Meuterei der französischen Armee 1917-Versagen des deutschen Geheimdienstes?

Scorpio

Aktives Mitglied
Am 16. April 1917 eröffnete Robert Nivelle zwischen Reims und Soissons die bisher größte französische Offensive des Krieges. Während die Briten in ihrer Offensive im Artois beachtliche Anfangserfolge und geländegewinne verbuchen konnten, erwies sich die Nivellsche Offensive als Debakel. Der Rückzug der Deutschen auf die Siegfriedlinie brachte Nivelles Konzept völlig durcheinander, und schlimmer noch, durch die Erbeutung von Geheimbefehlen durch einen deutschen Stoßtrupp und durch Indeskretionen erfuhren die Deutschen das Datum der Offensive. Die französichen Verluste waren noch höher, als die der Briten am 1. Juli 1916 an der Somme. Das Sanitätswesen war völlig überfordert. In der Folge kam es zu Militärstreiks und Befehlsverweigerungen bei französischen Einheiten und einem russischen Hilfskorps, das im Winter 1916 in Marseille landete zu Meutereien und Militärstreiks. Zwischenzeitlich standen nur 10 verlässliche französische Divisionen an der Westfront. Philippe Petain gelang es mit einer Mischung aus Härte und Verständnis die Militärstreiks zu beenden.

Mir stellt sich die Frage, ob die Deutschen von den Vorgängen auf französischer Seite erfuhren. Gelang es den Franzosen, diese Vorgänge geheim zu halten?

Wenn die Deutschen davon erfuhren, warum gingen sie nicht zum Gegenangriff über?

Oder wussten sie davon, konnten aber wegen der Anfangserfolge der Briten nahe Arras und den Vorbereitungen für Haigs seit langem geplante Offensive in Flandern nicht genug Reserven mobilisieren?

Hat der deutsche Geheimdienst geschlafen?
 
Interessantes Thema ...

Kennst Du die Abteilung III b? 1917 war Walter Nicolai Chef des deutschen Nachrichtendienstes.
 
So weit ich weiß haben die Deutschen tatsächlich nichts von der Meuterei mitbekommen.
 
Die Meutereien dauerten mehrere Monate und gingen auch weiter als Pétain das Kommando übernahm.

Letzendlich sorgte Clemenceau für Ruhe. Unter Clemenceau übernahm wieder die Politik das Oberkommando, alle Entscheidungen des Generalstabs mußten durch die Politiker abgesegnet werden.

Beispiel: Alle Todesurteile landeten bei Clemenceau auf dem Schreibtisch. Er begnadigte 90 %. Erschossen wurden so ungefähr 600.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eigentlich waren es eher Militärstreiks, als Meutereien. Die von den Soldaten gewählten Sprecher sagten, dass sie ihre Pflicht erfüllen würden bei deutschen Angriffen, allerdings nicht bereit seien, sich sinnlos bei neuen Angriffen verheizen zu lassen. Die im vergangenen Winter 1916 in Marseille gelandeten russischen Hilfstruppen wählten nach dem Angriff auf den Brimont Soldatenräte. Vor dem Angriff wurde abgestimmt, wie man sich verhalten sollte, denn der Zar war ja bereits abgesetzt. Die meisten der russischen Soldaten blieben auch nach dem Krieg in Frankreich, viele schlossen sich der Fremdenlegion an.

Zu den Befehlsverweigerungen an der französischen Front trugen auch Gerüchte bei, in Paris wären Arbeiterinnen und Soldatenfrauen von Vietnamesen zusammengeschossen worden. Auf den Autor des Chanson de Craonne wurde ein Kopfgeld ausgesetzt. Es ist wirklich erstaunlich, dass nichts davon bis zu den Deutschen durchsickerte.

Bei Juvincourt geriet ein Stabsoffizier in einen deutschen Feuerüberfal, und ein Stoßtrupp erbeutete dessen Aktentasche in der Geheimbefehle steckten. Vom Beginn der Offensive erfuhren deutsche Agenten durch überschwengliche Toasts französischer Offiziere, die im Voraus die Einnahme Laons feierten.

Von den Vorgängen hinter der Front erfuhren die Deutschen anscheinend nicht durch Agentenberichte, sondern durch drei Kriegsgefangene, die aus einem Gefangenenlager flüchten konnten.

Von 600 Todesurteilen habe ich auch gelesen. Weißt du, @isleifson ob diese Urteile auch tatsächlich vollstreckt wurden?
 
