Unterschied zwischen Dschihad und Kreuzzug?

Miyuko

Neues Mitglied
Hallo, alle zusammen!:winke:
Ich habe eine etwas problematische Frage, die mir so einiges Kopfzerbrechen bereitet. Und zwar beschäftige ich mich in letzter Zeit mit dem Mittelalter und die Kreuzzüge, die prägend für das Mittelalter waren.
Im Unterricht stießen wir dann auf das Thema Dschihad und inwiefern ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Dingen gibt.
Dabei ist mir der Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen noch sehr unklar.
Könnte mir hier jemand die Unterschiede( evtl. auch Gemeinsamkeiten) zwischen dem heutigen Dschihad (Gihad) und den Kreuzzügen etwas geläufiger zu machen?
Danke schon mal im Voraus.

MfG,
Miyu.
 
Ohne jetzt detaillierter nachzuschlagen und Anspruch auf endgültige Ausdifferenzierung erheben zu wollen, erwachsen beide aus recht unterschiedlichen Motivationen.

Der Dschihad bedeutet nicht zwangsläufig bewaffneter Kampf o.ä., sondern in seinem eigentlichen und ursprünglichen Sinne "Kampf auf dem Wege Gottes", so daß darunter bspw. auch fällt, sowohl sich selbst als auch die Gesellschaft zu bessern.

Der Kreuzzug steht dagegen im Kontext des christlichen Pilgerwesens - dies erkennt man bspw. daran, daß die Zeitgenossen des 11. bis 13. Jh. noch nicht vom "Kreuzzug", sondern von der "Wallfahrt in Waffen" sprachen. Gemäß dieser Motivation - nämlich: Pilgerfahrt zu den Heiligen Stätten bzw. nach Jerusalem - ging es hierbei darum, daß Jerusalem und die Heiligen Stätten nach damaliger Sichtweise rechtmäßig den Christen gehörten und damit für die Christenheit aus den Händen der "Ungläubigen" zu gewinnen waren.
 
Das ist DIE Frage überhaupt :p. Um sie beantworten zu können müsste man sich ersteinmal darüber einig werden, was ein Kreuzzug bzw. ein Dschihad eigentlich ist. Ich versuche es mal so...
... ein Kreuzzug wird vom Papst ausgerufen (enge Definition) oder zumindest in irgendeiner Form legitimiert (erweiterte Definition).

Eine Institution wie den Papst gibt es auf islamischer Seite nicht, ein Dschihad muss nicht ausgerufen werden.

...der Kreuzzug wird geführt zu Befreiung/Rückeroberung des Heiligen Landes (enge Definition) oder generell zur Bekämpfung Ungläubiger [Wobei "Ungläubige sehr weit gefasst sein und jeder der Pech hat darunter fallen kann]/Ketzer (erweiterte Definition).

Der Dschihad kann gegen Ungläubige und Ketzer mit dem Schwert geführt werden, kann aber auch gegen den inneren Schweinehund gerichtet sein, ein persönlicher Dschihad sozusagen.

...der Kreuzzug ist eine konzertierte Aktion.

Der Dschihad kann, wie erwähnt auch von Einzelpersonen geführt werden, gegen den eigenen Unglauben oder als Guerilla Kampf im Grenzgebiet.

Nichtsdestotrotz wird der Dschihad-Gedanke im Laufe der Kreuzzugszeit vor allem von den Ayyubiden politisch instrumentalisiert um gezielt Effekte, ähnlich der Massenbegeisterung wie sie bei den Kreuzzügen zu beobachten ist, hervorzurufen und gleichzeitig als Legitmationinstrument zu Diensten zu sein.
Insofern lassen sich Kreuzzug und der instrumentalisierte Dschihad schon eher vergleichen.
Hier handelt es sich allerdings um eine delikate Angelegenheit da die Quellen, denn es ist weit weniger nachvollziehbar was für eine Dynamik der Dschihad wirklich entwickelte.
 
@Timo: Der Dschihad bedeutet nicht zwangsläufig bewaffneter Kampf o.ä., sondern in seinem eigentlichen und ursprünglichen Sinne "Kampf auf dem Wege Gottes", so daß darunter bspw. auch fällt, sowohl sich selbst als auch die Gesellschaft zu bessern.

