"Deutschlands Zukunft" Karikatur von 1864

saurezitrone

Neues Mitglied
hi,

ich bearbiete in geschichte zurzeit bismarck so ab 1848.
nun muss ich diese karikatur
http://www.mrkunz.ch/karikatur/186400-einigungd.jpg
erklären. der kommentar zur picklehaube lautet:
,,kommt es unter einem hut? ich glaube, es kommt eher unter eine pickelhaube!"


ich denke das so, dass die deutschen zu dieser zeit fest entschlosen waren die 38 einzelnen deutschen staaten zu vereinen. die pickelhaube ist ja ein hut der in der preußischen armee eingeführt wurde. also ein symbol des krieges.etwas wird mit gewalt geschehen.

liege ich richtig, oder ist es verbesserungswürdig?

mfg saurezitrone
 
liege ich richtig

Imho nein.

Eine Einheit Deutschlands ("unter einen Hut") war aufgrund der Einzelinteressen der Staaten eher nicht zu verwirklichen, unter "preußischer Knute" (der "Pickelhaube") aber schon. Ob das ganze hätte auch ohne Krieg stattfinden können, ist eine andere, wenn auch interessante Frage. :)
 
Ich würde auch sagen – Symbol für Krieg – eher nein, aber ganz sicher bedeutet das Vereinigung unter der Führung Preußens.
 
Also ganz ehrlich? Mein erster Gedanke ging überhaupt nicht in Richtung preussische Knute.

Wenn ich mir die Fußstellung und Laufrichtung des Volkes anschaue, denke ich eher das man Schutz gesucht hat und sich zentralisierte. Das war zumindest mein erster Gedanke als ich das Bild gesehen habe.

Also würde ich das auch als Einigung unter Preussens Führung interpretieren. Die Pickelhaube würde ich wie gesagt nicht unbedingt aggressiv deuten sondern vielmehr als Sinnbild des Schutzes sehen.
 
Helm als Schutzmotiv ist klar. Aber es "zwängt" sich dennoch, so voll wie es unter der Haube ist. Und die haltende Hand übt sicherlich Druck von oben aus, steht also für eine aktive Rolle des Haubenbesitzers.
 
Helm als Schutzmotiv ist klar. Aber es "zwängt" sich dennoch, so voll wie es unter der Haube ist. Und die haltende Hand übt sicherlich Druck von oben aus, steht also für eine aktive Rolle des Haubenbesitzers.

Vielleicht war dies "zwängen" schon eine bewusste Anspielung auf die Expansion und Erweiterung des Lebensraums :grübel:

Zur haltenden Hand noch etwas. Muss es zwangsläufig Druck sein der ausgeübt wird? Kennst Du den Spruch "Die Hand über den Kopf halten"? Dann würde das wieder Sinn machen mit der "Schutztheorie". Alles sammelt und drängt sich in die Mitte unter preussischem Schutz.

Wie gesagt, ich weiß es nicht und es war so spontan der erste Gedanke der mir in den Sinn gekommen ist.
 
@Querdenker
Lebensraum halte ich für ausgeschlossen. Hitlers Theorien haben mit dem Preußen des 19. Jh. sicher nichts zu tun.
Ich kenne nicht "die Hand über den Kopf halten", mir ist "die Hand schützend über einen halten" bekannt. Vermutlich meint dies dasselbe.
Jedoch würde ich in diesem Fall eine offene, ausgebreitete Hand wie ein Dach erwarten. Nicht aber eine geschlossene, zugreifende Hand.
Dem Schutzgedanken stimme ich dennoch unumwunden zu.
 
:confused: Wollt euch denn hin?!? Kannst du das mal bitte erläutern?

Ich kann mich jetzt täuschen, - aber wurde Preussen nicht damals schon vom Ausland im Auge behalten? Hatte England nicht die Befürchtung das Preussen alle deutschen Staaten vereinen und sein Territorium vergrößern wollte. Meine Überlegungen gingen in Richtung der Kolonien.
Vielleicht hätte ich den Begriff "Lebensraum" durch "Wirtschaftsinteresse" ersetzen sollen.

Kann sein das ich komplett danebenliege, - aber mir ist als wenn ich in der Richtung mal was gelesen habe.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
England war bis ca. 1854 darauf aus, das auf dem Wiener Kongress ausgehandelte Kräftegleichgewicht in Europa (Pentarchie) zu erhalten. Mit dem Krimkrieg und der Niederlage Russlands wurde dieses Gleichgewicht zwar gestört, doch erst ein geeintes Deutschland, egal ob die kleindeutsche oder die großdeutsche Lösung, hätten dieses Gleichgewicht endgültig zerstört.

England war also durchaus skeptisch, wie die Entwicklung in Deutschland weitergehen würde. Die Kriege von 1864, 1866 und 1871 ließen nichts gutes ahnen. Besonders in Frankreich war die Angst vor Deutschland sowie die Rachegelüste groß.
 
@TGDarmstadt
Also wenn ich das richtig verstehe könnte ich mit meiner Interpretation vielleicht doch nicht so ganz daneben liegen?
 
Die Kriege von 1864, 1866 und 1871 würde ich keinesfalls als Omen der späteren Entwicklung sehen. Speziell nicht in Bezug auf Hitlers Lebensraumidee.
Bismarck war ja auch entschieden gegen Kolonien. Und dieser Standpunkt war offiziell und wohl auch mehrheitsfähig. Die Beziehungen zum British Empire waren folgerichtig zunächst ausgenommen gut. Zumal mit Preußen ja ein traditioneller Verbündeter der Briten die Macht errang.
 
