Funkmessverfahren 1917

flavius-sterius

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Im 1. Band der Buchserie "Die deutschen Kriegsschiffe" von Hildebrand/Röhr/Steinmetz (Herford 1983) wird bei der Schiffsbiographie des Minenkreuzers "Brummer" kurz über den deutschen Angriff auf die Bergen-Schottland-Konvoys vom 16. - 18.10.1917 berichtet. Darin wird folgende Information vermerkt:

Bei dieser Unternehmung wendete die Kaiserliche Marine erstmalig das Funkmessverfahren an Bord eines Kriegsschiffes an.
Die "Brummer" und ihr Schwesterschiff "Bremse" waren 1917 nun wohl kaum mit einem Radargerät ausgestattet. Was meint der Begriff Funkmessverfahren? Ist damit ein Peilung von FT-Stationen gegnerischer Kriegs- oder Handelsschiffe gemeint?
:grübel:
 
Grüezi

Es handelt sich da um Funknavigation. Dabei wird mit Hilfe von elektromagnetischen Wellen, die ein oder mehrere Sender ausstrahlen, der eigene Standort bestimmt. Diese Technik ist bis heute aktuell: Funkpeilung, Radar, Loran, GPS/Glonass…

Gruss Pelzer

.
 
Danke Pelzer. In diese Richtung habe ich auch gedacht. Aber welche der folgenden Möglichkeiten ist zutreffend?

Möglichkeit 1: Du gehst jetzt davon aus, dass die beiden deutschen Kreuzer mittels Funknavigation ihre Position bestimmt haben. Dann wäre diese Navigation nun eher ein interessanter Versuch, während eines riskanten Vorstoßes. Aus Deinem Link bzw. den Quellenverweis von WIKI habe ich jetzt entnommen, dass die deutschen Luftschiffe mit diesem Verfahren navigiert haben. Ich gehe mal davon aus, dass an der norwegischen Küste die Befeuerung in Betrieb war. Und auf hoher See war Navigieren nach astronomischem Besteck sowie das Koppeln Routine.

Möglichkeit 2: Du gehst von der Möglichkeit der Feindortung mittels Peilung oder Stärkemessung aus. Ersteres dürfte dann wohl ein Peilgerät auf beiden Kreuzern und entsprechenden Abstand zwischen diesen Einheiten bedeutet haben. Dann hätte man sich ja mittels Funk austauschen müssen und wäre selbst wiederum den Briten aufgefallen. Die deutschen FT-Geräte unterschieden sich im Signalton deutlich von den Geräten der Alliierten.

Hast Du nähere Infos zu diesem "Funkmessverfahren" der kaiserlichen Marine?
 
Hallo Flavius,

vielleicht hilft dieses weiter:
FAQ 26 - Funk- und Peilfunk

Bei Koop (... Cöln-Klasse) ist zur Brummer nichts vermerkt. Die Feindortung mittels Peilung über zwei Schiffe halte ich für unwahrscheinlich, ich würde daher zur Positionsbestimmung tendieren.
 
Hast Du nähere Infos zu diesem "Funkmessverfahren" der kaiserlichen Marine?
Ich habe keine Ahnung von der "kaiserlichen Marine". Ich kenne mich bloss in der Geschichte der Navigation und Kartographie etwas aus, aber eher in der terrestrischen.


Bin halt ein Bergler, wir schwimmen nicht! :devil:

... Die Feindortung mittels Peilung über zwei Schiffe halte ich für unwahrscheinlich, ich würde daher zur Positionsbestimmung tendieren.
Ja, das denke ich auch.


Gruss Pelzer

.
 
Danke für die weitere Hilfe. Der Link von silesia ist interessant. Jedoch steht da
Die Weiterentwickung, der Telefunken-Kompaß (hier ein animiertes Bild), wurde ein passives Verfahren (ab Frühjahr 1917 verfügbar), bei dem zwar nur die Landstation sendete, bei dem aber der Luftschiffunker ein Prozedere zu beachten hatte.
Demnach wurde das passive Peilverfahren zur Navigationsbestimmung schon im Frühjahr 1917 eingeführt. Das "Bremse"/"Brummer"-Unternehmen fand jedoch erst im Oktober 1917 statt. Vielleicht gab es zuvor keine Gelegenheit zum Einsatz dieses neuen Systems bei Überwassereinheiten. Wobei sich solch ein Verfahren wohl auch für U-Boote angeboten hätte.
 
