Warum haben sich die kleindeutschen Staaten Österreich angeschlossen?

Gefion

Neues Mitglied
Hi,

ich suche schon nach einer ganzen Weile eine Antwort auf die Frage, warum sich die kleindeutschen Staaten Österreich angeschlossen haben und nicht Preussen...
Wäre ganz toll, wenn Ihr mir weiter helfen könntet :)

liebe Grüsse
Gefion
 
Falls du den Preußisch-Österreichischen Krieg 1866 meinst: Zunächst war Deutschland eher zweigeteilt, die meisten Norddeutschen Staaen kämpfen an der Seite von Preußen, während Hannover, Sachsen und die süddeutschen Staaten auf Seiten Österreichs kämpften. Österreich hingegen war Führungsmacht im Deutschen Bund und Preußen war Aggressor. Damit waren eigentlich die deutschen Staaten zur bündnistreue mit dem angegriffenen Staat des Bundes, also Österreich verpflichtet.
 
Hi,

ich suche schon nach einer ganzen Weile eine Antwort auf die Frage, warum sich die kleindeutschen Staaten Österreich angeschlossen haben und nicht Preussen...
Wäre ganz toll, wenn Ihr mir weiter helfen könntet :)

liebe Grüsse
Gefion


das ist wirklich eine interessante Frage. Würde mich auch genau mal interessieren.

Ich nehme an, du meinst das Jahr 1866?

Evtl. spielten konfessionelle Grundsätze noch eine Rolle (das kath. Bayern mit dem protest. Preußen gegen das kath. Österreich?) Allerdings glaube ich da in der zweiten Hälfte des 19. Jhd nicht mehr so dran. Dafür waren die Politiker damals schon zu sehr Realpolitiker und weniger ideologisch/religiös geprägt.

Vielmehr spielte wohl die direkte Abhängigkeit von Preußen eine Rolle, die man so versuchte zu verhindern.
Man wusste wohl in Hannover sehr genau, dass man evtl. schwer unter einem verlorenen Krieg gegen Preußen leiden würde (was dann in der "krassesten Form" - der Annektion durch Preußen gipfelte) allerdings hoffte man bei einem Sieg Preußen doch für die Zukunft in die Schranken weisen zu können.

Hinzu kam, dass Österreich sowohl die Führung im dt. Bund inne hatte, als auch auf dem Papier die stärkste Armee des Deutschen Bunds besaß (wohl gemerkt nur auf dem Papier anhand der zahlenmäßigen Überlegenheit).

Sich da als Zwischenstaat Österreich anzuschließen war also nicht ganz abwegig.

Andere Frage: Warum hätten sie sich Preußen anschließen sollen, wo damals die meisten europäischen Politiker glaubten, dass Österreich den Krieg gewinnen wird?
 
Österreich hatte am 01.Juni 1866 die leidige Problematik um die Zukunft der Herzogtümer Schleswig und Holstein an Deutschen Bund an Frankfurt gereicht. Das war aus der Sicht Preußens ein Bruch der Gasteiner Vereinbarungen aus dem Jahre 1865. Gemäß Artikel 19 der Wiener Schlussakte hatte Österreich dann den Deutschen Bund um die Erklärung des Bundeskrieges an Preußen ersucht. Dem Antrag wurde stattgegeben.

Die Konvention von Gastein sah vor, das Schleswig unter preußischer, Holstein hingegen unter österreichischer Verwaltung stehen sollte. Lauenburg wurde von Österreich für 2,5 Millionen dänischer Taler an Preußen verscherbelt. Artikel 1 bestimmte unmissverständlich das die Rechte beider Mächte an die Gesamtheit der Herzogtümer bestehen bleiben.

Wenn es nach der Meinung des leitenden Ministers Bayerns von der Pforten gegangen wäre, dann hätte Bayern wohl nicht an der Seite Österreichs gefochten. Er war über die Sturheit der Österreicher in Frankfurt zu verärgert und hielt auch ansonsten von diesen recht wenig. Es war Prinz Karl, der Onkel von König Ludwig, der im Hintergrund die Strippen zugunsten Österreichs gezogen hat.