Eigentlich waren es eher Militärstreiks, als Meutereien. Die von den Soldaten gewählten Sprecher sagten, dass sie ihre Pflicht erfüllen würden bei deutschen Angriffen, allerdings nicht bereit seien, sich sinnlos bei neuen Angriffen verheizen zu lassen. Die im vergangenen Winter 1916 in Marseille gelandeten russischen Hilfstruppen wählten nach dem Angriff auf den Brimont Soldatenräte. Vor dem Angriff wurde abgestimmt, wie man sich verhalten sollte, denn der Zar war ja bereits abgesetzt. Die meisten der russischen Soldaten blieben auch nach dem Krieg in Frankreich, viele schlossen sich der Fremdenlegion an.

Zu den Befehlsverweigerungen an der französischen Front trugen auch Gerüchte bei, in Paris wären Arbeiterinnen und Soldatenfrauen von Vietnamesen zusammengeschossen worden. Auf den Autor des Chanson de Craonne wurde ein Kopfgeld ausgesetzt. Es ist wirklich erstaunlich, dass nichts davon bis zu den Deutschen durchsickerte.

Bei Juvincourt geriet ein Stabsoffizier in einen deutschen Feuerüberfal, und ein Stoßtrupp erbeutete dessen Aktentasche in der Geheimbefehle steckten. Vom Beginn der Offensive erfuhren deutsche Agenten durch überschwengliche Toasts französischer Offiziere, die im Voraus die Einnahme Laons feierten.

Von den Vorgängen hinter der Front erfuhren die Deutschen anscheinend nicht durch Agentenberichte, sondern durch drei Kriegsgefangene, die aus einem Gefangenenlager flüchten konnten.

Von 600 Todesurteilen habe ich auch gelesen. Weißt du, @isleifson ob diese Urteile auch tatsächlich vollstreckt wurden?

Sehr gute Recherche. Die Zahlen der tatsächlich Füsillierten sind höchst umstritten.

Ersten ist ein Teil der Archive verbrannt. Andere unterliegen der hundertjährigen Geheimhaltung.

Konsens scheint zu bestehen , das 50 nach der Meuterei tatsächlich erschossen wurden.

600 bis 650 ist die Zahl die am meisten zitiert wird betreffend die Füsillierten des ganzen Krieges.

Sehr wichtig zum Verständniss des WKI ist, das nach Nivelle die Führung des Krieges definitiv wieder an die Politik ging, eben an Clemenceau.

Georges Clemenceau ? Wikipedia


Chanson de Craonne ? Wikipedia
 
600 bis 650 ist die Zahl die am meisten zitiert wird betreffend die Füsillierten des ganzen Krieges.
...habe gerade in "Der Erste Weltkrieg" von David Stevenson nachgeschaut. Dort wird in der französischen Armee bei ca. 2000 ausgesprochenen von ca. 700 vollstreckten Todesurteilen, den ganzen Krieg über, ausgegangen. Ein Verhältnis von ca. 1 : 3. Ich denke, dieses Verhältnis kann man auch nach der Nivelle-Offensive annehmen.
In der deutschen Armee, 150 zu 48, war das Verhältnis ähnlich.
Bei den Briten dagegen wurde nur jedes zehnte Urteil auch vollstreckt.
Die Italiener vollstreckten ungefähr jedes fünfte Urteil.
 
Sehr gute Recherche. Die Zahlen der tatsächlich Füsillierten sind höchst umstritten.

Ersten ist ein Teil der Archive verbrannt. Andere unterliegen der hundertjährigen Geheimhaltung.

Konsens scheint zu bestehen , das 50 nach der Meuterei tatsächlich erschossen wurden.

600 bis 650 ist die Zahl die am meisten zitiert wird betreffend die Füsillierten des ganzen Krieges.

Sehr wichtig zum Verständniss des WKI ist, das nach Nivelle die Führung des Krieges definitiv wieder an die Politik ging, eben an Clemenceau.

Georges Clemenceau ? Wikipedia


Chanson de Craonne ? Wikipedia


Vielleicht kennst du diesen Autor. Zwar kein Lothringer, sondern Elsässer machte er den 1. Weltkrieg mit und wurde als "Wackes" 1916 an die Ostfront versetzt kämpfte ab 1917 wieder an der Westfront (Verdun, Laffauxecke, Pinon) und geriet 1918 an der Marne in französische Gefangenschaft. Einige seiner Werke, vor allem die vor 1933 erschienen Bücher gehören, meiner Meinung nach, zu den authentischsten autobiographischen "Kriegsbüchern", und man muss ihm bescheinigen, dass er ein großartiges Erzähltalent besaß. Mit der Machtergreifung der Nazis passte (oder musste) er sich dem Sprachgebrauch der Nazis anpassen, und einige Passagen seiner Bücher sind rassistisch gefärbt. Nach dem 2. Weltkrieg konnte er nicht mehr so recht an den Erfolg seiner in den frühen 30er Jahren verfassten Bücher anknüpfen:
Am überzeugendsten finde ich diese Werke von ihm:

Paul Ettighofer, Gespenster am Toten Mann 8autobiographischer Kriegsroman),
Das gefesselte Heer,
Nacht über Sibirien.

