SU, UdSSR oder Russland?

Thomas Müntzer

Neues Mitglied
Hallo!
Eine Frage an die Experten: von wann bis wann sprechen wir, wenn es um russisches Territorium geht, von der SU, UdSSR oder einfach Russland?

Ich war stutzig geworden, als ich in den ADAP-Bänden (Akten zur deutschen Auswärtigen PolitiK) lange vor dem 2. Weltkrieg bereits Sowjet-Russland oder sogar Sowjetunion gelesen hatte... Außerdem wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass es einen Unterschied zwischen "Sowjetunion" & "SU" als Begriffe geben soll - für mich wenig schlüssig und ich weiß auch nicht mehr genau, von wem das kam, aber vielleicht könnt ihr ja etwas Licht in die Dunkelheit meines Unwissens bringen ;)...

danke
 
Dass es keinen Unterschied zwischen SU und Sowjetunion gibt, dürfte klar sein, ich nehme an, Du meintest den Unterschied zwischen SU und UdSSR. Da UdSSR Union der sozialistischen Sowjetrepubliken (Räterepubliken, Sowjet = Rat) bedeutet, kannst Du SU als Kurztitel für UdSSR nehmen. Da die Sowjetunion aus den Bürgerkriegen zwischen Roten und Weißen und aus den Einigungskriegen Sowjetrusslands mit seinen ehemals zum Zarenreich gehörenden Nachbarstaaten hervorging, existierte sie natürlich auch schon seit den frühen 20er Jahren. Also kein Wunder, dass es lange vor dem 2. Weltkrieg schon den Begriff Sowjetunion gab, er war politische Realität.

Siehe auch http://www.geschichtsforum.de/f56/i...en-ein-abwertendes-klischee-24015/index3.htmlhttp://www.geschichtsforum.de/f56/i...griffs-russen-ein-abwertendes-klischee-24015/

Edit: Sorry, von wann bis wann war ja auch noch die Frage. Also SU = UdSSR: 1922 - 1991. Russland ist nur eine Teilmenge, bzw. der umgangssprachliche Begriff für die SU, siehe auch den verlinkten Thread. Russland ist offiziell immer nur eine Teilmenge dessen, was wir umgangssprachlich als Russland bezeichnen, sei es zu Sowjetzeiten, sei es im zaristischen Russland. Heute ist es allerdings mit der Russischen Föderation deckungsgleich. Dabei ist Russland historisch ein dehnbarer Begriff, der mit einem eng umgrenzten Gebiet am Dnjepr seinen Anfang nimmt (Kiever Rus) und heute einen der (den?) flächenmäßig größten Staat(en) der Erde bezeichnet.
 
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Russland ist nur eine Teilmenge, bzw. der umgangssprachliche Begriff für die SU, siehe auch den verlinkten Thread. Russland ist offiziell immer nur eine Teilmenge dessen, was wir umgangssprachlich als Russland bezeichnen, sei es zu Sowjetzeiten, sei es im zaristischen

Hier mal die Republiken, die zur UdsSr gehörten.
RSFSR
Ukrainische SSR
Weissrussische SSR
Usbekische SSR
Kasachische SSR
Georgische SSR
Aserbaitschanische SSR
Litauische SSR
Moldauische SSR
Lettische SSR
Kirgisische SSR
Tadschikische SSR
Armenische SSR Turkmenische SSR
Esthnische SSR

Heute ist es allerdings mit der Russischen Föderation deckungsgleich.

Was ja dann so nicht stimmt.
 
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Ich war stutzig geworden, als ich in den ADAP-Bänden (Akten zur deutschen Auswärtigen PolitiK) lange vor dem 2. Weltkrieg bereits Sowjet-Russland oder sogar Sowjetunion gelesen hatte...

Bemerkenswert ist der Rapallo-Vertrag 1922, abgeschlossen zwischen dem Deutschen Reich und der Regierung der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik.

Diese Republik ist Gründungsmitglied der Sowjetunion, also der UdSSR im Dezember 1922 (diese ist also Rechtsnachfolger der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik)

Ein Beispiel: 1923 wird unverändert von "russischen Getreidelieferungen" gesprochen, die aus der Sowjetunion stammen. Entsprechend wurden die Länderakten weiter unter "Rußland" geführt. Die Statistischen Jahrbücher führten weiterhin "Rußland" als Staat. Das ging also ziemlich durcheinander.

