Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71

maggielein

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Welche Bedeutung hat der Deutsch-Französische Krieg heute (z. B. für die Schüler) bzw. für die Zukunft? (Gegenwartsbezug, Zukunftsbezug)
 
bzw. für die Zukunft?
voraussichtlich wird man sich künftig nicht mehr um die Festungen Belfort und Bitche prügeln... :winke:

die Bedeutung des dt.-fr. Kriegs 1870/71 für Schüler wird sich voraussichtlich nur in den Lehrplänen für den Geschichtsunterricht auffinden lassen

auf einem anderen Blatt steht freilich die kulturhistorische Rezeptionsgeschichte und die historisch-wissenschaftliche Untersuchung
 
Der deutsch französische Gegensatz wurde zumindest vertieft und es war klar, dass die Hypothek Elsass Lothringen eine Versöhnung zwischen diesen beiden Nationen in Weg stehen würde. Auf deutsche Seite dachte man aber nicht daran, wenigstens das französische Elsass zurückzugeben. Des Weiteren versäumte man es die dortige Bevölkerung in das Deutsche Reich zu integrieren. Sie stand dem Deutschen Reich auch nicht gerade freundschaftlich verbunden gegenüber. Des Weiteren ist der Guerillakrieg der Franc-tireurs erwähnenswert, der zu einer erheblichen Verbitterung auf beiden Seiten führte. Die Folgen dieses Partisanenkrieges waren noch im Ersten Weltkrieg auf deutscher Seite spürbar.
 
Welche Bedeutung hat der Deutsch-Französische Krieg heute (z. B. für die Schüler) bzw. für die Zukunft? (Gegenwartsbezug, Zukunftsbezug)

Die Konflikte zwischen Frankreich auf der einen Seite und mit Russland auf der anderen Seite zeigen über die letzten 200 Jahre, dass alle aggressiven Ambitionen und Erwartungen, sich einseitig Vorteile durch einen Krieg zu verschaffen, nicht erfüllt wurden. Die Kosten für Kriege und Besatzung überschreiten deutlich die "Gewinne". Mal abgesehen von den "moralischen Kosten", die für Gesellschaften durch Krieg entstehen.

Und führen zu dem Ergebnis, dass es keine Alternative zu einer friedlichen Lösung von politischen Gegensätzen in Europa und der gesamten Welt gibt. Eine Erkenntnis, die bereits Angell eindrücklich formuliert hat.

The Great Illusion - Sir Norman Angell - Google Books

Peace Theories and the Balkan War - Norman Angell - Google Books

Und speziell die deutsch-französische Aussöhnung und enge Kooperation in Europa zeigt, dass es trotz nationaler Unterschiede in der Summe mehr Gemeinsamkeiten gibt, wie beispielsweise auch an der Deutsch-Französischen Brigade zu erkennen ist.

http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-Franz%C3%B6sische_Brigade
 
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Man sollte aber vllt. auch darüber nachdenken, ob die französische antideutsche Stimmung nicht auch gewachsen wäre, wenn das Deutsche Reich nicht das Elsaß und Teile Lothringens annektiert hätte. Einfach aufgrund der Niederlage. Die Spannungen gab es ja schon lange vorher und nicht erst durch den 70\71'er Krieg.
 
Man sollte aber vllt. auch darüber nachdenken, ob die französische antideutsche Stimmung nicht auch gewachsen wäre, wenn das Deutsche Reich nicht das Elsaß und Teile Lothringens annektiert hätte. Einfach aufgrund der Niederlage. Die Spannungen gab es ja schon lange vorher und nicht erst durch den 70\71'er Krieg.

Das entspricht exakt der Argumentation Bismarcks für die Annektierung der Provinzen.
 
Der deutsch französische Gegensatz wurde zumindest vertieft und es war klar, dass die Hypothek Elsass Lothringen eine Versöhnung zwischen diesen beiden Nationen in Weg stehen würde. Auf deutsche Seite dachte man aber nicht daran, wenigstens das französische Elsass zurückzugeben. Des Weiteren versäumte man es die dortige Bevölkerung in das Deutsche Reich zu integrieren. Sie stand dem Deutschen Reich auch nicht gerade freundschaftlich verbunden gegenüber. Des Weiteren ist der Guerillakrieg der Franc-tireurs erwähnenswert, der zu einer erheblichen Verbitterung auf beiden Seiten führte. Die Folgen dieses Partisanenkrieges waren noch im Ersten Weltkrieg auf deutscher Seite spürbar.

