Griechen und Türken 1914-1922 - Minderheiten im Osmanischen Reich

Scorpio

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Von der war nur im ägäischen Küstensaum noch etwas spürbar - und wenn sie heute noch da sein soll, dann hat sie sich aber sehr gut versteckt.

Spuren einst von einst blühenden griechischen Dörfern trifft man auch in Anatolien immer wieder. Vor Jahren stieß ich in Südwestanatolien auf ein Dorf, das bis 1922 fast ausschließlich von Griechen besiedelt wurde, die dann zwangsweise umgesiedelt wurden. In der Nachbarschaft des alten Ortes gründeten muslimische Türken ein neues Dorf, doch die Häuser der Griechen wurden nicht wieder besetzt, und der Zahn der Zeit und einige halbwilde Ziegen- die einzigen Bewohner nagten am alten Dorf, von dem einige ältere Dorfbewohner des neuen Ortes zu berichten wussten, dass es dort nicht recht geheuer sei.
 
Spuren einst von einst blühenden griechischen Dörfern trifft man auch in Anatolien immer wieder. Vor Jahren stieß ich in Südwestanatolien auf ein Dorf, das bis 1922 fast ausschließlich von Griechen besiedelt wurde, die dann zwangsweise umgesiedelt wurden. In der Nachbarschaft des alten Ortes gründeten muslimische Türken ein neues Dorf, doch die Häuser der Griechen wurden nicht wieder besetzt, und der Zahn der Zeit und einige halbwilde Ziegen- die einzigen Bewohner nagten am alten Dorf, von dem einige ältere Dorfbewohner des neuen Ortes zu berichten wussten, dass es dort nicht recht geheuer sei.

Dieser von griechischen Militärs und Politikern dummerweise angezettelte Krieg gegen die Türkei, der 1922 in die "Kleinasiatische Katastrophe" mündete, war für die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten ein Verhängnis. Rund 1,25 Millionen Griechen wurden aus der Türkei ausgewiesen, 500 000 Türken mussten zwangsweise Griechenland verlassen. Damit endete eine etwa 2500 Jahre währende griechische Siedlungskontinuität an der ägäischen Küste Kleinasiens und das alles wegen großgriechischer Machtfantasien.
 
Dieser von griechischen Militärs und Politikern dummerweise angezettelte Krieg gegen die Türkei,

Eigentlich war der vorherige noch nicht wirklich beendet, ...
Vertrag von Sèvres (Osmanisches Reich) ? Wikipedia

Das Problem liegt in dem Okkupationsversuch gegenüber dem Kriegsverlierer und in dem verlinkten Abkommen. Der türkische Widerstand bezog sich auch auf Armenien und Frankreich. Dem vorlaufend geschah die osmanische Deportation von 450.000 Griechen in Kleinasien 1914/18, auch mit tausenden Toten.

Einfache Betrachtungen - wer da was angezettelt hat - helfen da nicht weiter. Richtig ist, dass die Ereignisse in großgriechische Träumereien einmündeten, und anschließend in eine weitere Katastrophe.
 
Einfache Betrachtungen - wer da was angezettelt hat - helfen da nicht weiter. Richtig ist, dass die Ereignisse in großgriechische Träumereien einmündeten, und anschließend in eine weitere Katastrophe.

Es ist unstrittig, dass der griechische Ministerpräsident Venizelos darauf aus war, bei der nach 1918 einsetzenden Neuverteilung der Welt im Sinne der "großen Idee" für Griechenland so viel herauszuholen, wie möglich war.

Als geschickter Unterhändler erwirkte er schon 1919 die Erlaubnis der Entente, seinen Fuß auf kleinasiatischen Boden zu setzen und Truppen in Smyrna zu landen. Und da das türkische Parlament den Frieden von Sèvres nicht ratifizierte, bot sich Venizelos an, ihn gegenüber der Türkei mit militärischer Gewalt durchzusetzen. Und diese Selbstüberschätzung und der Druck von Generälen wie Joannois Metaxas mündete dann in das kleinasiatische Abenteuer mit seinem für Griechenland katastrophalen Ausgang.
 
Es ist unstrittig, dass der griechische Ministerpräsident Venizelos darauf aus war, bei der nach 1918 einsetzenden Neuverteilung der Welt im Sinne der "großen Idee" für Griechenland so viel herauszuholen, ...

