Ursachen der Weltkriege

Sphinx-99

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Ja das ist ne dumme Frage, aber wie ist er 1.Weltkrieg entstanden?, oder wie ist der 2.Weltkrieg entstanden?:confused:
Das sind zwei Fragen von vielen die ich noch habe, aber die reichen erst ein mal.

Danke schon mal im Vorraus!!!
 
Ja das ist ne dumme Frage, aber wie ist er 1.Weltkrieg entstanden?, oder wie ist der 2.Weltkrieg entstanden?:confused:
Das sind zwei Fragen von vielen die ich noch habe, aber die reichen erst ein mal.

Danke schon mal im Vorraus!!!

So dumm ist diese Frage gar nicht. Auch hier bei uns gab es schon eine Diskussion darum, wann ein Weltkrieg nun als Weltkrieg bezeichnet werden kann. Wichtig ist dabei tatsächlich erst einmal die Definition. Ich glaube, hier habe ich das mal ganz gut erklärt: http://www.geschichtsforum.de/442383-post78.html
:)
 
Ja das ist ne dumme Frage, aber wie ist er 1.Weltkrieg entstanden?, oder wie ist der 2.Weltkrieg entstanden?:confused:
Das sind zwei Fragen von vielen die ich noch habe, aber die reichen erst ein mal.

Gute Frage, vorallem zum ersten Weltkrieg.

Ich persönlich denke, dass man für den I. WK keinem Land / keiner Person die komplette Kriegsschuld geben kann.

Man muss die damalige Zeit unmittelbar betrachten, aber auch die Jahrzehnte vorher miteinbeziehen.

Zuerst ist die Entscheidung zu treffen, wo man Anfangen will, ich habe mich für den deutsch/französischen Krieg entschieden, da dieses Ereignis das Deutsche Reich "hervorgebracht" hat und Bismarck, der einer der wichtigsten Protagonisten in dieser (frühen) Zeit war, zum Reichskanzler machte.

Wir haben also 1870/71 den deutsch/französischen Krieg, die Reichsgründung durch Bismarck, die „Kaiserproklamation“ von Wilhelm I. d. h. Deutschland wird geeint, mit der kleindeutschen Lösung.

Das Reich von 1871 war (aber dennoch) vieles zugleich: Bundesstaat, konstitutioneller Verfassungsstaat, Kaiserstaat, preußischer Hegemonialstaat, Macht- und Militärstaat, vor allem aber ein Nationalstaat.
Quelle: Deutsche Reichsgründung ? Wikipedia

Somit war Deutschland ein Nationalstaat geworden, der die Königreiche, Fürstentümer, Freien Städte usw. zum Deuschen Reich zusammenführte.

Damit war eine Machtzusammenballung in Europa entstanden, die das politische Gesicht des Kontinents veränderte:

Dieser Vorgang hatte eine Situation geschaffen, wie sie jahrhundertelang überhaupt nicht denkbar war. Das ewig politisch zersplitterte, eigentlich nur als geographischer Begriff bekannte Deutschland hatte sich plötzlich geeint. War es bisher immer wieder gut als Schlachtfeld zu gebrauchen, so stand nun eine einheitliche Macht an den Grenzen.

Man darf diese Macht aber auch nicht überbewerten, denn das Deutsche Reich, saß in der Mitte von Europa und war von mehreren Großmächten umgeben. Es war "stärke als jede einzelne, aber schwächer als alle zusammen" (Sebastian Haffner).

Dies wusste Bismarck, als Reichskanzler, ganz genau und bemühte sich um gute Beziehungen zu Österreich-Ungarn und Russland (Dreikaiserabkommen von 1873).

Doch schon 1875 kam die, von Bismarck weitgehend selbst provozierte „Krieg-in-Sicht-Krise“, in der sich zeigte, dass ein Bündnis zwischen Frankreich und Russland nicht ausgeschlossen war.
Dies betrachtete Bismarck mit Sorge, da auch England deutlich gemacht hatte, dass es den Machtzuwachs Deutschlands nicht akzeptieren werde.