Auch wenn ich jetzt mal wieder nicht p.c. bin und Rote fresse. Das ist die heutige Interpretation, die der Westen nur zu gern aufgreift. Der Dschihad im ursprünglichen Sinne zu Mohammeds Zeiten sollte den Islam in alle Welt verbreiten. Und dies geschah nicht durch Missionierung mit verteilten Blumensträußen, sondern durch das Schwert.
Islamische Expansion ? Wikipedia
 
Auch wenn ich jetzt mal wieder nicht p.c. bin und Rote fresse. Das ist die heutige Interpretation, die der Westen nur zu gern aufgreift. Der Dschihad im ursprünglichen Sinne zu Mohammeds Zeiten sollte den Islam in alle Welt verbreiten. Und dies geschah nicht durch Missionierung mit verteilten Blumensträußen, sondern durch das Schwert.
Islamische Expansion ? Wikipedia
Diese Interpretation ist aber nicht im Westen entstanden, sondern wird von den vielen - gemäßigten - Muslimen vertreten, sozusagen als zeitgemäßere Form des Glaubens"kampfes". Wobei der Begriff auch in der Frühzeit eben nicht nur Krieg bedeuten mußte. Daß die Realität, auch heute, vor allem den bewaffneten Kampf zeigt, ist schlimm, keine Frage! Aber bei solchen Begriffsdefinitionen sollte man schon genau sein. Der Islam ist ja heute auch nicht mehr der gleiche wie zu Muhammads Zeiten.
Übrigens war die islamische Expansion wesentlich weniger blutrünstig als die christliche zur Zeit der Entdeckungen und frühen Kolonialzeit, die ja auch gern religiös verbrämt wurde. Die Araber waren viel zu wenige, um religiösen Zwang auszuüben, und hatten auch kein Interesse daran, plötzlich alle Unterworfenen zu Muslimen zu machen. Das war ein langer, sehr langer Prozeß.
 
@Turandokht: Diese Interpretation ist aber nicht im Westen entstanden...
Das habe ich so auch nicht behauptet. Allerdings ist diese "Version" die im Westen protegierte Interpretation. Dass es nicht der alleinige Standpunkt aller Muslims ist, wissen wir doch alle nur zu gut.

Übrigens war die islamische Expansion wesentlich weniger blutrünstig als die christliche zur Zeit der Entdeckungen und frühen Kolonialzeit
Das ist zweifellos korrekt. Die enormen Menschenverluste unter den Indios vor allem auf den Antillen entstanden in erster Linie durch Seuchen. Ob die Schilderungen von Las Casas über das Vorgehen der Konquistadoren übertrieben waren oder nicht, ist auch heute noch ein Streitfall, besonders in Spanien. Manches daran erinnert mich, mit Verlaub, an Propaganda der Neuzeit wie die angeblichen "abgehackten Kinderhände" 1914 in Belgien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Araber [...] hatten auch kein Interesse daran, plötzlich alle Unterworfenen zu Muslimen zu machen.
Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammenhang die von Juden und Christen zu entrichtende Kopfsteuer, die zeitweise eine nicht verzichtbare Geldeinnahme bedeutete. Der Kampf mit dem realen Schwert und auch Mission wären in größerem Maße nicht sinnvoll gewesen aus muslimischer Sicht.

Neben diesem Faktum möchte ich noch einen Gedanken in den Raum stellen, der mE nicht zu unterschätzen ist.

Das Christentum ist doch deutlich vom Zeitalter der Aufklärung beeinflusst worden (wenn manche Strukturen auch noch so verkrustet erscheinen mögen), weshalb ein Kreuzzug aus heutiger Sicht eigentlich unmöglich erscheint.

Viele Länder, in denen der Islam vorherrscht, haben eine andere kulturelle und gedankliche Entwicklung durchlaufen, aufklärerisches Gedankengut hat schlicht und einfach historisch gesehen nicht diese Priorität.

Bei aufgeklärten Muslimen hat der Djihad mit realen Waffen auch keine Bedeutung.

Edit: Und nur ein minimaler Prozentsatz der heutigen Muslime hält den Djihad für ein angemessenes Mittel.
 
