Paleo-Tsunamis

silesia

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Beim Durchblättern der Neuigkeiten sind mir dazu gleich zwei Aufsätze aufgefalllen:

Tsunami am Roten Meer, ca. 100-500 BC
PLOS ONE: Offshore Evidence for an Undocumented Tsunami Event in the ?Low Risk? Gulf of Aqaba-Eilat, Northern Red Sea

Tsunami an der Mündung des Guadalquivir/Golf von Cadiz, ca. 100-300 CE
Geomorphological record of extreme wave events during Roman times in the Guadalquivir estuary (Gulf of Cadiz, SW Spain): An archaeological and paleogeographical approach
(Der 218/209 BCE-Tsunami konnte nicht bestätigt werden)


P.S. Das waren Zufallsfunde. Das scheint aber ein wachsendes Feld zu sein, u.a. kombiniert mit den Auswirkungen auf Gesellschaften, Abgleich mit Schriftquellen, Siedlungsbewegungen etc..
 
Zuletzt bearbeitet:
Habe die letzten Tage, nachdem ich das gelesen habe, hin und wieder - dezent und unaufgeregt - aufs Meer geschaut, ob sich da was zusammen braut. :pfeif:

Aber so richtig kann ich mir das nicht vorstellen, dass es Stellen gibt, die durch Erosion so gefährdet sind.
 
Aber so richtig kann ich mir das nicht vorstellen, dass es Stellen gibt, die durch Erosion so gefährdet sind.

Vulkanische Inseln gelten aufgrund ihres instabilen Aufbaus als äußerst rutschungsgefährdet. Zu den Hawaii-Inseln gibt es Vermutungen dass Tsunamis Korallen bis in Höhen von 365 m gespült haben könnten. Bislang lokalisierte Rutschungen um die Inseln sind jedenfalls mächtig beeindruckend.
In folgendem link ab S. 142 anschaulich zusammengestellt.

https://books.google.de/books?id=-k...6AEIIjAD#v=onepage&q=hawaii erdrutsch&f=false

Was meines Wissens strittig diskutiert wird, ob durch solche Rutschungen hervorgerufene Tsunamis nur lokalen Charakter haben oder auch weit entfernte Küsten bedrohen.
 
Eine weitere Untersuchung zu den paleo-Tsunamis vor Aceh. Das Gebiet wurde durch den 2004er Tsunami schwer getroffen.

Der Zeitraum betrifft die letzten rd. 7500 Jahre, in denen 11 solcher Ereignisse zuvor identifiziert werden konnten.

Publikation in der nature:
https://www.nature.com/articles/ncomms16019
Highly variable recurrence of tsunamis in the 7,400 years before the 2004 Indian Ocean tsunami

The devastating 2004 Indian Ocean tsunami caught millions of coastal residents and the scientific community off-guard. Subsequent research in the Indian Ocean basin has identified prehistoric tsunamis, but the timing and recurrence intervals of such events are uncertain. Here we present an extraordinary 7,400 year stratigraphic sequence of prehistoric tsunami deposits from a coastal cave in Aceh, Indonesia. This record demonstrates that at least 11 prehistoric tsunamis struck the Aceh coast between 7,400 and 2,900 years ago. The average time period between tsunamis is about 450 years with intervals ranging from a long, dormant period of over 2,000 years, to multiple tsunamis within the span of a century. Although there is evidence that the likelihood of another tsunamigenic earthquake in Aceh province is high, these variable recurrence intervals suggest that long dormant periods may follow Sunda megathrust ruptures as large as that of the 2004 Indian Ocean tsunami.


Ergänzend die Meldung:
https://www.nature.com/articles/d41586-017-01740-1
 
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Vielleicht passt es nicht ganz in diesen Thread, aber diese Notiz zu dem Tsunami aus dem Jahr 2004 dürfte den einen oder anderen doch interessieren – Zitat:

Fast alle 105 Onge auf der Insel Little Andaman konnten sich vor der Welle retten. Sie hatten bemerkt, wie die Tiere nervös wurden und sich von der Küste entfernten, berichtete Manish Chandi von seinem Besuch auf der Insel. Dort hatte er auch erfahren, dass die Legenden der Onge Erdbeben und Tsunamis schildern. Die Urwaldnomaden siedeln seit schätzungsweise 30.000 Jahren auf den Inseln. Tsunamis sind für sie eine historische Erfahrung, vor der die Alten ihre Gemeinden warnten.

