von Byzanz aus.

Die Heiligen Stätten in Jerusalem konnten Christen im 10./11. Jh. ohne größere Probleme betreten. Im Jahr 1078 wurde Jerusalem allerdings von den türkischen Seldschuken erobert, die es den ägyptischen Fatimiden entrissen. Der Emir Atsiz bin Uwaq richtete ein Blutbad nicht nur unter den Muslimen, sondern auch unter den christlichen und jüdischen Einwohnern an. Der Zugang zu den Heiligen Stätten wurde erheblich erschwert, Reparaturen an Kirchen und Synagogen untersagt, Pilgerfahrten waren wegen des Kriegs zwischen Seldschuken und Byzanz kaum noch möglich. Diese Zustände und die Situation in Kleinasien führten dann zum Aufruf des Papstes.

3. Was passierte mit den Muslimen, Juden und Christen außerhalb Jerusalems, also auf dem Feld (Kleinasien, Libanon, Askalon, Syrien, Edessa), wenn die Kreuzritter auf sie trafen?

Diese Frage kann ich dir leider nicht beantworten. Möglicherweise flüchteten sie in benachbarte Städte und Dörfer.
 
Es waren ja vor allem ärmere und einfache Menschen vom Volk am Kreuzzug beteiligt, u.a. Bauern.

In welcher Sprache sprachen haben sie sich verständigt? Latein? Deutsch? Französisch?

Ich nehme an, die Menschen konnten nur ihr Kauderwelsch von ihrem Dorf sprechen?

Daher die Frage.

Wie haben die sich eigentlich mit dem byzantischen Kaiser unterhalten? Er war ja Grieche, konnte aber wahrscheinlich mehrere Sprachen?
 
Der gute Gottfried von Bouillon meinte

tuez les tous,Dieu, reconnaîtra les siens

also-schlagt sie alle tod,Gott wird die Seinigen erkennen.

Nun dichte den armen Gottfried doch keine solchen Sachen an. Der Spruch stammt von Arnaud Amalric bezogen auf die Einnahme von Beziers, während der Albigenserkreuzzüge.

@Nimrud: Jeder der in der Nähe eines solchen Kriegszuges war, geriet in große Gefahr, egal welcher Religion er angehörte. Eine solche Menschenmaße ernährte sich aus dem Lande, also durch Plünderung, und Bauern waren nunmal die Hauptgeschädigten dabei.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun dichte den armen Gottfried doch keine solchen Sachen an. Der Spruch stammt von Arnaud Amalric bezogen auf die Einnahme von Beziers, während der Albigenserkreuzzüge.

@Nimrud: Jeder der in der Nähe eines solchen Kriegszuges war, geriet in große Gefahr, egal welcher Religion er angehörte. Eine solche Menschenmaße ernährte sich aus dem Lande, also durch Plünderung, und Bauern waren nunmal die Hauptgeschädigten dabei.

Bdajan,
es ist für mich sehr interessant zu wissen, ob die Kreuzritter die dortigen Christen als Brüder ansahen oder keinen Unterschied machten. Ich muss es noch detailliert rausfinden.

Der Papst bezeichnete die unterdrückten Christen als "unterdrückte Brüder". Daher macht es einen sehr großen Unterschied.

Der Umgang, wie mit dem Schicksal der Christen umgegangen wurde macht aus dem ganzen Kreuzzug aus einer ideellen Sache (Rettung der Christen, Kampf gegen die ungläubigen Muslime und Juden) zu einem Raubüberfall.

Und falls die Christen umgebracht wurden, wie wird wohl der Papst und der orthodoxe Patriarch reagiert haben?
 
Für Jerusalem stimme ich mit Dieter überein: Die Christen hatten die Stadt schon vorher verlassen müssen. Für die Einnahme Antiochias allerdings kann man Folgendes finden:

Gemäß der Gesta Francorum hatten die Verteidiger Antiochias die christlichen Männer in Antiochia gezwungen (mit ihren Frauen und Kindern als Druckmittel), im Lager der Kreuzfahrer zu spionieren.

Als die Kreuzfahrer die Stadt nach Verrat einnahmen, richteten sie unter der Bevölkerung ein Blutbad an.

Und jetzt kommt bei Albert von Aachen eine interessante Stelle: "Kein Alter und Geschlecht der heidnischen Bevölkerung wird geschont, bis die Erde mit dem Blut und den Leichen der Erschlagenen bedeckt ist. Darunter mischen sich auch die Leichen erschlagener und entseelter Christen, Franzosen wie Griechen, Syrer und Armenier. Kein Wunder, denn kaum war es hell geworden, vielfach lag noch Finsternis über der Erde und keiner wusste, wen er schonen und wen er treffen sollte. Denn in der Todesangst suchten viele Türken und Sarazenen die Pilger durch christliche Worte und Zeichen zu täuschen und so verloren viele beim allgemeinen Morden ihr Leben."

Da es für die Kreuzfahrer kaum eine Möglichkeit gab, einen einheimischen Christen von einem Muslim zu unterscheiden (außer eben "christlicher Zeichen"), ist es durchaus vorstellbar, dass man wirkliche Christen tötete und nicht Muslime, die sich durch "christliche Worte und Zeichen" schützen wollten. Zwischen den Zeilen lese ich den Bericht auch so, dass man jeden tötete, der vor das Schwert kam, also auch die Christen.
 
