Deutscher Imperialismus

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Gast

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"am deutschen wesen soll die welt genesen!" - was der deutsche imperialismus einer der hauptgründe der katastrophe von 1914?
bitte um hilfestellung, ich bin in einer heißen diskussion verwickelt....
 
Einer der Hauptgründe?

Es sieht erstmal so aus, wenn man sich ausmalt, wie die Geschichte hätte ablaufen können, wenn sich das Reich nach 1871 langfristig saturiert zurückgelehnt hätte, so wie Bismarck es anfangs anstrebte. Also keine Expansion, kein Engagement auf fremden Kontinenten und in weltweiten Konflikten.
Es hätte keine Rivalität um Gebiete und Einfluß in der Welt gegeben. Alles "eitel Sonnenschein" für Deutschland?

Ich meine so einfach kann man es sich nicht machen, ausser man akzeptiert auch, daß das Reich dann im Konzert der Großmächte nur in zweiter Reihe mitgespielt hätte. Man wäre im weltweiten Handel in noch größere Abhängigkeit der führenden Weltmächte geraten (Großbritannien, Frankreich etc) . Deutsche Kaufleute hätten überall darum betteln müssen mit anderen Völkern Handel zu treiben oder Großprojekte bauen zu dürfen. Gewisse Rohstoffe wären monopolartig bei anderen Mächten gewesen. Eine Einflußnahme auf fremde Mächte war damals ohne Flotte fast unmöglich.
Die Abhängigkeit und Machtlosigkeit wäre mit Sicherheit stärker gewesen, wenn Deutschland sich aus allem herausgehalten hätte. Es könnte sein, daß dies erstmal weniger Streit mit anderen Nationen bedeutet hätte, aber wäre da nicht auch die Gefahr gewesen, daß andere, mächtigere Staaten Appettit auf den schwachen Bären bekommen hätten? Das ist eine Überlegung, die nicht ausser Acht gelassen werden sollte. Wie heißt es so schön: Es kann der Friedlichste nicht in Ruhe leben, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt...

Auch heute will es sich kaum Staat leisten, friedlich aber auch machtlos zu ruhen. Die Nachbarn und die Konkurrenten sind da wesentliche Faktoren.
 
Arne schrieb:
Einer der Hauptgründe?

Es sieht erstmal so aus, wenn man sich ausmalt, wie die Geschichte hätte ablaufen können, wenn sich das Reich nach 1871 langfristig saturiert zurückgelehnt hätte, so wie Bismarck es anfangs anstrebte. Also keine Expansion, kein Engagement auf fremden Kontinenten und in weltweiten Konflikten.
Es hätte keine Rivalität um Gebiete und Einfluß in der Welt gegeben. Alles "eitel Sonnenschein" für Deutschland?

Ich meine so einfach kann man es sich nicht machen, ausser man akzeptiert auch, daß das Reich dann im Konzert der Großmächte nur in zweiter Reihe mitgespielt hätte. Man wäre im weltweiten Handel in noch größere Abhängigkeit der führenden Weltmächte geraten (Großbritannien, Frankreich etc) . Deutsche Kaufleute hätten überall darum betteln müssen mit anderen Völkern Handel zu treiben oder Großprojekte bauen zu dürfen. Gewisse Rohstoffe wären monopolartig bei anderen Mächten gewesen. Eine Einflußnahme auf fremde Mächte war damals ohne Flotte fast unmöglich.
Die Abhängigkeit und Machtlosigkeit wäre mit Sicherheit stärker gewesen, wenn Deutschland sich aus allem herausgehalten hätte. Es könnte sein, daß dies erstmal weniger Streit mit anderen Nationen bedeutet hätte, aber wäre da nicht auch die Gefahr gewesen, daß andere, mächtigere Staaten Appettit auf den schwachen Bären bekommen hätten? Das ist eine Überlegung, die nicht ausser Acht gelassen werden sollte. Wie heißt es so schön: Es kann der Friedlichste nicht in Ruhe leben, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt...

Auch heute will es sich kaum Staat leisten, friedlich aber auch machtlos zu ruhen. Die Nachbarn und die Konkurrenten sind da wesentliche Faktoren.


