Wie bekamen die Heerführer eigentlich ihre Krieger zusammen?

J

jay-b

Gast
soweit ich weiß gab es im mittelalter bei den meisten völkern keine söldner.. aber wie konnten die herrfüher dann so große heere aufstellen?

wurden die leute einfach gezwungen..und wenn ja, wie?

LG :)
 
Die meisten Pächter waren ihrem Lehnsherren verpflichtet, entweder Geld oder Kriegsdienste zu entrichten.

Der Adelige war dem König verpflichtet, andere dem Adeligen usw. Damit ließ sich schon ein Heer zusammenstellen.


Siehe auch: Feudalismus ? Wikipedia
 
Der König oder Fürst konnte seine Vasallen, Lehnsmänner und Freien zu der Teilnahme an einen Heereszug nur zwingen, wenn er in der Lage war, überzeugend darzustellen, daß es sich um einen "gerechten" Krieg handele. Denn der Krieg wurde grundsätzlich als Anrufung Gottes und als großer "Zweikampf" gesehen, bei dem nur derjenige, der das Recht auf seiner Seite hatte, von Gott Hilfe erwarten konnte. Bei einem "ungerechten" Krieg waren die Gefolgsleute weder zum finanziellen noch militärischen Beistand verpflichtet.

Waren die Vasallen, Lehnsmänner und Freien bereit zu kämpfen, konnte mit den gegnerischen Truppen Ort und Zeit der stattzufindenen Schlacht vereinbart werden. Hinterhalte zu stellen, war (theoretisch!) strikt verboten, denn sie widersprachen der ritterlichen Ehre!

aus "Der Alltag im Mittelalter" von Maike Vogt-Lüerssen, Books on Demand Gmbh 2006
 
Wenn ich mich richtig erinnere, war das Lehnswesen auch im "christlichen Abendland" nicht überall gleich geregelt.

Im Hl. Römischen Reich vergab der Kaiser/König die Lehen an andere Fürsten, diese vergaben dann an ihre Gefolgsleute/Ritter wiederum Land als Lehen. Der Herrscher hatte also quasi nur wenige Ansprechpartner, die ihm dann das "Personal" für den Krieg liefern mussten.

In England vergab der König auch an die Ritter die Lehen, so dass ihm diese persönlich zur Treue verpflichtet waren. Das konnte natürlich im Ernstfall durchaus gewisse Vorteile haben.

Natürlich gabe es auch schon alleine wegen der zeitlich langen Dauer des Mittelalters einige Entwicklungen. Müsste mal wieder genauer nachlesen...

Viele Grüße,

Bernd
 
Es gab bereits eine Art Wehrpflicht, je nach Zeit geregelt.
Vor allem nach Besitz (Eigentum/Lehen) gestaffelt und nach Verträgen (Verpflichtungen), im Gegensatz zu heute wo Alter und Staatsangehörigkeit am Ausschlag gebenzten sind.
Man sammelte die Leute oft an einem Ort (Märzfeld) und zog dann los.
Eine Planung zog sich natürlich hin Im Herbst plante man schon für den Sommer oder noch früher…
 
Im Spätmittelalter spielten dann auch die Städtischen Aufgebote eine Rolle, welche die Heere des Kaisers bsw. im 14. und 15. Jh. verstärkten. Die Städte verlangten ja von ihren Bürgern die Verteidigung der Stadtmauern. Entsprechend mussten die Bürger bewaffnet sein. Unternahm der Kaiser einen Kriegszug, so wendete er sich neben seinen übrigen Vasallen auch an die größeren und halbwegs selbstständigen Städte, mit welchen er die zu stellenden Bewaffneten aushandelte. (Aus Freiburg ist mir das bsw. bekannt.)
 
