tragische Rolle von Leo Trotzki

rosa

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In unzähligen Artikeln, Monographien und Biographien wird von Trotzkis Fehlanalysen, besonders in der Zeit seines Exils ab 1929, gesprochen, aber niemand führt die Thematik weiter bzw. ausführlicher aus.

Meine Frage an euch:
Gibt es diese Fehlanalysen? Welche sind diese? Und gibt es Literatur, in der diese Thematik diskutiert und erörtert wird?
 
In unzähligen Artikeln, Monographien und Biographien wird von Trotzkis Fehlanalysen, besonders in der Zeit seines Exils ab 1929, gesprochen, aber niemand führt die Thematik weiter bzw. ausführlicher aus.

Meine Frage an euch:
Gibt es diese Fehlanalysen? Welche sind diese? Und gibt es Literatur, in der diese Thematik diskutiert und erörtert wird?

Kannst du einige Titel nennen, die so etwas anmerken?

Trotzki war seit 1929 aus der Sowjetunion exiliert. Von da ab hatte er immer weniger zeitnahe Vor-Ort-Infos aus der Sowjetunion und händelte mit den spärlichen Infos seine Theorien weiter ab. Dass er Fehlanalysen machte, dürfte
1. völlig normal sein,
2. aber auch aus der neueren moderaten sozialistisch-kommunistischen Ecke stammen, um den leninistischen Trotzkismus zu kritisieren

Seine Analysen über die damals bestehende Sowjetunion sind jedenfalls bis zu deren Zusammenbruch 1991 treffend.

Sogenannte Marxisten haben sein Buch "Verratene Revolution" (1936) komplett ins Netz gestellt.
 
verratene revolution

Hi,

ich versuche mir seit einiger Zeit ein ziemlich unabhängiges Urteil über Trotzkis Rolle im Exil zu erstellen.

Jedoch fiel mir schon seine gewisse Wiedersprüchlichkeit auf, gerade im Buch "Verratene Revolution".
Die Rolle der Bürokratie als Kaste oder vermittelndes Zwischen den Klassen hinzustellen, nachdem Trotzki sie kurz zuvor noch als eine beherrschende Klasse beschreibt, wirft Fragen auf.

Oder die 4. Internationale zu gründen, obwohl die Arbeiterbewegung zu der Zeit am Boden lag, scheint mir eher eine Verzweiflungstat, um eine Revolution zu erzwingen.

Was wären dann deine Gegenargumente?
Du sagtest ja, Trotzki hat die Sowjetunion bis 1991 richtig analysiert.
Wieso hat sich dann aber 1987 niemand gegen die Kapitalisierung durch Glasnost und Perestroika gewehrt? Wo waren die aufständigen Arbeitermassen, die ihren Arbeiterstaat verteidigen wollten?

Fragen über Fragen, aber ich hoffe du kannst und willst mir darauf antworten. Würde mich freuen.
 
Die Rolle der Bürokratie als Kaste oder vermittelndes Zwischen den Klassen hinzustellen, nachdem Trotzki sie kurz zuvor noch als eine beherrschende Klasse beschreibt, wirft Fragen auf.

Oder die 4. Internationale zu gründen, obwohl die Arbeiterbewegung zu der Zeit am Boden lag, scheint mir eher eine Verzweiflungstat, um eine Revolution zu erzwingen.

Was wären dann deine Gegenargumente?
Du sagtest ja, Trotzki hat die Sowjetunion bis 1991 richtig analysiert.
Wieso hat sich dann aber 1987 niemand gegen die Kapitalisierung durch Glasnost und Perestroika gewehrt? Wo waren die aufständigen Arbeitermassen, die ihren Arbeiterstaat verteidigen wollten?