Russische SFSR ? Wikipedia
Vertrag von Rapallo ? Wikipedia
"Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik" Online "2. Russische Getreidelieferungen." (1.109.2:)
 
Ah ja. Jetzt sehe ich, dass das, was ich geschrieben habe, ziemlich wirr ist.
"Russland ist offiziell immer nur eine Teilmenge dessen, was wir umgangssprachlich als Russland bezeichnen, sei es zu Sowjetzeiten, sei es im zaristischen Russland. Heute ist es allerdings mit der Russischen Föderation deckungsgleich. Dabei ist Russland historisch ein dehnbarer Begriff, der mit einem eng umgrenzten Gebiet am Dnjepr seinen Anfang nimmt (Kiever Rus) und heute einen der (den?) flächenmäßig größten Staat(en) der Erde bezeichnet."
Die fettmarkierten Stellen bilden einen Widerspruch. Korrekt müsste es heißen, dass Russland nur eine Teilmenge des zaristischen Reiches und der SU war, die heutige Russische Föderation aber deckungsgleich mit Russland ist.
 
Das ging also ziemlich durcheinander.


Durcheinander ging das nicht. Nur machte man sich nicht die Mühe und deklarierte einerseits die UDSSR zu Rußland, weil diese Sowjetrepublik einerseits den Unionsstaat mit 78% flächenmäßig und auch die größte Bevölkerungsgruppe innerhalb des Staates stellte und andererseits im nationalistischem Denken der Sprung zu Sowjetrußland geschah; also das gemeinte ehemals zaristische Rußland, das jetzt von den Bolschewisten regiert wurde.
Als gutes Beispiel für den förderalen Staatsaufbau der UDSSR dient die UNO. Die sowjetunion hatte dort bis 1991 3 Sitze. Die Ukraine und Weißrußland je einen, weil sie Gründungsmitglieder waren und die UDSSR einen als Gesamtstaat.


Im Grunde genommen ist das relativ einfach zu verstehen, weil es im russischen eine Trennung zwischen Original russischem Inhalt und auf den russischen Gesamtstaat bezogenes gibt.

UDSSR= Sowjetunion
русская земля =russisches Land= Gebiet mit der Kiewer Rus vergleichbar, darum umfaßt das auch Gebiete der heutigen Ukraine und Weißrußlands.
Rußland= Россия: die Staatsfläche eines von Russen regierten Völkerstaates. Umfaßt also auch die in diesem Staatsgebiet lebenden nichtrussischen Völker

Auf die heutige russische Förderation angewandt, bezieht eine Rossijskaja Federazija alle Völker in diesen Staat ein, während eine Russkaja Federazija sich nur auf einen Staat der direkten russischen Bevölkerungsgruppe beziehen würde.
 
Zu erwähnen wäre hier allerdings noch, daß das heutige Russland (= Russische Föderation) der Rechtsnachfolger der früheren UdSSR (= SU) ist.
 
Rußland wird im russischen mit Россия (Rossija) übersetzt. Die Russische Förderation mit Rossijskaja Federazija. Ergo bedeutungsmäßig deckungsgleich.
Also haben die anderen Völker innerhalb der Förderation nichts dagegen. Etwas anderes ist die im russischen Paß eingedruckte "Nationalität", zu der sich die jeweiligen Völker bekennen.
 
Die fettmarkierten Stellen bilden einen Widerspruch. Korrekt müsste es heißen, dass Russland nur eine Teilmenge des zaristischen Reiches und der SU war, die heutige Russische Föderation aber deckungsgleich mit Russland ist.

Auch das zarische Russland war mit dem damaligen Russland deckungsgleich.
Es war aber nicht mehr mit dem darauffolgenden imperiale Russland deckungsgleich, von dem es aber immer noch der größte Teil war.
Zarisches und imperiales Russland stehen in einem ähnlichen Verhältnis wie die RSFSR und die UdSSR.

Vor allem Tscherkessen, Abchasen und besonders die Tschetschenen könnten etwas gegen diese Auffassung haben.