Hannover signalisierte Berlin zunächst Neutralität zu, aber schon im Mai wurden drei Jahrgänge einberufen. Preußen verlangte eine verbindliche Vereinbarung über die Neutralität Hannovers. Die Österreicher wollte ihre Truppen aus Holstein in die Festung Stade, sie gehörte zu Hannover, zurückziehen und reichten einen entsprechenden Antrag in Hannover ein.

Der hannoversche Ministerrat votierte am 13.Mai für die Neutralität. König Georg V. gab dem zunächst auch nach und informierte Wien und Berlin. Die Österreicher gaben aber keine Ruhe und entsandten den Prinzen Karl von Solms, ein Stiefbruder des Königs von Hannover, der als General in österreichischem Dienste stand. Kaiser Franz Joseph bot eine Vergrößerung Hannovers und den Oberbefehl über 10.deutsche Bundeskorps an. Trotzdem lehnte Georg ab. Aber in Berlin war man, verständlicherweise, über diese Entwicklung höchst misstrauisch. Die Verhandlungen über die Neutralität wurden abgebrochen.
 
Das Bündnispflicht gegen Preußen bestand, wurde schon gesagt.
Hätte man sich gleich Preußen angeschlossen , wäre man von diesem auch gleich geschluckt worden, auf kurz oder lang, wie das Beispiel des neutralen Braunschweig zeigt. Mit Regenten von Preußens Gnaden. Im Falle des Sieges hätte jeder Staat seine Souveränität behalten...
Ergo, versuchen ...
 
Am 18.August 1866 war Braunschweig eines der 16 Mitglieder, die den Norddeutschen Bund begründeten.

Bismarcks Reformvorschläge ließen bis zu Letzt für Österreich die Tür zu einer friedlichen Lösung offen. Noch am 10.Juni 1866 wurden entsprechend Vorschläge präsentiert. Nur die Österreicher bereiteten den Krieg genauso konsequent vor wie die Preußen; nur begannen sie damit schon deutlich früher. Österreich hat die schleswig-holsteinische Frage am 01 Juni an den Bund überwiesen und gleichzeitig den französischen Vorschlag eines Kongresses zurückgewiesen und damit endgültig durch seine Kompromisslosigkeit auf Krieg gestellt.

Graf Bloome, österreichischer Diplomat, der sich in Wien zwecks Vermittlung aufhielt, nahm seine Aufgabe nicht sonderlich ernst. Im April schrieb er: „Um Gottes Willen, nur jetzt keine Dummheit. Nur jetzt keine Nachgiebigkeit.“ Und am 01.Juni die bezeichnenden Worte:“ Gott sei gelobt und gepriesen. Krieg, wir brauchen Krieg..“
 
am 29.Juni war auch für Braunschweig die Messe gelesen ...
Umgeben von Preußen , was will man machen???
 
Was die Haltung der Bayern anging,

dürfte auch das 1806 erworbene relativ preussenfreundliche und separatistische Franken (nebst darinliegenden preussischen Enklaven) eine Rolle gespielt haben.
In welche Richtung das interpretiert wurde, weiß ich leider nicht.

Im Juli 1866 jedenfalls marschieren die Preussen in Nürnberg ein.
Der Kriegsberichterstatter, Theodor Fontane darselbst, wird so zitiert:

"Auf allen Straßen Menschen, Menschen an allen Fenstern, hie und da auch Hurrarufen, Tücherwehen; man hat nicht den Eindruck als Feind in eine gewonnene Stadt einzureiten, sondern als Sieger festlich empfangen zu werden."
Zitierung: Michael Peters - Geschichte Fankens, von der Zeit Napoleons bis zur Gegenwart.

