Britische Flottenbauprogramme um 1890 ?

K

Köbis17

Gast
Hallo zusammen,

immer hört man von der Flottenpolitik und den Flottengesetzen des deutschen Kaiserreichs zu Ende des 19. Jahrhunderts.

Der Aufbau der deutschen kaiserlichen Marine ist mit Namen wie Stosch, Caprivi, Hollmann und natürlich Tirpitz verbunden.

Wichtige Bestandteile, wie der organisatorische Aufbau, die Verwendung/Taktik der Marine und die Typenentwicklung der Schiffe, wurden damals Grundtief in Deutschland erarbeitet und geprüft.
Sie fanden ihre Wiederspiegelung in den Flottengesetzen und wurden auch umgesetzt.

Was mich nun interessiert sind die Grundlagen, wonach die britische Marine ausgebaut worden ist.

In den 1890iger Jahren war auch hier die Zeit für einen Umbruch gekommen. Die brit. Flotte bestand zu dieser Zeit aus einer großen Zahl von Schiffen mit verschiedenen Größen, Geschwindigkeiten und Bewaffnungen. Dies machte eine zusammenfassende Flottentaktik faßt unmöglich.
Zudem die brit. Flotte nicht nur zum Schutz der britischen Insel benötigt wurde, sondern auch die vielen Kolonien mussten militärisch geschützt werden, sowie die Seewege.

Bisher habe ich wenig zu diesen Thema gelesen und im Internet gefunden.

Was waren die britischen Gedanken zur Modernisierung ihrer großen Flotte?
Welche Männer standen hier dahinter?
Welche Typen waren geplant, welche Ausrichtung sollten diese Typen haben, z.B. die verschiedenen Kreuzer und Panzerkreuzer der Navy.
Und wie wirkte dies sich auch auf den Flottenausbau anderer Marinen, insbesondere der deutschen Marine, aus?

In den späteren Jahren war die treibende Kraft der erste Seelord Fisher, der mit dem Bau seines schnellen Panzerkreuzers bzw. Schlachtkreuzers Invincible und dem Bau der Dreadnought ein neues Zeitalter im Kriegschiffbau startete.

Kennt ihr Inhalte von brit. Flottenbauprogrammen der 1890iger Jahre oder genauer Schiffslisten der Zeit?

Grüßle
 
Bezüglich der Vor-Dreadnought-Schlachtschiffe gibt es hier einige Informationen zur HMS Royal Sovereign-Klasse ab 1891:
http://www.royal-navy.mod.uk/server/show/nav.3908
http://www.worldnavalships.com/battleships.htm
http://www.worldnavalships.com/empress_of_india.htm

Geplant waren 10 Schlachtschiffe des Typs sowie über 40 Kreuzer für einen Zeitraum von 5 Jahren. Die Seite enthält auch Literaturhinweise zu den Bauprogrammen dieser Zeit.

In der gleichen Größenklasse (ca. 15000 to.) lagen auch die 9 Schiffe der Majestic-Klasse ab 1895. Schließlich kamen noch 6 Schlachtschiffe der Canopus-Klasse hinzu (Canopus nahm an der Falkland-Schlacht teil, andere Schiffe an der Operation in den Dardanellen).

Kennzeichnend für diese 25 Schlachtschiffe waren 4 Geschütze eines Kalibers => 30,5 cm, deswegen auch als Linienschiffe/Barbettschiffe bezeichnet. Es folgten 26 weitere Pre-Dreadnoughts bis 1906, nach dem gleichen Konzept, teilweise auch mit Kalibern unter 30,5 cm bis 24 cm.

Zusammen ergab das zwischen 1892 und 1906 insgesamt 51 "Schlachtschiffe", die 1906 mit der Dreadnaught über Nacht zum alten Eisen gehörten, gleichwohl zT im Ersten Weltkrieg eingesetzt worden sind. Ausgangspunkt für dieses große Bauprogramm war die Befürchtung über eine frz.-russische Allianz und der daraus resultierende 2-Flotten-Standard ab 1889 (die Royal Navy sollte es mit zwei Flottennationen gleichzeitig aufnehmen können).

