Krüger-Depesche und Transvaal-Krise 1895/96

Turgot

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Noch ein paar Worte zur Kruger Depesche:

Man hat sich schon angewöhnt, insbesondere deutsche Historiker, die Dinge durch die britsche Brille zu betrachten. Erst einmal gab es durchaus deutsche Interessen, denn in der Wirtschaft Transvaals steckte nicht wenig deutsches Kapital. Auch deutsche Siedler lebten dort. Der britsche Botschafter Malet hatte mehr oder weniger direkt den Deutschen mit Krieg gedroht. Salisbury beeilte sich dies zurückzunehmen.

In der weltberühmten Depesche steht eigentlich nichts dramitisches, was ihren traurigen Ruhm rechtfertigten würde. Wilhemn wünschte den Präsidenten ein frohes, neues Jahr und gratulierte zur Abwehr des Angriff von Leander Starr Jameson, von dem zumindest Chamberlain gewußt haben dürfte. Die Queem und die britsche Regierung und Bevölkerung waren empört. Warum bloß? Ist es selbstverständlich, das eine europäische Großmacht, das Deutsche Reich, die britsche koloniale Ausdehnung sofort als natürlich britische Ordnung zu akzeptieren hat und die durchaus berechtigen deutschen Proteste mutwillige Provokation waren? Im Prinzip war das britische Auftreten in dieser Krise doch arrogant und hochmütig und das Deutsche Reich wurde nicht entsprechend seinen Status als Großmacht behandelt. Eher das Gegenteil.
 
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Man hat sich schon angewöhnt, insbesondere deutsche Historiker, die Dinge durch die britsche Brille zu betrachten.
Dieses Urteil ist schon deshalb nicht korrekt, wie Mombauer (Origins of the First World War) zeigt, da die härteste Kritik beispielsweise an Grey durch die "britische Brille" formuliert wurde.

In diesem Sinne ist es vor allem der Pluralismus der unterschiedlichen Sichten, der die "britische Brille" für beispeilsweise mich so ausgesprochen attraktiv macht. Sollten also die diffus angesprochenen deutschen Historiker gescholten werden, weil sie pluralistisch historische Entwicklungen dargestellt haben?

In der weltberühmten Depesche steht eigentlich nichts dramitisches, was ihren traurigen Ruhm rechtfertigten würde. Wilhemn wünschte den Präsidenten ein frohes, neues Jahr und gratulierte zur Abwehr des Angriff von Leander Starr Jameson,

Sehe ich komplett anders in der Dramatik der Entwicklung und halte die Einschätzung der politischen Situation für nicht angemessen.

Folgt man der Darstellung von Otte (Floaing Downstream? Lord Salisbury and the British Foreigen Policy, 1878-1902, S. 114ff) dann standen das Mittelmeer und der Nahe Osten, inklusive der Zerfall des Ottomanischen Reichs im Kern der politischen Diskussionen und Konflikte. Und die französisch- russische Zusammenarbeit bei der Marine bedrohte die britische "Lebenslinie" durch das Mittelmeer.

The Makers of British Foreign Policy: From Pitt to Thatcher - Google Books

Vor diesem Hintergrund ist die bewußte Provokation der Krüger Depesche zu interpretieren und erst aus diesem Kontext erschließt sich, warum sie überhaupt eine politische Hebelwirkung erzielen sollte. Folgt man den Intentionen von Holstein so sollte sie geeignet sein, den Briten die hohe strategische Bedeutung eines wohlgesonnenen DR zu demonstrieren und so die Attraktivität als Bündnispartner zu erhöhen (vgl. die Darstellung bei Wiki in Anlehnung an Röhl: Wilhelm II, Bd. 2). Nicht zuletzt da GB in dieser Phase relativ isoliert darstand und tendenziell eher mit dem DR und Ö-U kooperiert hatte.

Krüger-Depesche ? Wikipedia

In diesem Sinne kommentiert ihre gravierende politische Bedeutung ein diplomatisches "Schwergewicht" völlig zutreffend, indem Kissinger (S. 185) schreibt: "What started out as a harassment to demonstrate the value of German friendship gradually turned into a genuine strategic challenge."

Diplomacy - Henry Kissinger - Google Books

Und zusätzlich gewann die Krüger Depesche ihre Bedeutung für die Beziehung zu GB durch den ab 1898 einsetzenden Rüstungswettlauf zur See, inklusive der Bedeutung des zweiten Burenkrieges.

