Britisch-russischer Konflikt

m.a.l.t.e.91

Neues Mitglied
Hi,
ich muss ein Referat zum britisch-russischen Konflikt etwa um 1900 im fernen Osten ausarbeiten. Das Problem ist aber, dass ich bisher kaum Materialien dazu gefunden habe, wenn ich dann mal was hatte, hat aber nichts auf einen bedeutenden Konflikt hingewiesen. Wird der Konflikt vielleicht unter einem bestimmten Namen gehandelt, den ich nicht kenne? Ich wäre auch dankbar wenn mir jemand Links zu einer ausführlichen Seite geben , mir ein paar entscheidende Stichwörter sagen oder mir kurz schreiben könnte, was dort in etwa passiert ist.
MfG Malte
 
Etwas umfangreich, aber schau mal hier für den Anfang. In beiden Themen wird am Rand auch auf britisch-russische Konflikte eingegangen.

http://www.geschichtsforum.de/f58/japan-23259/
http://www.geschichtsforum.de/f58/zweiverband-frankreich-ru-land-29575/


Etwa 1898/1901 lag die Auflösung der englischen "splendid isolation". Man gewann die Erkenntnis, Verbündete zu benötigen, da die verschiedenen Mächte an der Peripherie (aus englisch-europäischer Sicht) für die reine Seemacht Großbritannien gefährlich wurden.

Bündnisfühler gingen an die USA, das Deutsche Reich und Japan als "aufstrebende" bzw. relativ junge Mächte. Davon blieb Japan 1902 übrig: das Abkommen von 1902 wurde noch einmal 1905 erheblich erweitert und war im Großen gegen Rußland gerichtet.

1902/05/12: Anglo-Japanese Alliance - Wikipedia, the free encyclopedia
1904: Entente cordiale ? Wikipedia
1907: Anglo-Russian Entente - Wikipedia, the free encyclopedia
Anglo-Russian Convention - Wikipedia, the free encyclopedia

Weitere Konfliktherde neben China/Indien:
Russia and Britain in Persia, 1864-1914;: A study in imperialism (Yale Russian and East European studies) by Firuz Kazemzadeh | LibraryThing
 
Wir haben auch noch die Problematik einer russischen Kriegsgefahr im Jahr 1884. So ist gerade diese Wahrscheinlichkeit eines Krieges zwischen Großbritannien und Russlands auslöser für den Naval Defence Act von 1889.

So stellte die britische Marine 1885 ein baltische Expeditionsgeschwader zusammen, was nicht wirklich aktiv aufgestellt werden konnte, wegen noch nicht fertig gestellter Schiffe.

Der Verband bestand aus 8 Breitseitpanzerschiffen, 4 Turmpanzerschiffen, 1 Panzerkreuzer, Hilfkreuzer Oregon, 3 weitere Kreuzer, Torpedoramme Polyphemus, Torpedoträger Hecla, eine Sloop und 2 Kanonenboote.

Dies bunte Mischung zeigt den Briten vor Augen, daß die Marine in einem schlechten Zustand war. Schon 1884 hatte der Journalist Stead in einer Artikelserie unter der Überschrift " Die Wahrheit über die Marine" auf diesen Misstand hingewiesen. Die Öffentlichkeit forderte die Sanierung der Flotte und es kam zum Northbrook Programm, doch nach der Kriegsgefahr mit Russland reichte dies nicht mehr aus.

Grund für die Kriegsgefahr war wohl der Krisenpunkt Zentralasien bzw. seit dem russische Truppen an der persischen bzw. afghanischen Grenze standen.
 
Zuletzt bearbeitet:
1885 erlebte der russisch-englische Gegensatz einen Höhepunkt, der mit den Begriffen "russian scare" und "The Great Game" verbunden ist. Ausgangspunkt war die Südexpansion des Russischen Reiches, die in Afghanistan/vor Indien auf englische Interessen traf.