Eine Liste gibt es zB hier:
http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_battleships_of_the_Royal_Navy#Pre-Dreadnoughts_.281882-1906.29

Bahnbrechend waren zunächst die deutschen Linienschiffe der Brandenburg-Klasse ab 1891, die zu 3 Zwilingstürmen der Hauptartillerie mit 28-cm-Kaliber übergingen, das Konzept wurde aber in den Folgemodellen nicht weitergetrieben, obwohl man 6 Geschütze in der Breitseite aufweisen konnte. Die Flottenrüstung ab der Dreadnought ist hier dargestellt:
http://www.friesian.com/dreadnot.htm

Brennecke/Hader: Panzerschiffe und Linienschiffe 1860–1910
 
Noch ein link:
http://www.ijnhonline.org/volume1_number1_Apr02/article_berryman_royalnavy_fareast.doc.htm
British Imperial Defence Strategy and Russia: The Role of the Royal Navy in the Far East, 1878–1898
John Berryman

Demnach waren die britischen Flottenrüstungs-Programme vor 1900 wesentlich durch die Überlegung bestimmt, einer frz.-russische Allianz (nach 1894 als Pakt) oder einer hypothetischen frz.-italienischen Allianz entgegen zu treten. Der "Two-Navy-Standard" bekommt damit auch konkrete Namen. Das Deutsche Reich spielte dagegen in diesen Jahren aufgrund der vorhandenen Marine und den Bauprogrammen nur eine untergeordnete Rolle.

Beeindruckt hat vor allem die russische Flottenrüstung, die auch Italien - zuvor Rang 3 - überrundete. Verbunden mit den Konfrontationen (u.a. Krim-Krieg, dann das Auftreten in Fernost) ist die Vorbereitung auf einen befürchteten globalen Seekrieg gegen zwei Mächte gegeben, wobei der Schutz des weit verzweigten Empires eine enorme Aufsplittung der Kräfte erforderlich machen würde. Dann wird der Umfang des Bauprogramms mit 51 "Schlachtschiffen" und der umfangreichen Kreuzerflotte verständlich.
 
Hallo,

also der Aufbau einer modernen Flotte zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde von allen großen Seemächten betrieben.
In der Tat, Frankreich wie auch Russland waren zu diesen Zeitpunkt die eigentlichen möglichen Gegner für die Briten.

Ich habe z.B. was zu Frankreich gefunden. So hat man 1891 und 1896 Bauprogramme entwickelt. Erst 1900 wurde ein Flottengesetz vorgelegt und auch angenommen.
Es sah vor:
28 Panzerschiffe – 4 Divisionen zu 6 Schiffen; 4 Schiffe Reserve
24 Panzerkreuzer – 8 Divisionen zu 3 Schiffen
52 Torpedobootzerstören
263 Torpedobooten
38 U-Boote – ( Und das schon zu dieser Zeit !! )

Was mir auffällt, es fehlen kleine Kreuzer !
Dieser Flottenplan bedeutet auch, das man in Frankreich eine neue Flottentaktik eingeschlagen hat, da meines Wissens nach in Frankreich immer der Kreuzerkrieg gegen Handelsrouten den Vorrang hatte.
Zumal mit der Einführung der Torpedowaffe in 70igern die Ansicht gab, die Flottenstärke Englands mit vielen kleinen Kanonenbooten zu unterlaufen. Die Fraktion "Jeune École" (Junge Schule) verhoffte sich mit dem Masseneinsatz von Torpedobooten die großen Panzerschiffe zu vernichten.

