Das ganze würde wohl am besten in den Bereich "Zeitalter der Nationalstaaten passen". Nun die Paulskirchenversammlung musste grundsätzlich drie große Fragenkomplexe klären:
1. Die Grundrechte: Welche Rechte sollen die Bürger haben, wer darf wählen (Zensuswahlrecht also Wahlrecht nach Vermögen oder freies Wahlrecht für alle Männer). Für die Ausarbeitung benötigten die parlamentarisch unerfahrenen Mitglieder der Nationalversammlung vom Mai 1848 bis zum Dezember 1848.
2. Das Staatsgebiet: Das "deutsche" Gebiet erstreckte sich damals nicht nur auf das was wir heute als Deutschland kennne, sondern auch auf Teile Tschechiens, auf das heutige Österreichs und die Gebiete Preußens im Osten. Dabei hatte man das Problem, dass die Territorien der Habsburger nicht nur deutssprachige Gebiete umfassten, sondern auch die jenigen verschiedenster anderer Völker. Diese Gebiete wollte man nicht unbedingt in einem deutschen Nationalstaat haben. Andere "deutsch" Gebiete hingegen waren Teil Dänemarks oder in Personalunion mit Großbritannien verbunden (Kgr. Hannover). Größtenteils gab es zwei große Lösungsansätze, einmal die Großdeutsche Lösung, die alle duetschsprachigen Gebiete umfasst hätte, in einem Föderalen Staat mit zwei Schwerpunkten in Österreich und Preußen, oder aber eine kleindeutsche lösung (für die man sich letztendlich entschied) mit Preußen als "Führungsmacht".
3. Letztendlich musste man man über die Staats- und Regierungsform beraten. Dabei standen von einer föderalen Republik bis zu einer konstitutionellen Monarchie diverse Lösungsvorschläge im Raum. Dazu kam die Wahl des Staatsoberhauptes (österreichischer Kaiser als traditioneller Kaiser des HRRdN bis 1808 oder kleindeutscher preußischer Kaiser oder gar eine Wahlmonarchie?) und schließlich die Strukturierung des politischen Systems.
Die Abstimmung über die Verfassung ging äußerst Knapp aus. 267 Abgeordnete stimmtne für sie und 263 dagegen. Allein das zeigt, wie kontrovers die Verfassung diskutiert wurde.
Einen Punkt möchte ich noch beleuchten: Die Nationalversammlung war 1848 das erste deutsche Parlament, die Abgeordneten waren keine Berufspolitiker wie wir sie heute kennen und man kannte noch keine Organisation in festen Fraktionen. Das erschwert die politische Arbeit massiv.
Dazu war es zu dieser Zeit nicht unüblich, dass die Ausarbeitung einer Verfassung mehrere Jahre brauchte, sofern man wenig Erfahrung mit der Materie hatte. Die französische konstitutionelle Verfassung wurde 1791, also auch zwei Jahre nach dem Ballhausschwur/dem Beginn der Revolution verabschiedet. Die US-Verfassung wurde 1787, also erst 4 Jahre nach dem Sieg und der Unabhängigkeit verfasst. Von daher ist die Dauer eines solchen Vorgangs immer vor dem Hintergrund zu betrachten, dass man eine Verfassung nicht innerhalb von wenigen Wochen oder Monaten schreiben kann, wenn man keine entsprechenden Vorkentnisse hat und dabei über viele fundamentale Punkte diskutieren muss.