Frankfurter Nationalversammlung 1848-49

Armand

Neues Mitglied
Seid gegrüßt,

dies ist mein erster Beitrag; ich hoffe, ich habe nicht gleich das falsche Unterforum erwischt.

Bei mir ist erst in jüngerer Zeit ein Interesse an Geschichte erwacht, das ich während der Schulzeit leider noch nicht so entdeckt hatte. Deshalb werde ich wohl fürs erste meist nur mit Fragen zum Forum beitragen können.

Eine erste Frage, die sich mir stellt, betrifft die Frankfurter Nationalversammlung. Ich kann mir nicht wirklich die Situation vorstellen, in welcher diese etwas über ein Jahr lang bestand. Kann man sich wirklich vorstellen, dass die alten (Adels-)Mächte über ein Jahr zugesehen haben, wie dort die "demokratischen Revolutionäre" daran arbeiten, den Umsturz durch eine Verfassung zu zementieren? Es war ja wohl nicht so (oder doch?), dass es außer Preußen und Österreich keine Militärgewalt der alten Mächte mehr im "deutschen" Raum gab.

Ich habe noch nicht viel zur Zeit um 1848/49 gelesen, aber vielleicht kann mir ja schon einmal jemand einige Hinweise oder Lesetipps geben!

Es grüßt,
Armand
 
Zuletzt bearbeitet:
Solange im gesamten später "bundesdeutschen" Bereich und darüber hinaus die Bevölkerung Barrikaden errichtete und sich selbst bewaffnete, hatten die "Herrschenden" wenig andere Möglichkeit, als vorsichtig zu zu sehen.
Besonders, wenn es beim Einsatz von Soldaten zu Verbrüderungsszenen mit den Demonstranten kam.

Und: Nein. Preussen und Österreich waren die maßgeblichen Kräfte auf "deutschem" Boden. Es sei denn, du möchtest der erste sein, der Bayern für eine Militärgewalt hält (Sorry, offtopic-dissing aufgenommen)
 
Also,

Zunächst muss man sich den Kontext vor Augen führen. Es herrschten ja revolutionäre Zustände und zwar in ganz Europa (außer Großbritannien und RUssland). In Frankreich, Italien, Östrreich, Ungarn usw. Da hatte sich seit 1814/5 einfach viel aufgestaut. Das Stichwort ist hier der Liberalismus. Die Bürger wollten eine freiheitliche Gesellschat, also freiheit für das Individuum, Abschaffung der Adelsprivilegien (Steuer, Grundbesitz, Patrimonialgerichtsbarkeit), Pressefreiheit, Verfassungen und Volksversammlungen und eben in vielen Staaten den Nationalstaat (Ungarn, Österreich, Italien, deutsche Staaten).

Zugleich regierten die monarchischen Regierungen repressiv. Ziel des Wiener Kongresses war ja, zukünftige Revolutionen zu unterdrücken. Als dann die Revolution von Frankreich rüberschwappte, konnte sich die Monarchen einfach nicht wehren. Bürger und Studenten bewaffneten sich, es gab Straßenschlachten usw. In Deutschland fand die Revolution auf zwei Ebenen statt. Einmal auf ebene der Einzelstaaten und zum anderen auf Bundesebene. Dann wurde eben in Frankfurt die Wahl zur Verfassunggebenden Nationalversammlung organisiert und jeder Einzelstaat sandte seine Vertreter dann dahin.

Für die Regierungen war das jetzt eine schwierige Situation. Sie wollten natürlich alle ihre Souveränität behaupten und wahren von Ihrem Recht als Monarchen zu regieren überzeugt. Andererseits war man mit dem Deutschen Bund unzufrieden. Metternich versuchte schon lange den Bund stärker zusammenzuschweißen (durch Verfassungsreformen; Einsetzung eines Bundesgerichtes; Stärkerer Einfluss des Bundes auf die Einzelstaaten. Das fanden die Einzelstaaten natürlich nicht gut und vor allem Preußen wollte sich da nicht einordnen. Es war ja eher darauf Bedacht selbst den Bund so zu erneuern, dass es eine gleichwertige Stellung mit Österreich bekommt. Preußen war ja quasi hegemon im Zollverein seit 1835, was ja sozusagen die kleindeutsche Einigung auf wirtschaftlicher Ebene bedeutete. Also hat man die Nationalversammlung einfach mal machen lassen und wollten sehen, was dabei rauskommt.