Jeune École - Wikipedia

Und mit dem ebenfalls in den 90igern geplanten Ausbau der russischen Marine, legte man 1898 in einem Ukas des Zaren einen neuen Flottenbauplan bis zum Jahr 1903 fest.
Bebaut werden sollten:
8 Linienschiffe
6 große Kreuzer
10 kleine Kreuzer
30 Torpedobootzerstörern

Fällt etwas schmaler aus, als das französische Flottengesetz.
Und ein großer Teil der Schiffe sollte auf ausländischen Werften gebaut werden!!

Da aber die Marinen der Franzosen und der Russen und auch anderer europäischer Marinen ( Italien ) schon über entsprechendes Schiffsmaterial verfügten, mussten ebent nur neue Schiffe hinzu gebaut werden. In Deutschland kam eine Kompletter Neuaufbau der Flotte mit den Gesetzen zum tragen.

Da drängt sich mir die Frage auf: „ Warum wird immer im Zusammenhang der Flottenrüstung die kaiserliche Marine als treibende Speerspitze benannt? Ging doch das Flottenwettrüsten schon in den 90igern des 19. Jahrhunderts los und mit allen voran die britische Navy mit der Grundeinstellung, eine Flotte zu bauen, die immer noch Stärker ist, als zwei gegnerische Flotten zusammen. Ist das eigentlich nicht Wahnsinn? „



Grüßle
 
Ich möchte einmal auf die Schriften von Julian Corbett zur Seekriegsführung verweisen. Er beschreibt - als maritimes Gegenstück zu Clausewitz - den Übergang von den Segelschiffen und die strategischen und taktischen Probleme im Umgang mit den Panzerschiffen, insbesondere die Typenwahl und die Einsatzformen, also den Seekrieg um 1900.

Für Großbritannien habe sich aus dem Krimkrieg die weitreichende Schlußfolgerung ergeben, dass die Flotte aufgrund ihrer Stärke nicht in der Lage sei, gleichzeitig mit der vorgenommenen Ostseeblockade und der Abordnung von Einheiten ins Schwarze Meer auch das Mutterland und die Zufuhrlinien zu schützen. Da man aufgrund der unterschiedlichen Mächtekonstellationen mit 2 Gegnern rechnen mußte, entstand daraus der 2-power-standard. Den führt er zurück bis auf das Szenario von Trafalgar in der Verschmelzung von spanischer und französischer Schlachtflotte.

Gleichzeitig betont er - und das wurde mit dem Technologiesprung wohl nicht in allen Marinen so gesehen - die Kreuzer als Standardtyp im Schutz der Verbindungslinien sowie als "Auge" der Schlachtflotte. Aus beiden Aufgaben zieht er die Schlußfolgerung, dass eine ausreichende Kreuzerzahl jedenfalls für das weltumspannende Empire und die Schlachtflotte als Kern und Garant der Seeherrschaft vorhanden sein musste. Im Ergebnis forderte er drei Grundtypen: Schlachtschiffe, Kreuzer und Kleinschiffe mit der Hauptwaffe Torpedo, um alle Aufgabenkonstalletationen bewältigen zu können. Die globalen Aufgaben fordern dann diese hohen Stückzahlen.


Z.B.:
http://www.jmr.nmm.ac.uk/server/show/conJmrArticle.30/viewPage/9
http://en.wikipedia.org/wiki/Julian_Corbett
 
Gleichzeitig betont er - und das wurde mit dem Technologiesprung wohl nicht in allen Marinen so gesehen - die Kreuzer als Standardtyp im Schutz der Verbindungslinien sowie als "Auge" der Schlachtflotte. Aus beiden Aufgaben zieht er die Schlußfolgerung, dass eine ausreichende Kreuzerzahl jedenfalls für das weltumspannende Empire und die Schlachtflotte als Kern und Garant der Seeherrschaft vorhanden sein musste. Im Ergebnis forderte er drei Grundtypen: Schlachtschiffe, Kreuzer und Kleinschiffe mit der Hauptwaffe Torpedo, um alle Aufgabenkonstalletationen bewältigen zu können. Die globalen Aufgaben fordern dann diese hohen Stückzahlen.