In den 1880er Jahren erwarb Deutschland Kolonien (Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Westafrika, Deutsch-Ostafrika,...) was das Verhältnis zu England weiter, indirekt, verschlechterte.

1888 kam es zum Dreikaiserjahr, in dessen Folge Wilhelm II. Kaiser wurde,
die wilhelminische Ära begann.
In dieser kam es auch zu großen inneren Spannungen:

Noch deutlicher als zur Zeit Bismarcks stand die Politik während der wilhelminischen Ära unter dem Druck, sich den Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft anzupassen und Antworten auf die dringendsten sozialen und ökonomischen Fragen der Zeit zu finden: so etwa in Bezug auf die Integration und Emanzipation der Arbeiter in Staat und Gesellschaft, aber auch auf die negative wirtschaftliche Entwicklung in Handwerk und Landwirtschaft. Die Übernahme neuer staatlicher Aufgaben führte zu Finanzierungsproblemen und einer entsprechend hohen Belastung des Staatshaushalts. Nicht zuletzt ging es auch darum, die politischen Strukturen an die Bedingungen einer industriellen Gesellschaft und einer bislang nicht gekannten tiefgreifenden Politisierung der Bevölkerung anzupassen.

Quelle: Deutsches Kaiserreich ? Wikipedia

1890 musste Bismarck die Bühne verlassen, die Rechtsparteien hatten starke Verluste in der Wahl hinnehmen müssen.
:rechts: „Der Lotse geht von Bord“.

Sein Nachfolger, Leo von Caprivi, versuchte Aussenpolitisch eine ausgleichende Politik zu betreiben, verlängerte aber den Rückversicherungsvertrag mit Russland nicht, was die Blockbildung in Europa zementierte (Deutschland + Österreich-Ungarn / Russland + Frankreich+(England)). Die Nichtverlängerung wird jedoch in der heutigen Forschung als nicht Krisenauslösend, zwischen DR und Russland, eingestuft, es wird jedoch betont, dass durch dieses Ereignis das DR enger an Österreich-Ungarn gebunden wurde und Russland schloss 1893/94 ein Bündnis mit Frankreich, somit wirke es sich Krisenverstärkend aus.

Zur genaueren Betrachtung:

Nach der Bismarck-Ära hielt das Deutsche Reich zuerst an den von ihm geschaffenen Bündnissen fest. Doch die Aufkündigung des Rückversicherungsvertrags unter Caprivi mit Rußland brachte die ersten Veränderungen.
Frankreich hatte die Niederlage von 1870/71 und die Abtretung von Lothringen und dem Elsaß nie überwunden. Der Revanchegedanke verschärfte auf Dauer die deutsch-französischen Spannungen. So sah es die Gelegenheit als günstig an, das von Deutschland "verstoßene" Rußland zu umwerben. Schon hier bahnte sich eine Konstellation an, die für das Reich fatale Folgen haben sollte, und die Bismarck immer zu verhindern wußte. Die nachteilige Mittellage kam voll zur Geltung, weder im Osten noch im Westen stand nun ein Verbündeter.
Die in Rußland wachsende panslawistische Bewegung trieb das Land nach der Niederlage in Ostasien zu einer Expansionspolitik auf dem Balkan. Dadurch geriet es in immer stärkeren Gegensatz zu Österreich-Ungarn. Das Deutsche Reich zog sich durch die Unterstützung der Donaumonarchie die Feindschafts Rußlands zu, daß mit französischer finanzieller Unterstützung die Schlagkraft seines Heeres wieder herstellte.


Quelle: Namenlos

Im militärischen Bereich begann das Flottenrüsten, das 1898 im ersten Flottengesetz in Gesetzform gegossen wurde.
Damit war der Weg zur Weltpolitik (Platz an der Sonne) aber auch zu weiteren Spannungen mit England gelegt.

1900 kam es zum Boxeraufstand in China, wo eine Internationale Streimacht den Konflikt niederschlug. => Krisen in den Kolonien.

1904 wurde die Entente cordiale zwischen England und Frankreich geschlossen, was das Verhältnis zwischen den Nationen vertiefte.
1908 wurde Russland aufgenommen.