Flottengesetze ? Wikipedia

Im Prinzip war das britische Auftreten in dieser Krise doch arrogant und hochmütig und das Deutsche Reich wurde nicht entsprechend seinen Status als Großmacht behandelt. Eher das Gegenteil.

Dieses Urteil erschließt sich mir auch absolut nicht. IR sind eine Frage der nüchternen Fakten und zu dem Zeitpunkt sprachen die Interessen des DR dafür, GB diplomatisch zu gewinnen, nicht zuletzt auch um seine zunehmenden globalen Handelsinteressen abzusichern.

Es zeigt sich an dieser Krise das auch bereits von excideuil angesprochene Problem, dass ausgehend von bestimmten Ideen innerhalb des Navalismus, die Bündnisfähigkeit eines Landes durch seine - maritime - Rüstung erhöht werden sollte. Und man übersah dabei vollkommen, dass in dieser Politik auch immer das Potential der Bedrohung steckt.

Maritimer Imperialismus: Seemachtideologie, seestrategisches Denken und der ... - Rolf Hobson - Google Books

Somit war die "Krüger Depesche" ein gefährlicher und auch inkompetenter Versuch, die Annäherung von GB an das DR durch "Stärke" erzwingen zu wollen. Und hat genau den gegenteiligen Effekt erzielt, der in der Generation nach Salisbury zu einem "Foreign Office Mind" um Grey geführt hat, der den Interessen und Zielen der DR tendenziell skeptisch, aber in der Mehrheit sicherlich nicht deutschfeindlich gegenüberstand (vgl. Otte: Control the Whirlwind: Sir Edwar Grey as Foreign Secretary 1906-1916 in: ders.: Makers of British Foeign Policy. S. 140 ff; und auch Steiner & Neilson: Britain and the Origins of the First World War.)
 
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Zwei Dinge verdienen es doch festgehalten zu werden.

1. Es waren die Briten, hier Jameson, die zur Gewalt griffen. Deutsche Interessen spielten aus deren Sicht absolut keine Rolle. Weltweite Handelsinteressen mit militärischer Gewalt zu schützen geht also in Ordnung?

2. Es waren auch die Briten, die mit dem Krieg drohten.

Wilhelm der Plötzliche hate wieder einmal kurzfristig seinen unüberlegten und unbedarften Impulsen nachgegeben. Unter dem Strich ist jedenfalls die Depesche herausgekommen und die beinhaltet nun wirklich nichts dramatisches. Eine Provokation vermag ich nicht zu erkennen.

Dass das Reich ein Bündnis mit dieser Aktion erzwingen wollte, lese ich zum ersten Male. Jedenfalls ist davon beispielsweise bei Kanis nichts zu lesen. Außerdem war die deutsche Einstellung sowieso unrealisitsch, denn Großbritannien war zu jener Zeit noch Anhänger der Splendid Isolation. Mit Salisbury wäre ein festes Bündnis nicht zu machen gewesen. Das wußten eigentlich selbst die Herren des AA.

Du rechtfertigst die britischen Interessen. Was ist denn mit den deutschen? Warum ist das aggressive britische Vorgehen in Ordnung und die lächerliche Depesche eine himmelschreiende Provokation? Die Reaktion der Briten war doch vollkommen unverhältnismäßig. Britische Interessen waren anscheinend immer elementar und das deutsche Vorgehen dazu prvokativ. Das ist die britische Sicht.
 
Du rechtfertigst die britischen Interessen. Was ist denn mit den deutschen?

Ich weigere mich permanent, penetrant und hinhaltend, irgendeine historische Person oder ein "Land" etc. "anzugreifen", sie zu "verteidigen" oder sie zu "verurteilen". Und je länger ich mich mit Geschichte beschäftige, desto mehr bin ich von der Richtigkeit dieser Sicht überzeugt.

Ich versuche von "neutraler", wenngleich natürlich subjektiver, Seite lediglich die Interessen der Akteure zu verstehen, auch die deutschen Ambitionen im DR und die britischen. Und werde demnächst die russische Sicht zu den Ursprüngen des WW1 umfangreicher darstellen, um der "pluralen" Sicht gerecht zu werden. Es fehlt allerdings noch eine kompetente Darstellung der französischen Sicht!