Stimmt, der Einsatz von Kreuzern wurde in den meisten Marinen in den Vordergrund gestellt. Das Panzerschiff ( oder auch als Schlachtschiff bez., ab 1900 in der deut. Marine Linienschiff ) wurde immer wieder in Frage gestellt, was durch diverse Seegefechte bewiesen worden ist. In dem chilenischen Bürgerkrieg 1891 schafften es zwei Torpedofahrzeuge das Panzerschiff Blanco Encalada zu versenken und in der Seeschlacht vor dem Jalu 1894 vernichteten die Japaner mit 8 geschützten Kreuzern im Kern der Flotte die 2 Panzerschiffe ( in Deutschland gebaut! ) der Chinesen.
Das alles würde die Thesen des Kreuzerkrieges unterstreichen. Dem steht allerdings die Seeschlacht von Santiago 1898, indem die Amerikaner mit 4 Linienschiffen und 2 Panzerkreuzern die 4 Panzerkreuzer der Spanier vernichteten.

Zudem waren Schlachtschiffe teuer in allen Bereichen ( Bau, Unterhaltung usw.) für alle Marinen. Somit stellten sie zwar den Kern eine Flotte dar, aber mehr als Prestige, denke ich.

Mit dem Aufstocken der Briten durch den Naval Defence Act 1889, waren die anderen Marinen gezwungen, diesen Weg mitzugehen um die Seeherrschaft ihres Landes aufrecht zu erhalten.
Ich habe übrigens etwas über die Zahlen des Naval Defence Act von 1889 gefunden.
Er sah vor:
8 First-Class Battleships
2 Second-Class Battleships
9 First-Class Cruisers
29 Second-Class Cruisers
4 third-Class Cruisers
18 Torpedo gunboats

Damit ist zu sehen, das die Kreuzer den Vorrang hatten.

Nur Tirpitz in Deutschland war der Meinung eine große Seeschlacht zu schlagen, was einen starken Kern an Linienschiffen voraus setzte. Somit wurde in Deutschland der Bau der Linienschiffe bevorzugt, die Panzerkreuzer, wäre es nach Tirpitz gegangen, hätte man ganz unter den Tisch fallen lassen können.

Grüßle
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Nur Tirpitz in Deutschland war der Meinung eine große Seeschlacht zu schlagen, was einen starken Kern an Linienschiffen voraus setzte.

Das sahen die Briten in Bezug auf die europäischen Gewässer allerdings ähnlich. Kreuzer als "Augen" der Schlachtflotte setzten eine solche für das Entscheidungsgefecht voraus. Die Schlachtflotte dient also 1. als Rückgrat der Blockade und 2. dem Treffen mit dem Kern der gegnerischen Seemacht.

Andererseits sind die Kreuzer unverzichtbar für die weltumspannenden Verbindungslinien. Die Seekriegsstrategie Gbs Ende des 19. JH geht davon aus, dass bei einer Auseinandersetzung mit den großen Seemächten auf den Verbindungslinien/Zufuhrlinien gekämpft wird. Das können in großer Verteilung, Beweglichkeit/Reichweite und Effizienz nur Kreuzer leisten. An das U-Boot dachte man in dem im Weltkrieg auftretenden Umfang noch nicht.
 
Andererseits sind die Kreuzer unverzichtbar für die weltumspannenden Verbindungslinien. Die Seekriegsstrategie Gbs Ende des 19. JH geht davon aus, dass bei einer Auseinandersetzung mit den großen Seemächten auf den Verbindungslinien/Zufuhrlinien gekämpft wird. Das können in großer Verteilung, Beweglichkeit/Reichweite und Effizienz nur Kreuzer leisten. An das U-Boot dachte man in dem im Weltkrieg auftretenden Umfang noch nicht.