Wenn man sich anschaut, wo im Bundesland Bayern z. B. Bismarckdenkmäler oder "Bismarcktürme" rumstehen, ahnt man vielleicht die relativ deutlich andere Grundhaltung der Franken zur fraglichen Zeit.
Das muss eigentlich einen Einfluss auf die königlich bayerische Haltung gehabt haben. Ich weiß nur nicht welchen.

Is nur ein Puzzlesteinchen..
Ich find aber nicht den Platz dafür.
 
Hallo :O
[FONT=&quot]Naja ,“relativ Preußenfreundlich“(auch im restlichen Bayern war man durchaus nicht „Preußenfeindlich“) heißt wirklich nicht das man auch „Preuße“ werden wollte. Das war nämlich sicher nicht der Fall, und es ist auch nichts bekannt , das man sich in München jener Zeit über einen möglichen Separatismus den Kopf zerbrach. Gerade Fontane ist da auch keine gute Quelle, er selbst hat in seiner Geschichte des Deutschen Krieges garkeinen Zweifel gelassen , das er subjektiv als Preuße und nicht als Deutscher schreibt und für die Dauer des Krieges die Objektivität beiseite gelassen hat, ( Eine ganz ähnlich lautende Geschichte, wie die oben zitierte, gibt es übrigens auch über die „Bierfahrt“ der bayerischen Truppen in Thüringen. ) Er hat hauptsächlich die preußischen Kriegsberichte jener Zeit verarbeitet und nicht seine eigene Sicht der Dinge. Ein Zeitdokument ist es dennoch, aber keine verlässliche Quelle. Die im Bayerischen Staatsarchiv immer noch vorhanden Musterungslisten aus jener Zeit sind da schon aussagekräftiger. Die Zahl der „Nichterschienen“ war demnach in Altbayern höher als in Franken[/FONT]
 
mal abgesehen von der hohen Politik war Preussen,waren c Militär und Verwalltung auch bei der breiten Bevölkerung im Süden und Südwesten nicht sonderlich beliebt und gerade kleiner Fürstentümer mussten auch auf verstärkt auf die Stimmung der Bevölkerung Rücksicht nehmen
Bei uns in Mainz als Bundesfestung mit dualer Besatzung z.B. gab es ein relativ gutes Verhältnis zu den Österreichern aber immer wieder Reibereien und Auseinandersetzungen mit den Preussen. Und in Baden,der Pfalz,Rhein- u.Südhessen war die 1790er,und 1848/49 noch nicht vergessen
 
Dabei war es Baden welches einen Vermittlungsversuch in Juni 1866 unternahm.
In den Gesprächen des Großherzogs von Baden mit dem sächsischen König Johann kam ein außerordentliche Antipathie gegen Bismarck zu Vorschein.

Johann wollte Preußen gedemütigt sehen, es sollte wieder auf die gleiche Stufe der anderen Bundesstaaten herabgedrückt werden. Johann meinte des Weiteren, es sei gar nicht möglich mit Bismarck die deutsche Reformfrage erfolgreich zu behandeln.

Johann meinte, Preußen müsse gezwungen werden, zur Bundespflicht zurückkehren. Österreich wäre angeblich dazu bereit.

Wenn Österreich gegen Preußen vorgehe, werde Sachsen sich raushalten. Wenn Österreich den Bund anrufe, werde er diesen folgen.
 
Johann meinte, Preußen müsse gezwungen werden, zur Bundespflicht zurückkehren. Österreich wäre angeblich dazu bereit.

Aprops Bundespflicht.
Ich hatte letztens den ersten Band von Winklers "der lange Weg nach Westen" in der Hand, in dem die Mittelstaaten mehr oder minder als sicherheitspolitische Trittbrettfahrer Preußens und Österreichs charakterisiert werden.
Angeblich hätten sie im Verlass auf die beiden Vormächte ihre jeweiligen Militäretats gewohnheitsmäßig ziemlich gedrückt.