Trotzki war Kommunist. Kommunisten gründen ihre theoretische Politik ausschliesslich auf Visionen und Träume (z.B. der Weg der Umwandlung zum Neuen Menschen oder permanente Weltrevolution).
Trotzki war als exilierter Kommunist zunehmend auf sich gestellt. Für Propagandazwecke gegen die Sowjetunion taugten seine Texte außerhalb dieser gelegentlich.
Das Häuflein der radikalen Kommunisten (Trotzkisten) hat sicherlich aus den vielen Niederlagen in den 30er Jahren sich aufgerafft eine 4.Internationale zu erschaffen (KPD-Verbot, Spanien-Niederlage, Moskauer Prozesse). Auch der komplette sozialistische Verfall in dieser Zeit wird Trotzki veranlasst haben, sich dem Bürgertum anzunähern, um über andere Kanäle seine Vision unters Volk zu mischen (Che Guevara war mit Sicherheit ein Trotzkist, oder der Vater von Iljitsch Ramírez Sánchez alias Carlos der seine drei Söhne Wladimir, Iljitsch und Lenin nannte).

Glasnost und Perestroika waren Schlagworte zur Reform der kommunistischen Herrschaft. Gorbatschow wollte eine Reform der Sowjetunion unter weiterer Führung der KP (die SED wollte das unter Führung Egon Krenz im Okt./Nov. 89 auch). Die von dir angemerkte (aber gescheiterte) Kapitalisierung durch Perestroika war der Vorläufer des heutigen kapitalistischen Sozialismus in China.
Arbeitermassen die ihren Arbeiterstaat Sowjetunion verteidigen wollten (gab es die überhaupt jemals), gab es 1987 schon lange nicht mehr. Die hat der Stalinismus bereits Ende der 20er bis Anfang der 50er Jahre ausgerottet oder umgepolt. Immerhin wurden drei Generationen von Arbeiterklasse und Völker in der Sowjetunion vollständig degeneriert und von einer Partei abhängig gemacht. Da diese Partei für die Bürger das Denken übernahm darf man nicht erwarten, dass diese unmündige Masse aus dem Nichts auf einmal selbständig politisch agiert. Nicht mal die Millionen KP-Mitglieder waren mündig.

Trotzki hat den sowjetischen Zusammenbruch allerdings ca. 45 Jahre zu früh prognostiziert.
 
Trotzki hat die Bürokratie niemals als herrschende Klasse beschrieben. Dies hat später lediglich Tony Cliff getan und der wurde sogar aus der 4. Internationale ausgeschlossen. Damals war Trotzki allerdings schon längst tot.

Im ganzen Buch "Verratene Revolution" geht es ja schließlich darum, dass er den Zusammenbruch der Sowjetunion prognostiziert, weil es diesen extremen Widerspruch zwischen bürgerlichem Überbau und proletarischer Gesellschaftsbasis gab. Etwas ähnliches gab es vorher lediglich während der Zeit des französischen Bonapartismus. Wäre es,in seinen Augen, eine herrschende Klasse gewesen, hätte er diese Prognose so gar nicht treffen können, weil dieser Widerspruch dann nicht bestanden hätte.

Für meinen Teil, sind die Analysen Trotzkis über die Sowjetunion völlig korrekt gewesen, besonders in "Verratene Revolution" und seine Prognosen haben sich auch im Nachhinein mit aller Deutlichkeit bestätigt.

Auch seine Auseinandersetzung mit der Verzerrung des Marxismus unter Stalin ist für meine Begriffe völlig korrekt und in sich schlüssig.

Die Gründung der 4. Internationale sehe ich im übrigen keinesfalls als widersprüchlich an. Die Sowjetunion und die ihr hörigen Parteien hatten zu dieser Zeit bereits eindrucksvoll bewiesen, dass sie ihrer eigentlichen Aufgabe gar nicht mehr nachkommen konnten oder wollten. Am deutlichsten stechen hier die Ereignisse in China 1927 heraus. Die Komintern hatte der KP Chinas die Weisung erteilt, sich in der bürgerlichen Kuomintang aufzulösen, während Chiang Kai-shek als "Verlässlicher Verbündeter" gefeiert wurde. Ergebnis:
Die Kommunisten, die im Süden Chinas bereits Räteregierungen und ein entsprechendes Verwaltungssystem aufgebaut hatten (also die ihrer Aufgabe als Kommunisten nachgekommen waren), wurden von ihren eigenen Genossen ermordet. Und das nur, weil man in Moskau fürchtete, ein sozialistisches China, das die Vormachtstellung der Sowjetunion nicht anerkennt, würde die Machtinteressen der stalinistischen Bürokratie untergraben.