1905/06 kam es zur ersten und 1911 zur zweiten Marokkokrise infolge dessen, das DR Aussenpolitisch weiter isoliert wurde, trat Deutschland doch in direkte Konkurrenz mit England und Frankreich.
Vorkriegsgeschichte - Die Marokko-Krisen 1904 und 1911

In den letzten Jahren vor dem I. WK nahmen die internationalen Krisen, besonders auf dem Balkan, zu. Österreich-Ungarn annektierte 1908 die bereits 1878 besetzten osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina. Dies löste heftige Proteste Serbiens unterstützt von Russland aus. Deutschland stellte sich dabei eindeutig auf die Seite der Doppelmonarchie und übte massiven diplomatischen Druck auf Russland aus. Die Bosnienkrise war zwar ein kurzfristiger Erfolg der Mittelmächte, hatte aber für Deutschland langfristig negative Folgen. Zum einen wurde es noch stärker als zuvor an Österreich gebunden und zum anderen führte die diplomatische Niederlage zum Beginn einer massiven Aufrüstung.

1912/13 kam es zu den Balkankriegen, bei denen die neuen Balkanstaaten gegen das Osmanische Reich kämpften, infolge dessen kam es zu einer Konfrontation von Österreich-Ungarn und Russland.
In dieser Krise riet das DR Österreich-Ungarn zu einer mäßigenden Politik.
Das DR und Großbritannien führten eine ausgleichende Politik und konnten so die Krise entschärfen.

Am 28. Juni 1914 wurde der Österreichische Throfolger Franz Ferdinand in Sarajevo erschossen, was zur sog. "Julikrise" führte. Daraufhin bekräftigte das DR seine Büdnistreue zu Österreich-Ungarn, was diese wiederum für den Krieg gegen Serbien nutzte:

Auf die Kriegserklärung Österreichs an Serbien reagierte Rußland am 29. Juli mit der Mobilmachung seiner Streitkräfte gegen Österreich-Ungarn, einen Tag später folgte die russische Gesamtmobilmachung. Die Forderung der Reichsregierung nach Aufhebung der Mobilmachung lehnte Rußland ab. Von den Militärs zu einer schnellen Entscheidung gedrängt, erklärte Deutschland am Abend des 1. August 1914 Rußland den Krieg. Da das mit Rußland in der Entente verbündete Frankreich eine Anfrage der Reichsregierung nach seinem Verhalten ausweichend beantwortete, erklärte Deutschland am 3. August Frankreich den Krieg. Entscheidend hierfür war das Drängen des Militärs, das mit dem Schlieffen-Plan auf einen schnellen Sieg über Frankreich setzte. Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Belgien war der Bündnisfall für England gegeben. Mit der englischen Kriegserklärung vom 4. August standen alle hochgerüsteten Großmächte Europas im Krieg. Auf der einen Seite die Mittelmächte mit dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn, die später ein Bündndis mit dem Osmanischen Reich und Bulgarien schlossen. Auf der anderen Seite die Staaten der Entente und der Tripleentente, denen sich im Verlauf des Krieges zahlreiche weitere Staaten anschlossen.

Quelle:Der Weg in den Krieg


Das ist meine Zusammenfasung der Ereignisse/Wendepunkte/Kausalitätsketten die nach mE zum I.WK geführt haben.

Was meint Ihr dazu? Habe ich etwas wichtiges vergesssen/ falsch verstanden/ falsch wiedergegeben oder kann man das so annehem??

Danke schonmal im Voraus für eure Meinungen. :winke:
 
Kosmokrat schrieb:
Sein Nachfolger, Leo von Caprivi, versuchte Aussenpolitisch eine ausgleichende Politik zu betreiben, verlängerte aber den Rückversicherungsvertrag mit Russland nicht, was die Blockbildung in Europa zementierte (Deutschland + Österreich-Ungarn / Russland + Frankreich+(England)). Die Nichtverlängerung wird jedoch in der heutigen Forschung als nicht Krisenauslösend, zwischen DR und Russland, eingestuft, es wird jedoch betont, dass durch dieses Ereignis das DR enger an Österreich-Ungarn gebunden wurde und Russland schloss 1893/94 ein Bündnis mit Frankreich, somit wirke es sich Krisenverstärkend aus.

