Kleidung von Soldaten des "Kaiser Lothar" um 800 n.Chr.

Manu166

Neues Mitglied
Hallo,
ich hoffe ich bin hier richtig:

Wir benötigen für eine Theatervorführung von "Die Päpstin" Kostüme für römische Soldaten des Kaisers Lothar. Die Geschichte spielt um 800 n.Chr. Diese werden wir, wie alle Kostüme, selber herstellen und nähen.

Unsere Frage ist:
Sah zu dieser Zeit das Gefolge des Kaisers Lothar gleich aus?
Hatten diese eine einheitliche Kleidung/Uniformen, oder sah da jeder Soldat anders aus und hatte das am Körper, was er selber besaß?


Vielen Dank vorab für evtl. Antworten. :)
 
Uniformen gab es nicht. Allerdings trug man die jeweils übliche Tracht der eigenen Ethnie. Wenn ein Mächtiger davon abwich, also z.B. Karl der Große die römische oder Ludwig der Fromme die in Aquitanien übliche Tracht trug, erwähnen das die Quellen ausdrücklich.

Brünnen (Wikipedia-Artikel) wurden nur von Reichen getragen. (Nur wer über 12 oder 14 Hufen verfügte, die genaue Zahl müsste ich nachschlagen, musste mit einer Brünne dem Aufgebot folgen. Hufe/Hube/Manse bezeichnet einen Hof, der groß genug für den Unterhalt einer Familie ist. Diese Größe variierte regional und zeitlich.) Richtige Kettenhemden hatten, wenn überhaupt, nur die "Großen" und auch diese vererbten sie als wertvollen Besitz. Wer es sich leisten konnte, trug einen Helm.

Die Bewaffnung sollte aus Speer, Schwert, Dolch und Bogen bestehen. Dabei ist umstritten, ob wirklich jeder Krieger ein Spatha besaß. Und natürlich gab es auch Schilde.

Zum Gefolge gibt es eine Anekdote, dass das Gefolge Karl des Großen sich in Italien, in wertvolle Stoffe kleidete, während Karl die übliche Tracht und ein Fell trug. Er ordnete eine Jagd an und machte sich des Abends über die ruinierte Kleidung seines Gefolges lustig. Beim Gefolge des Herrschers, in dem Langobarden, Römer, Franken zusammenkamen, wird man sicher nach der jeweiligen Tracht variieren können. In Rom konnten auch damals Vertreter aller christlichen Völker Europas anwesend sein.

zeitgenössische Bilder:
Karolingische Reiter

Lothar mit Kriegern

Ludwig der Fromme
 
Zuletzt bearbeitet:
Ok, jetzt nochmal für mich zum Verständnis...kenne mich mit Geschichte nicht aus und kann kaum folgen :red: :O

Es geht uns um die Jahre 800 bis 850 oder so um den Dreh, und lediglich um das Heer des Kaisers Lothar, welcher in Rom mit seinem Heer einzog.

Im Film "Die Päpstin" hat das Herr die ziemlich die gleiche Kleidung.
Aber wir hörten, das dies nicht der Fall ist?!

Mmmmh, hätte jetzt mal ein Bild hochgeladen, aber geht leider nicht.


Vielen Dank! :)
 
Also gut, wenn ich das einfacher schreiben soll, muss ich ausholen:

Zunächst zu Lothar:

Lothar gehörte der fränkischen Herrscherfamilie der Karolinger an und war Enkel Karls des Großen. Das Frankenreich war expandiert und hatte die Gebiete anderer Stämme (besser: Ethnien) unterworfen. Karl der Große war 800 zum Kaiser gekrönt worden. Das Recht nach dem die fränkischen Könige lebten, sah vor, dass alle Brüder erbberechtigt waren und einen Reichsteil erhielten. Der Kaisertitel hingegen konnte nicht geteilt werden.
Kaiser Lothar wurde 795 geboren und starb 855. Er wurde von seinem Vater, Ludwig dem Frommen 817 zum Mitkaiser und 822 zum König von Italien ernannt. 840 starb sein Vater und nach dem Salfränkischen Erbrecht hatten die Brüder das Reich unter sich aufzuteilen, was 843 im Vertrag von Verdun geschah. Lothar erhielt das Mittelreich. Somit waren neben den Franken Friesen, Sachsen (Niedersachsen/Westfalen), Alemannen und Langobarden seine Untertanen.

Zu unserem Wissen über das Alltagsleben im Frankenreich:

Hierzu gibt es keine umfassende Überlieferung. Daher muss man zu einzelnen Themen Quellen heranziehen, die nur ungefähr aus der Zeit stammen. Da sich das Leben damals im Allgemeinen nicht so schnell änderte wie heute kann man dies auch. Daher habe ich die Angaben zu Lothars Vater Ludwig und Großvater Karl angeführt.

zur Frage:

Woraus bestand das Heer Lothars?

Zunächst war jeder Freie zur Heerfolge verpflichtet, wenn das Aufgebot entsprechend erlassen wurde, er also dazu aufgefordert wurde. (Meist wurde bestimmt, das sich die Besitzer von mehreren Hufen zusammen tun konnten, um einen Krieger auszurüssten, damit niemand zu sehr belastet wurde.) Dann mussten auch die Vasallen, die vom Herrscher ein Lehen erhalten hatten, dem Aufgebot folgen. Schließlich gab es sogenannte Scara, unser Wort Schar ist damit verwand. Dies war, wenn man so will, eine kleine Truppe von Berufssoldaten.

Trug irgendeine Gruppe davon eine Uniform?

Nein. Man trug Alltagskleidung. Allerdings werden die Scara vom Herrscher ausgerüstet worden sein, weshalb man bei ihnen von einer gewissen Ähnlichkeit der Bekleidung und besserer Bewaffnung ausgehen sollte.