Das ist sehr interessant und erklärt einiges.

Vielen Dank.

Ich dachte, die Kreuzritter würden Christen von Muslimen durch die Sprache, das Aussehen oder die Kleidung einfach unterscheiden können.

Wenn man die Berichte dieser Zeitzeugen liest, kann man sich das Ganze viel besser vorstellen.
 
Und wenn Du jetzt noch eine seriöse Quelle dafür hast, dass der Spruch in Wahrheit von Gottfried stammt ...
 
Nur damit meine Frage bei den Posts nicht untergeht, wiederhole ich sie nochmal.

In welcher Sprache kommunizierten die Kreuzritter

a) untereinander
b) mit den Griechen / Byzantinern
c) mit den Seldjuken und Safawiden (wahrscheinlich gar nicht, aber ich frage trotzdem)
 
In welcher Sprache kommunizierten die Kreuzritter

a) untereinander
b) mit den Griechen / Byzantinern
c) mit den Seldjuken und Safawiden (wahrscheinlich gar nicht, aber ich frage trotzdem)
a) je nachdem, woher sie stammten spätes allthochdeutsch und dann mittelhochdeutsch, mittelalterliches französisch etc. wobei Schreibsachen wohl überwiegend auf mittelalterlchem latein abgefasst wurden
b) mittels Dolmetschern
c) dito
 
Nun dichte den armen Gottfried doch keine solchen Sachen an. Der Spruch stammt von Arnaud Amalric bezogen auf die Einnahme von Beziers, während der Albigenserkreuzzüge.

Nein,die Almaric Geschichte ist nicht bewiesen.Das ist nur Dichtung von einem deutschen Mönch.

Césaire de Heisterbach - Wikipédia

Es ist zwar nur eine Quelle für diese Behauptung, sie ist jedoch halbwegs zeitgenössisch. Ich kenne jedoch keine einzige, die diesen Spruch Gottfried von Bouilllion zuspricht.
Aus deinem Link ist dieses jedenfalls nicht zu entnehmen. In der Französischen Wikipedia wird es auch in zusammenhang mit Amalric erwähnt, auch wenn mit den Vorbehalt der einzigen Quelle: http://fr.wikipedia.org/wiki/Arnaud_Amaury

a) je nachdem, woher sie stammten spätes allthochdeutsch und dann mittelhochdeutsch, mittelalterliches französisch etc. wobei Schreibsachen wohl überwiegend auf mittelalterlchem latein abgefasst wurden
b) mittels Dolmetschern
c) dito


Sogenannten Dragomanen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Dragoman:

"Während des Mittelalters betreuten diese Dolmetscher vor allem christliche Pilger. Diese brachten das Wort nach Europa, wo es im Mittelenglischen (als dragman), im Altfranzösischen (als drugeman), im Mittellateinischen (als dragumannus) und im Mittelgriechischen (als dragoumanos) erscheint. Unter der Mamluken-Regierung zwischen 1270 und 1510 mussten die Dragomane vom jeweiligen Sultan akkreditiert werden und waren ihm für die Unterbringung und das Verhalten der christlichen Ausländer verantwortlich."
 
Zuletzt bearbeitet:
@Bdaian

Der franz.Wiki Artikel zerlegt die Amaury These doch ziemlich klar.

Die Meinung das der Spruch vom Gottfried kommt,findet man in Belgien.Einen klaren Beweis gibt es da auch nicht.
 
@Bdaian

Der franz.Wiki Artikel zerlegt die Amaury These doch ziemlich klar.

Die Meinung das der Spruch vom Gottfried kommt,findet man in Belgien.Einen klaren Beweis gibt es da auch nicht.

Mein Französisch ist eher schlecht, aber ich meine es soweit zu verstehen, dass es in Frage gestellt wird weil es nur eine Quelle gibt die dazu etwas später entstanden ist, während andere nähere Chronisten es nicht erwähnen. Das würde ich nicht gerade "zerlegen" nennen.

Und wie gesagt, eine zeitnahe Quelle, so zweifelhaft sie auch sei, ist immer noch besser als gar keine wie im Falle Gottfrieds, dem Erfinder der Hühnerbrühe.
 
Mein Französisch ist eher schlecht, aber ich meine es soweit zu verstehen, dass es in Frage gestellt wird weil es nur eine Quelle gibt die dazu etwas später entstanden ist, während andere nähere Chronisten es nicht erwähnen. Das würde ich nicht gerade "zerlegen" nennen.

Und wie gesagt, eine zeitnahe Quelle, so zweifelhaft sie auch sei, ist immer noch besser als gar keine wie im Falle Gottfrieds, dem Erfinder der Hühnerbrühe.

Quellen gibt es jede Menge.Sowohl nordfranz.als auch südfranz.,nur kennt keine dieser Quellen den berühmten Spruch.Den findet man nur beim Caesarius und der war schon zu Lebzeiten als Aufschneider bekannt.

Hühnersuppe ist nicht die Spezialität von Bouillon.Schon eher moules-frites à la belge.
 
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