Also ich vermute jetzt mal, daß das Funk-Meß-Verfahren in der kaiserlichen Marine mit den Anfängen des späteren Radar zusammenhängt. Diese Verfahren dienen natürlich in erster Linie zur genaueren Standortermittlung gegnerischer Schiffe (im direkten Zusammenhang mit der Feuerleitung), indem Funkwellen versendet werden und nach der Reflektierung am gegnerischen Schiff zurückgesendet werden. Daraus läßt sich über die Zeit, die Wellen benötigten errechnen wo und wie weit der Gegner entfernt steht. Aber ich denke pelzer kennt sich da wohl besser aus, was diese Verfahrenstechnik angeht.

Mit dieser Art von Funk-Meß-Verfahren hat man aber wohl schon ab 1904 rumexperimentiert und es stellt die Mutter aller späteren Radarsysteme dar.

Noch ein Punkt, der bei den Funkmessungen der Brummer darauf schliesen läßt, das es sich um das "anpeilen" gegnerischen Schiffen handeln müsste ist die Aktion der Brummer und Bremse, die auf der Suche nach britsichen Konvois waren. Da bisher nur die Möglichkeit bestand, den Gegner zu sichten, wäre hier so ein Funk-Meß-Verfahren angebracht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hier noch eine Darstellung zum Patent des Radar- Erfinders Hülsmeyers vom 30. April 1904
 

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Wenn ich "Trenkle, Die deutschen Funkmeßverfahren bis 1945" richtig verstanden habe, gab es im 1.Wk keine Funkmessverfahren.
Hülsmeyer der "Erfinder" beendete seine Arbeiten 1905 aufgrund des geringen Interesses.
Marconi, damaliger Monopolist in Sachen Funk entwickelte auch erst 1922 entsprechende Geräte.
(100 Jahre Radartechnik - Christian Hülsmeyer - Erfinder des Ur-Radar)

Richard Scherl und Hans Dominik (!) entwickelten bis 1916 einen Prototyp und wandten sich damit 1916 an das Reichsmarineamt.
"Dort zeigte man zwar Interesse,
lehnte aber nach mehrmonatigen Verhandlungen
eine mit 6 Monaten veranschlagte Weiterentwicklung
ab, da sie »für diesen Krieg zeitlich nicht mehr in
Frage käme«.
(Zitat Trenkle)

Gruß

Cisco

(Falls jemand Interesse an den Trenkle Büchern hat - pn)
 
Zuletzt bearbeitet:
Obwohl die Aktion in Marinearchiv, Nordsee 7, detailliert geschildert ist, im übrigen der britische Geleitzug punktgenau getroffen wird, ist von einem Funkmeßverfahren dort keine Rede.

Es gibt lediglich einen Hinweis, dass der britische FT-Verkehr "scharf beobachtet" worden ist; im übrigen wird auf die komplizierte Anlage der Operation, nämlich morgens im Versammlungsgebiet des Geleitzuges aufzukreuzen, hingewiesen.
 
Es gibt lediglich einen Hinweis, dass der britische FT-Verkehr "scharf beobachtet" worden ist;
das deutet eher auf ein Abhören der Funksprüche hin,wobei man möglicherweise Positionsmeldungen des Konvois aufgefangen und dekodiert hat.
 
Was meint der Begriff Funkmessverfahren? Ist damit ein Peilung von FT-Stationen gegnerischer Kriegs- oder Handelsschiffe gemeint?:grübel:

Die Besonderheit ist mit "Funkmessverfahren" vermutlich sehr ungenau beschrieben worden, da es sehr wahrscheinlich hierum ging:

das deutet eher auf ein Abhören der Funksprüche hin,wobei man möglicherweise Positionsmeldungen des Konvois aufgefangen und dekodiert hat.

Die Besonderheit (die hier bei Hildebrandt nur angedeutet wird): erstmals wurden auf BRUMMER Entzifferer der B- und E-Hauptstelle Neumünster eingeschifft. Dieser Gruppe gelang es in der Nacht zum 17.10.1917, einen englischen Funkspruch aufzufassen und teilweise (aber ausreichend!) zu entziffern. Der Inhalt besagte, dass ein Geleitzug mit Zerstörerdeckung unterwegs sei und bestätigte die Überlegungen des Kommandanten. Die bei Beginn des Kampfes mit dem zweiten britischen Zerstörer abgehörten schwachen Funksignale wurden von der FT-Stelle der BRUMMER sofort wirksam gestört.