Bevor die 4.Internationale 1938 gegründet wurde, war ein ähnlicher Prozess bereits im Spanischen Bürgerkrieg zu beobachten und ein erneutes Vorkommnis dieser Art, ereignete sich 1945 in Griechenland.

Bis 1938 hatte sich die Linke Opposition vergeblich darum bemüht, die traditionellen KPs von innen wieder auf ihren alten Kurs zu bringen. Aber nach all diesen Ereignissen, den vielzähligen Parteiausschlüssen und Verfolgungen, konnte gar kein anderer Schritt gegangen werden, als die Gründung einer neuen Internationale. Die meisten konnten ja in den traditionellen KPs gar nicht mehr arbeiten, weil sie dort nichteinmal mehr geduldet wurden. Welchen Weg hätten sie also gehen können? Nichts tun und still halten? Genau diese Haltung hatte der Arbeiterbewegung bereits mehrfach in der Geschichte sehr bittere Erfahrungen eingebracht.


@Hurvinek
Was du über Kommunisten sagst widerstrebt dem Wesen des Marxismus zutiefst. Ein Kommunist baut seine Theorie in keinster Weise auf "Visionen" auf. Das taten die utopischen Sozialisten und die Anarchisten tun es auch. Der Marxismus baut im Bezug auf den Kommunismus auf historische, ökonomische, politische und soziologische Analysen, dialektischer Natur, auf, aufgrund derer dann Entwicklungsprognosen getroffen werden. Trotzki, als ausgezeichneter Dialektiker, ist in dieser Hinsicht beispielhaft. Man nähert sich also stets vom historischen und aktuellen Standpunkt der Dinge einer Sache an und nicht, indem auf einen erwünschten, zukünftigen Zustand vorrausgreift. Wenn man mal Marx, Engels, Lenin oder Trotzki liest, kann man auch sehen, dass "Visionen" oder "Träume" da überhaupt keine Rolle spielen.

Ein Kommunist würde also nicht sagen, dass der Kommunismus zwangsläufig kommen muss, weil er gut oder gerecht ist. Er würde sagen, der Kommunismus muss zwangsläufig kommen, weil er ihn als notwendige historische Lösung der sozialen Frage betrachtet, die sich der Menschheit seit der neolithischen Revolution stellt, also die Frage nach der Lösung der Klassengegensätze. Ein Marxist kann auch nicht genau sagen, wie der Kommunismus in aller Genauigkeit aussehen wird. Er kann nur sagen, welche Lösungen bestimmter, konkreter innerer Widersprüche des Kapitalismus zu ihm führen müssen, also welche Widersprüche in ihm nicht mehr vorhanden sein werden. Und das sind nunmal, allen voran, die Klassenwidersprüche und alles was damit zusammenhängt.


Was nun Glasnost und Perestroika angeht:
Wer hätte sich dagegen wehren sollen? Die Linke Opposition wurde in allen Ländern des Warschauer Vertrages erfolgreich ausgeschaltet worden und die Schriften von Trotzki oder anderen Vertretern der Linken Opposition waren überall tabu. Die Menschen kannten den "Sozialismus" nur so, wie sie ihre eigenen Länder erlebten und den meisten war klar, dass Veränderungen eingeleitet werden mussten. Welche jedoch tatsächlich nötig gewesen wären, diese Frage konnte niemand beantworten. Am allerwenigsten Gorbatschow.
 
Ein Kommunist würde also nicht sagen, dass der Kommunismus zwangsläufig kommen muss, weil er gut oder gerecht ist. Er würde sagen, der Kommunismus muss zwangsläufig kommen, weil er ihn als notwendige historische Lösung der sozialen Frage betrachtet, die sich der Menschheit seit der neolithischen Revolution stellt, also die Frage nach der Lösung der Klassengegensätze.

