Arne
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Ein kurzer Bericht über die bizarre Rettung eines verschollenen Deutschen in ägyptischen Diensten
Vorgeschichte
Während des "Mahdi-Aufstandes" im Sudan (1881 - 1898) gerieten auch Europäer in Gefahr. Zwei Namen sind durch intensive Presseberichte in den Heimatländern damals sehr populär geworden. Einmal der Brite Charles George Gordon Pascha (sicher vielen bekannt durch den Film mit Charlton Heston "Khartoum") und andererseits der Deutsche Eduard Schnitzer, besser bekannt als Emin Pascha.
Beide waren zum Zeitpunkt des Aufstandes Gouverneure in ägyptischen Diensten, kannten sich und hatten mehrfach miteinander zu tun. Als die Lage nach 1883 immer kritischer wurde und eine ganze ägyptische Armee vernichtet wurde, stieg der öffentliche Druck auf die Regierungen etwas für die Rettung ihrer Landsleute zu tun.
Das Schicksal General Gordons, Gouverneur des Sudans, sei hier nur kurz angerissen. Die zögerliche Hilfe kam zu spät, da die britische Regierung die Truppen mehr oder weniger absichtlich zurückhielt und sie erst nach dem Fall Khartoums und der Ermordung Gordons dort eintrafen.
Zur Rettung des im Süden von der Aussenwelt abgeschnittenen Provinzgouverneuers Emin Pascha wurde 1886 eine englische Expedition unter Fischer ausgesandt, doch diese mußte wegen Schwierigkeiten in Uganda erfolglos umkehren.
Die Teilnehmer am Rennen
Eine zweite Expedition unter dem dubiosen Abenteurer und Schriftsteller Henry Morton Stanley wurde ausgesandt, der zu diesem Zeitpunkt in Diensten des belgischen Königs Leopold im Kongo stand. Stanley hatte bereits Erfahrung in solchen Unternehmen: Im Jahr 1871 rettete er Dr.Livingstone.
Stanley konnte aber den englischen Auftrag nur annehmen, in dem er König Leopold Zugeständnisse machen. Erstes mußte er auf seiner Expedition "nebenbei" noch einen kaum bekannten Bereich der Kongo-Kolonie erforschen und zweitens sollte er versuchen Emin Pascha dazu zu bewegen, daß er die unter seiner Hoheit stehenden Gebiete belgischer Hoheit unterstellen sollte. König Leopold wird dem Betrachter also seinem Ruf als gewissenloser Ausbeuter der afrikanischen Kolonien wieder gerecht.
Stanley plante seine Expedition sehr gründlich und traf dabei auch fremdartig anmutende Entscheidungen, die sich aber schnell erklären lassen. Wikipedia erläutert dazu:
"Stanley bereitete die Reise gut vor, einige Aspekte muten geradezu skurril an. Die mitreisenden Offiziere mussten sich verpflichten, keine Bücher über die Expedition zu veröffentlichen. Das Dampfschiff, das die Gruppe auf dem Unterlauf des Kongo transportierte, hatte die Fahne des Yachtklubs von New York gehisst, auf Wunsch des Verlegers James Gordon Bennet."
Scheinbar war Stanley von vornherein an einer optimalen publitzistischen Verwertung seiner Expedition gelegen. Warum durfte sonst niemand darüber schreiben und ein Verleger hatte auch schon die Finger an der Geschichte...
Doch in Europa hörte man in den kommenden Monaten nichts mehr vom Verlauf der Expedition und wenn keine Nachrichten kommen, wachsen Gerüchte. Plötzlich hieß es Emin Pascha wäre vom Mahdi gefangen genommen und Stanleys Expedition gescheitert.
Weitere Teilnehmer im Rennen kommen auf den Spielplan
Die USA schickten Leutnant Shufeldt los (der im folgenden aber keine Rolle mehr spielt) und in England wurde die dritte Expedition unter Leutnant Swaine geplant. Auch in Deutschland brach nun das Rettungsfieber aus. Eine spendenfinanzierte Rettungsexpedition unter dem fanatischen Kolonialpionier Carl Peters, die "Deutsche Emin-Pascha-Expedition", wurde losgeschickt.