Gab es Gemeinsamkeiten der Kleidung oder der militärischen Ausrüstung?

Ja. Zunächst einmal kleidete man sich damals normalerweise in der Tracht des Stammes, dem man angehörte. Die Franken, Friesen, Sachsen, Alemannen, Langobarden und Römer im Heer und Gefolge Lothars haben sich also nach ihren jeweiligen Gewohnheiten gekleidet. Dann gab es Vorschriften, wie ein Krieger ausgerüstet sein sollte. Diese Vorschriften wurden wohl immer in Bezug auf ein bestimmtes Ereignis erlassen, waren aber immer ähnlich.

Wie sah die Ausrüstung des Kriegers aus?
Waffen: Speer, Schwert, Dolch, Bogen, Köcher mit 12 Pfeilen und Schild
Rüstung: Besitzer einer bestimmten Zahl von Höfen (Huben) mussten eine Brünne haben. Helme werden nicht erwähnt, sind aber regelmäßig abgebildet. Wer es sich eben leisten konnte, wird einen getragen haben. Richtige Kettenhemden gab es kaum. Selbst für die sog. 'Großen', sozusagen dem Hochadel, waren es sehr wertvolle Stücke.
Die Ausrüstung musste selbst und auf eigene Kosten beschafft werden. Daher sahen die einzelnen Stücke wohl unterschiedlich aus.

Gab es Abweichungen?

Ja. Ein Beispiel ist im letzten Post in Form der Anekdote angegeben.

Wie sah die Tracht der Franken aus?

Einhard beschreibt diese in seiner Karlsbiographie folgendermaßen:

“…nach fränkischem Brauch jagte und ritt er fleißig. [...] Er kleidete sich nach der Tracht der Franken: auf dem Körper ein Leinenhemd, die Oberschenkel bedeckten Leinenhosen; darüber eine Tunika, die mit Seide eingefasst war die Unterschenkel waren mit Bändern umhüllt. Auch seine Waden waren geschnürt und an den Füssen trug er Stiefel. Im Winter schützte er seine Schulter und Brust mit einem Wams aus Otter- oder Marderfell. Darüber einen blauen Umhang. Er gürtete stets ein Schwert mit Griff aus Gold und Silber. Bei Empfängen trug er ein Schwert mit Edelsteinen besetzt. Ausländische Kleidung trug er nie. An hohen Festtagen trug er goldgewirkte Kleider und Schuhe und ein Diadem aus Gold und Edelsteinen. An gewöhnlichen Tagen war er wie jeder andere Franke gekleidet.“

Damit der Post nicht zu lang wird, schreibe ich im nächsten weiter.
 
Da ich mich mit den Trachten nicht so gut auskenne, sei auf folgende Werke verwiesen:
David Nicolle, Angus McBride, The Age of Charlemagne (Dies soll das 7. bis 10. Jahrhundert abdecken.) Osprey-Verlag (Dieser Verlag ist auf Literatur für Wargamer und Reenactor spezialisiert.)
David Nicolle, Wayne Reynolds, Carolingian Cavalryman AD 768-987 (Osprey-Verlag)

Da der vorherige Post schon sehr lang geworden ist, belasse ich es erst mal dabei. Zu den weiteren Trachten könnte ich sowieso nur einige Einzelheiten - z.B. dass freie Sachsen Strohhüte trugen - nennen.

Wenn etwas unklar ist, fragen. Dann wird es auch erklärt.

Ich hatte vergessen zu erklären, dass Einhard ein jüngerer Zeitgenosse Karls des Großen war und dessen 'Hofschule' leitete. Seine Beschreibung der fränkischen Tracht ist also zuverlässig.

Solltet Ihr Fahnen brauchen, könnt Ihr Euch am Trikliniumsmosaik orientieren. (Links: Petrus, Jesus, Konstantin der Große, Mitte: Jesus mit Aposteln, rechts: Papst Leo, Petrus, Karl der Große)
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch zur Tracht der Langobarden gibt es einen kurzen Text. Er findet sich in einem Werk des Benediktiners Paulus Diakonus , der Historia Langobardorum, Buch IV, Kapitel 22. Auch Paulus Diakonus gehörte zu den Gelehrten, die Karl der Große an seinem Hof versammelte. Er war selbst Langobarde. Interessant ist, dass er von einer Veränderung der Tracht berichtet. Der erwähnte Palast soll, nach der Fischer Weltgeschichte, wo sich die Stelle verkürzt findet, aus der Zeit um 610 n.Chr. stammen. Der Text lautet in der Übersetzung von Otto Abel in den "Historikern des deutschen Altertums":

"Auch die Königin Theudelinda baute sich hier einen Palast, den sie mit Stücken aus der langobardischen Geschichte ausmalen ließ. Auf diesen Gemälden sieht man deutlich, wie sich die Langobarden zu der Zeit das Haupthaar schoren und wie ihre Tracht und ihr Aussehen war. Nacken nämlich und Hinterkopf hatten sie glattgeschoren, die anderen Haare hingen ihnen über die Wangen bis zum Mund herab und waren in der Mitte der Stirn gescheitelt. Ihre Kleidung war weit und meist aus Leinen, wie sie die Angelsachsen tragen, zum Schmuck mit breiten Streifen von anderer Farbe verbrämt. Ihre Schuhe waren oben fast bis zur großen Zehe offen und durch herübergezogene lederne Nesteln zusammengehalten. Nachher aber fingen sie an, Hosen zu tragen, über die sie beim Reiten wollene Gamaschen zogen. Diese Tracht haben sie indes von den Römern angenommen."

Nesteln meint hier Bänder.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben