Eine Hohenstauferin auf dem kiever Thron?

komnenos

Mitglied
hallo
habe jetzt schon mehrmals gelesen , dass der grossfürst Isjaslav II. von Kiev (1098-1154) in erster ehe angeblich mit einer Hohenstauferin verheiratet gewesen sein soll. Sie soll eine Tochter König Konrads III., aus seiner angeblich ersten Ehe gewesen sein ? Aber nach Tobias Weller ´s " die heiratspolitik des deutschen hochadels " hatte er nur eine Frau und zwar Gertrud von Sulzbach ,welche ihm 2 Söhne gebar . Soviel ich weiß hatte er aber einige uneheliche kinder . Könnte es sein das sie eine uneheliche Tochter war ? und mit welchem politischen hintergrund wurde sie ín das ferne russland vermählt? Oder ist dies alles ins Reich der Legenden zu verweissen
Weiß jemand näheres über diese sache ?
 
Das für Verwandtschaftsverhältnisse praktische "Genealogie Mittelalter" kennt sie:
KONRAD-3-Deutscher König + 1152

Das wäre dann, ganz unten auf der Seite, eine gewisse Agnes aus der offenbar sehr wohl existierenden ersten Ehe. Viel Spaß beim Suchen!
 
Weiß jemand näheres über diese sache ?
Zur Ergänzung der von Triere genannten Genealogie:

Konrad III. hatte 5 nichteheliche Kinder, dazu 3-? Kinder aus erster und 2-? aus zweiter Ehe.

Die erste Ehefrau, Gertrud vom Comburg (*um 1095, +um 1130), heiratete er Ende 1114 oder Anfang 1115.

Agnes (*um 1115/1116, +1151) war das erste Kind aus dieser Ehe und damit auch Cousine vom späteren Kaiser "Barbarossa". Die Heirat (um 1129/1130) wurde entweder durch Großmutter Agnes von Österreich oder durch Tante Agnes von Polen eingefädelt.

Aus der Ehe von Agnes mit Isjaslaw II. gingen 5 Kinder hervor, darunter die Tochter Eudoxia, die 1151 Mieszko von Polen heiratete.

(Quelle: Die Zeit der Staufer, Bd. III, S. 353)
 
Sehr eindrucksvoll beweist Wikipedia mal wieder, daß dieses Projekt doch erhebliche Tücken hat:

Die englischsprachige Wikipedia zu Iziaslav II.:
"His first wife was Catherine from unknown family. She died in 1151. Their children were:
  1. Mstislav II of Kiev
  2. Yaroslav II of Kiev
  3. Yaropolk, Prince of Shumsk
Iziaslav's second wife was unknown daughter of King Demetre I of Georgia, but they were married for only a few months in 1154 before his death."

Der deutschsprachige Eintrag vermerkt dazu gar nichts.
Auf Konrads III. Seite sind nur zwei Söhne erwähnt.

Interessanter ist jedoch der Hinweis auf der Seite Konrads:
"In der neueren Forschung abgelehnt werden die von Hansmartin Decker-Hauff im Katalog zur Stuttgarter Stauferausstellung 1977 aufgestellten genealogischen Hypothesen. Der junge Bonner Historiker Tobias Weller kommt in seiner Arbeit Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert (Köln/Weimar/Wien 2004, S. 29-34, 211-220 ISBN 341211104X) zu dem überzeugenden Schluss, dass es die angeblichen weiteren Verbindungen nie gegeben hat."

So, und das werde ich mir nachher mal in der Bibliothek näher betrachten und dann berichten.
 
Aaalso: Das Buch von Weller ist relativ dick und scheint sehr sauber an Hand moderner Forschung gearbeitet zu sein. Ich würde ihn als in höchstem Maße glaubhaft einschätzen und möchte kurz die entsprechende Passage zitieren, ohne auf die möglichen Eheverbindungen Konrads III. näher einzugehen:

"Demnach gibt es keinen wirklichen stichhaltigen Hinweis darauf, daß Konrad III. vor seiner Verbindung mit Gertrud von Sulzbach schon einmal verheiratet war. Trotzdem ordnet DECKER-HAUFF dieser angenommenen ersten Eheverbindung mehrere Kinder zu. Ihm zufolge stammen aus ihr zumindest drei Töchter, nämlich eine namentlich unbekannte Frau (Agnes?), die um 1129/30 den Großfürsten Isjaslav II. Mstislavic von Kiev (+1154) geheiratet habe, sowie Bertha, die Gemahlin Markgraf Hermanns III. von Baden, und eine gewisse Gertrud, über deren Lebensweg und Eheschließung weiter nichts bekannt sei.
Über letztere läßt sich in der Tat nichts sagen, zumal unklar bleibt, aus welchen Quellen heraus DECKER-HAUFF sei ermittelt haben will. Was die Gemahlin des Kiever Großfürsten betrifft, stützt er sich offenbar auf die Chronik des Kustos der Posener Kirche Godyslaw Baszko. Hier wird berichtet - der entsprechende Passus wurde in seiner überlieferten Textgestalt erst Ende des 13. Jhs. kompiliert -, daß der Piastenfürst Mieszko III. Stary (+1202) in zweiter Ehe mit einer consanguinea Friderici imperatoris verheiratet gewesen sei. Hierbei handelt es sich um Eudoksja (+1209), die Tochter Isjaslavs II. mit seiner ersten, 1151 verstorbenen Gemahlin. Daraus zu schließen, Eudoksjas Mutter sei eine Stauferin, gar "eine Kusine des Kaisers Friedrich Barbarossa" gewesen, ist sicherlich unzulässig, denn der Begriff consanguinea bedeutet grundsätzlich nur "Blutsverwandte" und kann auch sehr entfernte Verwandtschaftsgrade umfassen. Wie das hier erwähnte Verwandtschaftsverhältnis konkret ausgesehen hat, bleibt unklar. Sicherlich aber ist es nicht gerechtfertigt, es ohne weitere Hinweise dahingehend zu deuten, Eudoksja sei eine Enkelin Konrads III. gewesen."

Weller, Tobias: Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert, Köln 2004, S. 216f.
 
Aaalso: Das Buch von Weller ist relativ dick und scheint sehr sauber an Hand moderner Forschung gearbeitet zu sein. Ich würde ihn als in höchstem Maße glaubhaft einschätzen...
Zu spät, denn die Decker-Hauff-These hat sich schon zu tief ins Internet hineingefressen...;)

Vielleicht hilft eine Gen-Analyse weiter - Agnes soll ja in Kiev begraben sein.
 
Zu spät, denn die Decker-Hauff-These hat sich schon zu tief ins Internet hineingefressen...;)

Tja, ein Grund mehr, das hier mal zu thematisieren.
Bin mal gespannt, ob in dem zweiten Band von Hlawitschkas "Die Ahnen der hochmittelalterlichen deutschen Könige, Kaiser und ihrer Gemahlinnen", der angeblich in diesem Jahr fertiggestellt werden soll, etwas darüber drinsteht. Und wenn ja: was?
 
Das ist ja interessant! Wieder mal so ein Fall von einer stellt eine Behauptung auf und die anderen schreiben brav ab? Aber wie kam Decker-Hauff dann zu der Überzeugung?
 
Das ist ja interessant! Wieder mal so ein Fall von einer stellt eine Behauptung auf und die anderen schreiben brav ab? Aber wie kam Decker-Hauff dann zu der Überzeugung?

Tja, dazu bräuchte man jetzt das Buch von Decker-Hauff. ;)
Ergänzend dazu sei noch die Fußnote 114 (Weller, S. 216) angegeben, die sich auf die Chronik des Godyslaw Baszko bezieht:

"Godyslaw Baszko, Chron. Polon., c.35, MPH 2, 526: Habuit [sc. Mieszko] namque quinque filios, quorum duos, videlicet Odonem et Stephanum, ex filia regis Hungarorum; reliquos tres ex consaguinea Friderici imperatoris, regis Romanorum suceperat. Nach BAUMGARTEN, Généalogies, Taf.V, No.23, 25, ist dies der einzige Hinweis darauf, daß die Gemahlin Isjaslavs eine deutsche Prinzessin gewesen sein könnte. DECKER-HAUFF, Konrad III., 8, verzichtet bei seinen Ausführungen auf konkrete Angaben und spricht unbestimmt von zwei parallelen Quellen aus Osteuropa. Zu der Godyslaw Baszko zugeschriebenen Chronik, die möglicherweise das Werk zweier Autoren ist, vgl. ZEISSBERG, Geschichtsschreibung 99-105; DAVID, Sources 76-85."
 