Ansonsten sprechen "Fakten" in der Regel eine ausreichend deutliche Sprache und jeder Betrachter mag sich ein Urteil selber bilden.

Inhaltliche Antwort kommt noch.
 
Es ist aber schon recht auffällig, dass das Kaiserreich auffallend negativ gesehen wird. Frankreich, Russland und vor allem Großbritannien eher positiv, zumindest nicht negativ. Bei postiver Stellungnahme zugunsten des Kaiserreichs liest man entweder die falschen Bücher, hat die falsche Sichtweise oder oder.....:winke:

Bei Großbritannien, die imperialisitsche Supermacht schlechthin, ist alles logischer erklärbar und "alles in bester Ordnung." Und Clark und Co sind natürlich vollkommen überbewertet.
 
Es ist aber schon recht auffällig, dass das Kaiserreich auffallend negativ gesehen wird. Frankreich, Russland und vor allem Großbritannien eher positiv, zumindest nicht negativ. Bei postiver Stellungnahme zugunsten des Kaiserreichs liest man entweder die falschen Bücher, hat die falsche Sichtweise oder oder.....:winke:

Bei Großbritannien, die imperialisitsche Supermacht schlechthin, ist alles logischer erklärbar und "alles in bester Ordnung." Und Clark und Co sind natürlich vollkommen überbewertet.

Dito! Ich fand es schon immer kurios, dass man in Deutschland die "Schuld" bzw. Verantwortung für den Kriegsausbruch zu einem beachtlichen Teil darin sah, Groß-Britannien "herausgefordert" zu haben, als ob es nicht das Recht einer jeden souveränen Nation wäre, sich eine Kriegsflotte zuzulegen.

So ähnlich auch wie die Situation 1870 als man ja Frankreich mit einem unverschämten Telegramm gerade zu nötigte den Krieg zu erklären.
 
Noch etwas zur Transvaalkrise

[FONT=&quot]Gordon A.Craig schreibt beispielsweise, dass die deutsche Regierung vollkommen im Recht war mit ihrem massiven Protest hinsichtlich Jamesons Einfalls in dem Transvaal. Und das war nicht nur hier so, sondern auch bei anderen Vorgängen, genannt seien der Kongovertrag und die reichlich eigenwillige Interpretation seitens der Briten. Das Problem auf deutscher Seite war dann die schroffe, ja drohende Sprache. Das war kontraproduktiv.[/FONT]

[FONT=&quot]Die Aufregung um die Krüger Depesche erscheint mir nicht wirklich gerechtfertigt. Was brachte sie denn furchtbares zum Ausdruck, das diesen Sturm im Wasserglas verursachte?[/FONT]
[FONT=&quot]
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[FONT=&quot]Das Deutsche Reich war eben nicht die USA, vor der man bereitwillig und entgegenkommend Positionen räumte. Nein, es war der europäische Nachbar vor der Haustür, dessen industrielle und wirtschaftliche Konkurrenz Großbritannien fürchtete und wohl teilweise auch neidete. Man war als absteigende Weltmacht nicht willens das deutsche Verlangen nach Weltgeltung zu dulden. Deutschland wurde eben nicht als ebenbürtig betrachtet. Die Venezuelabotschaft des US Präsidenten Cleveland beispielsweise, die unmissverständlich sich gegen britische Interessen richtete, wurde ruhig aufgenommen und verursachte keine öffentliche Empörung und Proteststurm. Es waren ja auch die USA; die durften das.[/FONT]
 
Hintergfrundinfos zur Transvaalkrise

Im Transvaal mehrten sich zur damaligen Zeit die Goldfunde und diese waren für die Briten vom Interesse. Der Transvaal sollte früher oder später sicherlich unter die britsche Krone gezwungen werden. Cecil Rhodes war so ein Verfechter. Großbritannien hatte nachdem gescheiterten Raid von Jameson seine Pläne nur kurzfristig zurückgestellt. Die Briten waren nicht willen s die Entwicklung eines erfolgreichen Wirtschaftszentrum in Südafrika außerhalb des Empires zu akzeptieren. Der Krieg gegen die Buren wurde dann auch bald grausame Wirklichkeit. Die deutschen Siedler und wirtschaftlichen Interessen waren für die Briten da nicht groß von Belang.
 