Hallo,

hatte dann die Flottenplanung Deutschlands nicht einen enormen Nachteil, die Kreuzer, vor allem die großen Kreuzer (Panzerkreuzer) als Schiffstyp so "Mager" zu bauen? Die kleinen Kreuzer waren bis zur Wiesbaden-Klasse mehr so bessere Kanonenboote und die großen Kreuzer waren in so geringer Stückzahl gebaut worden und nur mittelmäßige Konstruktionen bis zur Blücher, das sie im Gefecht kaum ihren Aufgaben gerecht werden konnten. Das haben die Briten und Franzosen besser verstanden.
Unter dieser Vorrausetzung hätten die Briten die deutsche Flotte nie als ernsthaftigen Gegner sehen können. Und dennoch ein Wettrüsten ab 1906, doch nur Prestige?

Grüßle
 
hatte dann die Flottenplanung Deutschlands nicht einen enormen Nachteil, die Kreuzer, vor allem die großen Kreuzer (Panzerkreuzer) als Schiffstyp so "Mager" zu bauen? Das haben die Briten und Franzosen besser verstanden.
Unter dieser Vorrausetzung hätten die Briten die deutsche Flotte nie als ernsthaftigen Gegner sehen können. Und dennoch ein Wettrüsten ab 1906, doch nur Prestige?
Grüßle

Für das Deutsche Reich steht die Kreuzerfrage doch nur im Kontext des "Auges der Flotte", weniger des Schutzes der Verbindungslinien. Die Konzentration auf die Ressourcen verschlingende Schlachtflotte (als "Nord- und Ostseeflotte", ggf. Kanal) macht doch Sinn, gegen die potentiellen Gegner Frankreich, Großbritannien oder Rußland, und hafennah operierend. Da spielt die Musik, und auf diesen Felder wird die Seeherrschaft entschieden. Die Zufuhr über die Seelinien ist nachrangig, bei einem (gedacht) kurzen Krieg und bei entlegenen Kolonien. Die Prioritäten waren nach den denkbaren Seekriegskonzeptionen in diesem Schema nicht sooo falsch gesetzt.

GB ist dagegen dem möglichen Zufuhrkrieg ausgesetzt, wenn man an die Furcht vor einigen Dutzend Hilfskreuzern denkt, die - allein operierend - mit ihren Prisen auch große Aktionsradien haben. Die Kreuzer sind also für GB im globalen Krieg ebenso wichtig wie die relativ immobile Schlachtflotte. Wenn man bedenkt, was allein das relativ kleine Kreuzergeschwader an Kohleversorgung brauchte: das kann man einmal auf ein Dutzend operierende Schlachtschiffe mit Begleitmusik übertragen.

wenn ich richtig rechne:
Kohleverbrauch: unterstellen wir mal minimal 0,2 kg Kohle/PS/h bei sehr ökonomischer Fahrweise.
Kaiser-Klasse: 55.200 PS, reicht also bei 3600 to im Bunker für 13-14 Tage. Bei schneller Marschfahrt (bis 0,5 kg/PS/h) dürfte sich das halbieren. Danach wieder bunkern für 1 Tag.
Schlachtschiffe mit Kohlefeuerung sind für den Zufuhrkrieg ungeeignet, höchstens für die Jagd auf Raider, die lokalisiert sind, bei ausreichender Unterstützung durch Häfen und Stützpunkte. Und die hatte weltumspannend nur Großbritannien.
 
wenn ich richtig rechne:
Kohleverbrauch: unterstellen wir mal minimal 0,2 kg Kohle/PS/h bei sehr ökonomischer Fahrweise.
Kaiser-Klasse: 55.200 PS, reicht also bei 3600 to im Bunker für 13-14 Tage. Bei schneller Marschfahrt (bis 0,5 kg/PS/h) dürfte sich das halbieren. Danach wieder bunkern für 1 Tag.
Schlachtschiffe mit Kohlefeuerung sind für den Zufuhrkrieg ungeeignet, höchstens für die Jagd auf Raider, die lokalisiert sind, bei ausreichender Unterstützung durch Häfen und Stützpunkte. Und die hatte weltumspannend nur Großbritannien.