Sicher ist das unstrittig, mit der Ausnahme, dass 1918 keine Neuverteilung der Welt stattfand.

Es ging mir nicht um einzelne Vorgänge, sondern um den Kontext des griechisch-türkischen Krieges. Der wurde im obigen posting nicht wiedergegeben, was wohl der Grund für die einseitige Betrachtung darstellt.

Dass der Wiki-Artikel das in gleicher Weise lexikalisiert und reduziert, macht die Betrachtung weder vollständig noch richtig.

Die Vorgänge in Kleinasien 1914/15, die man aufgrund der betroffenen Volksteile, der Selektion und der Folgen ebenfalls unter der Überschrift Genozid diskutieren kann, sind ebenso beachtlich wie die Tatsache des Kriegseintritts des Osmanischen Reiches.
 
Sicher ist das unstrittig, mit der Ausnahme, dass 1918 keine Neuverteilung der Welt stattfand.

Für griechische Militärs und Politiker stellte sich das so dar und bei der Auflösung großer Reiche wie dem der Habsburger und besonders dem der Osmanen sollte ein großes Stück für Griechenland abfallen.

Es ging mir nicht um einzelne Vorgänge, sondern um den Kontext des griechisch-türkischen Krieges. Der wurde im obigen posting nicht wiedergegeben, was wohl der Grund für die einseitige Betrachtung darstellt.

Wie du leicht feststellen kannst, ging es dabei innerhalb dieses Threads nur um einen kurzen Beitrag am Rande, denn dieser Pfad beschäftigt sich nicht mit dem griechisch-türkischen Krieg. Hätte ich allerdings gewusst, dass du hier eine wissenschaftliche Tiefbohrung anstellst, hätte ich mich selbstverständlich differenzierter geäußert. Wenn du das Thema vertiefen willst, solltest du einen gesonderten Thread aufmachen.
 
Sicher ist das unstrittig, mit der Ausnahme, dass 1918 keine Neuverteilung der Welt stattfand.

Es ging mir nicht um einzelne Vorgänge, sondern um den Kontext des griechisch-türkischen Krieges. Der wurde im obigen posting nicht wiedergegeben, was wohl der Grund für die einseitige Betrachtung darstellt.

Dass der Wiki-Artikel das in gleicher Weise lexikalisiert und reduziert, macht die Betrachtung weder vollständig noch richtig.

Die Vorgänge in Kleinasien 1914/15, die man aufgrund der betroffenen Volksteile, der Selektion und der Folgen ebenfalls unter der Überschrift Genozid diskutieren kann, sind ebenso beachtlich wie die Tatsache des Kriegseintritts des Osmanischen Reiches.


Im Grunde genommen zeichneten sich die zahlreichen Vertreibungen, Annexionen, Umsiedelungen und "ethnischen Säuberungen" die sich auf dem Balkan und kleinasien ereigneten schon in den Balkankriegen ab, wo es zahlreiche Übergriffe, Massaker und Ausschreitungen auf Kosten der jeweils schwächeren Volksgruppen gab. Die Eroberung Serbiens und die Rückeroberung Galiziens hatte eine große Anzahl von willkürlichen Exekutionen zur Folge, die wie die Armeniermassaker einen Vorgeschmack auf zukünftige Greuel gaben.
 
Im Grunde genommen zeichneten sich die zahlreichen Vertreibungen, Annexionen, Umsiedelungen und "ethnischen Säuberungen" die sich auf dem Balkan und kleinasien ereigneten schon in den Balkankriegen ab,

Das wird von osmanischer Seite vorgetragen bzw. von einigen Autoren wie McCarthy vertreten:

Death and Exile - The Ethnic Cleaning of Ottoman Muslims 1821-1921 +
The Ottoman Peoples and the End of Empire

Demnach seien die Massaker in den griechischen und armenischen Siedlungsgebieten auf die vorherigen Ereignisse im Kaukasus und auf dem Balkan zurückzuführen. Im Prinzip ist das eine Art "Verrohungs-These", wesentlich ergänzt durch Aspekte des Bevölkerungsdrucks in den osmanischen Umsiedlungs("Ziel"-)gebieten, in denen man auf anderen Minderheiten traf.