Die Briten versuchten die anderen Expeditionen, ganz im Stil eines Wettrennens mit allen erlaubten Mitteln zurückzuhalten. Sie drängten die deutsche Regierung Peters die Expedition zu verbieten, doch der hörte nicht darauf. Als er mit seinen Leuten dann von Sansibar zum ostafrikanischen Festland übersetzen wollte, behinderten englische Kriegsschiffe den Transport. In einer Sturmnacht brachte er die Expeditionsteilnehmer und Träger mit einer Dhau an die Küste.
Das Ziel
Eduard Schnitzer ging als Arzt nach seinem Studium in Breslau 1865 in das Osmanische Reich. In wechselhaften Positionen und Aufgaben arbeitete er in der Türkei, Syrien und Arabien, lernte Französisch, Englisch, Italienisch, verschiedene slawische Idiome, Türkisch, Arabisch und Persisch. Nach etlichen Jahren im Orient hatte er sich Sitten und Gebräuche so angeeignet, dass niemand ihn mehr für einen Mitteleurpäer hielt.
1876, inzwischen hatte er auch seinen Namen geändert, trat er in ägyptische Dienste. Er wurde Chefarzt, machte Forschungsreisen und wurde schließlich Gouverneur der Äuatorialprovinz, die er bis zum Mahdi-Aufstand nicht nur erforschte und vergrößerte sondern auch geschickt verwaltete.
Der Gewinner
Nach fast zwei Jahren erreichte Stanleys Expedition Emin Pascha. Doch die Situation war merkwürdig: Nur abgekämpfte, halb verhungerte Reste seiner ehgemals 389 Mann erreichten das Ziel und trafen auf einen überraschten, gesunden Mann in "blütenweißer, frisch gebügelter Uniform" (Bericht von Stanley), der sie erstmal aufpäppeln ließ. Mit großer Mühe konnte Stanley ihn überhaupt nur überreden seinen Posten zu verlassen und mit ihm auf dem kürzesten Weg nach Bagamoyo, an der deutschostafrikanischen Küste, zu kommen, wo sie 1889 endlich eintrafen. Allerdings konnte er ihn nicht dazu bewegen seine Provinz Belgien zuzuchancen.
In Bagamoyo kam es dann noch zu einem tragischen Unglück, einem "kolonialen Fenstersturz". Bei der Willkommensfeier stürzte Emin Pascha aus einem der oberen Fenster eines Hauses und verletzte sich schwer.
Nach offizieller Version hatte der stark kurzsichtige Mann ein Fenster mit einer Balkontür verwechselt, aber nach inoffiziellen Zeugenberichten, war er so angetrunken, daß er den richtigen Weg nicht mehr fand....
Nach der Genesung trat er in deutsche Dienste und machte sich auf den Weg zurück in seine Äquatorialprovinz. Auf dem Weg sollte er noch einige Aufgaben für die Deutsche Regierung erledigen. Emin traf dabei übrigens auf die Peters-Expedition, die noch auf dem Weg in den Südsudan war...
Emin Pascha sollte dann aber sein Wirkungsfeld im Sudan nie wieder sehen. Wegen diverser Probleme seiner Expedition wurde er immer weiter nach Westen gedrängt und geriet in Unruhen zwischen Arabern und Belgiern im Kongo. Von gedungenen Mördern wurde die Kehle durchgeschnitten und sein Kopf in einer Kiste zum Auftraggeber des Mordes gebracht, dem arabischen König Kibonge.
Quellen und Literatur:
Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Emin_Pascha
http://de.wikipedia.org/wiki/Mahdi-Aufstand
http://de.wikipedia.org/wiki/Henry_Morton_Stanley
"Der heilige Nil" Dr. A. Berger, Wegweiser Verlag 1924
http://www.jaduland.de/afrika/nil/index/mahdismus(8).html
http://www.jaduland.de/afrika/nil/index/befreiung(9).html
"Koloniallexikon" Dr. H. Schnee 1920 (Eintrag Emin Pascha)
http://www.ub.bildarchiv-dkg.uni-frankfurt.de/dfg-projekt/Lexikon-Texte/e/Emin_Pascha.html
"Die deutsche Emin-Pascha-Expedition" Carl Peters München und Leipzig 1891
"Von Khartum zum Kongo. Emin Paschas Leben und Sterben". Berlin, Stollberg, (1932).