Es gibt auch tatsächlich keine Russische Föderation, zu der diese Völker zugehörig sind, sondern eine Российская Федерация, also Russländische Föderation. Und natürlich sind Tschetschenen & Co. Russländer.
 
Durcheinander ging das nicht. Nur machte man sich nicht die Mühe und deklarierte einerseits die UDSSR zu Rußland, ....

Eben. :winke:


Vor allem Tscherkessen, Abchasen und besonders die Tschetschenen könnten etwas gegen diese Auffassung haben.

Die Rechtsnachfolge betrifft zunächst völkerrechtliche Fragen und Verpflichtungen, ausgehend von der ehemaligen UdSSR. Ethnische Konflikte trifft man doch auch für Gebiete an, die nicht diese Problematik der Rechtsnachfolge aufweisen (auch wenn die Rechtsnachfolge mit territorialen Fragen verknüpft ist, quasi den gleichen "Anlass" aufweist, ... ohne jetzt zu sehr in Tagespolitik abzuschweifen).
 
Eben. :winke:




Die Rechtsnachfolge betrifft zunächst völkerrechtliche Fragen und Verpflichtungen, ausgehend von der ehemaligen UdSSR. Ethnische Konflikte trifft man doch auch für Gebiete an, die nicht diese Problematik der Rechtsnachfolge aufweisen (auch wenn die Rechtsnachfolge mit territorialen Fragen verknüpft ist, quasi den gleichen "Anlass" aufweist, ... ohne jetzt zu sehr in Tagespolitik abzuschweifen).


ich bevorzuge für die Zeit bis zum Ende der Sowjetunion den Begriff CCCP in der kyrillischen Schreibweise, weil wir ja auch USA sagen (United States of Amerika) der englichen Schreibweise.
Sagen wir UdSSR (Union der sozialistischen Sowjetrepublicken) müssten wir in Logik auch schreiben: VSvA. (Vereinigte Staaten von Amerika)

Mit CCCP (Ssajuus Ssowjetzkich Ssozialisti tschetzs kich Respublik) wird, wie auch im Fall der USA die adäquate Schreibweise..
(Ss für scharfes S, unser S für Sozialismus ist stimmhaft)

Somit kann schon anhand der Schreibweise der zeitliche Bereich sehr gut eingegrenzt werden.
Andererseits wird politsch oft von Amerika gesprochen, wenn die USA gemeint sind.

Es soll aber Leute geben, die regen sich darüber, wenn für die Zeit bis Dez. 1991 Russland bebraucht wird und nicht (SU,CCCP, UdSSR, Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Sowjetunion, oder Sowjetrussland)

Gebräuchlich ist umgangssprachlich auch nur "SSajus", wenn
 
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Wenn man von Russland bzw. Russischer Föderation spricht kann man auch Russländischer Föderation sprechen. Russland ist in diesem Territorium ein Teil, da es noch Osetien, Tschetschenien, Iguschetien und weiterer kleiner Gebiete gibt die in Sowjetzeiten zu autonomen Gebieten erklärt wurden. All diese Gebiete mussten den Föderationsvertrag genauso wie Russland unterschreiben um die Russische/Russländische Föderation zu begründen.
Das Problem, welches es mit Tschetschenien gibt ist hier begründet. Dieses Gebiet hatte den Vertrag nie unterschreiben und Moskau hat es nicht in die Unabhängigkeit gehen lassen. Deshalb ist der Begriff "Russland" und "Russische Föderation" nicht unbedingt deckungsgleich.

Ob man Russische oder Russländische verwenden soll ist in der heutigen Wissenschaft ein Streitpunkt. Die Historiker sind sich nicht einig ob man nicht von Russländisch sprechen sollten, da nicht nur Russen in diesem Land/Föderation leben.

bis 1917: Russische/Russländische Reich
1917-1924: Russische Föderative Sowjetrepublik (RSFR)
1924-1991: Sowjetunion/UdSSR/CCCP
1991-heute: Russländische Föderation
 
Ob man Russische oder Russländische verwenden soll ist in der heutigen Wissenschaft ein Streitpunkt. Die Historiker sind sich nicht einig ob man nicht von Russländisch sprechen sollten, da nicht nur Russen in diesem Land/Föderation leben.