[FONT=&quot]Deutscherseits befürchtete man wohl nicht ganz zu Unrecht, das, wenn Burenrepubliken erst wieder Bestandteil des Empire sind, das der deutsche Handel mehr oder weniger dort ausgeschlossen werden würde. Die deutsche Konkurrenz wurde gefürchtet, obwohl der britische Export seit 1895 sich zu deren Gunsten entwickelt hat.[/FONT]

[FONT=&quot]Die Briten duldeten keine „Einmischung“ in südafrikanische Angelegenheiten und eine Parteinahme zugunsten der Buren. Whitehall vertrat die Auffassung, dass die Buren ohne Zustimmung Londons keine völkerrechtlichen Verträge schließen dürfe. Transvaal wurde praktisch noch als Teil des Empire betrachtet.[/FONT]

[FONT=&quot]Berlin meinte hingegen meinte seine materiellen Interessen wie den Bau von Bahnen oder auch der Anknüpfung von Handelsbeziehungen schützen zu müssen.[/FONT]

[FONT=&quot]Auch wenn Salisbury die Aktion von Jameson offiziell nicht gebilligt haben mag, so zog er weder einen Rückzug noch eine Verständigung mit dem Deutschen Reich ernsthaft in Erwägung. Das einzige war Beschwichtigung; mehr nicht.[/FONT]
 
[FONT=&quot]Die Aufregung um die Krüger Depesche erscheint mir nicht wirklich gerechtfertigt. Was brachte sie denn furchtbares zum Ausdruck, das diesen Sturm im Wasserglas verursachte?[/FONT][FONT=&quot].[/FONT]

Als Antwort eine Einordnung der Depesche in den historischen Kontext in Anlehnung an eine zeitgenössische Darstellung von O. Herrman (1925).

Deutsche Weltpolitik 1890-1912 - Otto Hammann - Google Books

Die Ursache des Konflikts zwischen SAR (GB) und dem Transvaal bildete die Londoner Konvention von 1884. London ging lediglich von einer Teilautonomie des Transvaals aus, die sich auf die Regelung ihrer internen Angelegenheiten beschränkte. Außenpolitische Aspekte bedurften der Zustimmung von GB. Ob diese juristische Bewertung korrekt war, sei dahingestellt.

Das Zustandekommen läßt sich anhand des Tagebuche des Frh v. Marschall rekonstruieren. Am 3. 1. 1886 gab es wohl eine Sitzung, bei der KW II, der Reichskanzler, Hollmann, Knorr und Senden anwesend waren.

Von KW II kam zunächst der Vorschlag, ein Protektorat über das Transvaal auszusprechen. Dann wollte er die Marineinfantrie mobilisieren und Truppen entsenden. Auf den Einwand, dass das Krieg mit GB bedeuten würde, soll wohl KW II wörtlich geantwortet haben, "Ja, aber nur zu Lande".

Die anwesenden Fachleute haben eine militärische Intervention abwenden können und im Ergebnis ist "lediglich", als diplomatische Überdruckventil für KW II, die Depesche formuliert worden. In diesem Sinne wird sie von Herrmann als eine Notlösung der interpretiert, die Schlimmeres verhindern sollte.

London Convention - Wikisource, the free online library

Es sei noch angemerkt, dass KW II an diesem Tag ganz große "Weltpolitik" machen wollte. An diesem Tag, dem 3.1. 1896, legte zudem Tirpitz den Plan für den Bau von zwei Hochseegeschwadern vor, die in der Zukunft geeignet sein sollten, GB zu veranlassen, die "Weltpolitik" von KW II in einem höheren Maße zu akzeptieren und zu unterstützen (vgl. W. Mommsen, S. 98).

War der Kaiser an allem schuld?: Wilhelm II. und die preussisch-deutschen ... - Wolfgang J. Mommsen - Google Books

Vor dem Hintergrund der Ereignisse des 03.01. 1896 kommt der Depesche eine hohe politische Bedeutung zu und führte kurzfristig zu einer massiven Verstimmung in den beiderseitigen Beziehungen. Sie wurde in London als das gewertet, als was sie auch gemeint war. Eine versteckte und aggressive Drohung an die Adresse von GB.