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...
Das ist zweifellos korrekt. Die enormen Menschenverluste unter den Indios vor allem auf den Antillen entstanden in erster Linie durch Seuchen. Ob die Schilderungen von Las Casas über das Vorgehen der Konquistadoren übertrieben waren oder nicht, ist auch heute noch ein Streitfall, besonders in Spanien. Manches daran erinnert mich, mit Verlaub, an Propaganda der Neuzeit wie die angeblichen "abgehackten Kinderhände" 1914 in Belgien.


Allein die notorischten und gut dokumentierten Fälle wie Moctezuma, Cuautemoc, Tupac Amaru etc. sprechen Bände.

Übrigens wurde der spanische Bürgerkrieg noch als "cruzada nacional" gegen die "Gottlosen" angesehen und von der Kirche mit Nachdruck unterstützt und legitimiert.
 
Hast du konkrete Zahlen oder ist das jetzt eine Pauschalvermutung? Meinst du Muslime in Deutschland oder weltweit?
Weltweit..................

Edit: Und ich meine den Glauben ausübende Muslime und den bewaffneten Djihad.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Eine Institution wie den Papst gibt es auf islamischer Seite nicht, ein Dschihad muss nicht ausgerufen werden.
Zeitweise gab schon so eine Institution: Das Kalifat
Sicher der Vergleich mit dem Papst hinkt, denn ein Kalif wär quasi Papst und Kaiser gleichzeitig und obendrauf Nachfahre des Propheten.
Dass es im Islam an sich keine Hierarchie gab oder gibt, ist schlicht und einfach falsch. War ist allerdings, dass ein sunnitischer Kalif auch Schiiten gnauso wenig Einfluss wie der Papst auch Calvinisten.

Das Christentum ist doch deutlich vom Zeitalter der Aufklärung beeinflusst worden (wenn manche Strukturen auch noch so verkrustet erscheinen mögen), weshalb ein Kreuzzug aus heutiger Sicht eigentlich unmöglich erscheint.
Ist dem wirklich so? Gerade im 20. Jahrhundert gab es durchaus noch so einige Rückfälle.

Zur eigentlichen Frage:
Der Hauptunterschied ist der, dass der eigentliche Kreuzzug nur kurzfristige Ziele hatte, nämlich die Befreiung Jerusalem, während der Jihad das langfristige Ziel hat den Islam zu verbreiten. Tatsächlich gab es aber noch andere Kreuzzüge ohne Jerusalem-Bezug gegen heidnische Wenden und die Katharer.
Wichtiger scheint mir, dass der Jihad durch den Koran selbst legitimiert wird, während der Kreuzzug zumindest im Neuen Testament keine Legitimation findet. Allerdings schuf schon Kirchenvater Augustinus eine ausbaufähige Grundlage.
 
Auch wenn ich jetzt mal wieder nicht p.c. bin und Rote fresse. Das ist die heutige Interpretation, die der Westen nur zu gern aufgreift. Der Dschihad im ursprünglichen Sinne zu Mohammeds Zeiten sollte den Islam in alle Welt verbreiten...

1. Dschihad bzw. davon abgeleitete Verbalformen kommen mW ursprünglich an etwa 30 Stellen - Lynxxx wird es genauer sagen können bzw. mag mich korrigieren, falls ich mich irre - bereits im Koran vor; davon mehrheitlich im Sinne des bewaffneten Kampfes, aber zumindest zweimal ebenso im Sinne des Bemühens, sich Verführungen entgegenzustemmen.

2. Ich bitte sehr darum, meine Beiträge genau zu lesen anstatt gegen Dinge anzugehen, die ich so nicht geschrieben habe.

Ich zitiere mich nochmals selbst:
Der Dschihad bedeutet nicht zwangsläufig bewaffneter Kampf o.ä., sondern in seinem eigentlichen und ursprünglichen Sinne "Kampf auf dem Wege Gottes", so daß darunter bspw. auch fällt, sowohl sich selbst als auch die Gesellschaft zu bessern.
Anm.: Unterstreichungen zwecks Verdeutlichung nachträglich von mir selbst vorgenommen...