Zur der Zeit gab es noch keine Blöcke. Die Militärkonvention zwischen Frankreich und Rußland wurde erst im Jahre 1892/94 abgeschlossen. Die Entente Cordiale zwischen Frankreich und Großbritannien im Jahre 1904. Hierbei ist zu beachten, dass die Entente zunächst ein kolonialpolitischer Ausgleich gewesen war, die erst im Verlauf der kommenden Jahre bündnisähnliche Strukturen angenommen hatte. Der Interessenausgleich zwischen Großbritannien und Rußland kam im Jahre 1907 zustande und auch hier war zunächst von einem Bündnis keine Rede.
Von einer Zementierung der Blöcke kann also keine Rede sein und von einer Verschärfung der Krise auch nicht.
 
Kosmokrat schrieb:
Nach der Bismarck-Ära hielt das Deutsche Reich zuerst an den von ihm geschaffenen Bündnissen fest. Doch die Aufkündigung des Rückversicherungsvertrags unter Caprivi mit Rußland brachte die ersten Veränderungen.
Frankreich hatte die Niederlage von 1870/71 und die Abtretung von Lothringen und dem Elsaß nie überwunden. Der Revanchegedanke verschärfte auf Dauer die deutsch-französischen Spannungen. So sah es die Gelegenheit als günstig an, das von Deutschland "verstoßene" Rußland zu umwerben. Schon hier bahnte sich eine Konstellation an, die für das Reich fatale Folgen haben sollte, und die Bismarck immer zu verhindern wußte. Die nachteilige Mittellage kam voll zur Geltung, weder im Osten noch im Westen stand nun ein Verbündeter.
Die in Rußland wachsende panslawistische Bewegung trieb das Land nach der Niederlage in Ostasien zu einer Expansionspolitik auf dem Balkan. Dadurch geriet es in immer stärkeren Gegensatz zu Österreich-Ungarn. Das Deutsche Reich zog sich durch die Unterstützung der Donaumonarchie die Feindschafts Rußlands zu, daß mit französischer finanzieller Unterstützung die Schlagkraft seines Heeres wieder herstellte.

Quelle: Namenlos

Ich verlinke hierzu diese Beiträge:

http://www.geschichtsforum.de/613241-post15.html

http://www.geschichtsforum.de/613254-post16.html
 
Kosmokrat schrieb:
1904 wurde die Entente cordiale zwischen England und Frankreich geschlossen, was das Verhältnis zwischen den Nationen vertiefte.
1908 wurde Russland aufgenommen

Vertiefte?:confused:

Siehe mein Beitrag oben. Immerhin stand man 1898 noch am Rande des Krieges. Stichwort Faschoda.

Rußland wurde nicht aufgenommen. Es kam 1907 zu einen Ausgleich zwischen Großbritannien und Rußland. Rußland hat in der Folge versucht mit Großbritannien zu militärischen Absprachen zu gelangen und Großbritannien hat sich auch auf entsprechende Gespräche eingelaßen; mehr aber auch nicht.
 
Kosmokrat schrieb:
Am 28. Juni 1914 wurde der Österreichische Throfolger Franz Ferdinand in Sarajevo erschossen, was zur sog. "Julikrise" führte. Daraufhin bekräftigte das DR seine Büdnistreue zu Österreich-Ungarn, was diese wiederum für den Krieg gegen Serbien nutzte:

Der gewollte und absichtsvoll herbeigeführte Krieg Österreich-Ungarns gegen Serbien stand schon etwas längere Zeit auf der Agenda des österreichischen Militärs. Seit den Balkankriegen in den Jahren 1912/13 war nur noch ein kleiner Funke erforderlich, um den Weltenbrand zu entzünden. Das Attentat war dieser Funke.