Wie du leicht feststellen kannst, ging es dabei innerhalb dieses Threads nur um einen kurzen Beitrag am Rande, denn dieser Pfad beschäftigt sich nicht mit dem griechisch-türkischen Krieg. Hätte ich allerdings gewusst, dass du hier eine wissenschaftliche Tiefbohrung anstellst, hätte ich mich selbstverständlich differenzierter geäußert.
Auch wenn kurz oder randweise, sollte man nicht die Kausalitäten und Verantwortlichkeiten derartig reduzieren. Ich halte die Verkürzung für falsch, und aktuell gängige "Muster" benutzend. Deshalb meine Bitte oben um etwas mehr Differenzierung, eigentlich nicht der Rede wert (anscheinend aber rechtfertigungsbedürftig), und ohne gleich in die Tiefenbohrung zu gehen.
 
Im Grunde genommen zeichneten sich die zahlreichen Vertreibungen, Annexionen, Umsiedelungen und "ethnischen Säuberungen" die sich auf dem Balkan und kleinasien ereigneten schon in den Balkankriegen ab, wo es zahlreiche Übergriffe, Massaker und Ausschreitungen auf Kosten der jeweils schwächeren Volksgruppen gab. Die Eroberung Serbiens und die Rückeroberung Galiziens hatte eine große Anzahl von willkürlichen Exekutionen zur Folge, die wie die Armeniermassaker einen Vorgeschmack auf zukünftige Greuel gaben.

Dass allerdings das Osmanische Reich bis auf einen kleinasiatischen Reststaat zerfallen und 1,2 Mio. Griechen aus Kleinasien und 500 000 Türken aus Griechenland vertrieben würden, daran hätte am Ende der Balkankriege wohl keiner gedacht. Und wer geglaubt hatte, dass es mit den Vertreibungen in Europa nach Ende des Zweiten Weltkriegs sein bewenden haben würde, der wurde nach 1990 und dem Zerfall Jugoslawiens eines besseren belehrt.

Wie dem auch sei: Es ist schade, dass die rund 2500 Jahre währende Siedlungskontinuität der Griechen an der Ägäisküste Kleinasiens durch den griechisch-türkischen Krieg ein Ende fand, aber das Auseinanderdividieren der Nationalitäten im Europa des 20. Jh. war anscheinend ein unaufhaltsamer Prozess.
 
Dass allerdings das Osmanische Reich bis auf einen kleinasiatischen Reststaat zerfallen und 1,2 Mio. Griechen aus Kleinasien und 500 000 Türken aus Griechenland vertrieben würden, daran hätte am Ende der Balkankriege wohl keiner gedacht. Und wer geglaubt hatte, dass es mit den Vertreibungen in Europa nach Ende des Zweiten Weltkriegs sein bewenden haben würde, der wurde nach 1990 und dem Zerfall Jugoslawiens eines besseren belehrt.

Wie dem auch sei: Es ist schade, dass die rund 2500 Jahre währende Siedlungskontinuität der Griechen an der Ägäisküste Kleinasiens durch den griechisch-türkischen Krieg ein Ende fand, aber das Auseinanderdividieren der Nationalitäten im Europa des 20. Jh. war anscheinend ein unaufhaltsamer Prozess.

Warum, genau so ist es bei den meisten anderen Kriegen zwischen den balkanischen Staaten und dem Osmanischen Reich auch passiert. Vertreibung der muslimischen Bevölkerung nach dem Krieg.

Und vor allem die Griechen gingen noch im 1. Balkankrieg extrem brutal vor.
 
Warum, genau so ist es bei den meisten anderen Kriegen zwischen den balkanischen Staaten und dem Osmanischen Reich auch passiert. Vertreibung der muslimischen Bevölkerung nach dem Krieg.

Die Tatsache, dass es "auch anderen passiert ist", macht Vertreibungen gleich welcher Ethnie nicht besser, humaner oder gerechter. Sei es nun auf dem Balkan, in Vorderasien oder anderswo. Das Aufrechnen von menschlichem Leid ist kein gutes Argument.
 
Die Tatsache, dass es "auch anderen passiert ist", macht Vertreibungen gleich welcher Ethnie nicht besser, humaner oder gerechter. Sei es nun auf dem Balkan, in Vorderasien oder anderswo. Das Aufrechnen von menschlichem Leid ist kein gutes Argument.