Um die Frage nach en Söldnern zu beatnworten:
So weit ich weiß, wird bei Militärhistorikern strikt zwischen den durch Lehenswesen organisierten Feudalheere und die erst im späten 15. Jh. aufkommenden Söldnerheere unterschieden. Der feudale Krieger war durch das Lehen und durch einen Eid an seinen Lehensherren gebunden und konnte mit schweren Strafen rechnen, wenn er einem Gefolgschaftsaufruf nicht folgeleistete, beispiele hierfür gibt es z.B. von Karl dem Großen.
Die späteren Söldnerheere wie z.B. die Landknechte im frühen 16.Jh. folgten in der Regel dem jenigen, der das beste Angebot machte und waren wegen der fehlende Ehre bei den in dieser Zeit stark an Macht verlierenden Rittern verpönt. Bei einer fehlenden Soldzahlung konnte es schon mal zu Befehlsverweigerung oder Auflösung des ganzen Heeres kommen.
Diese Söldnerheere wurden rekrutiert, indem ein Mann (es musste ein sehr reicher meist adeliger Mann sein) zum Obristen ein, dieser ließ dann Bestallungsbriefe, sozusagen Stellenausschreibugen, aushängen und auf öffentlichen Plätzen meist von Veteranen junge Männer anzuwerben.
In der Regel war der Zulauf groß, da durch das starke Bevölkerungswachstum dieser Zeit viele Zweit- oder Drittgeborene sowohl in Städten als auch auf dem Land keine großen Zukunftsaussichten hatten. Die Aussicht auf Abenteuer und reiche Beute lockte viele an. Allerdings wurde bie der Musterung ein großer Teil der Bewerber aussortiert, wenn sie nicht den körperlichen Anforderungen entsprachen oder nicht die nötige Ausrüstung vorweisen konnten. Die Männer wurden dann nach Art der Bewaffnung und teils nach Erfahrung in unterschiedliche Soldgruppen eingeteilt und verschiedenen Fähnlein zugewiesen. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde das Heer dann zusammengezogen und komplett aufgestellt, bevor es in den Krieg zog.
Die Zeit in der das Heer aufgestellt werden konnte hing sowohl von den angebotenen Bedingungen (vor allem natürlich der Sold) als auch vom Ruf des Obristen ab.
Berühmte Obristen konnten 20000 Mann manchmal innerhalb weniger Wochen zusammenziehen.
 
Das hängt sehr stark davon ab, wann und wo es stattfand. Ganz unumstritten sind die Mechanismen unter Historikern auch nicht immer. Man denke da nur an die Geschichte mit den 'Königsfreien' der Karolinger. Aber im Prinzip kann man sagen: das System funktionierte mehr oder weniger nach dem Subsidiaritätsprinzip. Die (Oh, Mist, Terminologie...) Magnaten, Barone, Fürsten, nenn es, wie Du willst, sind ihrem König Gefolgschaft schuldig. Das ist eine ziemlich universelle Tatsache, auch wenn es immer mal wieder Beispiele gegeben hat, bei denen das im Einzelfall in Abrede gestellt wurde. Im Fall eines Krieges wendet sich der Herrscher an diese Leute und fordert sie auf, ihm mit Truppen beizustehen. Die sind dann wiederum in der Verantwortung, diese Truppen zu besorgen. Das können ihre eigenen Lehnsnehmer, Gefolgsleute, Mitglieder ihres Haushaltes oder angeworbene Soldaten sein.

Im Detail kann das aber sehr unterschiedlich aussehen. In karolingischer zeit z.B. ist es gebräuchlich, dass sich die Großen des reiches auf Aufforderung mit Truppenkontingenten an einem bestimmten Ort einfinden (dem Märzfeld, später auch Maifeld), wo der König sie erwartet und in den Krieg führt. Das setzt natürlich voraus, dass der König einen Angriffskrieg führt, was unter den Karolingern recht üblich war. Es ist unbekannt ob es festgelegte Kontingente gab, und Schätzungen über die Größe des Heeres gehen weit auseinander. Zudem ist auch bekannt, dass es einen Mechanismus gab, nach dem Landbesitzer persönlich dem König zur Heerfolge verpflichtet waren, aber es ist eher unwahrscheinlich, dass sie für die Feldzüge jedesmal aufgerufen wurden. Vermutlich diente dies System eher der Verteidigung. Geklärt ist das aber alles lange noch nicht.

Unter Ottonen und Saliern galt ein prinzipiell ähnliches System, nach dem aber von bestimmten Funktionären der Reichsverwaltung (Bischöfen, Äbten, Grafen) festgelegte Kontingente von 'loricati' zu stellen waren. Ein Problem hier ist, dass es nicht ganz klar ist, ob diese Kontingente je voll ausgeschöpft wurden oder ob es sich um theoretische Werte handelte. Anzunehmen ist aber, dass es zumindest theoretisch möglich war, und dass es sich bei den 'loricati' um Lehnsnehmer und kleine Grundbesitzer handelte.

