Deutsche Kleinststaaten nach dem Wiener Kongress

Repo

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Den Reichsdeputationshauptschluß, den Rheinbund und den Wiener kongress haben einige deutsche Kleinststaaten überlebt.

Bei den beiden hohenzollerischen Fürstentümern Hohenzollern-Sigmaringen und Hohenzollern-Hechingen wird als Grund für das "Überleben" genannt, dass die damalige Fürstin Amalie Zephyrine (geb. Rheingräfin z. Salm)von Hz.-Sigmaringen mit Napoleons 1. Frau Josephine befreundet war. Sie hatte bei Nacht und Nebel ihren Ehegemahl samt Nachwuchs in Sigmaringen sitzen lassen und sich in die Weltstadt Paris begeben. Jahrzehnte später hat sie aufgrund der dort gewonnen Beziehungen Gemahl und Verwandschaft das Fürstentum erhalten. Soweit die Lokalgeschichte.

Gibt es bei den anderen "Überlebenden" z. B. den ganzen Thüringischen Kleinststaaten ähnliche Geschichten?


Grüße Repo
 
Die Grafschaft Schaumburg-Lippe hat (zusammen mit dem Fürstentum Lippe-Detmold) ironischerweise deswegen "überlebt", weil es Frankreich im 7-jährigen Krieg empfindliche Niederlagen beigebracht hat (Kanonengraf/Teufel von Bückeburg).
Zusätzlich wurde -als quasi letzte Amtshandlung des Kaisers vor seiner Abdankung - dem 22-jährigen Erbprinz die Großjährigkeit verliehen, so dass Graf Wallmoden, der bis dahin die Regierungsgeschäfte führte in den Hintergrund treten konnte (war im Widerstand Hannovers gegen die Besetzung).
So bekam die Grafschaft von Napoleon den Status Fürstentum verliehen.
Napoleon betätigte den "beiden Fürsten zur Lippe", wohl in Unkenntnis der Lage oder Sympathie für den Prinzen 1807 die Aufnahme in den Rheinbund.;)
Dafür musste das Land allerdings sowohl Soldaten (je 280 für Spanien & Rußland), wie Quartiere für die französischen Soldaten stellen.
Gerade noch rechtzeitig wurde im Dezember 1813 - zusammen mit Lippe-Detmold und Waldeck - die Seite gewechselt und somit der Bestand gesichert. Der Fürstentitel durfte behalten werden.
Die Existenz Schaumburg-Lippes wurde von den restlichen Bewohnern Deutschlands seit Duodez als das abschreckende Beispiel für Kleinstaaterei gesehen, obwohl die Bewohner dieses nicht so sahen.
Es lebte sich wohl ganz gut hinter den Bergen, bei den 7 Zwergen oder so=)...

 
Zuletzt bearbeitet:
Mmh, da fällt mir auch ne Frage zu ein:

Wieso trat Luxemburg nach dem Deutschen Krieg eigentlich nicht dem Norddeutschen Bund bzw. später dem Kaiserreich bei, obwohl es doch im Deutschen Bund noch vertreten war???
 
Liechtenstein hat gemeinsame Grenzen mit Österreich und der Schweiz, das Bedrohungspotential das Frankreich bei den Süddeutschen Staaten hatte entfällt dadurch.
Behaupte ich mal so einfach.
Im alten Bundesheer bildeten die Liechtensteinischen Truppen zusammen mit den Hzl-Sigmaringen und Hzl-Hechingen-íschen ein Bataillon.

Grüße Repo
 
Abgesehen davon zählten (zählen) die Liechteinsteins nicht nur zu den ältesten, sondern auch zu den reichsten Familien der österreichischen Hocharistokratie. Zentrum der Familie waren die niederösterreichisch/mährischen Besitzungen rund um die Residenz Valtice/Feldsberg und Lednice/Eisgrub.
Die zum Fürstentum aufgestiegenen Grafschaften Vaduz und Schellenberg dienten ja zur Rangerhöhung der Familie, besucht wurden diese erstmals Ende des 19. Jhdts. von einem Liechtenstein, Residenz wurde Vaduz im Jahre 38, nach Einmarsch Hitlers in Österreich.

Als Mitglied des österreichischen Uradels wäre ein Liechtenstein sicher nicht einem Norddeutschen Bund oder einem Deutschen Reich beigetreten.
Hätte auch einem Bismarck nicht gepasst, schliesslich wäre dem Fürst von Liechtenstein als Bundesfürst eine ziemlicher Einfluss zugekommen (man denke nur an einen ähnlichen Kleinfürsten, Heinrich XXII von Reuss, der immer wieder lästige Nadelstiche versetzte). Und als Liechtenstein, dessen Familiemitglieder häufig Regierungsämter in Wien innehatten, hätte dieser in erster Linie Wiener Interessen vertreten - etwas was 1871ff. nicht gerade gewünscht worden wäre.
 