Die Elsässer waren zu über 90% rein und nur deutschsprachig, bzw. sprachen zum kleinen Teil moselfränkisch (Niederelsass / Bas Rhin - nördlicher Teil) , zum großen Teil alemanisch (Bas Rhin südlicher Teil und Oberelsass (68); im äußersten Westen gab es im Elsass ein paar wenige französisch-muttersprachliche Täler, wobei hier die Sprachgrenze 100 Jahre früher weiter westlich lag.

Ost-Lotheringen mit seinem Gebiet Mosel (Dép. Moselle, 57), wurde so erst nach dem detusch-französsichen Krieg geformt; der westliche und südwestliche Rand dieses Départements war französischsprachig dominiert. Der Osten moselfränkisch.

In der hohen Bourgeoisie und beim Klerus, wurde manchmal auch insgesamt französsich verstanden. Die Landbevölkerung und der Mittelstand sowie die Arbeiter verstanden meistens nur deutsch und fühlten sich auch so. Die Oberschicht wiederum manchmal nicht. Die war es aber auch, die dann ins "Innere" auswanderte nachdem die Gebiete an das Deutsche Reich kamen - man könnte sagen nachdem sie "zurück" kamen nach dem Westfälischen Frieden von 1648 und der Übergabe von Strasbourg, aber das ist eine Frage der Sicht.

1918 sind für die allierte Presse Innerfranzosen aus Paris in elsässiche Trachten gepackt worden die dann auf den Strassen von Strasbourg jubelten; der indogenen elsässischen Bevölkerung wurde es verboten sich zu zeigen.

Ähnlich wiederum nur umgedreht, geschah es während der Besetzung durch die Wehrmacht 1940.

Ich als Halbfranzose (meine Mutter ist aber nicht von dort sondern aus Montpellier) sage es etwa so: Diese (Ur) Bevölkerung ist im Kern sehr süddeutsch. Selbst deren Seperatismusdrall in der Mentalität, passt ja im Grunde auch zu den Bayern ("mir san mir") oder Badenern ("wir sind keine Schwaben, verdammt"!)...

Saubere Strassen, von mir (nicht bös gemeint) eine oft leicht spießig daher kommende Moral, viel Fleiß und Ordnungsliebe, ihre Neigung zur Liebe zum Detail, die Architektur...ich vermute Klima und Landschaft sind maßgeblich für eine Mentalität verantwortlich und hier zeigt es sich auch.

Sprachlich hat sich sehr viel geändert, wobei die Jungen immer noch zu rund 30% wenigstens im ländlichen Raum muttersprachlich (auch) deutsch beherrschen werden (noch).

Bei den älteren (so ab 50), wird es weitaus mehr sein - vielleicht 80%.

Nach dem 2 Weltkrieg will das dort aber selten jemand zugeben. ist ja nicht unverständlich. Wenn ich mich dort aufhalte und normal französisch spreche (ich habe auch einen Accent aus dem Süden allerdings) werde ich von älteren aber meistens gebeten doch besser deutsch zu sprechen, weil sie so schnell nicht folgen können - wenn sie erfahren, dass ich auch deutsch als Muttersprache beherrsche. Sie können einfach kein wirklich ausgereiftes französisch. Wie denn auch. Sie gehören ansich dem deutschen Sprach -und Kulturraum an. Ich nehme an es ist die Französsiche Revolution und deren Freiheitsgedanken gewesen, der diese Menschen der deutschen entfremdet hat. Die Zwangsverpflichtung im 2 Weltkrieg in die Wehrmacht und die Niederlage danach, gaben dem deutschen sodann den Todesstoß. Ich vermute aber, dass diese Menschen im Zuge guter deutsch-französsicher Beziehungen glücklich sind und wieder begannen, sich Richtung Osten zu wenden...man hört oft das Geräusch der Tagesschau in den kleinen Gassen der Dörfer dort, wenn man an lauen Sommernächten bei offenen Fenstern spazieren geht.