Die Ursachen des Krieges hast du schon zum Teil genannt. Was auch noch erwähneswert ist, dass das Deutsche Reich und später Österreich-Ungarn von Großbritannien, Frankreich und Rußland im Verlauf der Jahre mehr oder weniger isoliert worden sind. Gerade im Deutschen Reich entstand bei den verantworltichen Dipolomaten und Militärs so eine Art von Festungsmentalität. Es wurde so manche schwere diplomatische Krise inszeniert, die bis an dem Rande des Krieges ging, um beispielsweise die Entente aufzubrechen. Gerade britische Staatsmänner wie Sir Edward Grey sahen die damit verbundenen Gefahren fanz klar; aber sie maßen der Verbindung zu Frankreich und Rußland eine höhere Prorität bei. Gerade das Verhältnis zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich hatte sich in den beiden Jahren vor dem Weltkrieg zusehende entspannt. Das einzige noch offene wirklich Problem war das Flottenrüsten; Bagdadbahn und kolonialpolitische Probleme hatte man erfolgreich gelöst gehabt.
 
Was meint Ihr dazu? Habe ich etwas wichtiges vergesssen/ falsch verstanden/ falsch wiedergegeben oder kann man das so annehem??

Zu einigen Aspekten hat Turgot schon Hinweise gegeben. Oben sind Konstellationen und ihre Änderungen wiedergegeben, keine Kausalketten.

Niemand zwang das Deutsche Reich Anfang Juli 1914, eine aggressive Gangart einzuschlagen, und Ö-U zum Krieg gegen Serbien (und logischerweise Rußland) zu ermuntern. Ansätze, diese Ermunterung später zu relativieren, kamen zu spät oder halbherzig.

Ein Revanchekrieg lag im Frankreich des Juli 1914 fern, so unerreichbar wie der Mars, da man Rußland dazu nicht gewonnen hätte. Mit Großbritannien hatte das Deutsche Reich entspanntere Monate hinter sich, in der letzten Balkan-Krise arbeitete man sogar zusammen. Großbritanniens mittelfristige Probleme lagen im russischen Imperialismus, und seinen Ambitionen in Richtung Dardanellen, Persien, Indien und Nordchina. Damit sind zugleich Rußlands Ziele beschrieben, die keine direkte Reibungsfläche mit dem Deutschen Reich boten (der Balkan und die Schwächung von Ö-U mal ausgenommen).

Die Deutsche Führung hatte ihre Ambitionen auf die Linie Berlin-Bagdad konzentriert, wenngleich die ökonomische Penetration des Osmanischen Reiches (und einzelner Balkanländer) mangels deutscher Finanzen nur langsam gelang. In der Juli-Krise versagten erst die politischen Nerven, die wohl die Gelegenheit des Aufbrechens alter Bindungssysteme zum Ziel hatte. Nach dem 20. Juli versagten die Nerven der Militärs, die zum Losschlagen aufgrund ihrer Planungsautomatismen rieten. Mit der Verschärfung versagten in der letzten Juli-Woche ebenfalls die Nerven der Finanzmärkte, so der Londoner City, die von der Zuspitzung völlig überrascht wurde, weil ihre politische Führung den Ernst der Lage verschlafen hatte.

Und, ach ja, die Öffentliche Meinung nebst Medien: die trommelte mit ungleich größerer Wirksamkeit als noch 1871 auf einen Großen Krieg, der als "führbar", nützlich und angemessen angesehen und sowieso irgendwann - quasi politikdarwinistisch - allgemein erwartet wurde.
 
Zu einigen Aspekten hat Turgot schon Hinweise gegeben. Oben sind Konstellationen und ihre Änderungen wiedergegeben, keine Kausalketten.

Hm, stimmt eg.

Niemand zwang das Deutsche Reich Anfang Juli 1914, eine aggressive Gangart einzuschlagen, und Ö-U zum Krieg gegen Serbien (und logischerweise Rußland) zu ermuntern. Ansätze, diese Ermunterung später zu relativieren, kamen zu spät oder halbherzig.

Kann man das so verstehen, dass die den Teufelskreis nicht durchbrechen wollten?