Ich finde das kann man so nicht sagen, z.B. hat Deutschland damals bereits gute Beziehungen zu dem Osmanischen Reich gehabt und hat dort die "Bahgdhad Bahn" gebaut.
Außerdem war das Kaiserreich schon damals wirtschaftlich die Stärkste Macht auf dem Kontinent ( die Britische Insel ausgenommen ). Wenn Deutschland ein Bündniss mit Grossbritannien eingegangen wäre, was von II torpediert wurde, wäre auch der Nachschub an Rohstoffen gesichert gewesen.

Aber in einem Punkt stimme ich dir zu, den Deutschen Imperialismus, der im Vergleich mit dem Britischen Imperialismus klein war, war sicher keiner der Hauptgründe für den Aussbruch des ersten Weltkrieges gewesen, da spielt sogar eher der Österreichisch-Ungarische Imperialismus eine grössere Rolle, neben vielen anderen Faktoren... :winke:
 
KFdG schrieb:
Ich finde das kann man so nicht sagen, z.B. hat Deutschland damals bereits gute Beziehungen zu dem Osmanischen Reich gehabt und hat dort die "Bahgdhad Bahn" gebaut.
Außerdem war das Kaiserreich schon damals wirtschaftlich die Stärkste Macht auf dem Kontinent ( die Britische Insel ausgenommen ). Wenn Deutschland ein Bündniss mit Grossbritannien eingegangen wäre, was von II torpediert wurde, wäre auch der Nachschub an Rohstoffen gesichert gewesen.

Klar war das alles so: Aber hing das nicht auch damit zusammen, daß Deutschland sich halt gerade nicht in die zweite, inaktive Reihe schieben ließ? Hätte eine schwache Kontinentalmacht diesen Einfluß im osmanischen Reich erreichen können? Ich meine nicht.

Hätte sich Deutschland mehr zurückgehalten, sich nicht auf die eigene Machtposition verlassen, wäre es nicht nur vom guten Willen anderen abhängig, sondern auch erpressbar gewesen.

Ganz generell muss man berücksichtigen, daß es damals nicht nur keine UNO gab, sondern daß man damals gedanklich noch viel näher am Krieg, als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln war, als heute.
 
Arne schrieb:
Ganz generell muss man berücksichtigen, daß es damals nicht nur keine UNO gab, sondern daß man damals gedanklich noch viel näher am Krieg, als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln war, als heute.

Das stimmt, Krieg war sogar ein Politisches Mittel.

Aber zu dem ersten Punkt:

Die Beziehungen zum Osmanischen Reich beruhen natürlich auf ein wenig Imeprialisumus und in dem Fall wäre zurückhaltung töricht gewesen , aber die Kolonien in Afrika und im Pazifik z.B. kosteten mehr als sie einbrachten und sorgten außerdem für Konflikte mit Grossbritannien.
Und die wirtschaftliche Stärke auf dem Kontinent hatten nichts mit den Kolonien zu tun, sie wäre auch ohne Kolonialpolitik geblieben.
 
KFdG schrieb:
Die Beziehungen zum Osmanischen Reich beruhen natürlich auf ein wenig Imeprialisumus und in dem Fall wäre zurückhaltung töricht gewesen ,
Zustimmung...in wirtschaftlicher Sicht - aber das brachte Konflikte. Und das ist ja die Frage in diesem Thread. Zurückhaltung zur Friedenssicherung, also Konflikten aus dem Wege gehen um den Preis des Verlustes von Wirtschaftskraft und Einfluß in der Welt?

KFdG schrieb:
aber die Kolonien in Afrika und im Pazifik z.B. kosteten mehr als sie einbrachten und sorgten außerdem für Konflikte mit Grossbritannien..
Stimmt, aber wie ist Prestige zu bewerten? Lässt man jemanden in der Weltpolitik mitreden ohne Flotte, weltweite Basen und Engagement? :grübel:


KFdG schrieb:
Und die wirtschaftliche Stärke auf dem Kontinent hatten nichts mit den Kolonien zu tun, sie wäre auch ohne Kolonialpolitik geblieben.
Das ist zumindest fraglich. Klar hätte man Öle, Gewürze, Kaffee, Kakao, Tee, Elfenbein, Kobra etc auch auf dem Weltmarkt (d.h.andere Kolonialmächte) kaufen können, aber die hätten ggfl. einfach den Hahn abdrehen können oder zumindest den Preis beliebig festsetzen können....
 