Nun gut, das ist richtig, die Planung der dt.Flotte lag voll auf den Gedanken der großen Schlacht in der Nordsee. Die Fahrstrecken waren nicht sehr hoch und der Verbrauch an Kohle lag sogar noch höher als von Dir angenommen. Die Nassau-Klasse lag bei 0,75 kg /PS/h, allerdings bei ca. 19,5 kn. Reichweite wird bei 19kn mit 2800sm angegeben. Mit 10kn waren es schon ca.8000sm. Damit lagen sie allerdings über dem Durchschnitt.
Aber da du die Kaiser-Klasse ansprichst, bei der Prinzregent Luitpold sollte auf der mittleren Welle ein Diesel mit 12.000PS eingebaut werden. Ist aber nie durchgeführt worden. Damit hätte sich aber der Aktionsradius extrem erhöhen lassen.

Erst Jahre später wurde das Prinzip auf der Emden und später auf der Deutschland durchgeführt. Damit lagen diese Konstruktionen auf einer Auslegung zum Kreuzerkrieg.
Hatte man aus den Fehlern der kaiserlichen Marine gelernt oder war es nur ein Umdenken, da nur wenig Schiffe gebaut werden durften?
( hui: ist grad ein weiter Zeitsprung)
Aber ich denke, die Schlachtflotte von Tirpitz und Kaiser Wilhelm war doch ein "stumpfes" Messer.
 
Aber ich denke, die Schlachtflotte von Tirpitz und Kaiser Wilhelm war doch ein "stumpfes" Messer.

Vielleicht, aber dazu gibt es hier etwas:
http://www.geschichtsforum.de/f62/strategische-aufgabe-der-hochseeflotte-13701/

Sie hat sich am Skagerrak der Vernichtung entzogen, mehr als Unruhe stiften war nicht drin, dazu der Schutz der Minenfelder, der Zugangs zur Ostsee (möglicherweise für die Unterstützung Rußlands entscheidend) war blockiert, usw.

Interessant ist der Blick auf die britische Schlachtflotte. Die hat ihre Aufgabe der Blockade gelöst (in der Konstellation 1 gegen 1, also besser als gedacht), allerdings waren die prognostizierten Wirkungen auf einen raschen Zusammenbruch des Deutschen Reiches übertrieben.
 
GB ist dagegen dem möglichen Zufuhrkrieg ausgesetzt, wenn man an die Furcht vor einigen Dutzend Hilfskreuzern denkt, die - allein operierend - mit ihren Prisen auch große Aktionsradien haben. Die Kreuzer sind also für GB im globalen Krieg ebenso wichtig wie die relativ immobile Schlachtflotte. Wenn man bedenkt, was allein das relativ kleine Kreuzergeschwader an Kohleversorgung brauchte: das kann man einmal auf ein Dutzend operierende Schlachtschiffe mit Begleitmusik übertragen.

wenn ich richtig rechne:
Kohleverbrauch: unterstellen wir mal minimal 0,2 kg Kohle/PS/h bei sehr ökonomischer Fahrweise.
Kaiser-Klasse: 55.200 PS, reicht also bei 3600 to im Bunker für 13-14 Tage. Bei schneller Marschfahrt (bis 0,5 kg/PS/h) dürfte sich das halbieren. Danach wieder bunkern für 1 Tag.
Schlachtschiffe mit Kohlefeuerung sind für den Zufuhrkrieg ungeeignet, höchstens für die Jagd auf Raider, die lokalisiert sind, bei ausreichender Unterstützung durch Häfen und Stützpunkte. Und die hatte weltumspannend nur Großbritannien.