Zwischenbemerkung: Übrigens genügt ein Blick auf meine Beiträge zu diesen und ähnlichen Thematiken, um zu sehen, daß ich dabei gewiß nicht von political correctness o. dgl. getrieben bin... ;)



Noch etwas dazu aus Der Islam und die Kreuzzüge 1096 bis 1699 in http://www.geschichtsforum.de/f175/illustrierte-geschichte-der-kreuzz-ge-11438/
Robert Irwin schrieb:
...
Dschihad, was gewöhnlich mit "Heiliger Krieg" übersetzt wird, bedeutet wörtlich "mühevolles Streben", das heißt ein Streben nach der Förderung des Islam...
...
Der Bahr al-Fawaid, "Die See der kostbaren Tugenden", ist eine enzyklopädische und ziemlich predigerhafte Abhandlung aus der Gattung der Fürstenspiegel, sie wurde in den fünfziger oder sechziger Jahren des 12. Jh. von einem anonymen Perser verfaßt, der wahrscheinlich in Aleppo unter der Herrschaft Nur ad-Dins lebte. Da der Autor offensichtlich tief in die Auseinandersetzung mit den in Syrien eingedrungenen Franken verwickelt war, legte er die Lehrsätze und Bestimmungen des Dschihad so dar, wie sie Mitte des 12. Jh. verstanden wurden. Es gibt zwei Formen des Dschihad: einen inneren Kampf gegen die eigenen moralischen Schwächen und einen äußeren Kampf gegen die Ungläubigen. Nach Ansicht des Bahr - und darin spiegelt das Buch die konventionelle Auslegung wider - gibt es weiter zwei Formen des äußeren Dschihad. Da ist zunächst der offensive Dschihad, die kollektive Pflicht der muslimischen Gemeinschaft, den muslimischen Herrschaftsbereich (dar al-islam) auszuweiten... Zweitens gibt es einen defensiven Dschihad, der darauf abzielt, Aggressoren zu vertreiben, die muslimische Territorien besetzt haben...
 
Na gut, ich wiederhole die Stellen nochmals, weil ihr es seid :)

http://www.geschichtsforum.de/f36/expansion-des-islam-18704/#post297399
und Post 18.

http://www.geschichtsforum.de/f36/dynastien-namen-und-begriffe-der-isl-welt-14238/#post227515
Darin die Skripte 3, 4, 7, 8. Im PDF nach den Stichworten suchen.

Vorlesungskripte und Film:
http://www.geschichtsforum.de/348489-post21.html

Vorlesung 8. Stunde (Kreuzzüge):
http://www.geschichtsforum.de/f36/dynastien-namen-und-begriffe-der-isl-welt-14238/#post372256
Weiterhin dort mal auf dem Server nach anderen Vorlesungen schauen (Einzel Vorlesungen haben Detailinhaltsverzeichnis mit Minutenangaben, wo was ist, man braucht nicht ne Stunde davor sitzen), ob da überhaupt in einer Vorlesungs-Stunde etwas genauer z.b. auf den Dschihad eingegangen wird, oder das als nicht so wichtig erachtet wurde. Auf die Expansion wird schon genauer eingegangen, Ausbreitung des Herrschaftsgebietes mit dem Schwert, Ausbreitung des Glaubens mit Blumen, bis 780-785 5 Jahre lang eine Welle der Zwangsislamisierung bei Manichäern stattfand.


 
Zuletzt bearbeitet:
JetLeechan schrieb:
Das ist DIE Frage überhaupt . Um sie beantworten zu können müsste man sich ersteinmal darüber einig werden, was ein Kreuzzug bzw. ein Dschihad eigentlich ist. Ich versuche es mal so...
JetLeechan schrieb:
... ein Kreuzzug wird vom Papst ausgerufen (enge Definition) oder zumindest in irgendeiner Form legitimiert (erweiterte Definition). [...]

Ich stimme der Definition von „Kreuzzug“ nicht zu.
Ein „Kreuzzug“ mußte nicht unbedingt vom Papst ausgerufen werden, sondern lediglich von einer anerkannten Autorität. Daß sich in der Realität die Päpste oft einem gemeinsamen Willen voranstellten, ist unbestritten. Dennoch sollte man nicht Ursache mit Wirkung verwechseln.
Ein gutes Beispiel dafür sind die Gelübde – also Absichtserklärungen - diverser Herrscher zum Waffengang, worauf erst anschließend der allgemeine Aufruf zu einer konzertierten Aktion erging.

In irgendeiner Form mußte auch sein Pendant legitimiert werden. Für jedes Vorhaben dieser Art wird eine Legitimation benötigt, denn sonst wandelt sich der Akteur vom "ehrenvollen" Streiter in einen banalen Mörder.

