Bürgertum 1880 - 1910

Ahnungslos

Neues Mitglied
Hallo,
ich brauche dringend Hilfe. Ich muss ein Referat über Bürgertum speziell in den Jahren 1880 - 1910 halten. Bin ín Geschichte (traurig aber wahr) wirklich eine Niete.:cry: Ich verstehe viele Sachen einfach nicht und vieles ist auch viel zu kompliziert und undurchsichtig. Weiß auch nicht wirklich was Bürgertum nun letztendlich bedeutet und was es denn mit dem Zeitraum von 1880 - 1910 zu tun hat. Kann es mir denn jemand mit einfachen Wörtern erklären, oder weiß vielleicht jemand einen link zu einer verstänlichen Seite?
Vielen Dank schon mal im Voraus!
 
Gibt es eine spezielle Einschränkung? Z.B. Das Bürgertum im Kaiserreich? Oder ist hier generell das Bürgertum als Klasse gemeint?
 
Bürgertum grenzte sich als "Klasse" nach oben zum Adel und nach unten zum Proletariat ab,wobei die Übergänge sehr fließend waren.
In so fern ist das Gebiet sehr weit gesteckt, denn zwischen Groß- und Kleinbürgertum lagen Welten. Kannst Du das Thema etwas näher eingrenzen.? Welche Aspekte sollst Du denn besonders behandeln ?
 
Vielen Dank erstmal, dass Ihr euch mit meinem Problem beschäftigt! :)
Hm, ja es ist schon Bürgertum im Deutschen Kaiserreich gemeint. Leider kann ich es nicht eingrenzen, er meinte nur er hätte da speziell an die Jahre 1880 - 1910 gedacht. Kann aber leider, wie gesagt, nichts damit anfangen!
 
Für einen guten Überblick gab es mal eine Ausgabe der Geo-Epoche: Deutschland um 1900. Die dürfte dir auch weiter helfen.
 
Nur so am Rande:

Joachim Fest: "Bürgerlich ist die Idee der Konkurrenz, des Exzellierens auf allen Gebieten; bürgerlich ist der Wille zum Herausragenden und, daraus hervorspringend, der Sinn für individuellen Rang, auch für menschliche und künstlerische Größe, der wiederum aufs engste mit dem zu tun hat, was man das bürgerliche Genie zur Bewunderung genannt hat. Und bürgerlich ist schließlich, dies alles zusammenfassend, die Faszination durch das Einzigartige, auf deren Grund ein schroffes, im Einzelfall oft mitleidloses Bekenntnis zu menschlichen Unterschieden, sogar zur Ungleichheit greifbar wird. Der Idee nach soll sie aber den Einzelnen nicht fesseln, sondern ihm vielmehr Ansporn und Möglichkeit geben, etwas Besonderes zu werden. Auf ihrem Grunde stößt man auf jene Leidenschaft für die Teilhabe an der Kultur, aus der nach bürgerlicher Auffassung die Persönlichkeit, das Zusammenleben in geordneter Freiheit streng genommen überhaupt erst Kultur werden kann. Historisch gesprochen ist dieses Bedürfnis nach unermüdlicher Selbstformung eine Erscheinung, die allein dem Bürgertum als Klasse zugehört. Der Begriff des 'Bildungsromans', der ja nichts anderes als die charakteristische Biographie des bürgerlichen Menschen meint, hält diese Richtung fest." (Joachim Fest: Bürgerlichkeit als Lebensform. Späte Essays, Rowohlt Verlag, Hamburg, 2007)

P.S.

"Denken alle nur noch an das Geldverdienen, dann bleibt nur die Sozialisierung der materiellen Angelegenheiten, um sich von der Herrschaft der Krämer zu befreien. Diese Sozialisierung fürchtete der ansonsten großherzige Rentier mit bürgerlich schlechtem Gewissen, weil sie ihn dazu gezwungen hätte, sich unter die Berufsmenschen zu mischen." Oscar A. H. Schmitz (1873 bis 1931)

"Seine Tagebücher veranschaulichen eine Individualität mit ihren Spannungen und den typischen Bourgeois, der am Bürgertum leidet, aber unfähig ist, ein Revolutionär zu werden. Daran ist Oscar A. H. Schmitz später zerbrochen. Gerade deshalb ist es lohnend, sich seiner zu erinnern" - schrieb die FAZ im Okiober 2006 zu:

Eberhard Straub zu: Oscar A. H. Schmitz` "Das wilde Leben der Bohème". Tagebücher 1896-1906. Aufbau Verlag, Berlin 2006
 
Zuletzt bearbeitet:
Bürgertum frühes 20.Jahrhundert

HI ihr...

ich brauche dringend Informationen über den Zeitgeist und die Befindlichkeit des Bürgertums im frühen 20.
Über die Rolle der Frau und die Stilisierung der Lebenshaltung hab ich schon bisschen was, aber ich find einfach nichts mehr...
vielleicht könnt ihr mir weiterhelfen....wär echt toll....

Liebe Grüße
Johanna
 
Vom Siedler Verlag gibt es eine Reihe Deutsche Geschichte. Der Band "Das ruhelose Reich"- Deutschland 1866- 1918 von Michael Stürmer ist durchaus empfehlenswert und bietet recht gute Überblickskenntnisse. Recht gut lesbar ist auch Wolfgang Mommsens "Das Zeitalter des Imperialismus", wenn es auch schon einige Jahre auf dem Buckel hat.

bei DTV ist eine Reihe erschienen, die für dich sicher besonders interessant sein dürfte und die sich eingehend mit der Rolle des Bürgertums beschäftigt:

Jürgen Kocka, "Bürgertum im 19. Jahrhundert" 3 Bände.

In einer guten Bibliothek solltest du die Bücher finden, wenn nicht, so sind sie- jedenfalls die von Mommsen und Kocka- nicht sonderlich teuer
 
So als erster Tipp und da ich Fan der Familie Mann bin, möchte ich die Romane von Thomas, Heinrich und Klaus Mann empfehlen. Da alle drei zwar verwandt, aber doch sehr unterschiedlich eingestellt sind, kann man aus doch sehr verschiedenen Sichtweisen sehr viel über das Bürgertum erfahren.
Überhaupt sind die Werke der zeitgenössischen Schriftsteller m.E. geeignet, auf spannende Weise etwas über das Leben und den Zeitgeist zu erfahren.
Vielleicht fällt mir auch noch was genaueres ein...
 
"Bürgerlich ist die Idee der Konkurrenz, des Exzellierens auf allen Gebieten; bürgerlich ist der Wille zum Herausragenden und, daraus hervorspringend, der Sinn für individuellen Rang, auch für menschliche und künstlerische Größe, der wiederum aufs engste mit dem zu tun hat, was man das bürgerliche Genie zur Bewunderung genannt hat. Und bürgerlich ist schließlich, dies alles zusammenfassend, die Faszination durch das Einzigartige, auf deren Grund ein schroffes, im Einzelfall oft mitleidloses Bekenntnis zu menschlichen Unterschieden, sogar zur Ungleichheit greifbar wird. Der Idee nach soll sie aber den Einzelnen nicht fesseln, sondern ihm vielmehr Ansporn und Möglichkeit geben, etwas Besonderes zu werden. Auf ihrem Grunde stößt man auf jene Leidenschaft für die Teilhabe an der Kultur, aus der nach bürgerlicher Auffassung die Persönlichkeit, das Zusammenleben in geordneter Freiheit streng genommen überhaupt erst Kultur werden kann. Historisch gesprochen ist dieses Bedürfnis nach unermüdlicher Selbstformung eine Erscheinung, die allein dem Bürgertum als Klasse zugehört. Der Begriff des 'Bildungsromans', der ja nichts anderes als die charakteristische Biographie des bürgerlichen Menschen meint, hält diese Richtung fest." (J.Fest)

Ein "Kritiker" meinte dazu:


"Dieser Definition zufolge musste für Fest der Nationalsozialismus (aber natürlich auch die Gegenideologie des Kommunismus) das Antibürgerliche schlechthin sein."
 
Hatte mal vor einem Jahr ein Referat gehört, was dazu passt (Auszüge/Protokoll):

Der Referent wies auf folgende Punkte der Unternehmerfamilie Lahusen hin, die als Spiegel, als Kennzeichen einer ,,bürgerlichen Familie" grundsätzlich gelten könnten:

Die Lebensbereiche Familie/Arbeit/Religion bilden eine Einheit > Ora et labora!


Mit einem berscheidenen Lebensstil und puritanischem Gottvertrauen.

