Die Stellung der Frau im Mittelalter

Lili

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Die Stellung der Frau im Mittelalter begründet sich im Großen und Ganzen auf die christliche Theologie, was sich in rechtlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Weise auswirkt.

Die Bibel stellt die Grundlage für die mittelalterliche Theologie dar, wobei sich aber bei genauerer Betrachtung der Bibel kein einheitliches Frauenbild ergibt, was bereits in den ersten beiden Kapiteln des Genesis zu erkennen ist: im ersten Schöpfungsbericht schafft Gott den Menschen nach seinem Abbild als Mann und Frau. Im zweiten Schöpfungsbericht wird die Frau aus der Rippe des Mannes geschnitzt. Im Exodus gilt die Frau gar als Eigentum des Mannes. Auch im Neuen Testament lässt sich kein einheitliches Bild feststellen. Jesus selbst zieht weder Mann noch Frau vor, mehr noch, er verstößt sogar gegen geltendes jüdisches Recht: er nimmt die Hure Maria von Magdala in seinen Kreis auf und verbietet es, eine Ehebrecherin zu steinigen. Selbst die ersten Zeugen der Auferstehung Christi waren Frauen, und das obwohl die Aussage einer Frau nach jüdischem Recht nicht beweiskräftig war. Paulus wertet die Frau in seinen Briefen allerdings wieder ab: so soll sie sich dem Mann so unterordnen, wie sich die Kirche Jesus unterordnet.

Die christliche Theologie des Mittelalters verbreitet ein Frauenbild dass sich an den Paulusbriefen und dem Sündenfall des Genesis orientiert. So wird dem weiblichen Geschlecht mangelnde Intelligenz und moralische Minderheit unterstellt. Die christlichen Autoren des Mittelalters waren allerdings meist Mönche. Da die Laufbahn eines Klerikers meist mit 6 oder 7 Jahren begann, ist das entrückte durch die Kirche propagierte Frauenbild nicht verwunderlich. So werten auch die bekanntesten Theologen des Mittelalters Augustinus und Thomas von Aquin die Frau in der Gesellschaft deutlich ab. Augustinus teilt die Welt in eine geistige unsichtbare und in eine schlechte und v.a. geschlechtliche Welt ein, wobei er den Sündenfall mit dem Geschlechtstrieb verbindet, was der Frau wiederum die Schuld für die Schlechtigkeit der Welt gibt. Thomas von Aquin vermischte Aristoteles mit der damaligen theologischen Meinung. So schreibt Aristoteles beispielsweise in seiner "De Generatione Animalium", dass allein der Mann zeugt (virtus activa), die Frau ist dabei unbeteiligt (virtus passiva). Bei der Frage wie es dann zu der Zeugung eines Mädchen kommt, vertritt Thomas von Aquin die Ansicht, dass die virtus activa durch etwas behindert wird, was der Frau den Status eines verhinderten Mannes gibt.

Die theologische Auffassung hat auch Auswirkungen auf die rechtliche Stellung der Frau im Mittelalter.
Die Stellung der Frau nach dem römischen Recht: sie verwaltet ihr Vermögen selbst und kann darüber auch selbst verfügen (die Mitgift wird allerdings von ihrem Mann verwaltet). Bis spätestens 25 muss die Erlaubnis zur Eheschließung bei ihrer Familie erlangt haben. Über die Kinder ist allerdings nur der Vater entscheidungsbefugt, auch auf deren Vermögen hat die Mutter keinen Einfluss. Frauen dürfen keine öffentlichen Ämter bekleiden.
Die Stellung der Frau nach dem germanischen Recht: sie sind der Vormunschaft (= Munt) ihres Mannes und der männlichen Verwandten unterworfen. Sie durfte Vermögen besitzen und war auch erbfähig, Söhne wurden ihr aber vorgezogen.
Nach dem Decretum Gratiani, dem Liber Extra und der Codefizierung durch Papast Gregor IX. wird die Frau jedoch deutlich schlechter gestellt. Kirchliche Ämter sind für Frauen nicht zugänglich, selbst die niedrigsten Weihegrade darf sie nicht empfangen und mit Ausnahme der Äbtissin hat sie auch in der Liturgie keine Stellung. In gesellschaftlicher Hinsicht ist die Frau dem Mann in jeder Hinsicht unterworfen. Lediglich der Eintritt ins Kloster bringt Frauen eine Aufwertung ihrer sozialen Stellung.
Ab dem 11. Jahrhundert wird Frauen allerdings das Lehenswesen ermöglicht, um als Witwen die Familie ernähren zu können. In der städtischen Gesellschaft des Hochmittelalters war es Frauen sogar möglich das Bürgerrecht zu erwerben, womit sie auch ein Gewerbe gründen oder Handel betreiben konnten. Es gab sogar einige Frauenzünfte.
In Adelskreisen gibt es allerdings immer wieder Ausnahmen von der Regel der Benachteiligung der Frau:
  • Theophanu und ihre Schwiegermutter Adelheid als Vormund für den minderjährigen Otto III.
  • Agnes von Bordou als Vormund ihres Sohnes Heinrich IV.
  • Blanca von Castilien als Vormund von Ludwig IX. von Frankreich
  • Die Dichterin Marie de France
  • Eleonore von Aquitanien die bedeutenden Einfluss auf die englische Thronfolge ausübte
Im 12. Jahrhundert wird die Frau Gegenstand der Minnedichtung, was zumindest in Adelskreisen zu einer Aufwertung der Frau, aber nicht zu rechtlicher und sozialer Gleichstellung führt.
 
Profund.
In die erlauchte Galerie der Damen gehört unbedingt Christine de Pizan, auch wenn sie schon in den Herbst des Mittelalters hineinragt
Pizan
 
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