Daneben schrieb er eine ganze Reihe von Büchern zu Schlachten des Weltkriegs, darunter auch eines, das sich mit der Meuterei 1917 beschäftigt:
Verdun- Unternehmen Gericht
Tannenberg- eine Armee wird zu Tode marschiert
Eine Armee meutert- Frankreichs Schicksalstage 1917

Das letztgenannte Werk beschreibt die Meutereien 1917. Ettighofer muss für seine Kriegsbücher akribisch Material recherchiert haben, wobei ich es interessant finde, dass der Autor Nivelle durchaus positiv beschreibt. Für den Misserfolg der Nivelleschen Offensive macht er allerdings nicht Indeskretionen und eine verfehlte Taktik verantwortlich, die schon bei der deutschen Offensive vor Verdun Februar 1916 und am schwarzen Tag der britischen Offensive an der Somme am 1. Juli 1916 scheiterte. Nivelles Planungen seien richtig und er sei "soldatischer" als Foch, Petain und Haig gewesen, seine ganze Tragik habe darin bestanden, dass seine gegner eben deutsche Soldaten gewesen seien, und bei jeder anderen Armee hätte er Erfolg gehabt. Einige Passagen sind rassistisch kontaminiert, etwa wenn er von den "vertierten Senegalnegern" des Generals Mangin schreibt.

Ettighofer erlebt seit einigen Jahren in D eine gewisse Renaissance, und einige seiner Bücher wurden neu aufgelegt.
Wer in einem Antiquariat den ein oder anderen seiner Schmöker entdeckt, sollte zugreifen, den erzählerisch hatte er es drauf.

Neben den "Gespenster(n) am Toten Mann" sind "das gefesselte Heer" und Nacht über Sibirien durchaus lesenswert. Ettighofer hatte mehr erlebt, als Remarque, und "Das gefesselte Heer" gehört zu den weniogen deutschsprachigen autobiographischen Büchern, die sich mit Kriegsghefangenschaft im 1. Weltkrieg beschäftigen.

Nach über Sibirien handelt von einem deutschen Kaufmann, der 1914 während einer Russlandreise vom, 1. Weltkrieg überrascht wird und eine abenteuerliche Oyssee erlebt, die ihn nach einigen Haftaufenthalten in russischen Gefängnissen via Orenburg, Irkutsk und Wladiwostok nach Japan und schließlich in die Heimat zurück führt. In einem russischen Gefängnis entdeckt er hypnotische Fähigkeiten und tritt später in Japan als belgischer Hypnotiseur unter dem Pseudonym "Professor John"
in Varietes auf.
 
Vielleicht kennst du diesen Autor. Zwar kein Lothringer, sondern Elsässer machte er den 1. Weltkrieg mit und wurde als "Wackes" 1916 an die Ostfront versetzt kämpfte ab 1917 wieder an der Westfront (Verdun, Laffauxecke, Pinon) und geriet 1918 an der Marne in französische Gefangenschaft. Einige seiner Werke, vor allem die vor 1933 erschienen Bücher gehören, meiner Meinung nach, zu den authentischsten autobiographischen "Kriegsbüchern", und man muss ihm bescheinigen, dass er ein großartiges Erzähltalent besaß. Mit der Machtergreifung der Nazis passte (oder musste) er sich dem Sprachgebrauch der Nazis anpassen, und einige Passagen seiner Bücher sind rassistisch gefärbt. Nach dem 2. Weltkrieg konnte er nicht mehr so recht an den Erfolg seiner in den frühen 30er Jahren verfassten Bücher anknüpfen:
Am überzeugendsten finde ich diese Werke von ihm:

Paul Ettighofer, Gespenster am Toten Mann 8autobiographischer Kriegsroman),
Das gefesselte Heer,
Nacht über Sibirien.