Vorgeschichte
Während des "Mahdi-Aufstandes" im Sudan (1881 - 1898) gerieten auch Europäer in Gefahr. Zwei Namen sind durch intensive Presseberichte in den Heimatländern damals sehr populär geworden. Einmal der Brite Charles George Gordon Pascha (sicher vielen bekannt durch den Film mit Charlton Heston "Khartoum") und andererseits der Deutsche Eduard Schnitzer, besser bekannt als Emin Pascha.
Beide waren zum Zeitpunkt des Aufstandes Gouverneure in ägyptischen Diensten, kannten sich und hatten mehrfach miteinander zu tun. Als die Lage nach 1883 immer kritischer wurde und eine ganze ägyptische Armee vernichtet wurde, stieg der öffentliche Druck auf die Regierungen etwas für die Rettung ihrer Landsleute zu tun.
Das Schicksal General Gordons, Gouverneur des Sudans, sei hier nur kurz angerissen. Die zögerliche Hilfe kam zu spät, da die britische Regierung die Truppen mehr oder weniger absichtlich zurückhielt und sie erst nach dem Fall Khartoums und der Ermordung Gordons dort eintrafen.
Zur Rettung des im Süden von der Aussenwelt abgeschnittenen Provinzgouverneuers Emin Pascha wurde 1886 eine englische Expedition unter Fischer ausgesandt, doch diese mußte wegen Schwierigkeiten in Uganda erfolglos umkehren.
Die Teilnehmer am Rennen
Eine zweite Expedition unter dem dubiosen Abenteurer und Schriftsteller Henry Morton Stanley wurde ausgesandt, der zu diesem Zeitpunkt in Diensten des belgischen Königs Leopold im Kongo stand. Stanley hatte bereits Erfahrung in solchen Unternehmen: Im Jahr 1871 rettete er Dr.Livingstone.
Stanley konnte aber den englischen Auftrag nur annehmen, in dem er König Leopold Zugeständnisse machen. Erstes mußte er auf seiner Expedition "nebenbei" noch einen kaum bekannten Bereich der Kongo-Kolonie erforschen und zweitens sollte er versuchen Emin Pascha dazu zu bewegen, daß er die unter seiner Hoheit stehenden Gebiete belgischer Hoheit unterstellen sollte. König Leopold wird dem Betrachter also seinem Ruf als gewissenloser Ausbeuter der afrikanischen Kolonien wieder gerecht.
Stanley plante seine Expedition sehr gründlich und traf dabei auch fremdartig anmutende Entscheidungen, die sich aber schnell erklären lassen. Wikipedia erläutert dazu:
"Stanley bereitete die Reise gut vor, einige Aspekte muten geradezu skurril an. Die mitreisenden Offiziere mussten sich verpflichten, keine Bücher über die Expedition zu veröffentlichen. Das Dampfschiff, das die Gruppe auf dem Unterlauf des Kongo transportierte, hatte die Fahne des Yachtklubs von New York gehisst, auf Wunsch des Verlegers James Gordon Bennet."
Scheinbar war Stanley von vornherein an einer optimalen publitzistischen Verwertung seiner Expedition gelegen. Warum durfte sonst niemand darüber schreiben und ein Verleger hatte auch schon die Finger an der Geschichte...
Doch in Europa hörte man in den kommenden Monaten nichts mehr vom Verlauf der Expedition und wenn keine Nachrichten kommen, wachsen Gerüchte. Plötzlich hieß es Emin Pascha wäre vom Mahdi gefangen genommen und Stanleys Expedition gescheitert.
Weitere Teilnehmer im Rennen kommen auf den Spielplan
Die USA schickten Leutnant Shufeldt los (der im folgenden aber keine Rolle mehr spielt) und in England wurde die dritte Expedition unter Leutnant Swaine geplant. Auch in Deutschland brach nun das Rettungsfieber aus. Eine spendenfinanzierte Rettungsexpedition unter dem fanatischen Kolonialpionier Carl Peters, die "Deutsche Emin-Pascha-Expedition", wurde losgeschickt.