[FONT=&quot]Vielleicht sollte man auch bei uns Legenden, also mündlichen, vor allem aber lokalen Überlieferungen, mehr Aufmerksamkeit zollen als dies gemeinhin geschieht, denn Siedlungskontinuitäten über mehre[FONT=&quot]re tausend Jahre [/FONT]gibt es nicht nur auf den Inseln, sondern auch bei uns.[/FONT]
 
Vielleicht passt es nicht ganz in diesen Thread
...
[FONT=&quot]Siedlungskontinuitäten über mehre[FONT=&quot]re tausend Jahre [/FONT]gibt es nicht nur auf den Inseln, sondern auch bei uns.[/FONT]

Über Möglichkeiten von Kontinuitäten über Jahrtausende hatten wir uns in diesem Thread ausgetauscht:
http://www.geschichtsforum.de/f78/wallfahrtsort-ein-jahrtausende-altes-kontinuum-50583/

Da ging es zuletzt um eine Gegend, in der alle paar Jahrhunderte die jeweils dominierenden Kulturen (bzw. Ethnien und Religionen) gewechselt haben und teilweise noch nicht einmal eine Siedlungskontinuität nachweisbar ist.

Ein Direktvergleich mit einem der isoliertesten Sammler-und-Jäger-Völker unserer Erde könnte da sicher nützlich sein. :pfeif:


[FONT=&quot] [/FONT]
 
IMG_1863.jpg
Neue Hypothese zum so genannten "Aitape-Schädel" aus Neu-Guinea.

Über die Besiedlung der Nordküste der großen Insel ist wenig bekannt, archäologische Funde etwa bis 2000 BP, während die Besiedlung als solche sogar auf mindestens 35.000 Jahre geschätzt wird.

Zu dem etwas weiter im Inland bereits 1929 gefundenen Schädel geben neue Untersuchungen eine neue Vermutung her: es soll sich um das derzeit früheste bekannte Opfer eines Tsunamis handeln.

Artikel in der PLOSone, im open access:

Reassessing the environmental context of the Aitape Skull – The oldest tsunami victim in the world?

Edit:

Papua-Neuguinea
Dieser Schädel gehörte einem Tsunami-Opfer
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn etwa an den Küsten der Shetlands oder rings um die Nordsee nach Massengräbern gesucht wird, denkt man wohl kaum an Paleo-Tsunamis in unseren Breiten.

Tatsächlich beschäftigt sich eine interessante Publikation mit solche Vorgängen, und listet auch archäologische Untersuchungen zu solchen Tsunamis auf. Nebenbei werden geologisch interessante Details abgehandelt, wie etwa die zeitweise enorme Anhebungsrate der Shetlands vor "nur" ein paar Tausend Jahren, in geologischen Massstäben also geradezu ein "jetzt".

Publikation, open access
Prehistoric Coastal Mass Burials: Did Death Come in Waves?

Forschung, zB Univesität Dundee:
Research Reveals Secrets Of Shetland Tsunamis : News
 
Thukydides über den Sommer 426:

„Zur selben Zeit, da die Erdbeben fortdauerten, wich in Euboia bei Orobiai das Meer von der damaligen Küstenlinie zurück, schwoll erneut an und überflutete einen Teil der Stadt. Teilweise überschwemmte es das Land für immer, andererseits zog es sich wieder zurück, und auch heute noch ist dort Meer, wo früher Land war. Auch Menschen verschlang es, soweit sie nicht schnell genug auf höher gelegenes Gelände davonlaufen konnten. … Die Ursache – so meine ich – besteht darin, dass das Erdbeben dort, wo es am stärksten war, das Meer zuerst zurückstauen ließ und dann umso gewaltiger die Überschwemmung hervorrief, wenn es plötzlich wieder heranflutete. Ohne Erdbeben glaube ich nicht, dass so etwas vorkommen könnte.“ (Peleponnesischer Krieg, 3, 89)
 
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