Ein Revanchekrieg lag im Frankreich des Juli 1914 fern, so unerreichbar wie der Mars, da man Rußland dazu nicht gewonnen hätte. Mit Großbritannien hatte das Deutsche Reich entspanntere Monate hinter sich, in der letzten Balkan-Krise arbeitete man sogar zusammen. Großbritanniens mittelfristige Probleme lagen im russischen Imperialismus, und seinen Ambitionen in Richtung Dardanellen, Persien, Indien und Nordchina. Damit sind zugleich Rußlands Ziele beschrieben, die keine direkte Reibungsfläche mit dem Deutschen Reich boten (der Balkan und die Schwächung von Ö-U mal ausgenommen).

OK, klingt logisch. :winke:

Die Deutsche Führung hatte ihre Ambitionen auf die Linie Berlin-Bagdad konzentriert, wenngleich die ökonomische Penetration des Osmanischen Reiches (und einzelner Balkanländer) mangels deutscher Finanzen nur langsam gelang. In der Juli-Krise versagten erst die politischen Nerven, die wohl die Gelegenheit des Aufbrechens alter Bindungssysteme zum Ziel hatte. Nach dem 20. Juli versagten die Nerven der Militärs, die zum Losschlagen aufgrund ihrer Planungsautomatismen rieten.

War das ganze Nervenversagen also quasi der Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte?

Mit der Verschärfung versagten in der letzten Juli-Woche ebenfalls die Nerven der Finanzmärkte, so der Londoner City, die von der Zuspitzung völlig überrascht wurde, weil ihre politische Führung den Ernst der Lage verschlafen hatte.

Das würde mich interessieren, bin nämlich BWL Student. :sorry:

Und, ach ja, die Öffentliche Meinung nebst Medien: die trommelte mit ungleich größerer Wirksamkeit als noch 1871 auf einen Großen Krieg, der als "führbar", nützlich und angemessen angesehen und sowieso irgendwann - quasi politikdarwinistisch - allgemein erwartet wurde.

Die "Kriegseuphorie"? Das sagt mir was, aber hatten die Zeitungen eine so große Wirkung auf den Kriegsausbruch oder ware die nur "Mitschwimmer" im "Fluss der Ereignisse" :D
 
Mit der Verschärfung versagten in der letzten Juli-Woche ebenfalls die Nerven der Finanzmärkte, so der Londoner City, die von der Zuspitzung völlig überrascht wurde, weil ihre politische Führung den Ernst der Lage verschlafen hatte.

Das würde mich interessieren, bin nämlich BWL Student. :sorry:

Und über die aktuelle Finanzkrise werden wir hier nicht diskutieren.

Siehe Forenregeln: Für Diskussionen über aktuelle politische Themen ist das Geschichtsforum nicht der richtige Platz. Ebensowenig ist das Forum eine Plattform für politische, religiöse und sonstige weltanschauliche Glaubensbekenntnisse.

Es wäre noch nett, wenn du den Zitierknopf verwenden würdest, damit man sieht auf welche Äusserungen du dich beziehst. Nur kursiv schreiben ist unübersichtlich und kann zu Missverständnissen führen
 
Zuletzt bearbeitet:
Kosmokrat schrieb:
War das ganze Nervenversagen also quasi der Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte?

Die Julikrise hier detailliert aus den verschiedenen Perspektiven darzustellen würde viel zu weit gehen. Dazu sollte die Lektüre entsprechender Fachliteratur der bessere Weg sein.

Ich hatte es schon oben geschrieben. Das Attentat war der Tropfen zu viel. Die deutsche Diploamtie, also das AA, die Botschaft in Wien und auch der Reichskanzler haben diesen Krieg gewollt! Man war sich auch nicht zu schade, um den Kaiser auszubremsen. Als dieser nämlich Kenntnis von der serbischen Antwortnote auf das Ultimatum Österreich-Ungarns erhielt, sah er keinen Kriegsgrund mehr. Das Faustpfand Belgrad sollte genügen.

Entsprechende Anweisungen wurden erlaßen und durch den Kanzler und das AA vorsätzlich verschleppt und abgeschwächt. Die Gründe hierfür lagen im militärischen Bereich, da man wußte, das Rußland in wenigen Jahren, konkret 1917, seine überwältigenden Rüstungen abgeschlossen haben würde, war man aufgrund der Informationspolitik der Militär zu dem Schluß gelangt, es sei besser jetzt loszuschlagen, als später, denn jetzt hätte man wenigsten noch eine Chance den Schliffenplan erfolgreich umzusetzten.