Das spätere Lehnswesen (pace, Reynolds) entwickelt dann komplizierte Strukturen, die regeln, wer wem unter welchen Umständen Heerfolge schuldig ist. Das ist ganz besonders eine Spezialität im Hl. Römischen Reich. In anderen Teilen Europas spielt das schon eine wesentlich weinger wichtige Rolle. In Teilen der Mittelmeerwelt spielen z.B. städtische milizen eine größere Rolle, für die alle erwachsenen männlichen Bürger verpflichtet werden konnten, die aber im Normalfall nur kleine Kontingente von jungen Männern ins Feld schickten. Kastilien, Aragon und Sizilien z.B. setzen sehr stark auf solche Truppen. Das gibt es später auch im Norden, aber die Städte sind hier meist militärisch weniger wichtig.

Söldner ist ein schwieriger Begriff. Was man besonders in der Zeit vor 1000 nicht unterschätzen sollte ist die Rolle von direkten Gefolgsleuten, Kämpfern, die dem Haushalt ihres Herrn angehörten. Die stehen natürlich immer zur Verfügung, leben davon, dass sie kämpfen (könnten), und erhalten von ihren Herrn Lohn. Als Söldner würde ich sie nicht bezeichnen. Auch der klassische Topos des 'fahrenden Ritters' des Hochmittelalters kann durchaus als ein Mehrzwecksoldat auf der Suche nach einem Arbeitgeber betrachtet werden. Das ziel ist hier natürlich der erwerb eines Lehens, aber als was beueichnet man ihn in der Zeit davor? Besonders wenn es um Leute wie die berüchtigten 'Flamen' und 'Brabanzonen' geht, die sich im 11. und 12. Jh. in großen Scharen gegen Geld zur Verfügung stellen. Solche Truppen kamen wohl auf eigene Initiative zu einem kriegführenden Fürsten oder wurden bewußt angeworben.

Auch später gibt es immer wieder Grenzfälle. z.B. ist nach englischem Recht jeder freie Mann heerfolgepflichtig. Zum Krieg werden aber von den Magnaten und Städten bestimmte Kontingente angeworben, und die bekommen Sold. Sie würden sich aber selbst kaum als Söldner im selben Sinn betrachtet haben wie z.B. die genuesen, die für den französischen König kämpften. Hier war das Prinzip übrigens eine Mischung von 'feudalen' und 'modernen' Traditionen: die Lehnsnehmer erhalten vom König den Aufruf zum Krieg und rekrutieren nun 'auf dem freien Arbeitsmarkt' Truppenkontingente zum Aufstocken ihrer persönlichen Gefolgsleute. Das 'reine' Söldnersystem (wie z.B. der Landsknechte) gibt es auch, zunächst parallel, später (besonders in Süd- und Zentraleuropa) fast ausschliesslich.

Und dann gibt es noch gefolgschaftspflichtige Stämme bzw. angeworbene Ausländer und ethnische Minderheiten (nach den verschiedensten Prinzipien organisiert), Militärsklaven, und Freiwillige, die sich einem Krieg anschliessen, weil si sich Beute erhoffen, Ruhm ernten wollen, oder religiöse Pflichten erfüllen wollen. Im Extremfall (z.B. bei der Preußenreise, aber auch bei z.B. den Murabitun) sind das Leute, die dafür bezahlen, in den Krieg ziehen zu dürfen.

Es ist jedenfalls relativ kompliziert. Aber im allgemeinen galt meist, dass Herrscher Ansprechpartner auf der nächstniedrigen Hierarchieebene hatten, die ihnen ihrerseits Truppen besorgten, wen sie die brauchten. Söldner konnten zusätzlich angeworben werden, und kluge Könige hatten meist auch ihre eigenen unmittelbaren Gefolgsleute. Und die Intewrpretation der Quellen ist nicht immer einfach. Frag bei Gelegenheit mal einen Fachmann, was man unter 'liberi homines' und 'vassi' zu verstehen hat. :p
 
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