[...] ...der Kreuzzug wird geführt zu Befreiung/Rückeroberung des Heiligen Landes (enge Definition) oder generell zur Bekämpfung Ungläubiger [Wobei "Ungläubige sehr weit gefasst sein und jeder der Pech hat darunter fallen kann]/Ketzer (erweiterte Definition). [...]

Gegen wen es ging, ist von sekundärer Natur. Es konnten Ungläubige (z.B. Mohammedaner), Häretiker (z.B. Katharer), Bischofsgegner (z.B. Stedinger), aber auch alle anderen sein, wenn, nach damaliger Auffassung, ausreichend Gründe für einen gerechten Krieg (bellum iustum) vorlagen.



[...] ...der Kreuzzug ist eine konzertierte Aktion.
Der Dschihad kann, wie erwähnt auch von Einzelpersonen geführt werden, gegen den eigenen Unglauben oder als Guerilla Kampf im Grenzgebiet. [...]

Ich halte es auch für inkorrekt, daß „Kreuzzüge“ nur als Massenphänomen wahrgenommen werden. Dabei wird man den Lebensumständen und individuellen Absichten der einzelnen Teilnehmer nicht gerecht.
An dieser Stelle kann und will ich nicht leugnen, daß es eine Art von „Stoßzeiten“ gab. Tatsache ist jedoch ebenso, daß „außersaisonale“ Wallfahrer unter Waffen permanent in die betroffenen Gebiete zogen, deren Anzahl – neben den offiziell nummerierten Kreuzzügen (und selbst hier existieren unterschiedliche Zählweisen) – nie erfaßt wurde.
Oft genug kam es auch zu Kleinfeldzügen, die abseits konzertierter Aktionen lagen. Die „Karawanen“ der militärischen Orden sind dafür wohl ein gutes Beispiel, oder die mehrfach kritisierten Einzelmaßnahmen frisch angekommener „Kreuzzügler“, die teilweise die mühsam ausgehandelten Waffenruhen gefährdeten.
Eigenständige Entscheidung zu einer persönlichen bewaffneten Wallfahrt, sowie individuelles Handeln ist ergo nicht ausgeschlossen.


[...] Der Dschihad kann gegen Ungläubige und Ketzer mit dem Schwert geführt werden, kann aber auch gegen den inneren Schweinehund gerichtet sein, ein persönlicher Dschihad sozusagen. [...]

Auch im Selbstverständnis war nicht jeder Kreuzzgsteilnehmer gleich ein Schlagtot. Ausschlaggebend ist eine Sammelbezeichnung, die u.a. auch Bernhard von Clairveaux in seiner „de laudae novae militia“ anführt: der „miles christi“, dessen Ursprung keinesfalls auf kriegerischen Wurzeln basiert, sondern den weltabgewandten Mönch beschreibt, dessen Kampf auf einer geistigen Ebene stattfindet. Diese Tradition ist nie negiert worden.
Wenn nun diese Beschreibung auf alle zutrifft, sehe ich durchaus auch pazifistische Tendenzen in der Beschreibung eines „miles christi“. Der persönliche Kreuzzug gegen das Böse in sich.
Also ebenfalls gegen den inneren, wie äußeren Schweinehund ...

[...] Nichtsdestotrotz wird der Dschihad-Gedanke im Laufe der Kreuzzugszeit vor allem von den Ayyubiden politisch instrumentalisiert um gezielt Effekte, ähnlich der Massenbegeisterung wie sie bei den Kreuzzügen zu beobachten ist, hervorzurufen und gleichzeitig als Legitmationinstrument zu Diensten zu sein.
Insofern lassen sich Kreuzzug und der instrumentalisierte Dschihad schon eher vergleichen.
Hier handelt es sich allerdings um eine delikate Angelegenheit da die Quellen, denn es ist weit weniger nachvollziehbar was für eine Dynamik der Dschihad wirklich entwickelte.


Der Dschihad mußte u.a. ebenfalls eine Massenbewegung darstellen, denn sonst hätten die Mohammedaner dem „Kreuzzug“ in dieser Form nichts entgegensetzen können.