Zur weiteren Tätigkeit der Entzifferungsgruppen, die zm Teil erstaunliche Ergebnisse brachten: Bonatz, Die deutsche Marine-Funkaufklärung 1914-1945, Beiträge zur Wehrforschung XX/XXI
 
Funkmeß- (Radar-) geräte wurden definitiv erst zwischen den Kriegen entwickelt. Im 1.Weltkrieg gab es auf keiner Seite Forschungen in dieser Richtung. Es gab zwar schon vor dem 1.Weltkrieg die Patente von Hülsmeyer, allerdings hatten diese keine Auswirkungen.
 
mhorgran,
die ersten Versuche mit Radar und die ersten Patente sind wesendlich älter als du glaubst .
Radar ? Wikipedia


Ja?

"... Heinrich Hertz stellte 1886 beim experimentellen Nachweis von elektromagnetischen Wellen fest, dass Radiowellen von metallischen Gegenständen reflektiert werden.
Elf Jahre später wiederholte der Inder Jagadish Chandra Bose die Hertzschen Versuche in Kalkutta, diesmal jedoch mit einer kürzeren Wellenlänge als Hertz. Auf der Basis dieser Versuche entwickelte Bose unter anderem den Wellenleiter – eine wichtige Komponente von Radargeräten.

Die ersten Versuche der Ortung mittels Radiowellen führte 1904 der deutsche Hochfrequenztechniker Christian Hülsmeyer durch
. Beim Experimentieren stellte Hülsmeyer fest, dass von einem Sender ausgesandte und von Metallflächen zurückgeworfene elektrische Wellen zur Ermittlung entfernter metallischer Objekte verwendet werden können. Das von ihm entwickelte Telemobiloskop konnte die Laufzeit von Wellen, die von einem Schiff zurückgeworfen wurden, messen.
Das zugrundeliegende Verfahren wurde am 30. April 1904 zum Patent angemeldet.
..."
 
Danke dafür, dass ihr meine Frage nochmals aufgegriffen habt. Um eine Klärung herbei zu führen, müsste man wohl Hildebrandt an seine mir zuletzt bekannten Anschrift in Hamburg anschreiben. Sein Archiv ist zwischenzeitlich beim Bundesarchiv zu finden. Das ist nun kein gutes Zeichen hinsichtlich ...
Immerhin wird es als Sammlung (und nicht als Nachlass) bezeichnet.
:grübel:

http://www.bundesarchiv.de/foxpublic/FindmittellisteMaske.jsp
 
Radar

  • Die Idee zum Radar hatte Nikola Tesla bereits im Jahr 1900,
  • Erste praktische Versuche von Christian Hülsmeyer (1881-1957),
  • 1904 baute Hülsmeyer ein Gerät, das Schleppkähne auf 500 m erkennen konnte,
  • ab 1930 Förderung der Entwicklung des Radars durch das Militär,
1931 installierten zwei britische Techniker erstmals ein Radar auf einem Schiff, und bereits 1936 erhielt der französische Passagierdampfer "Normandie" ein Radargerät zur Eiswarnung. Das deutsche Interesse an diesem Gerät begann erst mit der Gründung von "GEMA" 1934. Da waren die Briten bereits wesentlich weiter, denn schon 1934 ortete ein britisches Radar erstmals ein Flugzeug in 24 km. Ab 1936 baute Deutschland zunächst lediglich ein Radar zur Luftabwehr, also Bodenstationiert.