Daneben schrieb er eine ganze Reihe von Büchern zu Schlachten des Weltkriegs, darunter auch eines, das sich mit der Meuterei 1917 beschäftigt:
Verdun- Unternehmen Gericht
Tannenberg- eine Armee wird zu Tode marschiert
Eine Armee meutert- Frankreichs Schicksalstage 1917

Das letztgenannte Werk beschreibt die Meutereien 1917. Ettighofer muss für seine Kriegsbücher akribisch Material recherchiert haben, wobei ich es interessant finde, dass der Autor Nivelle durchaus positiv beschreibt. Für den Misserfolg der Nivelleschen Offensive macht er allerdings nicht Indeskretionen und eine verfehlte Taktik verantwortlich, die schon bei der deutschen Offensive vor Verdun Februar 1916 und am schwarzen Tag der britischen Offensive an der Somme am 1. Juli 1916 scheiterte. Nivelles Planungen seien richtig und er sei "soldatischer" als Foch, Petain und Haig gewesen, seine ganze Tragik habe darin bestanden, dass seine gegner eben deutsche Soldaten gewesen seien, und bei jeder anderen Armee hätte er Erfolg gehabt. Einige Passagen sind rassistisch kontaminiert, etwa wenn er von den "vertierten Senegalnegern" des Generals Mangin schreibt.

Ettighofer erlebt seit einigen Jahren in D eine gewisse Renaissance, und einige seiner Bücher wurden neu aufgelegt.
Wer in einem Antiquariat den ein oder anderen seiner Schmöker entdeckt, sollte zugreifen, den erzählerisch hatte er es drauf.

Neben den "Gespenster(n) am Toten Mann" sind "das gefesselte Heer" und Nacht über Sibirien durchaus lesenswert. Ettighofer hatte mehr erlebt, als Remarque, und "Das gefesselte Heer" gehört zu den weniogen deutschsprachigen autobiographischen Büchern, die sich mit Kriegsghefangenschaft im 1. Weltkrieg beschäftigen.

Nach über Sibirien handelt von einem deutschen Kaufmann, der 1914 während einer Russlandreise vom, 1. Weltkrieg überrascht wird und eine abenteuerliche Oyssee erlebt, die ihn nach einigen Haftaufenthalten in russischen Gefängnissen via Orenburg, Irkutsk und Wladiwostok nach Japan und schließlich in die Heimat zurück führt. In einem russischen Gefängnis entdeckt er hypnotische Fähigkeiten und tritt später in Japan als belgischer Hypnotiseur unter dem Pseudonym "Professor John"
in Varietes auf.

Ettighofer ist natürlich ein schwieriges Thema. Fängt schon damit an das er auch im Westen kämpfte, da findet man normalerweise nur Altdeutsche, also Kolonnisten oder Staatsbeamte aus dem Altreich, keine Wackes oder Heckenfranzosen.

Wenn man ein elsässer Forum zur Explosion bringen will, genügt es denn zu erwähnen.
 
@Scorpio: Gibt es ein Parallele zu Meutereien in den Armeen bzw. Marine der Kriegsparteien? Immerhin war das Jahr 1917 für die deutsche Marine auch ein Schicksalsjahr.
Gab es vielleicht deshalb kein Erkennen der französischen Probleme durch den deutschen Nachrichtendienst bzw. Geheimdienst, weil die Problematik im Bereich der Hochseeflotte hier eigene Kräfte gebunden hat?
 
In der k.u.k. kriegsmarine wurde ab dem 01.Febraur 1918 gemeutert, die sich schon bis zum Abend desselben Tages auf die Kreuzerdivisionen, die Zerstörer- und Torpedobootflotille übergegriffen hatte.
 
Im Jahre 1917 hatten anscheinend die Soldaten vieler kriegführender Staaten die Nase voll, sich in sinnlosen Offensiven verheizen zu lassen oder sich im Hinterland von der Militärbürokratie und ihrem Personal triezen zu lassen. Nach der 12. Isonzoschlacht kam es in der italienischen Armee zu ähnlichen Erscheinungen wie in der französischen Armee oder der russischen nach der gescheiterten Kerenskioffensive.

Neu war mir allerdings, dass es ähnliche Ereignisse auch bei den Briten gab.