Da würde mich interessieren, ob dass in dieser Weise stimmt und inwieweit es im Einklang mit den Verpflichtungen des Deutschen Bundes stand.
 
Das ist alles richtig was hier gesagt wird, mir geht hier aber ein bisschen das typische Konkurrenzdenken von menschlichen Gebilden unter. Damit meine ich, das es nicht zu unterschätzen ist, dass Bayern sich als dritte Macht nach Preußen und Österreich zu etablieren suchte. Diese Entwicklung wurde von anderen süddeutschen Staaten gefüchtet.
 
^^
Das war auch einer der Gründe warum das Großherzogtum Baden und die Württemberger auf gar keinen Fall wollten, dass bei der Eingliederung von Elsass-Lothringen, Bayern einen Teil abbgekommt und die bayerische Pfalz sich vergrößern würde. Dies hätte zu einer Stärkung Bayerns geführt (und damit zu einer Schwächung der anderen Süddeutschen Staaten). Daher war man darüber erfreut, dass Preußen die Verwaltung von Elsass-Lothringen übernommen hat.
 
hatl schrieb:
Wann soll das gewesen sein?

Du hast zwar nicht mich gefragt gehabt, aber ich erlaube mit ein paar Zeilen dazu zu schreiben.:)

Der bayrische Ministerpräsident von der Pforten wollte nach dem Gasteiner Vertrag die souveräne Existenz Bayerns sichern und versuchte zwischen Bayern und Österreich zu vermitteln. Ohne Erfolg. Das Ende seine Amtszeit war Ende 1866 gekommen.
Nachfolger wurde Hohenlohe, der spätere Reichskanzler. Die bayrische Regierung erstrebte durchaus eine hegemoniale Stellung unter den Mittelstaaten. Nur, das die Schutz-und Trutzbündnisse nun einmal eine enge Anlehnung an Preußen vorsahen und damit den bayrischen Bestrebungen im Wege standen. Bismarck musste schon einiges an Druck ausüben, damit das Bündnis mit Bayern zustande kam. Da Bayern letzten Endes keine Unterstützung von Frankreich zu erwarten hatte blieb keine Wahl als das Bündnis zu akzeptieren.
eing
Der württembergische Ministerpräsiden Varnbüler berichtet an seinem König Karl I. "Da nun eine Isolierung kleiner Staaten ohne Anlehnung an eine Großmacht [...] uns sehr gefahrvoll, da nach den mit Österreich gemachten Erfahrungen an diese so ziemlich das undankbarste ist, was man sich denken kann, da eine solche an Frankreich ohne die höchste Not dem Nationalgefühle auf das äußerste widerspricht, so mussten wir zu dem Ergebnis kommen, dass die mit Preußen eingegangene Verbindung um so mehr dem Interesse Württembergs entsprechende sei, als mit derselben die Integrität des Landes gesichert war."

Varnbüler sah in der Perhorriszierung einer Hegemonie Bayerns im Süden, die die Souveränität Württembergs hätte bedrohen oder zumindest einschränken können.

Der Großherzog von Baden neigte ohnehin zu Preußen, Wilhelm I. war ja auch sein Schwiegervater, und konnte es gar nicht abwarten Mitglied im Norddeutschen Bund zu werden.
 
@Turgot auf kleiner, niedriger Ebene blieben bayrisch-würrtemberg. Animositäten bestehen:
Die Bundesfestung Ulm zu errichten und anschließend zu armieren, Truppen fest zu installieren, zu unterhalten war ein gemeinsames, sozusagen "grenzüberschreitendes" Projekt. Die Neu-Ulmer Festungsanlagen wurden von Bayern gebaut. Nach 1871 war in der nun Reichsfestung links der Donau würrt. Militär, rechts der Donau bayr. Militär stationiert. ...bei gemeinsamen Truppenübungen und Manövern kam es immer wieder zu veritablen Schlägereien zwischen den würrt. und bayr. Soldaten... :D
 
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