Die Militärs begannen ab Ende Juli 14 zu drängeln, weil der Schlieffenplan sehr auf hohe Geschwindigkeit ausgelegt war. Es war überaus wichtig für das Gelingen des Plans, schneller als die Gegner zu sein. Und Moltke und Falkenhayn haben daher entsprechenden Druck ausgeübt.
 
Und über die aktuelle Finanzkrise werden wir hier nicht diskutieren.

Siehe Forenregeln: Für Diskussionen über aktuelle politische Themen ist das Geschichtsforum nicht der richtige Platz. Ebensowenig ist das Forum eine Plattform für politische, religiöse und sonstige weltanschauliche Glaubensbekenntnisse.

Es wäre noch nett, wenn du den Zitierknopf verwenden würdest, damit man sieht auf welche Äusserungen du dich beziehst. Nur kursiv schreiben ist unübersichtlich und kann zu Missverständnissen führen

Die aktuelle Finanzkrise habe ich nicht gemeint, ich meinte, im Bezug auf Silesias Beitrag, die Nerven der Finanzmärkte, die in der Julikrise 1914 versagt haben. Dieses Ereignis würde mich interesseieren.

Den Zitierknopf habe ich benutzt, aber es kam das raus wie es jetzt da steht.
 
Kann man das so verstehen, dass die den Teufelskreis nicht durchbrechen wollten?
Das bezog sich auf die Ansätze und Überlegungen in Deutschland nach dem Blankoscheck, zurückzuruden.

War das ganze Nervenversagen also quasi der Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte?
Man wollte deutscherseits diesen Krieg zunächst im Verlauf der Julikrise. Dieser Wille wurde in der letzten Phase von den militärischen Ratgebern überlagert, wegen der Automatismen der Mobilisierung und der bestehenden Planungen losschlagen zu müssen. Siehe
Annika Mombauer: Helmuth von Moltke and the Origins of the First World War

Das würde mich interessieren, bin nämlich BWL Student. :sorry:
Die Aussage beruhte auf neueren Forschungen, die die Reaktionen in der City insbesondere mit der Marokkokrise 1911 verglich (bei der die politischen Reaktionen heftiger ausfielen, und früh in Richtung Krieg tendierten).

Der Vergleich ist interessant. Zu den Reaktionen der Finanzmärkte Juli 1914 siehe hier:
http://www.geschichtsforum.de/f62/anleihen-zinss-tze-wechselkurse-und-der-weltkrieg-26178/

Der Bezug war:
Martin Kenner: Disaster in July - A new look at the Collapse of the City in 1914. Bis zum österreichischen Ultimatum begriff in London niemand den Ernst der Lage. Man verschätzte (in der Politik und am Londoner Finanzmarkt) völlig die Kriegsrisiken, und beschwichtigte noch am 24. Juli. Die Überraschung läßt sich am unmittelbar folgenden Einbruch ablesen, der eben signifikant anders als 1911 verlief.

Die "Kriegseuphorie"? Das sagt mir was, aber hatten die Zeitungen eine so große Wirkung auf den Kriegsausbruch oder ware die nur "Mitschwimmer" im "Fluss der Ereignisse" :D
Bezug war hier: Rosenberger, Bernhard: Zeitungen als Kriegstreiber? - Die Rolle der Presse im Vorfeld des Ersten Weltkrieges
Eine wichtige Wirkungsanalyse, die die Politik nicht nur als Akteur dastehen läßt, sondern eben auch als Getriebene der Öffentlichkeit bzw. Publizität der Krise.
 
@Kosmokrat

Über die Ursachen des I. Weltkrieges haben meine Mitdiskutanten schon vieles geschrieben und die Bücher darüber sind Legion.

Du schriebst, daß Du BWL-Studi bist, stell Dir folgenden case study vor:

Ausgangsbeschreibung:

Ein ökonomisch, politisch und militärisch starker Staat (Großmacht) ist mit einer konservativen traditionellen Großmach verbündet, welche zentrifugale Tendenzen aufweist. Letztere Großmach wird duch eine eher unbedeutenden Macht darin gestört, diese zentrifugalen Kräfte zu disziplinieren. Es passiert ein ungeheuerer Vorfall, die Numme 1 der Thronfolge (monarchiches System) wird getötet.