Habe ich mir mal meinen Weyer Ausgabe 1914 geschnappt. Die "Dampfstrecke" war von der Kaiser-Klasse da noch geheim. Aber übertragen auf die max. Kohlenmenge von der halb so großen Deutschland-klasse müsste Dein Ansatz stimmen. Also eine Dampfstrecke von ca. 5.500 Seemeilen.
Dann schaue ich mal bei den Engländern in den Weyer, "Queen Elisabeth-Klasse" und stoße auf die Dampfstrecke, 20.000 Seemeilen! wobei die auch nur 3.500 Tonnen Bunkern konnten. Aber ÖL! Ein glasklarer Technologie-Sprung.
Nun hatten die Engländer auf ihren Inseln soviel Öl wie die Deutschen, keines.
Und die britische Politik im Persischen Golf mit Kuwait, dem Iran usw. gewinnt ganz plötzlich einen ganz anderen, überaus wichtigen Stellenwert. Die in diesen Jahren gegründete BP z. B. gehörte der britischen Marine!
 
Und die britische Politik im Persischen Golf mit Kuwait, dem Iran usw. gewinnt ganz plötzlich einen ganz anderen, überaus wichtigen Stellenwert. Die in diesen Jahren gegründete BP z. B. gehörte der britischen Marine!
Soviel zu den Verbindungslinien. Dazu die Rohstoffzufuhr nach England und die Nahrungsmittel. Kreuzer kann man da 1914 gar nicht genug haben, wenn man auch noch die Neutralen im Blockadekrieg kontrollieren will.

Ein Teil der bewaffneten Handelsschiffe :)winke:) war daher mangels Masse zur Kontrolle und Sicherung der Seelinien eingesetzt (10. Kreuzerdivision).

P.S. mit den 0,2 war ich wohl tatsächlich viel zu niedrig, das war aus der Hand. 0,5-0,75 kommt näher. Bei dem Kohlevorrat war zuweilen auch noch Deckladung angesagt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, ich hab es auch grad gelesen.

Sind wage Thesen, die da aufgestellt worden sind.

Also die Ostsee ist zweifels ohne nicht fest in deutscher Hand gewesen, hier Beispiele:

  • 26.Aug 1914 Magdeburg läuft auf Grund und geht verloren ( Bei dieser Aktion bekamen die Engländer die deutschen Funkcode Bücher in die Hand und waren über jede Aktivität der Hochseeflotte im Bilde !!!!! )
  • 17.Nov 1914 Friedrich Carl sinkt auf russischer Minensperre
  • 2.Juli 1915 Albatros von russischen Panzerkreuzern zusammengeschossen
  • 16.-20.Aug 1915 zwei Torpedoboote und drei Minensucher sinken bei einem Unternehmen auf die Bucht von Riga
  • 23.Okt 1915 britisches U-Boot E8 versenkt Prinz Adalbert
  • 7.Nov 1915 britisches U-Boot E19 versenkt Undine
  • 17.Dez 1915 Bremen und ein Torpedoboot sinken auf auf russischer Minensperre
  • usw.........
Also das sieht nicht ganz so aus, wie wenn hier die Hochseeflotte alles im Griff hatte.
Und die guten starken Kräfte lagen im untätig im Hafen !! aus Angst vor noch mehr Verlusten.

Bei der Schlacht vor der Doggerbank hatte die Hochseeflotte die Möglichkeit einen Teil der englischen Schlachtkreuzerflotte zu vernichten. Zwar wussten die Engländer von den Vorstoß (siehe oben Magdeburg)und überraschten die Schlachtkreuzer von Hipper auf der Doggerbank. Allerdings war die ganze Hochseeflotte unter Admiral Ingenohl auch schon auf dem Weg, doch nach dem Sichten der britischen Schlachtkreuzer drehte man schnell bei und überließ die deutschen Schlachtkreuzer den Engländern, was auch das Ende der Blücher bedeutete.
Etwas mehr Mut von der deutschen Admiralität, hätte hier das haben können, was immer geplant war. Die britische Schlachtflotte in kleinen Teilen aufsuchen und mit starken Kräften vernichten.
 
