oliverkahnfan

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Hallo,
ich beschäftige mich für das mündliche Abi gerade genauer mit Friedrich List und bin in der Literatur merhmals auf den Begriff "Manufakturkraft" gestoßen. Ist das ein allgemein gängiger Begriff in der Industrialisierung oder hat ihn List selbst geprägt? Und kann man ihn mit Produktivität gleichsetzen, oder hat das eine andere Bedeutung? (Ein Kontextbeispiel: List sagt im Bezug auf die Eisenbahn, dass es eine Wechselwirkung zwischen Manufakturkraft und Nationaltransportsystem gäbe)

Vielen DAnk schon mal im Vorraus ;-)
 
Gleichsetzen kann man das eher mit Produktionspotenzial bzw. der industriellen Kapazität eines Landes. In Ergänzung spricht List von "Agrikulturkraft", der landwirtschaftlichen Kapazität (Bodenbewirtschaftung) eines Landes.
 
Alles klar, die Differenzierung zwischen Landwirtschaft und Industrie war mir nicht so klar, ich denke industrielle Kapazität trifft es ganz gut. Vielen Dank ;-)
 
Wobei die Industriekapazität es eigentlich auch nicht so ganz trifft, denn List sieht das auch als Gegenentwurf etwa zu Smith im nationalökonomischen Sinn, Industrialisierung als Entwicklungsstufe der Nation:

"Die Civilisation, die politische Ausbildung und die Macht der Nationen werden hauptsächlich durch ihre ökonomischen Zustände bedingt, und umgekehrt. Je mehr ihre Oekonomie entwickelt und vervollkommnet ist, desto civilisirter und mächtiger ist die Nation; je mehr ihre Civilisation und Macht steigt, desto höher wird ihre ökonomische Ausbildung steigen können. In Beziehung auf die nationalökonomische Ausbildung sind folgende Hauptentwickelungsgrade der Nationen anzunehmen: wilder Zustand, Hirtenstand, Agrikulturstand, Agrikulturmanufakturstand, Agrikulturmanufakturhandelsstand."

Damit bekommt der Begriff Manufakturkraft einen "sektoralen" Charakter, neben dem kapazitativen:

"Die Manufakturkraft dagegen befördert Wissenschaft, Kunst und politische Vervollkommnung, vermehrt den Volkswohlstand, die Bevölkerung, das Staatseinkommen und die Macht der Nation, gewährt ihr die Mittel, ihre Handelsverbindungen auf alle Theile der Erde auszudehnen und Colonien anzulegen, nährt Fischereien, Schifffahrt und Kriegsmarine. Durch sie allein wird der innere Ackerbau auf eine hohe Stufe der Ausbildung gehoben. Agrikulturkraft und Manufakturkraft in einer und derselben Nation unter der nämlichen politischen Gewalt vereinigt, leben im ewigen Frieden, können durch Kriege und fremde Handelsmaßregeln in ihrer Wechselwirkung nicht gestört werden, garantiren folglich der Nation den unaufhörlichen Fortschritt im Wohlstand, Civilisation und Macht."

http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/pdf/deu/6_EL_Friedrich List_Auszug.pdf
 
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