Die soziale Frage und ihre Lösung existiert nicht. Dafür muss eine homogene Menschheit erschaffen werden.
Die Menschheit stellt sich nicht seit der neolitischen Revolution die Frage nach der Lösung der Klassengegensätze.
Nach erfolgreichen Revolutionen, erfolgreichen Aufständen und sonstigen Umwälzungen übernahmen die neuen Sieger die Alleinherrschaft oder gingen in der alten Klasse auf.

Solange der Mensch wertet gibt es keine Lösung. Ergo ist der Mensch in der Biologie eine negative Mutation.
Und Gott hat recht, wenn er sagt: Es ist ein Experiment.
 
Die soziale Frage und ihre Lösung existiert nicht.
Natürlich existiert eine soziale Frage. Solange Menschen von ihrem Reichtum etwas abgeben können und gleichzeitig andere Menschen verhungern, existiert eine soziale Frage. Ob es eine Lösung im Sinne einer endgültigen Lösung gibt, weiß ich nicht, ausschließen möchte ich das aber nicht.

Dafür muss eine homogene Menschheit erschaffen werden.
Da gab es in der kommunistischen Ecke eine ähnliche Idee, vom "Neuen Menschen".

Die Menschheit stellt sich nicht seit der neolitischen Revolution die Frage nach der Lösung der Klassengegensätze.
Nachweisen können wir schon die Frage nach Schichtgegensätzen auch in älteren Texten, allein sie waren meist nicht theoretisch durchdacht und freier von Ideologie, als es politische Texte sind. Die Auflösung der Schichtgegensätze war dabei allerdings erst in relativ später Zeit das Ziel, vorher ging es mehr um soziale Gerechtigkeit und verantwortungsvoller Umgang mit Reichtümern. ("Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann", Erstbeleg "When Adam delf and Eva span, who was than a gentleman", England 1381).


Nach erfolgreichen Revolutionen, erfolgreichen Aufständen und sonstigen Umwälzungen übernahmen die neuen Sieger die Alleinherrschaft oder gingen in der alten Klasse auf.
Das ist nichts neues seit Vergniaud, aber auch kein Automatismus.


Solange der Mensch wertet gibt es keine Lösung. Ergo ist der Mensch in der Biologie eine negative Mutation.
:confused:
 
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Natürlich existiert eine soziale Frage. Solange Menschen von ihrem Reichtum etwas abgeben können und gleichzeitig andere Menschen verhungern, existiert eine soziale Frage.

Gibst du tagtäglich von deinem Reichtum ab, bezogen auf den "Reichtum" Hungernder (z. B. brichst du dein Brot mit den Hungernden, gibst du einem bettelnden heruntergekommenen Alkoholiker Geld) ? Das Verb "können" ist reine Theorie.

Du stellst Fragezeichen in Bezug auf "wertende Menschen".
Solange wir Menschen werten - z.B. in arm und reich, in viel und wenig, in gut und böse, in gut und schlecht, in die oben und die unten, schön und hässlich usw. - wird keine soziale Frage gelöst. Eine Welt ohne materielle Werte setzt eine Welt ohne geistige Werte voraus.
 
Gibst du tagtäglich von deinem Reichtum ab, bezogen auf den "Reichtum" Hungernder (z. B. brichst du dein Brot mit den Hungernden, gibst du einem bettelnden heruntergekommenen Alkoholiker Geld) ? Das Verb "können" ist reine Theorie.
Eine Frage ist doch eigentlich auch bloß etwas Abstraktes. Wieso stört da also Theorie.
 