Hab ich auch nicht getan. Es war deine Überraschung darüber die ich nicht ganz verstehe. Es ist so immer passiert sei es nun 1, 2 serbischer Aufstand, Griechischer Aufstand, Bulgarischer Aufstand, der 1 Balkankrieg oder sonsteiner. Grade im 1. Balkankrieg waren vor allem die Griechen brutal wärend man in Sofia und Belgrad auf eine Assimilierung der slawischsprachigen muslimischen Bevölkerung hoffte (die freilich nur in Bulgarien teilweise gelang).

Das keiner daran Gedacht hätte das es zu Vertreibungen kommen würde, stimmt so nicht.
 
Hab ich auch nicht getan. Es war deine Überraschung darüber die ich nicht ganz verstehe. Es ist so immer passiert sei es nun 1, 2 serbischer Aufstand, Griechischer Aufstand, Bulgarischer Aufstand, der 1 Balkankrieg oder sonsteiner. Grade im 1. Balkankrieg waren vor allem die Griechen brutal wärend man in Sofia und Belgrad auf eine Assimilierung der slawischsprachigen muslimischen Bevölkerung hoffte (die freilich nur in Bulgarien teilweise gelang).

Wie dem auch sei: Wenn eine 2500jährige Siedlungskontiniutät wie die der Griechen abreißt, so ist das eine bedauerliche Tatsache. Immerhin wurde die kleinasiatische Ägäisküste bereits seit 800 v. Chr. von Griechen besiedelt und es entstand dort der Bund der ionischen Städte. Die türkische Bevölkerung in Griechenland konnte vor ihrer Aussiedlung auf eine Siedlungskontinuität von etwa 400 Jahren zurückblicken, was ebenfalls ein beträchtlicher Zeitraum ist.

Der griechisch-türkische Krieg von 1919-1922 ist ohne diese uralte Verankerung griechischer Präsenz an der kleinasiatischen Ägäisküste kaum denkbar, denn nationalistische Kreise griechischer Militärs und Politiker erstrebten eine territoriale Revision und die Wiederherstellung alter geopolitischer Zustände - und das mit Blick auf das alte Byzanz.
 
...denn nationalistische Kreise griechischer Militärs und Politiker erstrebten eine territoriale Revision und die Wiederherstellung alter geopolitischer Zustände - und das mit Blick auf das alte Byzanz.

Auch das würde ich nicht auf allein den Weltkrieg bzw. 1919 beziehen.

Γεώργιος Α΄, Βασιλεύς των Ελλήνων, 1864.
Oder John Kolletis, 1844: The kingdom of Greece is not Greece. It is merely a part, the smallest, poorest, part of Greece.

Soweit sind das nationalistische Auswüchse, die auch anderen Staatsneubildungen nicht fern waren, und sie sind älter als der Weltkrieg. Die Beförderung dieser Ideen besorgte allerdings der Weltkrieg, und der Kriegseintritt und die "Umstände" der osmanischen Niederlage (insbesondere die Deportationen in Kleinasien).

- Venizelos rechnete - mit statistischen Tricks der Einbeziehung der Inseln - das beanspruchte Gebiet bis zur Parität der Bevölkerungsteile (Basis: Census 1912, vor Deportationen 1914/18)
- es gab den Clash mit den italienischen Interessen, die insbesondere durch "Siedlungsideen" von Balfour - analog Palästina - befördert wurden, und die Übereinstimmung mit französischen Ideen für die Levante.

Hier wurden nationalistische Ideen vermischt mit zu begleichenden Rechnungen für die Behandlung der Minderheiten 1914/18.
Smith, Michael Llewellyn: Ionian Vision - Greece in Asia Minor 1919-1922
 
Wie dem auch sei: Wenn eine 2500jährige Siedlungskontiniutät wie die der Griechen abreißt, so ist das eine bedauerliche Tatsache. Immerhin wurde die kleinasiatische Ägäisküste bereits seit 800 v. Chr. von Griechen besiedelt und es entstand dort der Bund der ionischen Städte. Die türkische Bevölkerung in Griechenland konnte vor ihrer Aussiedlung auf eine Siedlungskontinuität von etwa 400 Jahren zurückblicken, was ebenfalls ein beträchtlicher Zeitraum ist.