Jedoch, wie soll denn nun die Definition von „Kreuzzug“ letztendlich lauten? Oder wäre auch hier der Begriff „instrumentalisierter Kreuzzug“ angebracht? Und sind die Quellen zur Entwicklung der Dynamik „des“ Kreuzzuges, wirklich besser nachvollziehbar?

Fragen über Fragen ...
 
Zeitweise gab schon so eine Institution: Das Kalifat
Sicher der Vergleich mit dem Papst hinkt, denn ein Kalif wär quasi Papst und Kaiser gleichzeitig und obendrauf Nachfahre des Propheten.
Dass es im Islam an sich keine Hierarchie gab oder gibt, ist schlicht und einfach falsch. War ist allerdings, dass ein sunnitischer Kalif auch Schiiten gnauso wenig Einfluss wie der Papst auch Calvinisten.
Das war mir bewusst, aber wie Du schon selber sagtest kann man die beiden kaum auf eine Stufe stellen.
Von einer nichtvorhandenen Hierarchie habe ich aber nicht gesprochen, oder bezieht sich das auf eine andere Stelle?

Zur eigentlichen Frage:
Der Hauptunterschied ist der, dass der eigentliche Kreuzzug nur kurzfristige Ziele hatte, nämlich die Befreiung Jerusalem, während der Jihad das langfristige Ziel hat den Islam zu verbreiten. Tatsächlich gab es aber noch andere Kreuzzüge ohne Jerusalem-Bezug gegen heidnische Wenden und die Katharer.
Nun ja, hier ließe sich auch argumentieren das spätere Kreuzzuge durchaus auch dazu geführt wurden, die Heiligen Stätten bis zum letzten Gericht zu verteidigen. Insofern hatte man kurzfristig langfristige Ziele. :D
Wichtiger scheint mir, dass der Jihad durch den Koran selbst legitimiert wird, während der Kreuzzug zumindest im Neuen Testament keine Legitimation findet. Allerdings schuf schon Kirchenvater Augustinus eine ausbaufähige Grundlage.
Das stimmt, ich denke dass sollte man auf jeden Fall noch anführen.
 
Ich stimme der Definition von „Kreuzzug“ nicht zu.
Ein „Kreuzzug“ mußte nicht unbedingt vom Papst ausgerufen werden, sondern lediglich von einer anerkannten Autorität.

Interessante Idee, welche anerkannten Autoritäten meinst Du?

Daß sich in der Realität die Päpste oft einem gemeinsamen Willen voranstellten, ist unbestritten. Dennoch sollte man nicht Ursache mit Wirkung verwechseln.
Ein gutes Beispiel dafür sind die Gelübde – also Absichtserklärungen - diverser Herrscher zum Waffengang, worauf erst anschließend der allgemeine Aufruf zu einer konzertierten Aktion erging.
Das leuchtet mir nicht ganz ein. Natürlich erfolgt zuerst das Gelübde und dann der Kreuzzug... Und es ist auch klar dass sich der Papst zunächst einmal hochrangiger Unterstützung versichert.

In irgendeiner Form mußte auch sein Pendant legitimiert werden. Für jedes Vorhaben dieser Art wird eine Legitimation benötigt, denn sonst wandelt sich der Akteur vom "ehrenvollen" Streiter in einen banalen Mörder.
Selbstverständlich, dass habe ich wie oben erwähnt, vergessen, der Dschihad lässt sich eben direkt aus der Heiligen Schrift legitimieren.

Gegen wen es ging, ist von sekundärer Natur. Es konnten Ungläubige (z.B. Mohammedaner), Häretiker (z.B. Katharer), Bischofsgegner (z.B. Stedinger), aber auch alle anderen sein, wenn, nach damaliger Auffassung, ausreichend Gründe für einen gerechten Krieg (bellum iustum) vorlagen.
Öhm, ja, mir ging es dabei um die Abgrenzung zum "persönlichen Dschihad".

Ich halte es auch für inkorrekt, daß „Kreuzzüge“ nur als Massenphänomen wahrgenommen werden. [...]
Der Begriff Kreuzzug ist eine neuzeitliche Konstruktion, eine Theorie der "Heiligen Kriege" ums Heilige Land. Du kannst es gerne für alles halten bzw. die Theorie erweitern, wie es andere auch gemacht haben, indem sie z.B. die erwähnten Feldzüge in Spanien oder sonstwo mit einbezogen.

