Aus „ Zur Geschichte der Unterwäsche 1700- 1960“ Almut Junker und Eva Stille, Historisches Museum Frankfurt, 1988 ISBN: 3-89282-010-4
„An den Dienstboten erkennt man den Geist, der in einem Hause herrscht. Willst du also, dass sie das Lob desselben verkünden, so laß sie zunächst sehr rein und peinlich ordentlich im Aussehen sein…
Wie oft begegnet man dagegen Mädchen im abgetragenen Sonntagsstaat der Herrin, mit Armbändern an den robusten Handgelenken und dem unechten Silberpfeil im modern frisierten Haar! Jede Hausfrau sollte in ihrem Reich und Kreis dafür sorgen, dass das Dienstmädchen einfach gemachte, leicht zu reinigende Kleidung trägt, die für die Arbeit geeignet ist und seinen Stand charakterisiert… Am besten wird sogenanntes Mädchenzeug: helle Waschkleider, große weiße Achselschürzen und sogenannte Hamburger Häubchen, kleine weiße Mützen, zur Pflicht des Dienstboten gemacht. Das Mädchen ist anzuleiten, nie ohne weiße Schürze das Zimmer der Herrschaft zu betreten oder die Thür zu öffnen.“ (Wedell, 1897, S. 197f.)
Die typische Kleidung der weiblichen Dienstboten, sowohl der Köchin als auch der übrigen Mädchen, war dementsprechend ein helles, oft gestreiftes Waschklei für den Sommer und ein dunkles kleingemustertes für den Winter, darüber immer die Schürze, das Abzeichen aller Dienstboten. Für jede Arbeit gab es eine besondere, diejenige der Köchin war weiß und „den ganzen Rock bedeckend“.
Darunter gehörten derbe Stoffe mit Languetten: Die Mädchen trugen um 1900 – wie die Gnädige Frau – Hemd, Hose, Korsett, Untertaille und ein oder zwei Unterröcke, Strümpfe. Die Stoffe waren derb; Leinen oder starke Baumwolle, die viele Wäschen aushalten konnten, wurden bevorzugt. Wenn auf Verzierungen nicht ganz verzichtet wurde, so waren sie doch einfach und robust. Kräftige Maschinenspitze, - stickerei und festonierte Bogenkanten (Languetten) waren der Schmuck der meistens selbstgefertigten Wäsche.
Für solche einfache, derbe Wäsche reichte gerade noch das mühsam verdiente Geld und die knappte Zeit der „Mädchen“. Feine Wäsche blieb ihr Traum.
Die Dienstmädchen hatten im Gegensatz zu den anderen Arbeiterinnen die schönen Kleider und auch das feine verführerische „Darunter“ vermögender Frauen ständig vor Augen. Sie waren meistens jung und lebenshungrig und gaben sich verständlicherweise alle Mühe, wenigstens bei ihrem seltenen Ausgang mit einer modischen Frisur, einem flotten „Fähnchen“ und einem engen Korsett zu kokettieren und nicht etwa den freien Tag in ihrer Kammer mit Nähen zu verbringen. So blieb den Mädchen kaum Zeit, sich um die eigene Unterwäsche zu kümmern: „Zum Strümpfestopfen und Wäscheausbessern … gab’s überhaupt keine freie Zeit; das Notwendigste mussten wir nachts machen, wobei uns dann regelmäßig die Augen vor Müdigkeit zufielen.“ Dieser Satz aus den Lebenserinnerungen eines Hamburger Dienstmädchens vom Ende des 19.Jh. entspricht durchaus den üblichen Bedingungen in einem Haushalt jener Zeit. Nicht von ungefähr redeten damals alle Zeitschriften und Haushaltsbücher, die sich mit der Behandlung von Dienstboten befassten, der Hausfrau ins Gewissen. Sie sollte darauf achten, dass den Mädchen abends nach der Arbeit noch etwas Zeit bleibt, für sich selbst zu arbeiten, „damit sie nicht genöthigt sind, an ihrem Körper nachlässig, wol gar mit zerrissener Kleidung umher zu gehen; sie bis in die Nacht hinein zu beschäftigen, ist unverzeihlich… [Man kann] ihnen sehr wohl eine Abendstunde zum Stopfen ihrer Strümpfe und zum Ausbessern der Kleidungsstücke gewähren… Ohne solche Fürsorge wird dieselbe es vergebens wünschen, dass ihre Dienstmädchen ordentlich gekleidet, einhergehen, da der Lohn selten derart ist, dass sie einen Theil desselben für Nähen und Stopfen verwenden dürfen.“ (Davidis, 1877, S. 286f.)