Gast schrieb:
was der deutsche imperialismus einer der hauptgründe der katastrophe von 1914?

Nein. Würde ich klar ablehnen. Eher war das koloniale Gebahren im Imperialismus ein Vorbote für das, was Europa dann 1914 blühen sollte.
 
Pope kommt klarer auf die Frage zurück.;)

Der deutsche Imperialismus war sicher ein Auslöser für Konflikte, da er mit anderen imperialen Bestrebungen kollidierte. Aber ist das die deutsche Schuld? Huhn oder Ei - was war zuerst? Ist es Pflicht des spät Kommenden zu verzichten?

Wenn man die Frage aussen vor lässt, ob es nicht andere Kriegsgründen bei einem Verzicht gegeben hätte:
Die Hauptgründe für den Weltkrieg sehe ich vielmehr in der Unfähigkeit der Großmächte mit den ganz natürlich entstehenden Konflikten in einer enger werdenden Welt umzugehen. Das heißt sie mit friedlichen Mitteln zu lösen, also einen Ausgleich zu suchen, statt als Lösung Krieg zu wählen.
 
Arne schrieb:
Pope kommt klarer auf die Frage zurück.;)

Klare Frage, klare Antwort. So sollte es öfters sein :hoch:

Z.B. wiegt die Balkan-Frage (die ja dann zum Auslöser wurde) viel gewichtiger, als es jede deutsche Kolonie. Oder die debile, binäre Bündnispolitik Kaiser Wilhelms. Oder die beschleunigte Industrialisierung, die das Wettrüsten und einen Weltkrieg erst möglich machten ... undsoweiter
 
Gast schrieb:
"am deutschen wesen soll die welt genesen!" - was der deutsche imperialismus einer der hauptgründe der katastrophe von 1914?
bitte um hilfestellung, ich bin in einer heißen diskussion verwickelt....

... übrigens eignet sich für eine solche Fragestellung auch die Umfrage-Funktion. Der Publikumsjoker, sozusagen ... :yes:
 
Arne schrieb:
Stimmt, aber wie ist Prestige zu bewerten? Lässt man jemanden in der Weltpolitik mitreden ohne Flotte, weltweite Basen und Engagement? :grübel:

.

Mit den Prestige Gelüsten ist die Politik ja ein ums anderemal sozusagen auf Grundeis gegangen.
Überhaupt spielen in der Politik damals irrationale Faktoren eine stärkere Rolle als rationale. In der Bevölkerung wuchsen die kolonialen Wunschphantasien mit der Erwartung von wirtschaftl. Vorteil, während nur Togo mehr recht als schlecht sich wirtschaftl. selbst trug, der Rest war Zuschußbetrieb auf Kosten von drängenden Sozialreformen. Mehr Schein als Sein, und noch mehr Wollen..... eine Konstante der Politik um Wilhelm II. herum.

Als Literaturempfehlung um dieses Theama herum : W. Mommsen : "War der Kaiser an allem schuld ? " Ullsteinverlag
 
Arcimboldo schrieb:
Mit den Prestige Gelüsten ist die Politik ja ein ums anderemal sozusagen auf Grundeis gegangen.
Ich sehe übrigens durchaus Parallelen in den aktuellen Bestrebungen großer Wirtschaftsmächte, wie Deutschland und Japan, die sich nach langer Zeit der "Abstinenz" nun auch weltpolitisch um stärkeren Einfluß bemühen. Wer in der Welt mitreden will, darf sich nicht hinter dem eigenen Herd einmauern. Aber halt, das ist aktuelle Politik.

Pope schrieb:
...Oder die debile, binäre Bündnispolitik Kaiser Wilhelms
Übliches populistisches Vorurteil. Die Bündnispolitik ist nicht auf Wilhelms Wunsch so gelaufen. Seine Bemühungen aus der Einkreisung auszubrechen (z.B. Defensivbündnis von Björko, 25.7.1905) wurden von den Regierungen nicht akzeptiert.
 
Arne schrieb:
Übliches populistisches Vorurteil. Die Bündnispolitik ist nicht auf Wilhelms Wunsch so gelaufen. Seine Bemühungen aus der Einkreisung auszubrechen (z.B. Defensivbündnis von Björko, 25.7.1905) wurden von den Regierungen nicht akzeptiert.

