Rückgabe Elsaß-Loth.?

sonthofen

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Hallo zusammen,
haben Kaiser Wilhelm II oder seine Regierungen jemals die Möglichkeit in Betracht gezogen das Reichsland Elsaß-Lothringen oder Teile davon an Frankreich gegen koloniale Kompensation zurückzugeben?
Wenn ja, warum ist nix daraus geworden?
Wenn nein, warum nicht (Interpretationsversuche erlaubt :grübel:) ?

Ich frage deshalb, weil ich nicht verstehe warum man offenbar nie versucht hat, sich mit seinem "Erbfeind" zu verständigen.
 
Hallo zusammen,
haben Kaiser Wilhelm II oder seine Regierungen jemals die Möglichkeit in Betracht gezogen das Reichsland Elsaß-Lothringen oder Teile davon an Frankreich gegen koloniale Kompensation zurückzugeben?
Wenn ja, warum ist nix daraus geworden?
Wenn nein, warum nicht (Interpretationsversuche erlaubt :grübel:) ?

Ich frage deshalb, weil ich nicht verstehe warum man offenbar nie versucht hat, sich mit seinem "Erbfeind" zu verständigen.

Elsaß-Lothringen wurde als deutsches Kernland betrachtet, das durch Frankreich rechtswidrig erobert worden war.
Man bereute sogar, dass man es 1815 nicht zurück ins Reich geholt hatte, man wollte damals jedoch im Wiener Kongress, nicht die Bourbonen bei der Restauration belasten.

Bismark hat 1871 die Rückanexion sogar damit gerechtfertigt, dass der Verzicht 1815 als Beschwichtigung gedacht war, es jedoch an den imperialistischen Bestrebungen Frankreichs nichts geändert hatte, was übrigens auch stimmte, und das historisch gesehen immer wieder französische Armeen in Deutschland eingefallen waren und deshalb eine leichter zu verteidigende Grenze an den Vogesen gerechtfertigt sei.

Es wäre der Öffentlichkeit nie zu vermitteln gewesen, diese Gegenden wieder an Frankreich abzutreten, im Tausch mit was auch immer. Es gab auch kaum eine Kolonie, die so wertvoll gewesen wäre.
 
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Das sehe ich ähnlich, eine Rückgabe des ganzen Gebietes wäre kaum realisierbar gewesen.

Aber beispielsweise Metz gegen Teile Zentralafrikas? Und ein besseres Verhältnis zu Frankreich! Solche Überlegungen gab es von keiner Seite? Nicht mal von Bebel und Co? Weisst du da was?
 
Die Denke war eine andere. Warum hätte man einen Reichsteil, den man als Deutsch empfand, gegen eine Kolonie abgeben sollen?
 
Die Denke war eine andere. Warum hätte man einen Reichsteil, den man als Deutsch empfand, gegen eine Kolonie abgeben sollen?

Verständigung mit Frankreich! So hätte man den "Ring" vllt sprengen können. Wollte der Kaiser nicht schon 1905 einen Kontinentalblock bilden? Und dann kommt er mit leeren Händen??

Mich wundert es, dass es offenbar nie diskutiert wurde....
 
Verständigung mit Frankreich! So hätte man den "Ring" vllt sprengen können. Wollte der Kaiser nicht schon 1905 einen Kontinentalblock bilden? Und dann kommt er mit leeren Händen??

Mich wundert es, dass es offenbar nie diskutiert wurde....

Das beste wäre gewesen, Elsaß-Lothringen nie zu annektieren. Und eine Rückgabe war mit dem nationalen Prestige und dem Selbstverständis als europäische Vormacht und der angetrebten Positon als Weltmacht überhaupt nicht vereinbar.
 
Das beste wäre gewesen, Elsaß-Lothringen nie zu annektieren. Und eine Rückgabe war mit dem nationalen Prestige und dem Selbstverständis als europäische Vormacht und der angetrebten Positon als Weltmacht überhaupt nicht vereinbar.