So, mittlerweile bin ich auch im Besitz des zweiten Bandes von Hlawitschkas "Die Ahnen der hochmittelalterlichen deutschen Könige, Kaiser und ihrer Gemahlinnen" und habe mir mal den Eintrag zu Konrad III. zu Gemüte gefügt. Daraus geht hervor, daß Decker-Hauff seine Theorie aus dem "Roten Buch" des Klosters Lorch geschöpft haben will, daß im 2. WK zerstört wurde. Decker-Hauff spricht dort von einer "freien Verbindung mit Geberga, einer vornehmen Dame". Die Thesen Decker-Hauffs sind u.a. von Odilo Engels zurückgewiesen worden, aber auch von Klaus Graf, der nach Rekonstruktionen und Auswertungen des "Roten Buches" die Thesen nicht verifizieren konnte und zu dem Fazit kommt, daß "die von Decker-Hauff gefälschten Texte [...] sich als Belege seiner spekulativen genealogischen Aufstellung verstehen [lassen]". Hlawitschka schließt sich der Kritik ebenfalls an, so daß man wohl die Theorie einer früheren Verbindung Konrads und einer daraus erfolgten verwandtschaftlichen Bindung zu Isjaslav II. von Kiev ausschließen kann.

Hlawitschka, Eduard: Die Ahnen der hochmittelalterlichen deutschen Könige, Kaiser und ihrer Gemahlinnen, Hannover 2009, S. 1ff.
 
So, mittlerweile bin ich auch im Besitz des zweiten Bandes von Hlawitschkas "Die Ahnen der hochmittelalterlichen deutschen Könige, Kaiser und ihrer Gemahlinnen" und habe mir mal den Eintrag zu Konrad III. zu Gemüte gefügt. Daraus geht hervor, daß Decker-Hauff seine Theorie aus dem "Roten Buch" des Klosters Lorch geschöpft haben will, daß im 2. WK zerstört wurde. Decker-Hauff spricht dort von einer "freien Verbindung mit Geberga, einer vornehmen Dame". Die Thesen Decker-Hauffs sind u.a. von Odilo Engels zurückgewiesen worden, aber auch von Klaus Graf, der nach Rekonstruktionen und Auswertungen des "Roten Buches" die Thesen nicht verifizieren konnte und zu dem Fazit kommt, daß "die von Decker-Hauff gefälschten Texte [...] sich als Belege seiner spekulativen genealogischen Aufstellung verstehen [lassen]". Hlawitschka schließt sich der Kritik ebenfalls an, so daß man wohl die Theorie einer früheren Verbindung Konrads und einer daraus erfolgten verwandtschaftlichen Bindung zu Isjaslav II. von Kiev ausschließen kann.

Hlawitschka, Eduard: Die Ahnen der hochmittelalterlichen deutschen Könige, Kaiser und ihrer Gemahlinnen, Hannover 2009, S. 1ff.


Von der Sache keine Ahnung. Wenn man aber weiß, was Decker-Hauff für eine große Nummer er war.
Aber es scheint ja alles auf sehr wackeligen Füssen zu stehen.

Kritik [Bearbeiten]

Erst nach seinem Tod wurde in Historikerkreisen bekannt, in welchem Umfang seine bereits zu seinen Lebenszeiten umstrittenen genealogischen Studien auf nicht völlig gesicherten Quellen beruhten. So konnten die angeblich im Roten Buch des Klosters Lorch enthaltenen Notizen, die er im Katalog der Stauferausstellung 1977 mitteilte, nach Restaurierung des 1944 stark beschädigten Archivales nicht verifiziert werden (nähere Informationen finden sich im Artikel über Konrad III.). Auch das von ihm wiederholt angeführte Hauff'sche Epitaphienbüchlein ist allem Anschein nach eine Erfindung Decker-Hauffs. Eine fachwissenschaftliche Verteidigung, die Decker-Hauff gegen diese Vorwürfe in Schutz nimmt, existiert nicht.

aus Wiki.

Was ich nie nachvollziehen konnte: Seine These der fränkischen Abstammung des Hauses "Württemberg".
Das sind doch klar Oberschwaben, Nachkommen der Grafen von Altshausen und Veringen. Man beachte zB die Wappen, und auch den hochmittelalterlichen Besitz des Hauses.


Ist OT.
Aber dass eine Koryphäe so erwischt wird.:autsch:
 
Was ich nie nachvollziehen konnte: Seine These der fränkischen Abstammung des Hauses "Württemberg". Das sind doch klar Oberschwaben, Nachkommen der Grafen von Altshausen und Veringen. Man beachte zB die Wappen, und auch den hochmittelalterlichen Besitz des Hauses.

Bei Wikipedia lese ich, dass ein Konrad I., erstmals erwähnt 1081, 1083–1110 Herr von Württemberg war. Woher aber nun Conny 1 kam, ist anscheinend nicht nachweisbar. Irgendeine Salierherkunft wird vermutet, aber genaueres ist wohl nicht bekannt.

Oder weiß man inzwischen mehr?
 