Der Generalstab der Tommies nutzte den Ort Etables als Sammelplatz. Neuankömmlinge wurden in Boulogne sur Mer ausgeladen, dann mussten sie einen Gewaltmarsch von 26 km nach Etables in einem Tag absolvieren, wo sie auf den Fronteinsatz vorbereitet werden sollten. Der Mont de Levin bei Etables wurde zum "Schleifstein" der britischen Armee. Die Ausbilder waren in der Regel "Etappenkrieger", die mangelnde Kampferfahrung im Fronteinsatz durch sadistischen Drill ersetzten. Da sie gelbe Armbinden trugen, bekamen sie bei den Tommys den Spitznamen "Canaries". Ein britischer Soldat namens Notley nannte diese "Kanarienvögel" die "schlechtesten Menschen, die man sich vorstellen konnte. Sie verstanden es, den Männern das Leben zur Hölle zu machen." Am Fuß des "Schleifsteins Mont Levin befand sich auch ein Sträflingslager, wo Soldaten, die gegen Regeln verstoßen hatten unter unmenschlichen Bedingungen gefangen gehalten wurden. An händen und Füßen mit Ketten gefesselt, waren sie Misshandlungen rechtlos ausgesetzt. September 1917 rebellierten schottische und kanadische Einheiten gegen die unmenschlichen Ausbildungsbedingungen und die Zensur ihrer Post. Am 9. September 1917 sprach ein Obergefreiter namens William Woods mit einer Krankenschwester, was Mannschaften verboten war. Daraufhin rückten die "Kanarienvögel" an und es kam zum Handgemenge, in dessen Verlauf Woods erschossen wurde. Daraufhin ergriffen Australier, Neuseeländer, Schotten und Kanadier die Waffen, sperrten Brücken ab und machten in und um Etaples Jagd auf Militärpolizei und die verhassten "Kanarienvögel" Ihnen schlossen sich Deserteure und Aufständische an. Etaples wurde geplündert und ein General samt seinem Stab in einen Fluss geworfen. Nach drei Tagen wurden die 19th Husaren und einige Batterien der 1st Honourable Artillery nach Etaples beordert, um die Meutereien und Revolten zu beenden. In Boulogne sur Mer protestierten auch Angehörige des Labour Corps, meist Arbeitskräfte aus den Kolonien, denen Stellungsbau unterlag gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen, worauf Douglas Haig 23 Ägypter und 9 chinesische Kulis exekutieren ließ.
 
Meuterei der Franzosen 1917- Hat der deutsche Geheimdienst davon gewusst

Ich glaube, wir hatten das Thema vor Jahren schon einmal, und lang ist es her.


Im April 1917 starteten die Franzosen ihre bis dahin größte Offensive. Nach seinen Erfolgen bei Verdun hatte Robert Nivelle Joffre als Oberbefehlshaber der Armee abgelöst. Die Franzosen konnten einen Großteil des Geländes und die Forts Douaumont und Vaux zurückerobern, das die Deutschen von Februar bis Juli 1916 eingenommen hatten.

Nivelle glaubte, dass die deutsche Armee ziemlich am Ende war und wollte mit einer Großoffensive in der Champagne den Krieg beenden. Nivelle gehörte zu den wenigen französischen Generalen, die perfekt Englisch sprachen, und seine optimistischen Prognosen machten auch auf Douglas Haig Eindruck, der schließlich bereit war, sein Lieblingsprojekt einer Offensive in Flandern zu verschieben und koordiniert mit den Franzosen im Artois anzugreifen.

Nivelles ursprünglicher Plan sah als Schwerpunkt der Offensive den Frontabschnit westlich von Soisson bis Fort Brimont vor. Die französische Armee wurde dabei von einem russischen Hilfskorps unterstützt, das im Herbst 1916 in Marseille an Land ging. Durch das "Unternehmen Alberich"-die planmäßige Räumung des schlachtfelds an der Somme und den Rückzug auf die stark befestigte Siegfriedlinie- war Nivelle gezwungen, den Schwerpunkt seiner Offensive nach Westen bis Reims zu verschieben.


Die Briten und ihre Verbündeten konnten am ersten Tag der Osterschlacht von Arras (9.-15.04. 1917) einen beachtlichen Anfangserfolg verbuchen. Zwischen Lens und Arras gelang ihnen der Durchbruch der Siegfriedlinie, und sie stießen mehr als 6 km tief in das deutsche Grabensystem vor, bis es den deutschen Eingreifdivisionen gelang, die front zu stabilisieren. Nivelle hatte sich noch höhere Ziele gesteckt als Haig. Am ersten Tag der Offensive, dem 16. April 1917 sollte Laon eingenommen werden, und Nivelle sagte mehrmals, dass er die Offensive abbrechen wolle, falls sich die gesteckten Ziele nicht innerhalb von 24-48 Stunden erreichen ließen. Es ging aber bei den Franzosen ziemlich alles schief von Anfang an.