Andronikos schrieb:
Lass uns doch bitte nicht nur daran denken, sondern davon lesen. :winke:
Ich bin nicht wirklich ein Reuss-Experte (Wo sind die Thüringer hier?), weiss nur soviel dass dieser Fürst Heinrich XXII ein leidenschaftlicher Preussen-Hasser war und nach 1871 gegen jedes Gesetz gestimmt hat. Sogar gegen die Bismarckschen Sozialistengesetze (er war damals der einzige Fürst der eine Gegenstimme abgegeben hatte). Muss eine ziemlich schillernde Persönlichkeit gewesen sein, ich hoffe jemand weiss mehr drüber.
In Greiz im Schlossmuseum solls einiges über ihn zu sehen und hören geben.
 
Repo schrieb:
Gibt es bei den anderen "Überlebenden" z. B. den ganzen Thüringischen Kleinststaaten ähnliche Geschichten?


Grüße Repo

Lieber Repo,

Reuß jüngere Linie und Reuß ältere Linie. Ein Reuß hat einmal meinen freund bei der Hessischen Landesvertretung als Vertreter besucht. :rolleyes: Und dann natürlich Sachsen-Coburg-Gotha und Sachsen-Weimar-Eisenach. Die Thürringer in diesem Forum werden sicher noch weitere linien kennen.:)
 
Rovere schrieb:
Ich bin nicht wirklich ein Reuss-Experte (Wo sind die Thüringer hier?), weiss nur soviel dass dieser Fürst Heinrich XXII ein leidenschaftlicher Preussen-Hasser war und nach 1871 gegen jedes Gesetz gestimmt hat. Sogar gegen die Bismarckschen Sozialistengesetze (er war damals der einzige Fürst der eine Gegenstimme abgegeben hatte). Muss eine ziemlich schillernde Persönlichkeit gewesen sein, ich hoffe jemand weiss mehr drüber.
In Greiz im Schlossmuseum solls einiges über ihn zu sehen und hören geben.
Hier ist zumindest einer.;)

Zum Überleben der thüringischen Kleinstaaten gibt es unter diesem Thread bereits einige Informationen http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=628 (Repo hat sie ja schon zur Kenntnis genommen;).)

Die Reußen waren zeitweise extrem stark zersplittert: so gab es zwischenzeitlich R.-Burgk, -Obergreiz, - Untergreiz, -Rothenthal, - Dölau
(ä. Linie seit 1778 vereinigt [Greiz]) sowie R.-Gera, R.-Schleiz, R.-Lobenstein, R.-Saalburg, R.-Hirschberg, R.-Ebersdorf , R.-Selbitz (j. Linie 1848 vereinigt [Gera]). Bei der Landeszentrale für politische Bildung in Thüringen LZT gibt es Grafiken für die Landesteilungen der Ernestiner, Schwarzburger und Reußen: http://www.thueringen.de/de/lzt/thueringen/regfuerst/reuss.gif.

Allerdings nicht alle gleichzeitig. Bekannt ist vielleicht Schloss Burgk mit der westlichsten Silbermannorgel an der Saale durch die Serie "Leben im MA" oder so ähnlich in der ARD(?). Die Territorien waren z.T. extrem klein, so daß es fraglich ist, ob man von eigener Landesherrschaft sprechen kann. Um sich einen Überblick über die Größe der reußischen Besitzungen insgesamt zu machen empfehle ich die Seite des Instituts für Europäische Geschichte in Mainz http://www.ieg-maps.uni-mainz.de/ auf der man digitalisierte Karten ab etwa 1800 findet.

Bezüglich Heinrich XXII. habe ich nachgelesen in Reinhard Jonscher, Willy Schilling: "Kleine thüringische Geschichte":

1866 mußte die preussenfeindliche Regentin Caroline die Herrschaft an ihre beiden Söhne Georg und Heinrich abgeben und 200.000 Taler (für das kleine Land Reuß ä. Linie eine gewaltige Summe) zahlen. Reuß ä.L. hatte 1871 gerade mal 45.000 und 1910 73.000 Einwohner bei 316 km². Zum Vergleich: die Kleinstaaten hatten 1871 eine gute Million von 1,5 Mio. (mit preuß. Lendeteilen) und 1910 1,6 Mio. bei insgesamt 2,2 Mio. Einwohnern.