Und es gibt nicht die geringste Veranlassung, die aggressive und schwer zu kalkulierende Außenpolitik von KW II zu verharmlosen. Dazu wurde weder von Clark noch von anderen, die Darstellungen von Fischer, Geiss oder von Röhl ganzheitlich widersprochen! Bestenfalls wurde in Teilen eine Revision ihrer Aussagen vorgenommen und gleichzeitig in einem ergänzenden Sinne die Darstellungen, auch komparativ, erweitert.
 
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Genau die "angebliche" Unabhängigkeit der Burenrepubliken wurde ja unterschiedlich verstanden und interpretiert. Was ist das überhaupt für eine Unabhängigkeit, in der sich Grobritannien anmaßt, zu entscheiden welche Verträge die Burenrepubliken schließen dürfen oder nicht? Das gleiche praktizierte man ja auch mit Afghanistan.

In dem Moment wo Gold und Diamanten gefunden wurden, war die britischen Unternehmen stark daran interessiert, die Republiken zu "kassieren", damit sie entsprechend Kasse machen können. Dazu diente eben auch der Raid Jamesons, mit voller Billigung von Cecil Rhodes und mindestens dem Wissen von Joseph Chamberlain, den mächtigen britischen Kolonialminister. Deutsche Interessen waren in dieser Frage ohne Belang. Immerhin lebten dort ein paar tausend Deutsche und in den Burenrepubliken war gut eine halbe Milliarde deutsches Kapital. Dies galt es zu schützen. Der britsche Botschafter in Berlin Malet drohte den Deutschen sogar mit Krieg; das war zwar nicht von Salisbury autorisiert, zeigt aber deutlich, was von den Deutschen erwartet wurde, nämlich die Briten gefälligst gewähren zu lassen.

Ich denke, wir dürfen hier Ursache und Wirkung nicht miteinander verwechseln. ursache war das aggressive britische Vorgehen und Wirkung war das theatralische Telegramm von Wilhelm. Die folgende Aufregung in Großbritannien war wirklich vollkommen unangemessen. Denn hätte man sich auch bei anderer Gelegenheit so aufblasen müssen; tat man aber nicht.

Und Wilhelm hat extram viel geredet, auch wirklich schlimmes, wenn der Tag lang war. Er sollte aber an dem gemessen werden, was er tatsächlich getan hat.


thanepower schrieb:
Und es gibt nicht die geringste Veranlassung, die aggressive und schwer zu kalkulierende Außenpolitik von KW II zu verharmlosen.

Wo wurde hier von einer Verharmlosung gesprochen? Du meinst doch sicher nicht das "alberne" Telegramm. Meinst du das Schwadronieren von seinen utopischen, unrealistischen und unausgereiften militärischen Erwägungen? Sie wurden ja nicht Wirklichkeit! Da kann von einer aggressiven Außenpolitik wohl kaum die Rede sein. Aggressiv waren die Briten und 1899 war es denn ja auch so weit, das der Krieg gegen die Buren begann.
 
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[...]
Es sei noch angemerkt, dass KW II an diesem Tag ganz große "Weltpolitik" machen wollte. An diesem Tag, dem 3.1. 1896, legte zudem Tirpitz den Plan für den Bau von zwei Hochseegeschwadern vor, die in der Zukunft geeignet sein sollten, GB zu veranlassen, die "Weltpolitik" von KW II in einem höheren Maße zu akzeptieren und zu unterstützen (vgl. W. Mommsen, S. 98).

Vor dem Hintergrund der Ereignisse des 03.01. 1896 kommt der Depesche eine hohe politische Bedeutung zu und führte kurzfristig zu einer massiven Verstimmung in den beiderseitigen Beziehungen. Sie wurde in London als das gewertet, als was sie auch gemeint war. Eine versteckte und aggressive Drohung an die Adresse von GB.
[...]

Vielleicht auch noch als Hinweis zum lesen zur Thematik:
https://archive.org/stream/erinnerungen00tirpgoog#page/n68/mode/2up
 
....
Von KW II kam zunächst der Vorschlag, ein Protektorat über das Transvaal auszusprechen. Dann wollte er die Marineinfantrie mobilisieren und Truppen entsenden. Auf den Einwand, dass das Krieg mit GB bedeuten würde, soll wohl KW II wörtlich geantwortet haben, "Ja, aber nur zu Lande".