Das war das Lebensumfeld/Bestimmung in der ersten Hälfte des 19.
Jhdts. Bis Ende des 19. Jhdts.! Danach setzte eine gewisse
Säkularisierung ein: Man orientierte sich mehr an politischen und vor
allem kulturellen Werten und Vorstellungen, war auch nicht mehr sehr
aktiv in den Kirchen tätig. Auch war der Lebensstil eher solchen
Dingen zugewandt, wie einem guten Haus (Villa), Kleidung oder
Gesellschaftsessen... Kirchliche Laienämter dienten eher der
,,Zurschaustellung", damit der Ruf und das Ansehen ihre ,,Form"
hatten. Wobei diese Ämter auch als Statussymbol einbüssten gegen Ende
des 19. Jhdts.!


Die ,,bürgerliche Position" zur Religion verlor und es stand mehr
eine ,,Privatisierung" i.V.!

Ich denke, dass das durchaus ein typisches Beispiel für das
,,Bürgertum" in Deutschland (Europa??) insgesamt darstellt. So ist
die protestasntisch-calvinistische Lebenseinstellung allgemein (im
19.Jhdt.) vorzufinden > siehe Max Webers Untersuchungen!

Bürgerliche Normativität war auch allgemein - nicht nur in Bremen
vorzufinden, also Vorschriften, Rituale, Wertvorstellungen, wie sich
bspw. das Hauspersonal oder die Arbeiter oder die Schüler zu benehmen
hätten, was sie anziehen sollten, was sie sagen dürfen und was nicht
> kurz: ,,Erziehung, Zucht und Ordnung > das Bürgertum ,,definierte" quasi die Gesellschaft und sich (ihren Stand) selbst!

Thomas Manns Buddenbrocks waren wohl die typische literarischer Figuren
des Bürgertums mit Aufstieg und Fall und mit Kritik an der
Geistlichkeit??

Heute spricht man wohl gar nicht mehr von Bürgertum sondern von
Unternehmern und Mittelschicht, allerdings noch vom Bildungsbürgertum!


 
Habe noch einen weiteren -nicht so bekannten (?)- Aspekt zu liefern > In der ZEIT Nr.17/2003 war eine Rezension zu Amos Elon: "Zu einer anderen Zeit" (Hanser Verlag, München 2003)

Die nur schwach übertünchte Judenfeindlichkeit erhielt 1879 ihren bleibenden Namen: „Antisemitismus“, geprägt von dem Journalisten Wilhelm Marr in seinem Pamphlet Der Sieg des Judentums über das Germanentum. Er nahm die rassistischen Gedanken des französischen Historikers Ernest Renan auf, der zwischen den „höheren“ indoeuropäischen und den „niederen“ semitischen Rassen unterschied.
Die deutsche Wirtschaft erholte sich von der schweren Rezession im Gefolge des Börsenkrachs, die deutsche Kultur hingegen nicht: Antisemiten machten die Juden fortan verantwortlich für alle Begleiterscheinungen des Kapitalismus, für Materialismus und Liberalismus, für umstürzlerische Gedanken und das Phänomen des neureichen Parvenüs. Unbeirrbar in ihrer schon traditionellen, selten offen zur Schau getragenen Judenfeindlichkeit blieben die eigentlichen Herrscher des Landes, die höhere Beamtenschaft, die Richter, Offiziere und der Adel.
In der jüdischen B o u r g e o i s i e herrschte ein spezielles Klassenbewusstsein. „Die Angehörigen des jüdischen Bürgertums fühlten sich in der Gesellschaft anderer Juden einfach wohler.“
Wahrscheinlich, weil es in ihr kultivierter, weltoffener und liberaler als sonst im wilhelminischen Milieu Preußens zuging. In den Worten August Bebels, der 1891 Friedrich Engels schrieb: „Will man in anständiger Gesellschaft hier sein, kann man nur unter die Juden gehen.“ Vor Kriegsausbruch 1914 untersagte der dt. Kaiser antisemitische Ausfälle der rechten Publizistik.
Der Staatsdienst, zumal das Militär, öffnete sich vollends den Bewerbungen jüdischer Kandidaten. Der jüdische Bataillonsadjutant Hugo Guttmann heftete dem Meldegänger Adolf Hitler das Eiserne Kreuz an die Brust.
1916 dann war der Antisemitismus bereits wieder hoffähig geworden und der große (BÜRGERLICHE)
jüdische Hamburger Reeder Albert Ballin (HAPAG) - ein enger Freund des Kaisers (!) - versank in Verzweiflung und beging bei Kriegsende Selbstmord.
 