Aus dieser Demütigung soll Heinrichs (Regent 1866-1902) preußenfeindliche Haltung stammen. Er führte einen oft belächelten und glossierten Kampf gegen jeglichen Versuch gegen die Ausweitung der Reichskompetenz und eine Beschneidung einzelstaatlicher Rechte. Die Presse gab ihm den Beinamen "der Unartige". Mit dem preußischen Militarismus konnte er nichts abgewinnen und sorgte dafür, daß Greiz, als einzige Residenz in Thür., nicht Garnisonsstadt wurde. Im Lande selbst regierte streng konservativ (kein Staatsministerium wie in den anderen thür. Staaten als oberstes Regierungsorgan). Es gab ein extrem rückständiges Landtagswahlgesetz und eine ziemlich scharfe Vereins- und Versammlungsfreiheit. Nur in Reuß ä. Linie war bei den Reichtagswahlen für die Konservativen ein bemerkenswerter Zuspruch (neben preuß. Landesteilen). Allerdings gab es auch hier 1877 das erste Mandat für die Sozialdemokraten (insgesamt 16 Mandate für "Groß-Thüringen"). Bezüglich der Wahlen zumm Reichstag bot Thüringen ein differenziertes Bild (Konservative, Zentrum (kathol. Eichsfeld), National- und Linksliberale und Sozialdemokraten als Abgeordnete).
Allerdings dürfte auch die übehebliche oder abfällige Art der preußischen Regierungs-, Hof- und Militärkreise gegenüber den Kleinstaaten mit zu antipreußischer Stimmung beigetragen haben. Die bösen gängigen Namen "Zaunkönige" oder "Dorfkaziken" (Kazike - indian. Dorfvorsteher in Südamerika) für die Fürsten in den Kleinstaaten stehen für solche Haltungen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Rovere schrieb:
Als Mitglied des österreichischen Uradels wäre ein Liechtenstein sicher nicht einem Norddeutschen Bund oder einem Deutschen Reich beigetreten.
Wenn du in diesem Zusammenhang von "Ur"-Adel sprichst, muß man wohl "deutsch" und nicht "österreichisch" sagen. Einen eigenen, von Deutschland losgelösten österreichischen Weg, vermag ich erst ab 1866 zu erkennen.
Vorher war Österreich, ebenso wie Lichtenstein (oder Luxemburg), ein deutscher Staat.
 
Tekker schrieb:
Wenn du in diesem Zusammenhang von "Ur"-Adel sprichst, muß man wohl "deutsch" und nicht "österreichisch" sagen. Einen eigenen, von Deutschland losgelösten österreichischen Weg, vermag ich erst ab 1866 zu erkennen.
Vorher war Österreich, ebenso wie Lichtenstein (oder Luxemburg), ein deutscher Staat.
Hallo Tekker, den losgelösten österreichischen Weg vermags DU vielleicht erst ab 1866 sehen weil du eben kein Österreicher oder Liechtensteiner bist. :D
Aber das diskutieren wir nicht in diesem Thread, da gibts eh schon genug andere dazu.....
(Ausserdem ist das schon so oft durchegkaut worden das Thema)
 
Um auf das eigentliche Thema zurückzukommen.
Mir fällt spontan noch ein Beispiel aus meiner Heimat ein, und zwar das Fürstentum Waldeck-Pyrmont, welches auch relativ klein ist.
 
Mephisto schrieb:
Um auf das eigentliche Thema zurückzukommen.
Mir fällt spontan noch ein Beispiel aus meiner Heimat ein, und zwar das Fürstentum Waldeck-Pyrmont, welches auch relativ klein ist.

Ja, erzähl mal, wie hat denn Waldeck-Pyrmont die "Flurbereinigung" überstanden?

Demnächst schreib ich mal ausführlicher darüber, wie es Amalie-Zephyrine geschafft hat, Hohenzollern-Sig. und Hzl-Hechingen das überleben als Fürstentümer zu sichern.

Grüße Repo
 
Territorien

Ich weiß nicht recht, wohin damit, deswegen frag ich mal hier.

Die Landschaft der deutschen Staaten nach 1815 ist ja ganz gut überschaubar. 1789 war dem noch nicht so, meine Frage also:

Hat einer von euch mal eine Liste oder nen Link, welche Staaten 1789 alle zum HRR gehörten? Richtig toll wäre es, wenn auch noch dabei Stünde, worum es sich im einzelnen handelte, also ob es ein Herzogtum, Bistum o.a. war.

Herzlichen Dank! :)
 
Klaus P. schrieb:
Meintest du so etwas?!

Nee, nicht wirklich, trotzdem danke für die Links.

Kartenmaterial hab ich genug, nur leider sind da immer nur die größeren Territorien namentlich verzeichnet. :(

Also ich bräuchte schon ne Liste mit sämtlichen Territorien.
 
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