Das Positive an den deutsch-französsichen Beziehungen heutzutage ist, dass man (mal abgesehen von vereinzelten idiotischen Neonazis) sehr entspannt dieses Thema beleuchten kann und unterschiedliche Sichtweisen keineswegs zu Irritationen mehr führen. Der Vertrauensvorrat ist bereits überragend groß. Auf beiden Seiten.

Das ist also das Erbe aus diesem Krieg und so kann mans auch in der Schule erzählen, denke ich.

Ich finde übrigens, dass das nicht die Leistung meiner Grossvatergeneration sondern meiner Generation ist. Als ich Kind war, gab es noch etliche Vorbehalte und Antiphatien. Das ist zu 90% + schlicht weggelebt und durch Zuneigung, Vertrauen und Friedensliebe verdrängt worden. Egal wer gerade regiert. Das ist durch meine Generation in die Tiefe der normalen Menschen gebracht worden.
 
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Die Kosten für Kriege und Besatzung überschreiten deutlich die "Gewinne". Mal abgesehen von den "moralischen Kosten", die für Gesellschaften durch Krieg entstehen.
... und die Menschenleben.

Und führen zu dem Ergebnis, dass es keine Alternative zu einer friedlichen Lösung von politischen Gegensätzen in Europa und der gesamten Welt gibt. Eine Erkenntnis, die bereits Angell eindrücklich formuliert hat.
Allerdings suggeriert gerade der Deutsch-Französische-Krieg das Gegenteil. Er war die geschickte Fortführung der Politik mit anderen Mitteln und führte genau zu dem Ergebnis, welches von Bismarck erwünscht war.
Dieser Krieg könnte fast dafür stehen, dass einen solchen zu führen durchaus Sinn macht. Das monarchische Deutschland war geschaffen und das doch nicht ganz unarrogante Frankreich unter Napoleon III. gemaßregelt.

Ich sehe in diesem doch überraschend "leicht" gewonnenen Krieg mit einen Grund für den übertriebenen Militarismus im Deutschen Reich. Frei nach dem Motto: Die Militärs werden es richten. In dieser Rechnung fehlte allerdings ab 1890 die geschickte Politik à la Bismarck.
 
Bezug für die Zukunft: Vielleicht führt die Erinnerung an diesen Krieg dazu, dass die positiven Seiten der europäischen Annäherung - das Wort Einheit halte ich in diesem Zusammenhang für problematisch - mal wahrgenommen werden.

In Westeuropa hat es seit 1945 keinen Krieg gegeben. Dazu hat auch die EU beigetragen. Man mag über die jetzigen Schwierigkeiten denken wie man will, aber ein Krieg zwischen Frankreich und Deutschland scheidet wohl aus.

Ansonsten interessiert dieses Thema (der Krieg von 1870/71) wohl nur Fachleute.
 
Ansonsten interessiert dieses Thema (der Krieg von 1870/71) wohl nur Fachleute.
Das er in Deutschland aus dem Gedächtnis verschwand, liegt wohl an den Weltkriegen, die 1870/71 völlig in den Hintergrund treten ließen. Von glorreichen Kriegen wollten die Leute '45 nun wirklich nichts mehr hören. Zudem hätte, politisch gesehen, eine Diskusion über diesen Krieg Frankreich wohl auch eher verschreckt. Mit Gründung der BRD mussten Gemeinsamkeiten gefunden werden.
In Frankreich wird dieser Krieg wohl eher als Schmach empfunden. Über so etwas redet man nicht gerne. Es kam ja auch während des Krieges zu harten Zerwürfnissen im Land. Die Pariser Kommune. Über diese wird wohl verdientermaßen eher geredet, als über den verlorenen Krieg selbst.

... ein Krieg zwischen Frankreich und Deutschland scheidet wohl aus.
In dem würde Deutschland sicher alt aussehen. Frankreich hat Atomwaffen, Deutschland bald nicht einmal mehr Atomkraftwerke.
 
Das er in Deutschland aus dem Gedächtnis verschwand, liegt wohl an den Weltkriegen, die 1870/71 völlig in den Hintergrund treten ließen.