Die Briten versuchten die anderen Expeditionen, ganz im Stil eines Wettrennens mit allen erlaubten Mitteln zurückzuhalten. Sie drängten die deutsche Regierung Peters die Expedition zu verbieten, doch der hörte nicht darauf. Als er mit seinen Leuten dann von Sansibar zum ostafrikanischen Festland übersetzen wollte, behinderten englische Kriegsschiffe den Transport. In einer Sturmnacht brachte er die Expeditionsteilnehmer und Träger mit einer Dhau an die Küste.
Das Ziel
Eduard Schnitzer ging als Arzt nach seinem Studium in Breslau 1865 in das Osmanische Reich. In wechselhaften Positionen und Aufgaben arbeitete er in der Türkei, Syrien und Arabien, lernte Französisch, Englisch, Italienisch, verschiedene slawische Idiome, Türkisch, Arabisch und Persisch. Nach etlichen Jahren im Orient hatte er sich Sitten und Gebräuche so angeeignet, dass niemand ihn mehr für einen Mitteleurpäer hielt.
1876, inzwischen hatte er auch seinen Namen geändert, trat er in ägyptische Dienste. Er wurde Chefarzt, machte Forschungsreisen und wurde schließlich Gouverneur der Äuatorialprovinz, die er bis zum Mahdi-Aufstand nicht nur erforschte und vergrößerte sondern auch geschickt verwaltete.
Der Gewinner
Nach fast zwei Jahren erreichte Stanleys Expedition Emin Pascha. Doch die Situation war merkwürdig: Nur abgekämpfte, halb verhungerte Reste seiner ehgemals 389 Mann erreichten das Ziel und trafen auf einen überraschten, gesunden Mann in "blütenweißer, frisch gebügelter Uniform" (Bericht von Stanley), der sie erstmal aufpäppeln ließ. Mit großer Mühe konnte Stanley ihn überhaupt nur überreden seinen Posten zu verlassen und mit ihm auf dem kürzesten Weg nach Bagamoyo, an der deutschostafrikanischen Küste, zu kommen, wo sie 1889 endlich eintrafen. Allerdings konnte er ihn nicht dazu bewegen seine Provinz Belgien zuzuchancen.
In Bagamoyo kam es dann noch zu einem tragischen Unglück, einem "kolonialen Fenstersturz". Bei der Willkommensfeier stürzte Emin Pascha aus einem der oberen Fenster eines Hauses und verletzte sich schwer.
Nach offizieller Version hatte der stark kurzsichtige Mann ein Fenster mit einer Balkontür verwechselt, aber nach inoffiziellen Zeugenberichten, war er so angetrunken, daß er den richtigen Weg nicht mehr fand....
Nach der Genesung trat er in deutsche Dienste und machte sich auf den Weg zurück in seine Äquatorialprovinz. Auf dem Weg sollte er noch einige Aufgaben für die Deutsche Regierung erledigen. Emin traf dabei übrigens auf die Peters-Expedition, die noch auf dem Weg in den Südsudan war...
Emin Pascha sollte dann aber sein Wirkungsfeld im Sudan nie wieder sehen. Wegen diverser Probleme seiner Expedition wurde er immer weiter nach Westen gedrängt und geriet in Unruhen zwischen Arabern und Belgiern im Kongo. Von gedungenen Mördern wurde die Kehle durchgeschnitten und sein Kopf in einer Kiste zum Auftraggeber des Mordes gebracht, dem arabischen König Kibonge.
Quellen und Literatur:
Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Emin_Pascha
http://de.wikipedia.org/wiki/Mahdi-Aufstand
http://de.wikipedia.org/wiki/Henry_Morton_Stanley
"Der heilige Nil" Dr. A. Berger, Wegweiser Verlag 1924
http://www.jaduland.de/afrika/nil/index/mahdismus(8).html
http://www.jaduland.de/afrika/nil/index/befreiung(9).html
"Koloniallexikon" Dr. H. Schnee 1920 (Eintrag Emin Pascha)
http://www.ub.bildarchiv-dkg.uni-frankfurt.de/dfg-projekt/Lexikon-Texte/e/Emin_Pascha.html
"Die deutsche Emin-Pascha-Expedition" Carl Peters München und Leipzig 1891
"Von Khartum zum Kongo. Emin Paschas Leben und Sterben". Berlin, Stollberg, (1932).