Die planmäßige Räumung des Gebietes, auf dem schon 1916 die Sommeschlacht getobt hatte, hinterließ den Allierten ein verwüstetes Terrain voller Minen und Sprengfallen, in dem der Aufbau einer militärischen Infrastruktur äußerst schwer war. Bei Juvincourt geriet ein Adjutant in einen Feuerüberfall, und seine Tasche in der sich mehrere Geheimbefehle befanden, fiel in die Hände eines deutschen Stoßtrupps. die Deutschen waren daher bestens informiert, und durch Indiskretionen eines hohen Offiziers, der bei einer Dinnerparty vielleicht zuviel getrunken hatte, kannten sie auch den Angriffstermin der französischen Offensive. Taktisch hielt Nivelle am Grundsatz "Artillerie erobert, Infanterie besetzt" fest, der sich bereits bei Verdun und an der Somme als ungeeignet erwiesen hatte, während die Deutschen nach den Erfahrungen an der Somme ihre Verteidigungstaktik änderten und die erste Linie weniger dicht mit Truppen besetzten. Die Stellungen der Deutschen am Chemin des Dames, wo der Schwerpunkt der Offensive lag, gehörten zu den stärksten an der Westfront. Das russische Hilfskorps, das 1916 in Marselle gelandet war, bestand zum großen Teil aus kriegsmüden Soldaten, die nicht so recht wussten, was sie in Frankreich sollten. Briefe aus der Heimat berichteten von den Entbehrungen der Zivilbevölkerung in Russland, und der Zar, auf den die Truppen vereidigt wurden, war in der Märzrevolution 1917 gestürzt worden.

Als die Franzosen am 16. April 1917 aus ihren Gräben stiegen, empfing sie ein furchtbares MG-Feuer. Die Geländegewinne waren minimal, die Verluste dagegen enorm hoch. Es zeigte sich, dass das Sanitätspersonal mit diesen enormen Verlusten total überfordert war und die Lazarette im Frontbereich auf so viele Verwundete nicht vorbereitet waren.

Die Russen, denen die "Ehre" zufiel, Ft. Brimont nordwestlich von Reims zu besetzen, wurden reihenweise von deutschen MGs niedergemäht. Nach dem Debakel stellten sie Soldatenräte auf und beschlossen, sich nicht länger sinnlos verheizen zu lassen. Gleichzeitig kursierten Gerüchte, dass in Paris vietnamesische Soldaten demonstrierende Arbeiterinnen erschossen hätten. Wie bei den Deutschen nach Verdun und bei den Briten nach der Sommeschlacht oder nach Passchendaele stellte sich bei vielen französischen Soldaten das Gefühl ein, sinnlos verheizt zu werden.
 
....

Gerd Krummeich vertritt in seiner Publikation Die 101 wichtigsten Fragen- Der Erste Weltkrieg München die Ansicht, dass die deutsche Armeeführung nichts von den Meutereien/Militärstreiks auf französischer Seite gewusst hätten.

Je nach Schätzung waren gut die Hälfte bis zwei Drittel der französischen Streitkräfte von Befehlsverweigerungen betroffen. In der Regel erwiesen die Mehrzahl der französischen Soldaten weiterhin den Frontoffizieren Respekt und Ehrenbezeugungen und weigerten sich nur, weiterhin an sinnlosen Offensiven teilzunehmen. Philipp Petain bekam die Lage schließlich mit einer Mischung aus Härte und Eingehen auf Forderungen. Petain besuchte über 90 Divisionen, kostete das Essen, inspizierte Lazarette und gab Forderungen nach höherem Sold und Urlaub nach. Es wurden einige Hundert Todesurteile gegen Rädelsführer verhängt, von denen aber nur einige tatsächlich vollstreckt wurden- ganz im Gegensatz zu Cadornas Vorgehen nach der 12. Isonzoschlacht.

Es fällt schwer, daran zu glauben, dass die große Zahl der Befehlsverweigerungen/Meutereien/ Militärstreiks der deutschen Armeeführung und ihren Geheimdiensten entgangen ist.

Nach dem Weltkrieg wurde von konservativ-deutschnationaler Seite die These vertreten, dass das Deutsche Reich tragischerweise eine einmalige Chance entgangen sei, den Krieg siegreich zu beenden, wenn man nur alle Reserven mobilisiert und eine Gegenoffensive gegen die französischen Divisionen durchgeführt hätte-der Erste Weltkrieg ein Krieg der verpassten Gelegenheiten.