An die Reichgründung 1871 in Versailles erinnert sich Deutschland noch recht gut. Den Ölschinken (Kaiser auf Podest, Bismarck in strahlender weißer Ritter-Uniform, Spiegelsaal voll mit deutschen Fürsten) kennen doch noch recht viele.

Wäre eigentlich ein interessanter Forschungsansatz zum Thema historische Vergesslichkeit oder besser selektive Wahrnehmung.
 
An die Reichgründung 1871 in Versailles erinnert sich Deutschland noch recht gut. Den Ölschinken (Kaiser auf Podest, Bismarck in strahlender weißer Ritter-Uniform, Spiegelsaal voll mit deutschen Fürsten) kennen doch noch recht viele.

Ja, dieses Bild kann man als Menetekel sehen. Bismarck in der Mitte und Moltke im Vordergrund. Später fehlte Bismarcks Verstand und, wenn man schon Probleme militärisch lösen wollte, Moltkes Genie.
 
Speziell Anton von Werners Gemälde der Reichsgründung im Spiegelsaal wurde bei mir im Geschichtsunterricht der 9. Klasse ausführlich behandelt. Die wichtigsten Personen wurden benannt, und auch die Wirkung des Bildes beleuchtet. Das Gemälde dürfte also sicherlich vielen Menschen bekannt sein, aber nur die Wenigsten werden wohl konkret etwas damit anzufangen wissen, und es einem bestimmten Ereignis zuordnen können.
Auf die gleiche Weise untersucht wurde bei mir ein Jahr zuvor übrigens Jacques-Louis Davids Gemälde von Napoleons Kaiserkrönung. Wäre mal interessant zu wissen, ob meine damaligen Klassenkameraden dieses Bild heute eher einem bestimmten Ereignis oder einer bestimmten Epoche zuordnen können. ^^
 
MOD:Die letzten Smalltalk-Beiträge wurden gelöscht, das hier ist die falsche Rubrik./MOD
 
Bei uns ist er nicht vergessen.Dafür stehen auch zuviele Denkmäler vom ihm rum.
was mich verblüfft hat, denn ich habe bisher kaum Denkmäler zu 1870/71 in deutschen Städten gesehen: in Rotenburg an der Fulda steht im Schloßpark eine Gedenksäule für die "im Feldzug [sic] 1870-71 gefallenen Söhne der Stadt Rotenburg".
 
was mich verblüfft hat, denn ich habe bisher kaum Denkmäler zu 1870/71 in deutschen Städten gesehen: in Rotenburg an der Fulda steht im Schloßpark eine Gedenksäule für die "im Feldzug [sic] 1870-71 gefallenen Söhne der Stadt Rotenburg".



Hier in Berlin und im Umland findet man einige. Beeindruckend sind mehrere Gedenksteine bzw. Denkmäler (Kenotaphe) auf dem Garnisonsfriedhof in Tempelhof. Da gibt es auch mindestens einen für den Gegner: Ein Pfeiler für die in Gefangenschaft verstorbenen französischen Gefallenen, auf dem auch eine ganze Reihe arabischer Namen verzeichnet sind: algerische Tiralleuirs und Spahis.

In einigen Gegenden im Umland habe ich jedoch auch etwas größere Gedenksteine an die Gefallenen 1870-71 gesehen, z.B. das Kriegerdenkmal in Herzfelde. Ein paar davon wurden dann als Denkmäler für 1914 -18 erweitert.
 
Hier in Berlin und im Umland findet man einige. Beeindruckend sind mehrere Gedenksteine bzw. Denkmäler (Kenotaphe) auf dem Garnisonsfriedhof in Tempelhof. Da gibt es auch mindestens einen für den Gegner: Ein Pfeiler für die in Gefangenschaft verstorbenen französischen Gefallenen, auf dem auch eine ganze Reihe arabischer Namen verzeichnet sind: algerische Tiralleuirs und Spahis.

In einigen Gegenden im Umland habe ich jedoch auch etwas größere Gedenksteine an die Gefallenen 1870-71 gesehen, z.B. das Kriegerdenkmal in Herzfelde. Ein paar davon wurden dann als Denkmäler für 1914 -18 erweitert.

In meinem Geburtsort, ein kleines Dorf, steht vor der Kirche auch ein großer Gedenkstein.
 
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