Darüber streiten sich Historiker?
Russland ist das Land der Russen. Inhaltlich hilft solch seltsame Diskussion nicht den nicht-russischen Völkern. Die USA ist eine Föderation. Die waren so schlau nicht ein Staat zum Namensgeber zu machen sondern den Kontinent. Auch das moderne föderale Konstrukt Europa wählt nicht einen Staat als Namensgeber sondern den Kontinent.
Es bleibt bei Russland und den Russen. In Deutschland müssen auch nicht-deutsche Volksgruppen mit deutschem Pass mit leben, Deutsche zu sein.
 
Darüber streiten sich Historiker?
Russland ist das Land der Russen. Inhaltlich hilft solch seltsame Diskussion nicht den nicht-russischen Völkern. Die USA ist eine Föderation. Die waren so schlau nicht ein Staat zum Namensgeber zu machen sondern den Kontinent. Auch das moderne föderale Konstrukt Europa wählt nicht einen Staat als Namensgeber sondern den Kontinent.
Es bleibt bei Russland und den Russen. In Deutschland müssen auch nicht-deutsche Volksgruppen mit deutschem Pass mit leben, Deutsche zu sein.


Im Russischen wird sowas glaub ich sogar unterschieden. Russe und Russländer.

Gibts im serbischen genauso.

Srbijanac (Mann aus Serbien, oder aus dem Serbien des 19 Jahrhunderts [manchmal zählen die Leute aus der Vojvodina nicht dazu]).

Srbin (Serbe).

Im kroatischen gab es früher auch eine Unterscheidung zwischen Hrvat (
und Hrvacanin (Mann aus Kroatien [meist nicht aus Dalmatien, Slawonien oder der Militärgrenze]).

Hrvacanin ist nicht mehr gebräuchich, Srbijanac dagegen schon liegt aber auch an der großen Menge Serben die nicht in Serbien leben und den nichtserbischen Ethnien in Serbien wie Rumänen, Roma, Ungarn, Bosniaken, Slowaken, Albaner e.t.c.)
 
Ich denke, die Problematik ergibt sich aus einer ungenauen Sicht auf die Verhältmisse in anderen Staaten (im Osten). Die Gleichsetzung von SU + Synonymen - mit Russland hat sich bis zum Ende der SU und darüber hinaus gehalten. Man Verhandelte mit Russen oder in Russicher Sprache ergo mit "Russland". Teils wollte man an dieser Stelle vielleicht auch das poltische System im offiziellen Namen nicht "würdigen". Dagegen spricht allerdings, dass es auch weitere unexakte Bezeichnungen im alltäglichen Sprachgebrauch gibt: "Amerikaner" als Bezeichnung für US - Amrikaner, "der Stasi" für die Stasi (die Staatssicherheit = das Ministerium für S.), "5 neue Bundesländer" statt 6...
 
5 neue Bundesländer" statt 6...
Formal ist das richtig, weil Berlin schon vor der Vereinigung ein Bundesland war.

Allerdings ergibt sich dann die Frage, ob denn Ost-Berlin nun zu den Fünf Neuen Bundesländern gehört oder nicht. Wenn nicht was dann ? Zu den alten Bundesländern etwa ? Oder zur ehemaligen DDR aber nicht zu den 5NB ?

Zumindest kann man dann nicht von den 5NB sprechen, wenn man die ex-DDR meint. Und was sagt man dann, wenn man die ex-BRD meint ?
 
Auch Berlin/West kann nicht als vollwertiges Bundesland angesehen werden, da es unter Sonderstatus der Westmächte stand: Siehe Grenzschließung nach dem Attentat auf die Disko, keine Wehrpflicht. Damit dürfte der 2+4 Vertrag ( 1+4 in Teilen der deutschen Presse zur Entstehungszeit) die Besatzungszeit beendet haben.
"Ehemalige DDR" ist sprachlich auch fragwürdig: Gibt es eine weiter bestehende DDR? - ehemalige Weimarer Republik, ehemaliges Deutsches Kaiserreich? ... ehemalige Sowjetunion. Eigentlich sollte sich das ehemalig erledigt haben oder?

@KLaus: "Und was sagt man dann, wenn man die ex-BRD meint ?" Gebrauchte Bundesländer!!! = Scherz!
 
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