Wie du meinst. Dann halt eine erfolglose Bündnispolitik.

(Obwohl, wenn ich jetzt nochmal das das Kaiser-Interview des Obersten Stewart Worseley im Daily Telegraph vom 28. Oktober 1908 durchlese, muss ich schon sagen ... :autsch: )
 
Zuletzt bearbeitet:
Pope schrieb:
Wie du meinst. Dann halt eine erfolglose Bündnispolitik.

Es ging mir weniger um die Qualifizierung der Bündnispolitik als darum, auf wessen "Mist sie gewachsen" ist. Der Lenkungseinfluß des Kaisers wird diesbezüglich häufig völlig überschätzt und man ist zu schnell mit der Schuldzuweisung für alle Mißgriffe.
 
Bei alledem sollte man niemals vergessen, daß es Deutschland gewesen ist, das Österreich-Ungarn zu dem Kriegseinsatz gegen Serbien drängte. Obwohl die Schuld Serbiens an dem Attentat längst nicht feststand und Serbien Franz Ferdinand sogar vor seinem Besuch in Bosnien-Herzegowina gewarnt hatte, gab Österreich-Ungarn Serbien die Alleinschuld an dem Attentat von Sarajewo und richtete mit Wissen und Billigung Deutschlands ein Ultimatum an Serbien, das bewußt auf Unerfüllbarkeit ausgerichtet war. Somit sollte vor der Weltöffentlichkeit die moralische Rechtfertigung für den anvisierten Krieg gegen Serbien eingeholt werden. Nur ärgerlich, daß Serbien das Ultimatum dann weitestgehend akzeptierte...

Als Deutschland und Österreich-Ungarn zudem sämtliche internationalen Vermittlungsangebote wie die von England angeregte Viermächtekonferenz in den Wind schlugen und Österreich-Ungarn stattdessen Belgrad, eine ungeschützte Stadt, bombardierte, war es für die Weltöffentlichkeit völlig klar, wer nach Krieg dürstete!

Außerdem war es Deutschland, das als erstes Frankreich und Rußland den Krieg erklärte und dies obendrein mit solch verlogenen Gründen wie die Grenzverletzungen beider Staaten (Sender Gleiwitz läßt grüßen) rechtfertigte. Und das, obwohl Frankreich mit der Juli-Krise nichts, aber auch gar nichts, zu tun hatte und Zar Nikolaus obendrein verzweifelt versuchte, Kaiser Wilhelm dazu zu bewegen, mäßigend auf seinen außer Rand und Band geratenden Bundesgenossen einzuwirken.

Die Ziele Österreich-Ungarns waren, wieder verstärkt auf dem Balkan Fuß zu fassen und seine ostirredentistischen Strömungen seines Vielvölkerstaates in den Griff zu bekommen, während Deutschland an einer Revision des aus seiner Sicht ernüchternden Status quo interessiert war. Der Unterschied zwischen den Mittelmächten und den Mächten der Entente bestand zudem darin, daß in Moskau, Paris und London zivile Kräfte an der Macht waren, während in Deutschland der Einfluß des Militärs extrem groß war und was sich im Laufe des Krieges auch an der Militärregierung der OHL niederschlug. Auch wenn der internationale Imperialismus sicherlich seinen Teil zum Krieg beigetragen hat, ist die heute wieder populäre Sichtweise, alle seien mehr oder weniger gleich Schuld an dem Krieg gewesen, eine unzulässige Relativierung. Denn die Aggressoren waren nicht die Mächte der Entente, sondern die Mittelmächte. Sie haben den Krieg gewollt und den Krieg auch folgerichtig angezettelt!
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Arne schrieb:
.... Die Bündnispolitik ist nicht auf Wilhelms Wunsch so gelaufen. Seine Bemühungen aus der Einkreisung auszubrechen (z.B. Defensivbündnis von Björko, 25.7.1905) wurden von den Regierungen nicht akzeptiert.