Die anwesenden Fachleute haben eine militärische Intervention abwenden können und im Ergebnis ist "lediglich", als diplomatische Überdruckventil für KW II, die Depesche formuliert worden. In diesem Sinne wird sie von Herrmann als eine Notlösung der interpretiert, die Schlimmeres verhindern sollte.

London Convention - Wikisource, the free online library

Es sei noch angemerkt, dass KW II an diesem Tag ganz große "Weltpolitik" machen wollte. An diesem Tag, dem 3.1. 1896, legte zudem Tirpitz den Plan für den Bau von zwei Hochseegeschwadern vor, die in der Zukunft geeignet sein sollten, GB zu veranlassen, die "Weltpolitik" von KW II in einem höheren Maße zu akzeptieren und zu unterstützen (vgl. W. Mommsen, S. 98).

War der Kaiser an allem schuld?: Wilhelm II. und die preussisch-deutschen ... - Wolfgang J. Mommsen - Google Books

Vor dem Hintergrund der Ereignisse des 03.01. 1896 kommt der Depesche eine hohe politische Bedeutung zu und führte kurzfristig zu einer massiven Verstimmung in den beiderseitigen Beziehungen. Sie wurde in London als das gewertet, als was sie auch gemeint war. Eine versteckte und aggressive Drohung an die Adresse von GB.

Und es gibt nicht die geringste Veranlassung, die aggressive und schwer zu kalkulierende Außenpolitik von KW II zu verharmlosen. Dazu wurde weder von Clark noch von anderen, die Darstellungen von Fischer, Geiss oder von Röhl ganzheitlich widersprochen! Bestenfalls wurde in Teilen eine Revision ihrer Aussagen vorgenommen und gleichzeitig in einem ergänzenden Sinne die Darstellungen, auch komparativ, erweitert.

Man kann das auch anders interpretieren als "große Weltpolitik": KWII wollte einem (warum auch immer) befreundeten Staat gegen eine offensichtliche Agression einer imperialistischen Macht beistehen und musste zurückstecken als im klar gemacht wurde, dass man dazu militärisch gar nicht in der Lage war. Aus Frust hat er dann lediglich ein Telegramm versendet. Ich sehe da den aggressiven Part weiterhin bei den Briten, die keine Herausforderung ihrer Vormacht tolerierten und sich sogar durch ein Schreiben provoziert sahen.

Eigentlich könnte man ja auch zu dem Schluss kommen, dass das DR sich genötigt sah sich eine Kriegsflotte zuzulegen, da man sich von GB gegängelt und im Handel behindert sah.
 
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thanepower schrieb:
Vor dem Hintergrund der Ereignisse des 03.01. 1896 kommt der Depesche eine hohe politische Bedeutung zu und führte kurzfristig zu einer massiven Verstimmung in den beiderseitigen Beziehungen. Sie wurde in London als das gewertet, als was sie auch gemeint war. Eine versteckte und aggressive Drohung an die Adresse von GB.

Hier der Text:

"Ich spreche Ihnen Meinen aufrichtigen Glückwunsch aus, dass es Ihnen, ohne an die Hilfe befreundeter Mächte zu appellieren, mit Ihrem Volke gelungen ist, in eigener Tatkraft gegenüber den bewaffneten Scharen, welche als Friedensstörer in Ihr Land eingebrochen sind, den Frieden wiederherzustellen und die Unabhängigkeit des Landes gegen Angriffe von außen zu wahren.“

Wo ist denn genau die versteckte Aggression gegen Großbritannien?Und wie schon oben ausgeführt, es war eine Reaktion auf das aggressvie Vorgehen Jamesons, der Kriegsdrohung Malets, Salisburys beschwichtigen etc........
 
thanepower schrieb:
Die anwesenden Fachleute haben eine militärische Intervention abwenden können und im Ergebnis ist "lediglich", als diplomatische Überdruckventil für KW II, die Depesche formuliert worden. In diesem Sinne wird sie von Herrmann als eine Notlösung der interpretiert, die Schlimmeres verhindern sollte.
Clark kommt zu einen anderen Ergebnis.

Die Depesche ging nicht auf einen Versuch zurück, einen empörten Kaiser in die Schranken zu weisen, der jeden Bezug zur Realität verloren hat. Wilhelm stand ja nicht allein mit seinen unrealistischen militärischen Überlegungen, denn sowohl Marschall als auch Holstein traten für einen harten Kurs ein. Das war ein Gemeinschaftsunternehmen.