Während des Zweiten Weltkrieges entwickelte Deutschland nacheinander verschiedene Geräte auf dem Prinzip der Funkmess-Strahlen (also Radar) für Flugzeuge oder U-Boote, die aber bei weitem nicht die Leistung des Radars auf alliierte Flugzeuge und Schiffe hatten.
1940 hatten die deutschen lediglich bodenstationierte Radaranlagen, von denen Abfangjäger ihre Daten bekamen. Diese am Boden stationierten Funkmessgeräte lieferten aber ziemlich ungenaue Daten, was den Schluss aufkommen ließ, dass die auf Dauer einzig sinnvolle Möglichkeit die Ausrüstung der Flugzeuge selbst mit elektronischen Mitteln war.
Daraufhin kam im Frühjahr 1941 der aktive Infrarotsensor Spanner I, kurz darauf gefolgt vom passiven Sensor Spanner II, in den Truppendienst. Der Spanner II wurde sehr bald für nutzlos empfunden und der Spanner I wurde in Flugzeuge vom Typ Do 17Z Kauz II eingebaut. Dies änderte aber wenig an der Forderung nach einem Bordradar. Telefunken entwickelte deshalb aus dem Radarhöhenmesser Lichtenstein B das FuG 202 Lichtenstein B/C, das Ende April 1941 in Serie ging.
Zwischenzeitlich hatten sich die Bf 110 und die Ju 88 als beste Nachtjäger erwiesen, weil bei ihnen die Möglichkeit vorhanden war, 2 bis 3 Besatzungsmitglieder, ein Radargerät sowie genügend Bewaffnung samt Munition und Treibstoff für einen ausreichend langen Einsatz mitzunehmen und sie auch dann noch genügend Leistung für den eigentlichen Abfangeinsatz besaßen.
Damit waren aber noch längst nicht alle Probleme beseitigt: das Antennenpaket des Radargeräts und dessen Gewicht verringerten die Flugleistungen erheblich, zudem war man immer noch auf Bodenstationen angewiesen, weil das Bordradar nur über eine Reichweite von etwa 4000 Metern verfügte. Auch die Auslieferung der aufgrund dieser Probleme zunächst von den Piloten wenig geliebten Geräte lief nur sehr schleppend.

Aus dem FuG 202 Lichtenstein B/C wurde 1942 das leichtere und einfacher zu bedienende FuG 212 Lichtenstein C-1 mit variabler Frequenz, um Störungen durch die RAF zu vermeiden, entwickelt.
1944 entstand dann mit dem FuG 220 Lichtenstein SN-2 ein komplett neues Radar, das auf einem Seezielradar basierte. Aufgrund der gewählten längeren Wellenlänge entgegen dem von der RAF nachgegangenen Trend zu Zentimeter-Wellenlängen war es anfangs sehr erfolgreich. Als dies von Seiten der RAF unter Kontrolle gebracht wurde, baute man auch hier die Möglichkeit ein, die Frequenz zu variieren.
Ein großer Nachteil des FuG 220 war aber die Mindestreichweite von 300 Metern.

Diese ganzen Entwicklungen im Bereich der Radargeräte, wie zum Beispiel dem FuG 218 Neptun oder dem FuG 350 Naxos Z, konnten den Kriegsverlauf jedoch nicht mehr beeinflussen. Denn bereits ab 1942/43 verfügten fast alle alliierten Schiffe und Jäger über leistungsstärkere Radargeräte.

Empfehlenswerter Link zu weiteren Infos über Entwicklung und Wettlauf des Radar im Zweiten Weltkrieg: ZDF-Terra X zu Radar...



Saludos!
 
Wenn funkt kann man die Richtung messen, aus der der Funkstrahl kommt. Wenn nun ein weiteres Fahrzeug in einiger Entfernung den Strahl peilt und man den Abstand zwischen den beiden Empfängern hat, inkl. der Peilung sollte man das ganze per Trigonometrie ermitteln können. Natürlich mit einiger Unsicherheit.

Apvar
 
Ein paar zusätzlich Angaben.
Im Februar 1940 erfolgte die erste Anfrage des RLM bei Firmen und Forschungsinstituten für Bord-FM-Geräte. Dabei verbot sie allerdings jede Antenne außerhalb des Flugzeuges.
Da so keine brauchbaren Entfernungen realisierbar waren wurde ab Frühsommer 41 Außenantennen genehmigt. Die ersten Geräte konnten dann im Herbst 41 an die Erprobungsstellen geliefert werden.

Die Briten verfügten ab Januar 1940 über die ersten Seriengeräte bei der Truppe.

Die deutschen Geräte hatten nicht nur Nachteile. Sie waren sehr zuverlässig und durch die Baukastenkonfiguration konnten sehr schnell Bauteile ausgetauscht werden.

Durch den frühen Umstieg der Westallierten auf kürzere Wellenlänge (sogenannte cm-Wellen) konnten deren Geräte erheblich bessere Werte beim Peilen und Entfernungsmessen erzielen.

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Radar Basics
 
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