Einverstanden....aber ; eben durch die sprunghaftigkeit in Äußerungen und polit. Fehlern Wilhelms II. hat er , bzw. die ihn umgebenden Bülows, Holstein, Waldersees, Bethmann-Hollwegs..etc. gerade die Bündnisse gestärkt, die Wilhelm II. eigentlich unterminieren und nach seinen Vorstellung neu sortieren wollte. Insofern trägt die für Deutschland kontraproduktive Außenpolitik dieser Jahre durchaus zur Verschärfung des europ. Gesamtstatus bei und verhärtete nach allen Seiten die eigentlich anvisierten Bündnisse, bei denen Deutschland und habsburg. Reich plötzlich isoliert waren und die verhängnisvolle Entwicklung auf dem kriegsauslösenden Konfliktherd mit verschuldeten, indem sie sich ohne Not in eine Schiksalsgemeinschaft nötigten.
 
Arcimboldo schrieb:
Einverstanden....aber ; eben durch die sprunghaftigkeit in Äußerungen und polit. Fehlern Wilhelms II. hat er , bzw. die ihn umgebenden Bülows, Holstein, Waldersees, Bethmann-Hollwegs..etc. gerade die Bündnisse gestärkt, die Wilhelm II. eigentlich unterminieren und nach seinen Vorstellung neu sortieren wollte.

Ja, das trifft zu. Das meinte ich mit der Unfähigkeit zur friedlichen Konfliktlösung. Wie ein Kind, das zuschlägt, weil es sich ungeschickt in die Enge manövriert hat. Wohingehend ich dieser "feststellenden Schuldzuweisung" oder einfach Behauptung, weniger zustimmen möchte:

Kiffing schrieb:
...Denn die Aggressoren waren nicht die Mächte der Entente, sondern die Mittelmächte. Sie haben den Krieg gewollt und den Krieg auch folgerichtig angezettelt!
Auch wenn ein regional begrenzter Krieg als einziger Weg gesehen oder auch gewollt war - so einen Krieg, zu dem er sich dann entwickelt hat, wollte niemand.

Sind wir jetzt mitten in einer Kriegsschulddiskussion? :confused:
 
Arne schrieb:
Auch wenn ein regional begrenzter Krieg als einziger Weg gesehen oder auch gewollt war - so einen Krieg, zu dem er sich dann entwickelt hat, wollte niemand.
Das ist historisch nicht richtig. Zwar wäre eine Lokalisierung des Krieges und eine damit einhergehende Stärkung seines Bündnispartners Österreich-Ungarns - wie wenig (bzw. gar nicht) kompromißbereit die Mittelmächte waren, wissen wir ja heute - auch für Deutschland akzeptabel gewesen. Aber im Gegensatz zu den Mächten der Entente, die mit immer neuen Friedensinitiativen verzweifelt versucht haben, den Krieg und damit den befürchteten Untergang des Kontinents zu verhindern, haben Deutschland und Österreich-Ungarn den Krieg billigend in Kauf genommen. Sicherlich spielte dabei die (unrealistische) Hoffnung Deutschlands eine Rolle, die Entente zu spalten, indem England zur Neutralität überredet werden sollte. Aber der Hauptgrund war schließlich der, daß Deutschland befürchtete, auf lange Sicht den Entente-Mächten waffenmäßig unterlegen zu sein, weswegen die von Deutschland seit der Aggressionspolitik Wilhelms II. von langer Hand geplante Revision des aus deutscher Sicht inakzeptablen Status Quo nur jetzt noch verwirklicht werden könnte. Und um dieses Ziel mit Gewalt zu erreichen, kam das Sarajewoer Attentat den Aggressionsmächten gerade recht. Das intransigente Verhalten der Mittelmächte im Verlaufe der Julikrise beweist dies.

Arne schrieb:
Sind wir jetzt mitten in einer Kriegsschulddiskussion? :confused:
Das wurde doch schon durch die Fragestellung des Threaderstellers evoziert. ;)
 
Arne schrieb:
Wohingehend ich dieser "feststellenden Schuldzuweisung" oder einfach Behauptung, weniger zustimmen möchte:


Sind wir jetzt mitten in einer Kriegsschulddiskussion? :confused:

Mitschuld sehe ich in der verhärteten Bündnissituation als solche . Eine Schuldzuweisung soll dies nicht sein, dazu sind die Zusammenhänge des Domino- Effekts zu komplex, die zum Krieg führten.
p.s. eine Kriegsschuld-Disskusion gehört sicherlich gar nicht hierher, trennen kann man wohl die Anfangsfrage nicht ganz davon.
 
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