Der griechisch-türkische Krieg von 1919-1922 ist ohne diese uralte Verankerung griechischer Präsenz an der kleinasiatischen Ägäisküste kaum denkbar, denn nationalistische Kreise griechischer Militärs und Politiker erstrebten eine territoriale Revision und die Wiederherstellung alter geopolitischer Zustände - und das mit Blick auf das alte Byzanz.

Ja, Griechenland wollte auch was vom 1. Weltkriegkuchen. Die ganze Sache ist sehr schrecklich gewesen für die Bevölkerung keine Frage.
 
Soweit sind das nationalistische Auswüchse, die auch anderen Staatsneubildungen nicht fern waren, und sie sind älter als der Weltkrieg.

Natürlich gab's das auch an anderen Stellen Europas - zweifellos! Aber die Situation des Osmanischen Reichs am Ausgang des Ersten Weltkriegs bot den Griechen die vermeintlich günstige Gelegenheit, ihre Ziele auch durchzusetzen.

Wo das endete, wissen wir!
 
Aber die Situation des Osmanischen Reichs am Ausgang des Ersten Weltkriegs bot den Griechen die vermeintlich günstige Gelegenheit, ihre Ziele auch durchzusetzen.

Das ist insoweit richtig, aber eben zu einfach bzw. unvollständig.. Weitere Aspekte sind oben genannt worden.
 
Das ist insoweit richtig, aber eben zu einfach bzw. unvollständig.. Weitere Aspekte sind oben genannt worden.

Dass viele politisch und militärisch einflussreiche Griechen bei ihrer - von den Alliierten geförderten - militärischen Expedition nach Kleinasien einen "großgriechischen Traum" verwirklichen wollten, lässt sich ohne jede Übertreibung sagen.
 
Es liegt mir ja nun wirklich fern, das OR zu verteidigen.


Aber fairerweise muss man sagen, dass Griechenland 1917 in einen Konflikt eintrat, der es nicht im Geringsten hätte tangieren müssen (gilt für das OR prinzipiell ebenso, nur waren die bereits drin). Natürlich gab es Druck der Alliierten zu diesem Schritt, aber die Bevölkerung war schon vorher gespalten zwischen dem deutschfreundlichen Königshaus und der Regierung unter Venizelos, die mit der Entente symphatisierte und die Neutralität nach Absetzung des Haupts der anderen Fraktion ziemlich schnell opferte. Was wohl nicht hätte sein müssen, wie hätte man denn einen Kriegseintritt bei nichtvorhandenem Willen erzwingen wollen? Jeden Soldaten mit der Flinte im Rücken an die Front zwangsmarschieren lassen? Oder mit Landesbesetzung drohen, die man z.T. bereits verwirklicht hatte?

Alle Bedenken wurden fallengelassen und man liess sich auf ein absolut unnötiges Abenteuer ein (wobei ich zugeben muss, dass es damals tatsächlich kein bisschen riskant gewesen zu sein schien, das zeigte sich erst im Nachhinein). Und wie das bei so einem Vorhaben so ist, es kann auch scheitern - und grosse Teile der kleinasiatischen Griechen, die der Bruderarmee von jenseits der Ägäis bei ihrem Einmarsch zujubelten - mitsamt Eskalationen gegen die Türken - hätten sich denken müssen, was mit ihnen im Falle eines türkischen Sieges passieren würde.

So hat man schlussendlich den Preis für den Grössenwahn bezahlt.
 
Aber fairerweise muss man sagen, dass Griechenland 1917 in einen Konflikt eintrat, der es nicht im Geringsten hätte tangieren müssen

Das ist aber nun ein ganz anderes Thema, und der Kriegseintritt Griechenlands ist ein komplexes Ereignis. Ein möglicher Kriegsgewinn der Mittelmächte und des Osmanischen Reiches war für Griechenland auch keine wirklich hinnehmbare Option.

Die Deportationen in Kleinasien waren da bereits in der breiten Wahrnehmung, vergleichbar Armenien, die Antagonie Griechenland/Osmanisches Reich war schon vor dem Kriegsausbruch 1914 ein Pulverfass und nebenbei ein lukratives Rüstungsgeschäft.
 
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