Die soziale Frage und ihre Lösung existiert nicht.
Solange der Mensch wertet gibt es keine Lösung. / Solange wir Menschen werten [...] wird keine soziale Frage gelöst.
Eine Welt ohne materielle Werte setzt eine Welt ohne geistige Werte voraus.
Ich muss ge-stehen, dass das Ver-stehen auch nach längerem Grübeln auf sich warten lässt.:grübel:Ist alles recht elliptisch.
Die These, eine soziale Frage existiere nicht und deshalb müsse z. B. auch keine Sozialpolitik betrieben werden - es gibt ja die "invisible hand" -, hat ja auch schon ein paar Jahrhunderte auf dem Buckel und gehörte immer schon zum (neo-)liberalen Inventar.
Nun, da es keine Lösung gibt, muss es immerhin das Problem geben. ;) Man muss das nicht unbedingt "soziale Frage" nennen - man kann es auch die Frage nach "Gerechtigkeit" nennen und anhand der einschlägigen Theorien abhandeln.
 
Gibst du tagtäglich von deinem Reichtum ab, bezogen auf den "Reichtum" Hungernder (z. B. brichst du dein Brot mit den Hungernden, gibst du einem bettelnden heruntergekommenen Alkoholiker Geld)? Das Verb "können" ist reine Theorie.

Von der marxistischen Theorie her wäre das Almosengeben und als 'kleinbürgerlich' abzulehnen.

Du stellst Fragezeichen in Bezug auf "wertende Menschen".
Solange wir Menschen werten - z.B. in arm und reich, in viel und wenig, in gut und böse, in gut und schlecht, in die oben und die unten, schön und hässlich usw. - wird keine soziale Frage gelöst. Eine Welt ohne materielle Werte setzt eine Welt ohne geistige Werte voraus.

Zunächst einmal stelle ich Deine evolutionsbiologischen Einschübe in Frage. Zudem versteht sich die marxistische Philosophie als streng materialistisch. Arm und reich hat wenig mit Bewertung zu tun, ganz im Gegensatz zu schön und häßlich, sondern damit ob ich Ressourcen habe und etwas verändern kann oder damit, ob ich keine Ressourcen habe und z.B. meinen Kindern keine Bildung erlauben kann, weil die arbeiten müssen, damit sie den Lebensunterhalt verdienen. Eine soziale Frage besteht auch dann, wenn ein europäischer (niederländisch-deutscher) Lebensmittelkonzern in Kenia beginnt Blumen zu züchten um auch im Winter auf dem mitteleuropäischen Markt Rosen verkaufen zu können und in Kenia dafür Bauern aus fruchtbaren Flusstälern in die Steppe umgesiedelt werden.
 
Diese Diskussion ist sinnlos, da Hurvinek die ganze Zeit wieder nichts anderes versucht, als den Marxismus mit Parolen ala "Dafür müsste eine neue Menschheit geschaffen werden", was Unsinn ist, oder mit Moralapellen zu entkräften.

Der Marxismus ist aber keine Frage von Moral oder von ethischen Erwägungen, das habe ich schon in meinem ersten Post geschrieben, sondern eine Frage der historischen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten in der Entwicklung der Menschheit. Natürlich wird ein Marxist das Prinzip "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen." völlig gerecht finden. Aber das ist eben nur eine individuelle Gerechtigkeitsvorstellung und wenn du eine andere vertrittst, z.B. eine konservative oder klassisch liberale, dann ist das eben so. Der Marxismus geht aber weit über diese Fragen hinaus und solang nicht bereit bist, dich mit den wissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten auseinanderzusetzen, die in seinen Theorien enthalten sind, sondern immer wieder auf die alte Schiene kommst, wird diese Diskussion auch vollkommen fruchtlos bleiben.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Der Marxismus geht aber weit über diese Fragen hinaus und solang nicht bereit bist, dich mit den wissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten auseinanderzusetzen, die in seinen Theorien enthalten sind, sondern immer wieder auf die alte Schiene kommst, wird diese Diskussion auch vollkommen fruchtlos bleiben.

Die Diskussion geht um Trotzkis Fehleinschätzungen.