Bei der Schlacht vor der Doggerbank hatte die Hochseeflotte die Möglichkeit einen Teil der englischen Schlachtkreuzerflotte zu vernichten.

Die Doggerbank und BLÜCHER sind ein eigenes Thema wert. Das sollten wir uns aufheben, da würde ich auch gerne nachlesen.

Bei der "Ostsee" war eher gemeint, dass die Existenz der Hochseeflotte 1914-1917 der britischen Schlachtflotte die Kontrolle des Zuganges zur Ostsee unmöglich machte,
so jedenfalls die These,
nicht die Verluste aufgrund der russischen Flotte, Minensperren etc. Umgekehrt war die Masse der Hochseeflotte (bis auf Ausnahmen) wegen der britischen Flotte an die Nordsee gebunden.
 
Also wenn ich so recht überlege, hat keine Nation, die Großkampfschiffe besaß, diese so richtig eingesetzt.

Oder würdet Ihr euren Ferrari aus der Garage holen wenn es stürmt und regnet? :grübel:

Einzig die Geschichte um die Goeben und Breslau hat direkt am Geschehen des Krieges eingewirkt. Mit den Kriegseintritt der Türkei an Seite der Mittelmächte.
 
Also wenn ich so recht überlege, hat keine Nation, die Großkampfschiffe besaß, diese so richtig eingesetzt.

Da würde ich nochmals in Bezug auf die britische Schlachtflotte widersprechen. Die hat ihre Aufgabe zur Blockade allein durch Präsenz voll erfüllt.

Nebenbei, um diese wichtige Aufgabe in den richtigen Zusammenhang zu rücken: sogar noch verstärkt durch ein Schlachtschiff-Geschwader der USA ab 1917, was die Aufgabe unterstreicht.
 
Bei der "Ostsee" war eher gemeint, dass die Existenz der Hochseeflotte 1914-1917 der britischen Schlachtflotte die Kontrolle des Zuganges zur Ostsee unmöglich machte,
so jedenfalls die These,
nicht die Verluste aufgrund der russischen Flotte, Minensperren etc. Umgekehrt war die Masse der Hochseeflotte (bis auf Ausnahmen) wegen der britischen Flotte an die Nordsee gebunden.

Gut, von der Seite her gesehen ist das richtig, aber die Briten arbeiteten daran, Schiffe zu bauen, die für den Einsatz in der Ostsse vorgesehen waren und eine eventuelle Landung an der Ostseeküste unterstützen sollten. Somit sagt schon die Planung eines solchen Unternehmens aus, das man kein Problem gehabt hätte, in der Ostsee in großen Operationen sich zu bewegen.
Die "heißen" Konstruktionen waren die Courageous-Klasse und die Furious. Alle samt stammen aus der Feder von Lord Fisher und welche Qualität seine Konstruktionen hatten, sah man ja in der Skagerrak.
 
Da würde ich nochmals in Bezug auf die britische Schlachtflotte widersprechen. Die hat ihre Aufgabe zur Blockade allein durch Präsenz voll erfüllt.

Nebenbei, um diese wichtige Aufgabe in den richtigen Zusammenhang zu rücken: sogar noch verstärkt durch ein Schlachtschiff-Geschwader der USA ab 1917, was die Aufgabe unterstreicht.

Ja, ne Blockade. Aber ausser auf der Doggerbank und vor dem Skagerrak gab es keine größeren Seegefechte.

Wär sicherlich mal Interessant gewesen, zu erfahren, wie die amerikanischen Schiffe gegenüber den deutschen Schiffen abgeschnitten hätten.
Wobei man sagen muß, das jede Seeschlacht die nicht geschlagen worde, das Leben der Seeleute rettete.
 
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