Sozialistengesetz - andere historische Beispiele?

lensch

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Hallo alle miteinander,
ich beschäftige mich zur Zeit mit der Beziehung Bismarcks mit den Sozialdemokraten. Seine Taktik zuächst war ja die "Peitsche" in Form von einem annähernden Parteiverbot bevor er zum "Zuckerbrot" griff und die Sozialgesetzgebung reformierte. Doch beide Taktiken schlugen ja fehl und die Sozialdemokraten konnten dennoch erstarken.

Ich habe mich gefragt, ob es noch andere Beispiele in der Geschichte gibt, in denen das Verbot (oder annähernde Verbot) einer politischen/kulturellen Bewegung zum genauen Gegenteil und damit zum Erstarken der führte?
Könnte man also so einen "Herrscher-Tipp" formulieren: Wenn du willst, dass die Bewegung keine Gefahr darstellt und nicht weiter erstarkt, dann verbiete sie nicht, sondern nimm ihnen nur den Wind aus den Segeln (Sozialgesetzgebung)!?

Mir fielen sofort die Edikte ein und das unterdrückte Christentum ein und auch die NPD heutzutage (die ja nicht verboten wird, um sowas zu verhindern)... Findet ihr diese Beispiel repräsentativ? Habt ihr noch andere Einfälle?

Liebe Grüße, Lensch
 
Hallo alle miteinander,
ich beschäftige mich zur Zeit mit der Beziehung Bismarcks mit den Sozialdemokraten. Seine Taktik zuächst war ja die "Peitsche" in Form von einem annähernden Parteiverbot bevor er zum "Zuckerbrot" griff und die Sozialgesetzgebung reformierte. Doch beide Taktiken schlugen ja fehl und die Sozialdemokraten konnten dennoch erstarken.
Ob Bismarck so kalkuliert hatte, darauf mögen die Spezialisten näher eingehen.
Deine Frage ist ganz spannend, im 19. Jhd. gab es europaweit mehr oder weniger erfolgreiche Versuche, den Wind der französischen Revolution aus den Segeln zu nehmen und kleine Zugeständnisse zu machen. Die Bauernbefreiung könnte ein Beispiel sein.

Ich habe mich gefragt, ob es noch andere Beispiele in der Geschichte gibt, in denen das Verbot (oder annähernde Verbot) einer politischen/kulturellen Bewegung zum genauen Gegenteil und damit zum Erstarken der führte?
In diesem Sinn könnte man die russische Revolution anführen.
 
Hallo alle miteinander,
ich beschäftige mich zur Zeit mit der Beziehung Bismarcks mit den Sozialdemokraten. Seine Taktik zuächst war ja die "Peitsche" in Form von einem annähernden Parteiverbot bevor er zum "Zuckerbrot" griff und die Sozialgesetzgebung reformierte. Doch beide Taktiken schlugen ja fehl und die Sozialdemokraten konnten dennoch erstarken.

Bismarcks Zielsetzung bei der Sozialgesetzgebung war es sicher auch die soziale Lage der Arbeiter zu verbessern. Das kann und darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, das es eben auch darum ging, die Arbeiter der Sozialdemokraten abspenstig zu machen und so für den Staat in seiner bestehenden Form zu gewinnen. Denn die SPD hat ja trotz oder gerade wegen der Sozialistengestze von über 430.000 Wähler auf weit über eine Million Wähler zulegen können.
 
:winke:

wäre toll, wenn ihr mir noch ein, zwei beispiele nennen könntet, bei denen die Unterdrückung einer Bewegung genau zum Gegenteil, nämlich zum Erstarken geführt hat. ;)

ich habe am freitag mein mündliches abi in geschichte und befürchte, dass diese frage drankommen wird und mir fällt nur die christenverfolgung ein :S
 
Spanien nach Francos Tod: Massaker von Atocha. Rückwärtsgewandte Franquisten verüben einen Anschlag auf eine Anwaltskanzlei der Comisiones Obreras (CCOO, Gewerkschaft der kommunistischen Partei Spaniens). Die Folge: Viele Spanier solidarisieren sich mit den Kommunisten, die nach wie vor trotz aller Öffnung Spaniens und des Kurses des Königs und seines Ministerpräsidenten in Richtung Demokratie in der Halblegalität existieren (sie waren nicht legalisiert, wurden aber von den Behörden weitgehend toleriert). Juan Carlos und Manuel Fraga müssen darauf hin, obwohl sie die Kommunisten erst nach der Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung legalisieren wollten, diese vor der Wahl legalisieren und zur Wahl zulassen.

Allerdings - trotz aller Solidarität der Spanier mit den Kommunisten - in Wählerstimmen hat sich das dann nach der Legalisierung und Zulassung kaum noch niedergeschlagen
 
@lensch: Ui der Vergleich hinkt aber arg. Mir würde spontan der Peronismus in Argentinien einfallen. Die Peronistische Partei ist mehrfach von putschenden Militärs verboten worden und danach immer wieder (durch Wahlen) an die Macht gekommen. Der ANC in Südafrika ist auch ein solcher Fall, in dem eine verbotene Oppositionsgruppe immer stärker wurde, bis sie schließlich nach den ersten freien Wahlen die Kontrolle über das Land übernahm und sie bis heute mit deutlichem Vorsprung behält.
 
@lensch: Ui der Vergleich hinkt aber arg. Mir würde spontan der Peronismus in Argentinien einfallen. Die Peronistische Partei ist mehrfach von putschenden Militärs verboten worden und danach immer wieder (durch Wahlen) an die Macht gekommen. ....

Das ist ein sehr gutes Beispiel. Peron war zum Ende seiner zweiten Amtszeit ziemlich am Ende und hatte viel von der Unterstützung der Arbeiter verloren. Die wirtschaftliche Situation wurde schlechter und es begannen Proteste die blutig reprimiert wurden (wobei er wohlgemerkt kein richtiger "Diktator" war wie man häufig hört). Ein drittes Mal wäre er wohl nicht gewählt worden.

Durch den Putsch von 1955, den anschliessenden langjährigen Verbot und vor allem dadurch dass kaum über diesen Zeitraum gesprochen wurde (zeitweilig durfte nicht einmal sein Namen in den Medien genannt werden), fand eine Mythenbildung statt, die dazu führte, dass er von den Jüngeren, die ihn gar nicht real kannten, regelrecht vergöttert wurde.
 
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