Am Ende stand eben die Erkenntnis, das dem Deutschen Reich schlicht die militärischen Mittel, die maritimem, fehlten um eine konfrontation mit Großbritannien in Südafrika zu riskieren. So zog man sich wieder zurück. Insofern war die Krise aber auch ein Katalysator für die Flottenrüstung.

Clark, Wilhelm II.
 
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Es sei noch angemerkt, dass KW II an diesem Tag ganz große "Weltpolitik" machen wollte. An diesem Tag, dem 3.1. 1896, legte zudem Tirpitz den Plan für den Bau von zwei Hochseegeschwadern vor, die in der Zukunft geeignet sein sollten, GB zu veranlassen, die "Weltpolitik" von KW II in einem höheren Maße zu akzeptieren und zu unterstützen (vgl. W. Mommsen, S. 98).

War der Kaiser an allem schuld?: Wilhelm II. und die preussisch-deutschen ... - Wolfgang J. Mommsen - Google Books
Mit diesem Werk bin ich mittlerweile doch ein wenig vorsichtiger geworden. Immerhin behauptet Mommsen genau in diesem Buch, Wilhelm und Bethmann seien nicht mit Kiderlen-Wächters Kamikazekurs in der 2.Marokkokrise sonderlich glücklich. Mommsen behauptet, Wilhelm hätte erst Kenntnis von Kiderlen-Wächters Plänen erhalten, als die Panther, bereits unterwegs war. Das stimmt nun wirklich nicht, denn Röhl hat nachgewiesen, das Wilhelm Kiderlen-Wächters Pläne im Voraus erfahren und genehmigt hatte.
 
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Clark kommt zu einen anderen Ergebnis.Clark, Wilhelm II.

Dann irrt Clark wohl, denn keine seiner FN auf der Seite 178 ff verweisen auf das Tagebuch von Marschall, das Herrmann zur Grundlage seiner Beurteilung macht. Und in diesem Tagebuch wird es anders dargestellt.

Es wird auch in keiner FN ersichtlich, auf welcher Quelle!!!! denn Clarks Sicht basiert. Er zitiert Sekundärliteratur.

Gut, vielleicht hat Herrman nicht korrekt zitiert, wer weiss.
 
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Dann irrt Clark wohl, denn keine seiner FN auf der Seite 178 ff verweisen auf das Tagebuch von Marschall, das Herrmann zur Grundlage seiner Beurteilung macht. Und in diesem Tagebuch wird es anders dargestellt.

Es wird auch in keiner FN ersichtlich, auf welcher Quelle!!!! denn Clarks Sicht basiert. Er zitiert Sekundärliteratur.

Gut, vielleicht hat Herrman nicht korrekt zitiert, wer weiss.

Wobei zu berücksichtigen ist, das auch Tagebücher durchaus mit Vorsicht zu genießen sein können. Siehe die Tagebücher von Holstein oder Waldersee. Und Marschalls Tage als Staatssekretär waren zu jenem Zeitpunkt auch schon gezählt....
 
Prinz Alexander Hohenlohe liefert eine etwas andere Version in seinen Aufzeichnungen.

Nach dieser war Wilhelm bereits am 02.Januar in eine sehr erregten Zustande und wollte GB den KRieg erklären, aber Hohenlohe aber ausgewichen und angemerkt, das die Sache doch ein wenig zu wichtig sei, um so schnell entschieden zu werden. (1)


Wiede eine andere Variante liefert Freiherr Johann von Mesmer-Saldern. Mesmer-Saldern war mit den deutschen Botschafter Radolin, der war in Petersburg akkreddiert, zum Jahreswechsel in Berlin. Wilhelm hat demnach am 02.Januar vom Kriege gegen England geredet und Radolin das Konzept einer Depesche an Krüger vorgelesen und das Schlimme sei, das Hohenlohe seine Demission eingereicht hätte, der die Absendung der Depesche nicht verantworten wolle. (2)

Das sind jetzt also schon insgesamt drei Varianten zu den Ereignissen.


(1) Aufzeichnung Prinz Aexanders Historische Wahrheit (Krüger Depesche)
(2) Meyer, Fürst Hohenlohe und die Krüger Depesche
 
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