Der "russian scare" zeigte seltsame Auswüchse, so wurde eine russische Expansion im Pazifik heißgeredet. In einer etwas skurrilen Folge wurden Befestigungsanlagen selbst auf Neuseeland angelegt:
Coastal fortifications of New Zealand - Wikipedia, the free encyclopedia
The Great Game - Wikipedia, the free encyclopedia

Eine andere Folge waren die publizistischen Aktivitäten in England, die den Blick auf die unzureichend erscheinende Flotte richteten. Dies traf den Nerv der Seemacht England, die zu Land dem Russischen Reich nicht gewachsen zu sein schien:
Simon, Werner: Die Britische Militärpolitik in Indien 1878-1910
Jaeckel, Horst: Die Nordwestgrenze in der Verteidigung Indiens 1900-1908 und der Weg Englands zum russisch-britischen Abkommen von 1907

In England ebneten die Diskussionen 4 Jahre später den Weg zum Naval Defence Act von 1889:
Naval Defence Act 1889 - Wikipedia, the free encyclopedia
Das Bauprogramm sah 10 Linienschiffe (plus 18 Torpedoboote) vor, sowie 42 Kreuzer für den globalen Einsatz und Schutz britischer Handelslinien. Die Linienschiffe der Royal Sovereign-Klasse waren die größten ihrer Zeit, inspiriert auch durch Pressemeldungen neuer italienischer "Monster"-Schiffe. Neben der weiteren kontinuierlichen Steigerung des Marinehaushaltes (der nach 1871 etwa 10 Mio. GBP betragen hat, dann aber bereits von 11 Mio. in 1881 auf 13,2 Mio. 1887 gestiegen war) wurde ein Sonderbetrag von 20 Mio. GBP für 4 Jahre für die Neubauten vorgesehen.
Victorian Royal Navy - Wikipedia, the free encyclopedia

Angestrebt war die Sicherung des Two-Power-Standards, also die Überlegenheit der englischen über die als Gegner gesehenen französischen und russischen Flotten. Der Rüstungswettlauf war in vollem Gange, die Neubaukosten der englischen Flotten stiegen bis 1896 um das 2,5-fache des Niveaus 10 Jahre zuvor (Finanzjahr 1895/96 in GBP):
Großbritannien 18,7 Mio.
Frankreich 10,8 Mio.
Rußland 6,1 Mio.

USA 5,1 Mio.
Deutsches Reich 4,8 Mio.
Italien 3,8 Mio.
Japan 1,1 Mio.

Inklusive der in Bau befindlichen Linienschiffe betrug das Verhältnis zu den anderen Flotten (-> Naval Annual, englische Zählweise):
Großbritannien: 52
Frankreich: 31
Rußland: 18

Italien: 17
Deutschland: 15

Nach der Papierlage war damit der Two-Power-Standard umgesetzt worden. Bzgl. Rußlands herrschte dennoch erheblicher Unsicherheit, da nicht klar war, wie die Seemacht Großbritannien in einem Landkonflikt in Südasien oder Fernost gegen das Russische Reich vorgehen sollte. Daran änderte auch die Marine-Rüstung wenig. Um 1900 befand sich Großbritannien daher auf der Suche nach strategischen Verbündeten, der erste fand sich in Form von Japan. Dieses Bündnis erschien Großbritannien ideal, da russische und japanische Interessen in Korea und China aufeinander prallten.
 
Noch als Nachtrag einige Literatur zu diesem Konflikt:

Siegel, Jennifer: Endgame - Britain, Russia and the Final Struggle for Central Asia, 2002
Jaeckel, Horst: Die Nordwestgrenze in der Verteidigung Indiens 1900-1908 und der Weg Englands zum russisch-britischen Abkommen von 1907, 1968
Simon, Werner: Die Britische Militärpolitik in Indien 1878-1910, 1974
Hinsley, Francis H.: British Foreign Policy under Sir Edward Grey, 2008
Neilsson, Keith: Britain and the Last Tsar - British Policy and Russia 1894 - 1917, 2003
Wormer, Klaus: Grossbritannien, Russland und Deutschland - Studien zur britischen Weltreichpolitik am Vorabend des Ersten Weltkrieges, 1980
Richter, Gerhard: Die russischen Motive bei dem englisch-russischen Abkommen vom 31. August 1907, 1937
Plass, Jens B.: England zwischen Russland und Deutschland - Der persische Golf in der britischen Vorkriegspolitik 1899-1907, dargestellt nach englischem Archivmaterial, 1966
Menning, Bruce W.: Bayonets before Bullets - The Imperial Russian Army 1861-1914, 1992
Gatrell, Peter: Government, Industry and Rearmament in Russia 1900-1914, 1994
Kent, Marian: The Great Powers and the End of the Ottoman Empire, 1996
Geyer, Dietrich: Der russische Imperialismus - Studien über den Zusammenhang von innerer und auswärtiger Politik 1860-1914, 1977
Zürrer, Werner: Die Nahostpolitik Frankreichs und Rußlands 1891 bis 1898, 1970
 
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