@Multivista:
Könntest du bitte netterweise vielleicht mal in einer normalen Schriftgröße schreiben und sie innerhalb deiner Beiträge nicht ständig ändern (betrifft auch Farben und Dicke)? Ansonsten ist es nämlich ziemlich anstrengend deine Posts durchzulesen.
 
@Multivista:
Könntest du bitte netterweise vielleicht mal in einer normalen Schriftgröße schreiben und sie innerhalb deiner Beiträge nicht ständig ändern (betrifft auch Farben und Dicke)? Ansonsten ist es nämlich ziemlich anstrengend deine Posts durchzulesen.


Ähnliches wollte ich auch grad schreiben.

Dazu: @multivista
Deine Quellen sind sicherlich sehr ungewöhnlich , wenn auch interessant. Aber ich denke, dass unser Fragesteller Ahnungslos damit überfordert ist.

@Ahnungslos
Die Beiträge von zaphodB., TGDarmstadt und Mercy sind sehr hilfreich. Du müßtest Dir tatsächlich erstmal einen Überblick verschaffen, wie wird Bürgertum definiert (bitte fragen, wenn Du konkret nicht weiterkommst) und dann, was ist besonderes im Zusammenhang mit der Eingrenzung auf die Jahre 1880 bis 1910 zu beachten.

Durch die Industrielle Revolution ändern sich im 19. Jahrhundert die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Zustände dramatisch. Das schnelle Anwachsen der Bevölkerung, der Aufstieg der exakten Naturwissenschaften und der Technik, die fortschreitende Industrialisierung und die mit der Landflucht verbundene Verstädterung schufen ein Zeitalter der Massenbewegungen. Das im frühen 19. Jahrhunderte führende Bürgertum wurde in seiner Vorherrschaft immer mehr vom neu enstandenen Vierten Stand den Arbeitern bedroht. Die Frau erkämpfte sich ein umfangreicheres Recht auf Selbstgestaltung ihres Lebens, den Zutritt zu den öffentlichen Bildungsstätten und schließlich den Eintritt in das Wirtschafts und Berufleben.

Die Wirtschaft stand im Zeichen eines ständig wachsenden Konkurrenzkampf um Rohstoffqellen und Absatzmärkte. Diese führte zu einer Verarmung des vierten Standes, und die „soziale Frage" wurde zum Hauptproblem der Innenpolitik.
Weltpolitisch ist die Zeit vom Nationalismus und Imperialismus, und den daraus entstehenden Konflikten zwischen den europäischen Staaten bestimmt, die schließlich zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1914) führten.
Zu den wichtigsten philosophischen Richtungen und Theorien der Zeit zählten:
der Positivismus (August Comte, frz.Phil.)
der Utilitarismus
die materialistische Geschichtsauffassung (Karl Marx, Friedrich Engels)
die Milieutheorie (Taine)
sowie die Evolutionstheorie von Charles Darwin.

In der Literaturgeschichte wird genau dieser Zeitraum als Naturalismus bezeichnet und mit Autoren wie Dostojewski, Tolstoi, Guy de Maupassant, Ibsen, Zola, Strindberg; in Deutschland auch mit dem Begriff Moderne und Autoren wie Gerhart Hauptmann, Arno Holz, Alfred Döblin in Verbindung gebracht.

Siehe auch hier
Wikipedia_Naturalismus_Literatur
 
Ernsts angenehmer zu lesen, zweitens vollständig:
Die Zeit - Literatur : Der große Kummer

Ich vermeide es komplette Aufsätze als Link ins Netz zu stellen, da ich ja das THEMA HIER ansprechen will. Was sollen sich da die Interessenten den ganzen Text erst "reinziehen" ? Wer dasrauf wert legt hat doch schnell den Text er-googled!

Was die Schrift angeht , da bin ich auch nicht zufrieden, aber leider lässt es sich öfters nicht mit den angegebenen Buttons (über dem Text) ändern (Schriftgröße, Schriftart etc.) - woran liegt es?
 
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