Wer ist Bandi? Ein Witz zum Boxeraufstand in einer regionalen Zeitung

Pindar

Neues Mitglied
Hallo,

ich bin neu hier und hoffe, dass richtige Forum erwischt zu haben. Wenn nicht, bitte ich um Nachsicht und eine Message an mich, damit ich den Beitrag verschieben kann.

Ich schreibe momentan meine Magisterabschlussarbeit zum Thema Boxeraufstand und dessen Darstellung in regionalen Zeitungen.

Dabei bin ich auf einen Witz gestoßen, bei dem es um einen Diplomaten Namens "Bandi" geht, der wohl in Peking tätig war. Dass er der deutschen Gesandtschaft angehörte schließe ich aus, aus dem Zusammenhang (der Witz entstammt ursprünglich einer österreichischen Zeitung) könnte ich mir vorstellen, dass es einen ungarischen oder österreichischen Hintergrund gibt.

Hat da irgendjemand einen Tipp, wo da nachgeschaut werden könnte oder eine Vorstellung wer das war?

Bitte keine Antworten à la "googln" oder "in die Bibliothek gehen und recherchieren"...alles bereits geschehen und war erfolglos, deshalb wende ich mich an dieses Forum. Bei Googl finde ich nichts was auch nur annährend in meine Richtung geht, in der Bibliothek habe ich "Neue öster. Biographie ab 1815", das "Öster. biogr. Lexion" und sämtliche deutsche Lexika des Jahres 1900 durch. Dabei bin ich des öfteren auf den Namen Bandi gestoßen im Zusammenhang mit Ungarn. Unter anderem einem Mönch der im 19. Jhd. in den Niederlanden war, aber keinen der auch nur in der Nähe Pekings war. Einiges konnte ich mangels ungarischer Sprachkenntnisse nicht lesen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn mir hier jemand weiter helfen könnte. Auf Wunsch würde ich diesen Witz auch abtippen (wobei gewarnt sei, er ist nicht sonderlich witzig, auch nicht unter den Gesichtspunkten des Jahres 1900).

Lass euch hören.

MfG
 
@Pindar

Du hast schon so viel geschrieben, also tippe den Witz einfach ab und stell ihn hier ein.

Vllt. findet sich etwas in den Findbüchern der österreichischen Archive.

M.
 
Könnte es sich auch um einen Vornamen handeln? 'Bandi' ist eine Koseform des ungarischen Vornamens András.
 
Man müsste den Witz tatsächlich kennen. Vielleicht bezieht er sich ja auf einen mongolischen "Robin-Hood-Ähnlichen" namens Bandi. Den gibt es sogar als Statue.
 
Moin,
erst einmal vielen Dank für eure fixen Antworten und neuen Ansätze...