Wäre nicht zumindest ein Referendum denkbar gewesen? Da hätten ja besonders die republikanischen Franzosen nichts gegen sagen können.
 
Wäre nicht zumindest ein Referendum denkbar gewesen? Da hätten ja besonders die republikanischen Franzosen nichts gegen sagen können.

Denkbar wäre vieles, vor allem konstruktives, gewesen. Aber das war den Herrschaften in ihren "Platz an der Sonne denken" nicht vermittelbar gewesen. Man denke nur an die überaus peinliche Zabern-Affäre.
 
Davon einmal abgesehen, war Bismarck der felsenfesten Meinung, wohl nicht zu unrecht, das die Franzosen auch ohne Annektion die Niederlage nicht "verzeihen" würden und dann lieber doch gleich ein paar Sicherheitsvorkehrungen treffen. Man denke nur an die französischen Schlagworte "Rache für Sadowa", wobei Frankreich gar nicht einmal direkter Kriegsteilnehmer war und die beiden Kontrahenten auch noch gegeneinander ausgespielt hat.
 
Davon einmal abgesehen, war Bismarck der felsenfesten Meinung, wohl nicht zu unrecht, das die Franzosen auch ohne Annektion die Niederlage nicht "verzeihen" würden und dann lieber doch gleich ein paar Sicherheitsvorkehrungen treffen. Man denke nur an die französischen Schlagworte "Rache für Sadowa", wobei Frankreich gar nicht einmal direkter Kriegsteilnehmer war und die beiden Kontrahenten auch noch gegeneinander ausgespielt hat.

Waren die Friedensbedingungen Bismarcks dann nicht gerade schon großzügig - es war immerhin ein Angriffkrieg Frankreichs? Zu einer "Sicherung" hat ja nicht schließlich nicht gereicht.
 
Waren die Friedensbedingungen Bismarcks dann nicht gerade schon großzügig - es war immerhin ein Angriffkrieg Frankreichs? Zu einer "Sicherung" hat ja nicht schließlich nicht gereicht.

Nein. Also unschuldig war Preussen nun ganz gewiss nicht. Bismarck hat schon gehörig nachgeholfen...
Und großzügig? Frankreich musste für damalige Verhältnisse eine gewaltige Summe an das Deutsche Reich zahlen.
 
Nein. Also unschuldig war Preussen nun ganz gewiss nicht. Bismarck hat schon gehörig nachgeholfen...
Und großzügig? Frankreich musste für damalige Verhältnisse eine gewaltige Summe an das Deutsche Reich zahlen.

Ich habe nicht an dr Schuld Preußens gezweifelt. Mit "Angriffskrieg" meinte ich eben, dass Bismarck es so dargestellt hat, und daraus möglicherweise härter Forderungen hätte ableiten können.
 
Davon einmal abgesehen, war Bismarck der felsenfesten Meinung, wohl nicht zu unrecht, das die Franzosen auch ohne Annektion die Niederlage nicht "verzeihen" würden und dann lieber doch gleich ein paar Sicherheitsvorkehrungen treffen. Man denke nur an die französischen Schlagworte "Rache für Sadowa", wobei Frankreich gar nicht einmal direkter Kriegsteilnehmer war und die beiden Kontrahenten auch noch gegeneinander ausgespielt hat.

"Rache für Sadowa" spielte aber nach 1900 in Frankreich keine Rolle mehr. Ich gebe dir Recht , dass eine vollständige Rückgabe des gesamten Gebietes innenpolitisch unmöglich gewesen wäre. Aber Metz plus 1 oder 2 Landkreise, zwecks Verständigung und kolonialem Erwerb, ich glaube, hätte man es gewollt, wäre es gegangen. (Natürlich hätten dann wieder einige gemeckert, aber das taten die Extremisten so oder so, egal welchen Weg die Regierung gegangen wäre).
 
"Rache für Sadowa" spielte aber nach 1900 in Frankreich keine Rolle mehr.

Dafür die Rache für Sedan.