Dabei gilt doch Decker-Hauff als der Staufer-Kenner ansich - zumindest hierzulande...........
Gruß
Auch hierzulande schon ist sein Ruf schon einige Jahre dahin.

Klaus Graf:
Ihren Höhepunkt aber erlebten die Lorcher Codex-Phantasien im 20.
Jahrhundert, als Jahrzehnte der verschmorte Klumpen des Roten Buches für
unrettbar verloren galt. Pünktlich zur großen Stauferausstellung 1977
präsentierte der Landeshistoriker Hansmartin Decker-Hauff sensationelle
Exzerpte aus dem Roten Buch zur frühen Staufergeschichte, die von der
etablierten landesgeschichtlichen Forschung bis vor wenigen Jahren nie
offiziell angezweifelt wurden. Im Gegenteil: Heinz Bühler und Gerd
Wunder haben die genealogischen Aufstellungen von Decker-Hauff und seine
Quellenfunde begeistert rezipiert. Gerhard Lubich und ich konnten aber
durch eine detaillierte Untersuchung des restaurierten Roten Buches
nachweisen, daß die von Decker-Hauff zitierten Texte nie dort gestanden
haben können. Ebensowenig konnten alle Angaben über weitere wichtige
alte Lorcher Quellen, etwa zum Codex Holtz, und ihre angebliche
Benutzung durch Historiker an zugänglichen Dokumenten überprüft,
geschweige denn Exzerpte aus dem Roten Buch im Nachlaß von Decker-Hauff
ausfindig gemacht werden. Die von Decker-Hauff gefälschten Texte lassen
sich als Belege seiner spekulativen genealogischen Aufstellungen
verstehen.

Mediaevistik: Staufertraditionen in Kloster Lorch
 
Bei Wikipedia lese ich, dass ein Konrad I., erstmals erwähnt 1081, 1083–1110 Herr von Württemberg war. Woher aber nun Conny 1 kam, ist anscheinend nicht nachweisbar. Irgendeine Salierherkunft wird vermutet, aber genaueres ist wohl nicht bekannt.

Oder weiß man inzwischen mehr?


Man weiß natürlich nix:devil: 11. Jahrhundert und so.:scheinheilig:

Spass beiseite, die Salier-Abkunft ist originäre These des Decker-Hauff, aus verschiedenen Gründen hat sie mir nie eingeleuchtet, insbesondere ist die Rolle Konrads für einen Verwandten des Kaiserhauses dann doch wieder eine Nummer zu klein.
 
Spass beiseite, die Salier-Abkunft ist originäre These des Decker-Hauff, aus verschiedenen Gründen hat sie mir nie eingeleuchtet, insbesondere ist die Rolle Konrads für einen Verwandten des Kaiserhauses dann doch wieder eine Nummer zu klein.

Das ist freilich guter - oder schlechter - Brauch, dass hochadelige Dynastien ihren Ursprung über die erste urkundliche Erwähnung hinaus gern um weitere Jahrhunderte zurückdatieren, am liebsten ins Frankenreich und ins Umfeld Karls des Großen. Welcher Landesfürst gesteht schon gern zu, dass er dem edelfreien Geschlecht Beutelsbach entstammt, was im Fall des Hauses Württemberg eine mögliche Option ist.

Bedenkenswert ist auch - wie du bereits sagtest - eine Abkunft von den Grafen von Altshausen, die später den Namen Veringen annahmen, und auf die das württembergische Wappen mit den drei Hirschstangen zurückgeht.
 
Das ist freilich guter - oder schlechter - Brauch, dass hochadelige Dynastien ihren Ursprung über die erste urkundliche Erwähnung hinaus gern um weitere Jahrhunderte zurückdatieren, am liebsten ins Frankenreich und ins Umfeld Karls des Großen. Welcher Landesfürst gesteht schon gern zu, dass er dem edelfreien Geschlecht Beutelsbach entstammt, was im Fall des Hauses Württemberg eine mögliche Option ist.

Bedenkenswert ist auch - wie du bereits sagtest - eine Abkunft von den Grafen von Altshausen, die später den Namen Veringen annahmen, und auf die das württembergische Wappen mit den drei Hirschstangen zurückgeht.

Da ist das Wappen,
dann insbesondere der Besitz der Familie ist in Oberschwaben im 11.12.13. Jahrhundert überaus umfangreich.
Bei der Linienteilung kam dieser an (Württ-)Grüningen-Landau und ging im Spätmittelalter verloren.

Aber auch das sind Spekulationen, in dem Fall von mir, also nix relevantes.
 
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