Veröffentlicht in der Nr. 175 am Samstag dem 28 Juli 1900, S. 2 der ersten Beilage in den „Nachrichten für Stadt und Land. Zeitschrift für oldenburgische Gemeinde= und Landes=Interessen." Sprachrohr des liberalen Bürgertums des Großherzogtums Oldenburg, mit zuweilen durchaus auch konservativen Ansichten. Hier der Text:
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Unter der Überschrift: „Was wird aus Bandi?"
veröffentlichte das „R.P. Journal" folgende Übersetzung einer zeitgenösischen Parabel aus dem „Pesti Hirlap": In Bandis Elternhause war eine große Gesellschaft auf der kühlen Veranda versammelt, wo über die Vorgänge in China geplaudert wurde. Die Gesellschaft erklärte einhellig, daß die in Peking residierenden europäischen Gesandten keine Ahnung von der Gefahr gehabt hätten, die sie bedrohte und der sie zum Opfer gefallen waren. Die Unterhaltung wurde durch Bandi gestört, der weinend hinzukam. Die Kleider des Kerlchens waren besudelt und zerrissen, sein Gesicht zeigte Kratzspuren, und er machte den Eindruck, als sei er tüchtig geschopfbeutelt worden. Es war überaus offenbar, daß der Knirps durchgeprügelt worden sei, noch dazu weidlich. Als er sich ausgeplärrt hatte, nahm man ihn ins Gebet, und Bandi trug den Fall folgendermaßen vor: „Der Papa kaufte mir gestern eine Angelroute, und ich war zum Teiche gegangen, um zu fischen. Pepi, dem ich auf der Straße begegnete, sagte mir, ich sollte nicht zum Teiche gehen, denn die Buben hätten sich gegen mich verschworen und würden mich durchprügeln. Pepi hatte mir aber lange gut reden, denn ich ging doch nach dem Teich." „Hattest du keine Angst, daß die Buben Dich wirklich duchhauen?" „Nein, der Lehrer hatte ihnen ja das Raufen verboten. Als ich über das letzte Haus hinaus und auf dem freien Felde angelangt war, bemerkte ich, daß Hansi, Stehi und Imre mir nachhumpeln, und daß sie Stöcke in Händen haben. Und dann sah ich, daß auch von der anderen Seite her sich Buben näherten, und daß auch diese Stöcke hatten." „Auch da ahntest Du noch nichts?" „Auch da nicht. Ich dachte mir, sie seien böse aufeinander und würden sich selbst hauen. Ich ging ruhig weiter nach dem Teich. Auf halben Weg kam mir ein Gärtner entgegen und hielt mich an. Er sagte, die Buben sprächen davon, mich zu verprügeln. Und er empfahl mir, mit ihm nach dem Dorfe zurückzukehren, er würde es nicht zugeben, daß sie mich durchbläuen." „Und warum bist Du da nicht umgekehrt?" „Aber ich bitt`gar sehr, ich hab`doch von den acht Jungen nicht voraussetzen können, daß sie mich Wehrlosen überfallen würden. Und dann konnte doch auch jeder wissen, daß er, wenn ich geprügelt würde, vom Herrn Lehrer streng bestraft wird." „Nun, und hast Du gedacht?" „Unrichtig hab ich gedacht. Die Buben, als sie mich umzingelt hatten und mir schon nahe genug waren, brachen in ein Schlachtgeheul aus und schrieen: „Haut den Spitzbuben!" „Da bist Du aber denn erschrocken, was?" „Noch nicht. Ich dachte mir, irgendwo in der Nähe sei ein Spitzbube versteckt, und dem wollten sie nun zu Leibe. Ich war so ruhig, daß ich mich sogar umsah, wo denn der Spitzbube sei, der Haue kriegen sollte. So sehr ich aber auch zusah, außer den Buben konnte ich niemanden entdecken." „Na, und?" „Und? Und dann weiß ich nicht recht, was weiter geschah, denn sie begannen von allen Seiten auf mich loszudreschen. Sie schlugen mich zu Boden und trampelten auf mir umher. Ich sah nichts mehr, ich fühlte nur, daß ich geprügelt wurde, und daß die Prügel wehe thaten." Bandis Papa, der seines Sohnes Erzählung am aufmerksamsten zugehört und den die treuherzige Einfalt seines einzigen Sprößlings tief erbittert hatte, rief mit außerordentlicher Besorgnis aus: „Bandi, ums Himmelswillen, was soll denn nur aus Dir werden?" Der Junge, der, wie es scheint, schon längst im Klaren darüber war, welchen Beruf er wählen müsse, nahm die Frage sehr ernst und antwortete auch sehr ernst: „Ich, Papa? Ich werde Diplomat. Ich gehe als Gesandter nach Peking."
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Hier noch ein paar Zusatzinformation:
Beim R.P. Journal könnte es sich vielleicht um das Reichspost Journal handeln.
Hier Information zur Pesti Hirlap .
Da ich Fehler in der Abschrift nicht ausschließen möchte, hänge ich den originalen Text in Borgisfraktur als JPG hinten dran.​
 

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Ich glaube nicht, dass mit "Bandi" ein bestimmter, real existierender Diplomat gemeint war. In dem Witz geht es doch einfach nur darum, dass die europäischen Gesandten in China trotz zahlreicher Anzeichen der drohenden Gefahr so blauäugig wie dieser Bandi aus dem Witz gewesen seien, sodass man ebensogut diesen Jungen als Gesandten schicken können hätte. Insofern wird michaell mit seiner Vermutung recht haben, und "Bandi" ist einfach nur ein x-beliebiger ungarischer Junge. Wäre es kein ungarischer, sondern ein deutscher Witz, würde stattdessen vielleicht "Hänschen" oder "Fritzchen" stehen.
 
Ich glaube nicht, dass mit "Bandi" ein bestimmter, real existierender Diplomat gemeint war. In dem Witz geht es doch einfach nur darum, dass die europäischen Gesandten in China trotz zahlreicher Anzeichen der drohenden Gefahr so blauäugig wie dieser Bandi aus dem Witz gewesen seien, sodass man ebensogut diesen Jungen als Gesandten schicken können hätte. Insofern wird michaell mit seiner Vermutung recht haben, und "Bandi" ist einfach nur ein x-beliebiger ungarischer Junge. Wäre es kein ungarischer, sondern ein deutscher Witz, würde stattdessen vielleicht "Hänschen" oder "Fritzchen" stehen.
Sehe ich genau so.
 
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