Wie ernst die Leute damals so etwas genommen haben, kann man sich heute wohl kaum noch vorstellen.

Ich gebe dir Recht , dass eine vollständige Rückgabe des gesamten Gebietes innenpolitisch unmöglich gewesen wäre. Aber Metz plus 1 oder 2 Landkreise, zwecks Verständigung und kolonialem Erwerb, ich glaube, hätte man es gewollt, wäre es gegangen. (Natürlich hätten dann wieder einige gemeckert, aber das taten die Extremisten so oder so, egal welchen Weg die Regierung gegangen wäre).

Ich glaube, auch auf französischer Seite hätte sich niemand drauf eingelassen. Für die galt alles oder nichts. In Paris gibt es auf der Place de la Concorde eine Satue die Strassburg darstellt und die bis 1918 schwarz drappiert war. Der Irredentismus für diese Gegend war damals fast ein Grundpfeiler des französischen Nationalgefühls. In den Jahren zwischen 1871 und dem ersten Weltkrieg entstanden in Frankreich überall Strassen und Plätze die nach Elsass und Lothringen benannt wurden, sogar der größte französische Passagierdampfer hiess Lorraine so wie ein Panzerkreuzer der Marine.

Die Rücknahme eines Teiles hätte man als Verzicht auf den Rest angesehen und als Verrat betrachtet.
 
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Dafür die Rache für Sedan.

Wie ernst die Leute damals so etwas genommen haben, kann man sich heute wohl kaum noch vorstellen.



Ich glaube, auch auf französischer Seite hätte sich niemand drauf eingelassen. Für die galt alles oder nichts. In Paris gibt es auf der Place de la Concorde eine Satue die Strassburg darstellt und die bis 1918 schwarz drappiert war. Die Rücknahme eines Teiles hätte man als Verzicht auf den Rest angesehen und als Verrat betrachtet.

Das ist eben die Frage, wäre Frankreich mit einem Teil zufrieden gewesen?
Hätte Dtl eine Teil herausgegeben? Aber offenbar wurde das nie in Deutschland diskutiert. Ich kenne nicht eine Quelle dazu. "Versöhnung" war offenbar ein Fremdwort.
 
Davon einmal abgesehen, war Bismarck der felsenfesten Meinung, wohl nicht zu unrecht, das die Franzosen auch ohne Annektion die Niederlage nicht "verzeihen" würden und dann lieber doch gleich ein paar Sicherheitsvorkehrungen treffen.

Immerhin hat er damit erreicht, dass es im næchsten Krieg im Kern "nur" um Elsass-Lothringen ging. Hætte man das 1871 bei Frankreich belassen, hætten nach dem 1.WK sicher andere Gebiete Deutschlands an Frankreich gehen "muessen".

Das ist von Bismarck natuerlich nicht so voraussehbar gewesen, aber ich denke es kann als sicher gelten, dass sich Frankreich 1918 dann nicht mit den bestehenden Grenzen abgefunden hætte, das Saarland, vielleicht auch Mainz oder gar Køln wære (wieder) franzøsisch geworden.
Ohne Gebietsgewinne hætte man den Sieg im 1.WK der Øffentlichkeit nicht verkaufen kønnen.

Andererseits wæren vielleicht die Chancen fuer einen Verstændigungsfrieden ca. 1916 vielleicht besser gewesen.

Gruss, muheijo
 
Wenn es in Versaille nach Frankreich gegangen wäre, dann hätte die Landkarte des Deutsches Reiches im Jahre 1919 anders ausgesehen.
 