Um die Zeit der Reichsgründung war die Gründung von Kolonien, zumal Projekte eines "Lebensraums im Osten", von dem manche Apologeten schon vor dem 1. Weltkrieg träumten, noch Zukunftsmusik. Ich denke, die Karikatur spielt darauf an, dass nicht Preussen in einem vereinigten Deutschland aufgeht, sondern ganz Deutschland unter einer überdimensionalen Pickelhaube als Symbol eines straffen zentralistischen und militaristischen Preußens sozusagen zwangsvereinigt wird. Zumal in Süddeutschland gab es durchaus Ressentiments gegen Preußen, was Ludwig Thoma auch in seinen "Filserbriefen" karrikiert. Da schreibt der bayrische Zentrumsabgeordnete, dass der "Bismarch" das deutsche Reich gemacht hat und die Pickelhauben in Bayern eingeführt habe, damit man Bayern und Preußen verwechselt, und dass die Bayern die Zeche fürs Reich bezahlen müssen.

So behielt z. B. der Freistaat Bayern sein Postmonopol. Anspielungen auf koloniale Projekte kann ich in der Karikatur nicht erkennen. Das geeinigte Deutschland erregte das Aufsehen der Briten, zumal Deutschland als Industrienation bald schon zu GB aufschloss und das "made in Germany" zum Qualitätssigel wurde. Dennoch sollte man das Misstrauen gegenüber Deutschland in den 1860er und 1870er Jahren nicht überbewerten, denn Hauptgegner der Briten war zu dieser Zeit eher Russland, und Reibungsflächen zwischen Deutschen und Briten entstanden erst, als das Kaiserreich eigene Kolonien und vor allem eine starke Kriegsflotte ausrüstete.
 
Ich denke, die Karikatur spielt darauf an, dass nicht Preussen in einem vereinigten Deutschland aufgeht, sondern ganz Deutschland unter einer überdimensionalen Pickelhaube als Symbol eines straffen zentralistischen und militaristischen Preußens sozusagen zwangsvereinigt wird.
:yes:

:confused: Wollt euch denn hin?!?
Ich habe schon woanders im Forum meiner Verblüffung Ausdruck verliehen, dass jede Diskussion über deutsche Geschichte ab Bismarck (1862) früher oder später - gegebenenfalls über einige Zwischenschritte - bei Hitler landet, so auch bei diesem Thema.
Offenbar ist die sog. "Kontinuitätsthese" überaus wirkmächtig und allzeit und überall imstande, entsprechende Assoziationen zu wecken. Ich tadele das nicht und kann das als "Geschichtsbewusstsein" positiv würdigen, aber dennoch...:grübel:

Um die Zeit der Reichsgründung war die Gründung von Kolonien [...] noch Zukunftsmusik.
Vielleicht sollte man da etwa tiefer einsteigen. Der "Zentralverein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Auslande" - vulgo Kolonialverein - wurde immerhin schon 1866 gegründet. Zur "Geschichte des deutschen Kolonialgedankens" lohnte sich ein eigenes Thema - gab's/gibt's aber vielleicht aber schon.

zumal Projekte eines "Lebensraums im Osten", von dem manche Apologeten schon vor dem 1. Weltkrieg träumten
Sicher muss hier nicht über die perverse "Lebensraum"-Ideologie der Nazis diskutiert werden. Davon abgesehen hat die Idee, im Osten riesige, z. T. sehr fruchtbare, dünn besiedelte Flächen zu "kultivieren", eine sehr lange Tradition, ob mit religiösen Motiven verbunden (Ordensritter) oder nicht. (Auch ein lohnenswertes eigenes Thema.)
 
ich bearbiete in geschichte zurzeit bismarck so ab 1848. nun muss ich diese karikatur http://www.mrkunz.ch/karikatur/186400-einigungd.jpg erklären. der kommentar zur picklehaube lautet:
,,kommt es unter einem hut? ich glaube, es kommt eher unter eine pickelhaube!"

Der Fragesteller hatte die Karikatur von einer Schweizer Homepage, wo als Quelle angegeben ist: Deutsche Satirezeitschrift "Kladderatatsch", 1864. Mich irritierte das gleich, weil der Stil der Zeichnung nicht zum Kladderadatsch passt und in dessen digitaler Ausgabe auch nicht zu finden ist.
Des Rätsels Lösung: Die Karikatur ist von 1870, und zwar aus der Wiener Zeitschrift "Kikeriki" (siehe GHDI - Image). So geht's nicht!:bangin:
 
Der Fragesteller hatte die Karikatur von einer Schweizer Homepage, wo als Quelle angegeben ist: Deutsche Satirezeitschrift "Kladderatatsch", 1864. Mich irritierte das gleich, weil der Stil der Zeichnung nicht zum Kladderadatsch passt und in dessen digitaler Ausgabe auch nicht zu finden ist.
Des Rätsels Lösung: Die Karikatur ist von 1870, und zwar aus der Wiener Zeitschrift "Kikeriki" (siehe GHDI - Image). So geht's nicht!:bangin:

Fraglich wäre, wo der Fragesteller die Kariaktur erstmals gesehen hat. Ich vermute mal, in einem Schulbuch? Oder kam sie vom Lehrer?
 
Die Wiener dürften allerdings die Einigung Deutschland unter Preußens Führung nicht gerade freundlich betrachtet haben, womit sich die Bedeutung der Karikatur wohl von selber ergibt.
 
Für mich sieht der abgebildete Adler wie der habsburgische Doppeladler aus, nicht wie der preußische Königsadler. Vlt ist es auch nur schlecht gezeichnet, ansonsten würde es der Deutung einen ganz neuen Anstoß geben. ^^
 
Unter dem Link von jschmidt steht doch auch die Interpretation :schlau:

1870 stand die Entscheidung zwischen klein- und großdeutscher Lösung zugunsten der kleindeutschen bevor.
 
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