Andererseits waren die Abgeordneten ja keineswegs einer Meinung, geschweigedenn alle demokratisch. Zu den Liberalen zählten die gemäßigten und die Radikalen. Die radikalen waren die Demokraten, also ganz links außen (die Sozialisten waren nicht vertreten). Die anderen Liberalen waren keineswegs demokratisch. Die hätten sich auch einfach in einer freiheitlichen Monarchie mit orgentlicher Konstitution wohlgefühlt. Eine Herrschaft des Volkes, im Sinner der großen (ungebildeten) Massen (Bauern, Arbeiter, Frauen, "Gesinde") wollten die ja auch nicht. Viele dieser Liberalen waren ja auch liberale Adelige, die zum Teil schon in den Süddeutschen Parlamenten und/oder Regierungen tätig waren. Dann gabs natürlich auch Konservative, die natürlich versuchten die nationalen und freiheitlichen Charakter so weit wie möglich einzuschränken und die Konfessionsparteien (Katholiken). Zudem gab es Uneinigkeiten bei der Frage nach der groß- oder kleindeutschen Lösung.

Als die Situation dann günstig war, haben die Regierungen ja dann auch wieder eingegriffen. Jetzt hatten sie erfolg und das lag hauptsächlich daran, dass sie das Militär befehligten, dass jetzt auch viel härter vorging als vorher. Vor allem in Österreich war das so, weil ja hier auch noch russische Truppen aushalfen. In Deutschland hat dann Preußen die Revolutionäre niedergeschlagen.

Dass man aber generell daran glaubte, dass Veränderungen nötig seien, beweist das Bestreben die Ordnung des Deutschen Bundes zu erneuern. Preußen hatte ja zunächst seine Erfurter Unionspläne. Österreich setztes sich für eine Erneuerung des Bundes ein, Bayern wollte einen Zusammenschluss mit Württemberg und Baden zu einem "Dritten Deutschland" unter seiner Führung. Kurze Zeit später beginnt dann ja der Aufstieg Bismarcks mit seiner für die Zeitgenossen verwirrenden Realpolitik. Einerseits war je durch und durch preußisch, andererseits gewinnt er für "Deutschland" Schleswig und Holstein, was ja immer eine Forderung der Liberalen war. Außerdem hat man in Preußen und später auch Österreich Verfassungen eingeführt, und die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 war relativ freiheitlich, vor allem hinsichtlich der Wahl (geheim, direkt, frei).


Fazit:
Ich würde sagen, dass man unter dem Druck aber auch der Einsicht bzw. dem eigenen Interesse, dass man Veränderungen im Gebiet des Deustchen Bundes vornehmen muss. lässt sich erklären warum man nicht gleich kompromisslos dagegen gehalten hat.

Problem:
Interessanter ist die Frage zur Haltung Bismarcks. Er ist eigentlich ultrakonservativer Preuße und setzt sich im Landtag dafür ein, dass Wilhelm die Kaiserkrone ablehnt. Kurz darauf verfolgt er aber die erfurter Unionspläne. Warum? Vielleicht hat er erkannt, dass das der richtige Weg für Preußen ist an Macht zu gewinnen, vor allem gegen Österreich.
 
Vieles wurde schon gesagt. Die Fürsten haben nicht zugesehen, sie haben

- z.T. "ihre" Leute in die Nationalversammlung geschickt bzw. Abgeordnete der Nationalversammlung (darunter waren ja viele Beamte) auf ihre Seite gezogen (einige wurden dann zum Dank Minister)
- Gegenschläge vorbereitet
- und geführt (so wurden bewaffnete Aufstände wie der von Friedrich Hecker rasch militärisch niedergeschlagen - denn sowas fürchteten die Fürsten mehr, als ein Häuflein ewig diskutierender Gemäßigter)

Im Prinzip hat man meiner Meinung nach die Revolution gespalten. Mit dem Zugeständnis einer Nationalversammlung teilte sich die Revolution in eine gemäßigte Gruppe (Paulskirchenversammlung ... mit langen Beratungen und z.T. sehr fürstenfreundlichen Ideen) und eine radikale. Letztere wurde niedergeschlagen und als die Gemäßigten dann endlich zu einem Ergebnis kamen, fehlte der starke Arm (die Radikalen), um sie zur Not gegen die Fürsten durchzusetzen.

Durch die Zugeständnisse sahen viele auch die Ziele der Revolution bereits erreicht und wurden wieder zu braven, schlafenden deutschen Michels (hier sehr schön als Karikatur: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/97/Michel_und_seine_Kappe_im_Jahre_48.jpg).
 
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