Wenn die Deutschen aber davon wussten, weshalb haben sie dann auf eine Gegenoffensive verzichtet?

1. die deutsche Armee hat selbst große Verluste gehabt bei Arras wie in der Champagne. In Flandern zeichnete sich bereits eine neue Offensive ab, Haigs Lieblingsprojekt der Bereinigung des Ypernbogens. Seit 1915 saßen die Briten und ihre Verbündeten in einer ungünstigen Stellung, in der sie von drei Seiten deutschem Beschuss ausgesetzt waren.

2. Nach dem berüchtigten "Steckrübenwinter" von 1916/17 war die Kriegsbegeisterung geschwunden, die Versorgungslage der Zivilbevölkerung wie der Armee war schlecht. Es hatte in Berlin bereits Streiks zur Beendigung des Krieges gegeben, und im März war der Zar gestürzt worden. Bereits im Februar 1917 hatten die USA die diplomatischen Beziehungen abgebrochen und traten im April 1917 in den 1. Weltkrieg ein.

3. Bei den Befehlsverweigerungen in der französischen Armee hatten einige Soldaten sofortige Waffenstillstandsverhandlungen gefordert und einige wollten nach Paris marschieren. Schon der Weihnachtsfrieden 1914 und die "Leben-und leben lassen-Philosophie, die sich an einigen Frontabschnitten verbreitet hatte, wurde von der Führung mit größtem Misstrauen beobachtet. Das Gleiche gilt für die Fraternisierungsszenen, die sich Ende 1917 an der Ostfront zwischen deutschen und russischen Soldaten abspielten. Es ist möglich, dass die OHL befürchtete, dass Befehlsverweigerungen auf die deutsche Armee übergreifen könnten.

4. Die letzte große Offensive der Deutschen an der Westfront- die Offensive bei Verdun im Februar 1916 hatte sich als Fehlschlag erwiesen. Die Verteidigungskraft der französischen Armee wurde vom Oberkommando als sehr hoch eingeschätzt. Trotz enormer Verluste und Rückschläge war Frankreich nicht verblutet wie Falkenhayn erwartet hatte, und die Operation war für die deutsche Armee nicht nur mit fast ebenso hohen Verlusten wie die der Franzosen verbunden gewesen, sie war auch ein psychischer und moralischer Rückschlag für die deutschen Truppen gewesen. Am Ende war das eroberte Terrain strategisch so gut wie nutzlos geworden, die Soldaten mussten den Eindruck gewinnen, dass sie sinnlos verheizt wurden, und am Ende (vom 24.10.1917- Dezember 1916) hatten die Franzosen fast das ganze Gelände, das unter so großen Opfern erobert wurde, zurückerobert mitsamt den Forts Vaux und Douaumont. Im Herbst 1917 gingen auch die Eroberungen auf dem westlichen Maasufer (Höhe 304 und Mort Homme (Toter Mann) verloren. Auch 1914 hatte die Bedrohung Paris die französische Armee zum Äußersten motiviert.
 
Die Themen wurden zusammengeführt.

Hinweise sind auch hier enthalten:
http://www.geschichtsforum.de/f62/epochenjahr-1917-a-48018/

Von den Meutereien bestand auf deutscher Seite, zT über Zeitungen nachweisbar, aber auch über Frontberichte, Kenntnis.

Beim Umfang der Meutereien und ihren der Einschätzung ihrer Auswirkungen muss man wohl einige Abstriche gegenüber älteren Publukationen machen (vgl. Doughty).

Die deutsche Seite war zu der Zeit nicht in der Lage, die Situation operativ auszunutzen.
 
Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass bei diesem Umfang der "Militärstreiks" die OHL gar nichts davon mitbekommen haben soll. Die These, dass die deutsche Führung erst durch drei aus französischer Kriegsgefangenschaft entflohene Soldaten erfuhr, die der Kriegsautor Paul Ettighofer in seinem Buch "Eine Armee meutert" äußert, gehört sicher in den Bereich der Legenden, und in seinen Publikationen nach 1933 passte sich Ettighofer dem neuen Zeitgeist an.

