Bitte: wg. Waldrapp und Sumpfschildkröte

Erich

Aktives Mitglied
... sind während der "kleinen Eiszeit" massiv im Bestand zurück gegangen und vielfach dann durch Verspeisen völlig ausgerottet worden - für den Waldrapp (Geronticus eremita) u.a. bei Gessner beschrieben, heimische Populationen in Mitteleuropa ausgestorben im 17. Jhdt.; für die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) ist das ebenso belegt.

Nun müssten sich entsprechende Speisereste (z.B. Knochen) in den Abfallgruben finden lassen. Allerdings sind mir solche Belege nicht bekannt.:weinen:
Daher habe ich an die Fachmenschen hier die Bitte, entsprechende Funde (Fundort und Zeithorizont) mit zu teilen. Darüber hinaus bin ich auch an literarischen Belegen (historische Kochbücher aus Klöstern u.a.) interessiert.
Es geht mir darum, die historische Verbreitung in verschiedenen Jahrhunderten zu ermitteln und den Rückgang (wann und wo noch belegbar) zu dokumentieren.

Danke schon jetzt für entsprechende Mitteilungen. :winke:
 
Wenn Du Waldrapp-Rezepte suchst,dann schau mal in das Kochbuch von Marxen Rumpolt, dem Mundkoch des Kurfürst-Erzbischofs Daniel Brendel von Homburg in Mainz aus dem 16.Jahrhundert.
Er führt fünf Waldrapp-Gerichte auf, die meist kaum von der üblichen Geflügelzubereitung abweichen, darunter allerdings eine für die damalige Zeit
besonders exotische kalte Waldrapp-Pastete «mit Limoniensaft», die in Form eines verzierten Waldrapp aufgetischt wurde.
. Dort heißt es : «Du kannst den Drappen zurichten wie von einem Schwan, in einer Gallrat, dass sie allerley farb hat, auch schwartz mit Mandeln».
 
Wo hast du denn bisher nach Fachliteratur gesucht?


Zur Problematik an sich:

Die Archäozoologie ist kein ganz einfaches Feld, dazu bedarf es nämlich neben der archäologischen Sicherung eines Befundes auch eine zoologische Expertise, d.h. du benötigst Leute, die in der Lage sind, Knochen verschiedener Tiere, auch solche, die nicht unbedingt im Befund erwartet werden, zu identifizieren.

In einer normalen Grabung ist dafür selten Geld vorhanden und wenn der Archäologe nicht zufälligerweise auch über eine archäozoologische Ausbildung verfügt (die m.W. in Dtld. nur in München angeboten wird), dann wird's düster. Dann müsste er nämlich Auswärtige mit der Expertise beauftragen und das kostet Geld. Und mal ehrlich: Wie viele Zoologen wirst du finden, die das Knochengerüst des Waldrapps von einem ähnlich großen Vogel unterscheiden können?
Sprich: Beim Waldrapp ist die Wahrscheinlichkeit, dass er aus den Geflügelüberresten identifiziert werden kann, eher gering. Kauf dir mal nen Broiler und gib den deiner Familie zu essen, wie sehen die Überreste aus? Wie nach einem Jahr? Das einzige Moment, woran man ohne Expertise erkennen könnte, dass es sich womöglich um einen Waldrapp handelte, ist der Schnabel, sofern dieser denn erhalten ist.
 
... sind während der "kleinen Eiszeit" massiv im Bestand zurück gegangen und vielfach dann durch Verspeisen völlig ausgerottet worden - für den Waldrapp (Geronticus eremita) u.a. bei Gessner beschrieben, heimische Populationen in Mitteleuropa ausgestorben im 17. Jhdt.; für die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) ist das ebenso belegt.

:winke:
Also meines Wissens nach erfreut sich die europäische Sumpfschildkröte nach wie vor bester Gesundheit. Auch in Mitteleuropa.
 
und der Waldrapp wird zumindest wieder angesiedelt...u.a. im Bayr,Wald und im Bodenseegebiet

Eine Darstellung des Waldrapp als essbares Tier findet sich übrigens auf einem Fresko im Refektorium des Klosters Murrhardt und in den Ruinen der Alt-Wartburg bei Olten
sollen Knochen des Waldrapp gefunden worden sein-
 
es gibt auch Berichte, dass Waldrappe zur Zeit der Erdbeerenernte als Abgaben an das Kloster Baumburg (Altenmarkt a.d.Alz) geliefert wurden. Sie waren also zur Zeit der Abgabenleistung in der Region ansässig. In der Nähe - in Burghausen - werden Versuche gemacht, aufgezogenen jungen Waldrappen wieder ein Zugverhalten beizubringen https://www.facebook.com/pages/Waldrapp/334914830759; und ähnliche Berichte gibt es aus Passau, der Altmühl-Gegend, aus Freiburg, Salzburg oder Graz.
Wenn man noch die historischen Flurnamen anschaut, die einen "Rappenschrofen" oder ähnliche Bezeichnungen enthalten, und ein typisches Waldrapp-Habitat aufweisen, lässt sich eine weitere Verbreitung vermuten.
Insofern ist die historische Verbreitung der Waldrappe im Alpengebiet relativ sicher. Dagegen war die der Fund von Knochen bei Alt-Wartburg neu. Danke für den Hinweis.

Bei den Emys ist interessant dass die genetische Unterart (Haplotype) aus Ungarn (Donau-Region bis Wien) ebenfalls in Ost-Frankreich nachgewiesen wird. Sie unterscheidet sich von der in Meck.-Pomm. heimischen nordostdeutschen - /polnischen Haplotype.
Allerdings ist zwischen den französischen und ungarischen Vorkommen eine breite Lücke, obwohl die Donau als wahrscheinlicher historischer Wander- und Ausbreitungsraum in Frage kommt.
Einzelvorkommen dazwischen können auf überlebende Exemplare, aber auch auf menschliche Verbringung (z.B. im Zuge des Handels als Fastenspeise für die Klöster) zurück zu führen sein.
Es wäre interessant, diese Lücken durch historische Belege möglichst vollständig zu schließen.
 
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