Zumindest Bismarck stand kolonialen Erwerbungen ja sowieso eher skeptisch gegenüber. Warum sollte er also ein Stück "deutsches Land" für eine ferne und kostenträchtige Kolonie eintauschen, die im Ernstfall eh nicht zu verteidigen war? Bismarck hat desöfteren betont, dass sein Fokus auf Europa liegt.
Im dt. Reich sah man auch nach der Bismarck-Ära E-L schlichtweg als deutsches Gebiet an, welches 1871 zurück ins Reich geholt worden war. Eine wie auch immer geartete Abtretung an Frankreich war mit dem National- und Ehrgefühl der damaligen Zeit einfach nicht vereinbar. Zumal es aus damaliger deutscher Sicht keine Veranlassung gab, an Frankreich Zugeständnisse irgendwelcher Art im Hinblick auf eine Verständigung zu machen. Im Gegenteil - die "Blick auf die Vogesen" Revanchegelüste Frankreichs trugen eher dazu bei, die Stimmung im Reich weiter negativ anzuheizen. Ich glaube, keine dt. Reichsregierung hätte damals eine solche Gebietsrückgabe politisch überlebt.

Ob Frankreich sich mit einer Teilrückgabe zufrieden gegeben hätte, ist sicher spekulativ. Vorstellen kann ich es mir allerdings nicht, denn auch das hätte nicht in die Zeit gepasst. Auch in Paris hätte es m. E. keine Regierung überlebt, wenn sie sich mit einem Stückchen von E-L zufrieden gegeben hätte.
 
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Elsaß-Lothringen wurde als deutsches Kernland betrachtet, das durch Frankreich rechtswidrig erobert worden war.
Man bereute sogar, dass man es 1815 nicht zurück ins Reich geholt hatte, man wollte damals jedoch im Wiener Kongress, nicht die Bourbonen bei der Restauration belasten.

Bismark hat 1871 die Rückanexion sogar damit gerechtfertigt, dass der Verzicht 1815 als Beschwichtigung gedacht war, es jedoch an den imperialistischen Bestrebungen Frankreichs nichts geändert hatte, was übrigens auch stimmte, und das historisch gesehen immer wieder französische Armeen in Deutschland eingefallen waren und deshalb eine leichter zu verteidigende Grenze an den Vogesen gerechtfertigt sei.

Es wäre der Öffentlichkeit nie zu vermitteln gewesen, diese Gegenden wieder an Frankreich abzutreten, im Tausch mit was auch immer. Es gab auch kaum eine Kolonie, die so wertvoll gewesen wäre.
Dass Elsaß-Lothringen als deutsches Kernland betrachtet wurde, ist aber kräftig an ideologischen Haaren herbeigezogen. Meines Wissens gab es nicht die geringsten Bestrebungen in E-L, "heim ins Reich" zu dürfen.

Auch die Begründungen zu 1815 sind hist. nicht zu halten. Beim ersten Pariser Frieden spielte E.-L. keine Rolle, erst nach den 100 Tagen wurde es durch Preußen und nur durch Preußen in den Verhandlungen zum 2. Pariser Frieden ins Gespräch gebracht, weil Preußen seine linksrheinischen Besitzungen bedroht sah. (von heim ins Reich war da noch keine Rede, ebenso wenig von Österreich, welches hist. betrachtet viel eher hätte davon reden können) Freilich konnte sich Preußen nicht durchsetzen, weniger der Bourbonen wegen, sondern dem internationalen Gleichgewicht und auch der Tatsache geschuldet, dass nur Napoleon, nicht aber Frankreich der Krieg erklärt worden war.

Bismarck wusste sicherlich, dass Frankreich den "natürlichen Grenzen" nachtrauerte, er musste aber auch wissen, dass Frankreich lange Jahrzehnte nach 1815 "Großmacht auf Bewährung" war und keine Chance zu Gebietserweiterungen bekam.

In der Summe bleibt wohl, dass die Begründung der Annexion nationalistisch ideologisch geführt wurde, damit ein zurück gar nicht möglich war, denn wie hätte man der eigenen Bevölkerung dies erkären wollen?

Grüße
excideuil
 
Frankreich wollte ja ursprünglich nicht nur Elsaß und Lothringen zurück haben, sondern auch die Reparationen, immerhin mehrere Milliarden, die es gemäß den Frankfurter von 1871 Frieden an das Deutsche Reich zu leisten gehabt hatte.

Fenske, Der Anfang vom Ende des alten Europa, S.88
 
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