Im Gegensatz eben zum Dschihad, der ja schon im Koran beschrieben wird.

Auch im Selbstverständnis war nicht jeder Kreuzzgsteilnehmer gleich ein Schlagtot. Ausschlaggebend ist eine Sammelbezeichnung, die u.a. auch Bernhard von Clairveaux in seiner „de laudae novae militia“ anführt: der „miles christi“, dessen Ursprung keinesfalls auf kriegerischen Wurzeln basiert, sondern den weltabgewandten Mönch beschreibt, dessen Kampf auf einer geistigen Ebene stattfindet. Diese Tradition ist nie negiert worden.
Wenn nun diese Beschreibung auf alle zutrifft, sehe ich durchaus auch pazifistische Tendenzen in der Beschreibung eines „miles christi“. Der persönliche Kreuzzug gegen das Böse in sich.
Also ebenfalls gegen den inneren, wie äußeren Schweinehund ...
Bernahrd von Clairvaux schreit aber ad milites templi und ich meine mit miles christi meint er in diesem Zusammenhang auch ausschließlich die Templer. Er grenzt sie zu den weltlichen Rittern ja deutlich ab.

Der Dschihad mußte u.a. ebenfalls eine Massenbewegung darstellen, denn sonst hätten die Mohammedaner dem „Kreuzzug“ in dieser Form nichts entgegensetzen können.
Eben das ist ja die Frage die sich der Mediävist bzw. Orientalist da stellt. Unter Saladin könnte man das durchaus so sagen, ja.
Aber darum geht es gar nicht, der Threadersteller spielte auf die theoretische Konzeption an, nicht auf die tatsächlichen Gegebenheiten.

Jedoch, wie soll denn nun die Definition von „Kreuzzug“ letztendlich lauten? Oder wäre auch hier der Begriff „instrumentalisierter Kreuzzug“ angebracht? Und sind die Quellen zur Entwicklung der Dynamik „des“ Kreuzzuges, wirklich besser nachvollziehbar?

Frage 10 Kreuzzugsexperten und Du kriegst 11 verschiedene Antworten, weil Jaspert dann mit der engeren und erweiterten Definition kommt:D.
"Instrumentalisierter Kreuzzug" ist ja unnötig da das Konzept der "Kreuzzüge" schon davon ausgeht, der Kreuzzug als Instrument des Papstes oder wenn Du es so willst, einer anderen anerkannten Persönlichkeit, obwohl ich Dir da widersprechen mag.

Sicherlich sind die Quellen für die europäische Kreuzzugsgeschichte besser nachvollziehbar, weil viele geborgen/erhalten, editiert und zugänglich sind.

Islamische Quellen aus dieser Zeit sind schlicht rar oder noch nicht entdeckt bzw. editiert, aber es wird daran gearbeitet.
 
Schon richtig, daß sowohl Dschihad wie Kreuzzug verschiedene Facetten haben.

Im wesentlichen kann man aber wohl sagen, daß der Kreuzzug die christliche Reaktion oder Kopie des Dschihad war.

Vor dem Aufkommen des Islam gab es dieses Konzept und diese Begrifflichkeit im Christentum nicht.
Auch wenn die theologische Herleitung eine andere war (weil der Kreuzzug eben nicht so direkt in den Schriften steht wie der Dschihad) - letztlich hat das Abendland hier einen Kernpunkt des Islam aufgegriffen und in eigene Formen gefaßt.
 
Schon richtig, daß sowohl Dschihad wie Kreuzzug verschiedene Facetten haben.

Im wesentlichen kann man aber wohl sagen, daß der Kreuzzug die christliche Reaktion oder Kopie des Dschihad war.

Vor dem Aufkommen des Islam gab es dieses Konzept und diese Begrifflichkeit im Christentum nicht.
Auch wenn die theologische Herleitung eine andere war (weil der Kreuzzug eben nicht so direkt in den Schriften steht wie der Dschihad) - letztlich hat das Abendland hier einen Kernpunkt des Islam aufgegriffen und in eigene Formen gefaßt.

Möchte ich bezweifeln. Zwangschristianisierungen und religiös verbrämte Feldzüge gab es auch vorher schon. Z.B. die Zwangskonvertierung der Sachsen unter Karl den Großen.
 
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