Die Schlagkraft und Motivation der deutschen Armee, die Douglas Haig im Sommer 1917 kurz vor dem physischen und psychischen Zusammenbruch glaubte, war immer noch beachtlich. Daran hatten auch die Materialschlachten des Jahres 1917 nichts geändert, und am Isonzo und bei Cambrai gingen die deutschen Divisionen zur Offensive über und beendeten das Jahr 1917 mit ansehnlichen militärischen Erfolgen. Ende 1916 hatte sich aber abgezeichnet, dass man der Truppe solche enormen Verluste wie bei Verdun und an der Somme nicht länger zumuten konnte, ohne einen Zusammenbruch oder Befehlsverweigerungen zu riskieren wie in der französischen Armee. Noch stand man in einem Zweifrontenkrieg, und die neue provisorische Regierung in Russland war entschlossen, den Krieg fórtzusetzen. Von der Ostfront oder aus Rumänien waren vorläufig keine Reserven mobilisierbar, um an der Westfront eine Offensive zu starten. Zahlenmäßig und materiell waren die Alliierten immer noch an der Westfront überlegen. Der Rückzug auf die Siegfriedlinie sollte Kräfte sparen, und die Offensiven der Briten und Franzosen bei Arras und in der Champagne/Aisne waren auch für die deutschen Divisionen verlustreich gewesen. In Flandern stand eine neue Offensive der Briten und ihrer Verbündeten unmittelbar bevor.

Wie weit die französische Armee tatsächlich Auflösungserscheinungen zeigte, war unbekannt. Neuere Publikationen geher eher von einem Militärstreik aus, als von einer Meuterei. In den Forderungen und Erklärungen der französischen Soldaten war nicht die Rede davon, dass man zur Verteidigung nicht länger bereit sei, die Mehrheit der Soldaten und Offiziere wollten lediglich nicht in sinnlosen Offensiven verheizt werden.

In diesem Punkt dürfte die OHL sensibilisiert gewesen sein, dass möglicherweise die eigene Truppe anfällig für ähnliche Forderungen war. Die letzte große deutsche Offensive bei Verdun war nicht zuletzt auch für die Moral der Truppe ein Fehlschlag gewesen. Dass Gefühl, dass alle Opfer und Entbehrungen letzlich sinnlos waren, hat viele Verdunkämpfer verbittert, und an der Somme hatte sich bei vielen Soldaten das Gefühl verbreitet, gegen eine erdrückende materiellen Überlegenheit antreten zu müssen, der man auf Dauer unterliegen musste.

Die französischen Divisionen hatten bei Verdun höhere Verluste erlitten, als die Deutschen, dennoch wurde der Ausgang der Materialschlacht moralisch als französischer Sieg empfunden. Die Erfahrungen an der Westfront hatten seit dem Beginn des Stellungskrieges gezeigt, dass im Grabenkrieg der Verteidiger deutlich im Vorteil war. Die Alliierten waren allerdings zur Offensive gezwungen, um die deutschen Truppen zum Abzug aus Belgien und Nordfrankreich zu zwingen.

Die deutschen Divisionen oder jedenfalls die Mehrheit von ihnen, ließen sich sicher zu einer letzten Anstrengung motivieren, wenn es sich tatsächlich um die letzte Offensive zur Beendigung des Krieges handelte. Eine neue Materialschlacht, die keine Geländegewinne, keine taktischen Vorteile, sondern die Ausblutung der französischen Armee zum Ziel hatte, war den Truppen kaum zuzumuten, ohne die Gefahr heraufzubeschwören, dass ähnliche Forderungen wie in der französischen Armee erhoben werden würden.

Die Fraternisierungstendenzen, die sich nach dem Waffenstillstand an der Ostfront abspielten oder selbst die "leben-und leben-lassen- Philosophie, die sich an manchen ruhigen Frontabschnitten verbreitet hatte, wurde von der Armeeführung mit großem Argwohn beobachtet. Auch wenn die Politisierung der deutschen Truppen sich 1917 noch in Grenzen hielt, so bot die Verpflegung der deutschen Armee ausreichend Grund zur Kritik, und ein Großteil der deutschen Soldaten war nicht nur unterernährt, sondern auch kriegsmüde. Ludendorff polemisierte während der letzten Frühjahrsoffensiven heftig gegen Divisionen, die sich in britischen und französischen Depots "festgefressen" hatten.

Wie man vor der Ankunft der Amerikaner noch einen "Siegfrieden" erzwingen wollte, wusste die OHL nicht. Ludendorff forderte nicht nur den unbeschränkten U-Bootkrieg, sondern den "totalen Krieg" und ein Frieden ohne Annexionen kam für ihn einer Niederlage gleich. Wie aber der Siegfrieden, den er forderte, zu erringen war, konnte er nicht sagen. 1918 kurz vor Beginn des Unternehmens Michaell sagte er "wir hauen ein Loch rein, alles andere findet sich."
 
Zurück
Oben