Sind im Laufe der Entwicklung die Klassenunterschiede verschwunden und ist alle Produktion in den Händen der assoziierten Individuen konzentriert, so verliert die öffentliche Gewalt den politischen Charakter. Die politische Gewalt im eigentlichen Sinn ist die organisierte Gewalt einer Klasse zur Unterdrückung einer andern. Wenn das Proletariat im Kampfe gegen die Bourgeoisie sich notwendig zur Klasse vereint, durch eine Revolution sich zur herrschenden Klasse macht und als herrschende Klasse gewaltsam die alten Produktionsverhältnisse aufhebt, so hebt es mit diesen Produktionsverhältnissen die Existenzbedingungen des Klassengegensatzes, die Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse auf.

An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.
Quelle:"Kommunistisches Manifest"

Die universal entwickelten Individuen, deren gesellschaftliche Verhältnisse als ihre eigenen, gemeinschaftlichen Beziehungen auch ihrer eigenen gemeinschaftlichen Kontrolle unterworfen sind, sind kein Produkt der Natur, sondern der Geschichte.

Der Grad und die Universalität der Entwicklung der Vermögen, worin diese Individualität möglich wird, setzt eben die Produktion auf der Basis der Tauschwerte voraus, die ... die Allgemeinheit und Allseitigkeit der Beziehungen und Fähigkeiten der Individuen erst produziert.
Quelle: "Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie", Karl Marx

Menschen werden kurzerhand zu Individuen erklärt, obwohl sie keine unterschiedlichen Bedürfnisse, keine unterschiedlichen Wertvorstellungen (z.B. "das glitzert", "das ist schön", "will/möchte ich haben") und die Erkenntnis, dass "alles unser ist, aber nichts mein" haben. Völlig ausgeblendet wird beim Kommunismus, dass dieser nur unter Führung weniger - die der Kommunisten - durchführbar ist (siehe Leninismus, Marxismus)

George Orwell, der alte Trotzkist, hat in seinem 1949 veröffentlichtem Buch "1984" das Wesen sämtlicher Totalitarismen (Kommunismus, Imperialismus) eindrucksvoll beschrieben.
 
Ich möchte mal wissen, woher du den Glauben nimmst, die Menschen dürften dann keine verschiedenen Bedürfnisse mehr haben. Eine gesamtgesellschaftliche, demokratische Wirtschaftsplanung heißt doch nicht, dass nur Einheitswaren produziert werden. Durch die Überwindung des Widerspruches zwischen Bevölkerungskaufkraft und Profitproduktion, wird die Produktivität so sehr steigen, dass viel mehr individuelle Bedürfnisse befriedigt werden können als heute.

Genau dies ist doch schließlich der ganze Sinn der Sache. Der Glaube, niemand dürfe mehr individuelle Bedürnisse haben entbehrt völlig dem Wesen des Marxismus. Übrigens gibt es nicht den geringsten Grund anzunehmen, im Kommunismus gäbe es nichts mehr, was man selbst besitzen kann. Alltägliche Dinge, eigene Gebrauchsgegenstände, Kleidungsstücke und, selbstverständlich, auch jene Dinge, die man heute noch als "Luxusgüter" bezeichnet, werden auch weiterhin von jedem privat genutzt werden können.

Der kollektive Besitz bezieht sich vor allem auf Produktionsmittel, Betriebe etc. Es geht nicht darum, dass die Oma ihr kleines Häuschen hat, und dann die bösen Roten kommen und es ihr wegnehmen ;)


Als Kommunist wusste Orwell übrigens, dass der Kommunismus, als klassenlose Gesellschaft, in keinster Weise mit Totalitarismen in Verbindung gebracht werden kann. Zur Frage, wie aus einer proletarischen Revolution ein autoritäter Staat entstehen kann, empfehle ich erneut das Buch "Verratene Revolution" in der Übersetzung des AP-Verlages von Leo Trotzki.
 
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Ich möchte die Diskutierenden ganz nachdrücklich daran erinnern, daß wir hier im Geschichtsforum sind. Wenn ihr die Vor- und Nachteile politischer Ideologien und deren Realisierungsmöglichkeiten erörtern möchtet, geht dazu bitte in ein Politikforum.

Sollte die Diskussion sich nicht auf historische Aspekte konzentrieren, müßte der Thread leider geschlossen werden.
 
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