Folgende Informationen/Ausgangslage haben Sie:

Der Ministerpräsident rät zur Zurückhaltung.

Der Chef des Oberkommandos gibt zu bedenken, daß eine Mobilmachung sowie der Aufmarsch des gesamten Heeres ca. 2 Wochen dauert.

Der Außenminister rät, auf die Reaktion des stärkeren Verbündeten zu warten, dieser sagt nach Anfrage o.k., Mobilisierung.

Der Chef des Generalstabes des stärkeren Verbündeten rät, die Mobilisierung kann nicht gestoppt werden, sie läuft, wie von Ihnen befohlen.

Die gegnerischen Staaten/Armeen reagieren und mobilisieren ebenfalls.

Zwischen den potentiellen Konfliktparteien besteht ein tiefes Mißtrauen.

Der Chef des Generalstabes der stärkeren verbündeten Macht rät seinem Oberkommandierenden, wenn wir jetzt nicht losschlagen werden wir verlieren, ansonsten, wir könnten siegen oder verlieren.

Der Finanzminster verweist auf eine mögliche Finanzkrise, infolge der Aufhebung der Konvertibilität der Währung in Gold.

Aufgabe:

Erarbeiten Sie Lösungsbespiele, beachten Sie dabei, daß alle Konfliktparteien ihr "Gesicht" bewahren müssen.


M.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Kosmokrat

Über die Ursachen des I. Weltkrieges haben meine Mitdiskutanten schon vieles geschrieben und die Bücher darüber sind Legion.

Du schriebst, daß Du BWL-Studi bist, stell Dir folgenden case study vor:

Ausgangsbeschreibung:

Ein ökonomisch, politisch und militärisch starker Staat (Großmacht) ist mit einer konservativen traditionellen Großmach verbündet, welche zentrifugale Tendenzen aufweist. Letztere Großmach wird duch eine eher unbedeutenden Macht darin gestört, diese zentrifugalen Kräfte zu disziplinieren. Es passiert ein ungeheuerer Vorfall, die Numme 1 der Thronfolge (monarchiches System) wird getötet.

Folgende Informationen/Ausgangslage haben Sie:

Der Ministerpräsident rät zur Zurückhaltung.

Der Chef des Oberkommandos gibt zu bedenken, daß eine Mobilmachung sowie der Aufmarsch des gesamten Heeres ca. 2 Wochen dauert.

Der Außenminister rät, auf die Reaktion des stärkeren Verbündeten zu warten, dieser sagt nach Anfrage o.k., Mobilisierung.

Der Chef des Generalstabes des stärkeren Verbündeten rät, die Mobilisierung kann nicht gestoppt werden, sie läuft, wie von Ihnen befohlen.

Die gegnerischen Staaten/Armeen reagieren und mobilisieren ebenfalls.

Zwischen den potentiellen Konfliktparteien besteht ein tiefes Mißtrauen.

Der Chef des Generalstabes der stärkeren verbündeten Macht rät seinem Oberkommandierenden, wenn wir jetzt nicht losschlagen werden wir verlieren, ansonsten, wir könnten siegen oder verlieren.

Der Finanzminster verweist auf eine mögliche Finanzkrise, infolge der Aufhebung der Konvertibilität der Währung in Gold.

Aufgabe:

Erarbeiten Sie Lösungsbespiele, beachten Sie dabei, daß alle Konfliktparteien ihr "Gesicht" bewahren müssen.


M.


Hi,

also ich nehme mich der Sache mal an. (Fallstudien haben wir noch nicht gemacht, aber ich versuche es). :cool:


Zuallererst, würde ich versuchen mehr über den Täter und vorallem die Hintermänner herauszufinden. (Motive)

Da dies aber dauert und die Krise jetzt ist, würde ich die Diplomaten auf Trab bringen und denen sagen, dass sie Kontakt mit Ihren Amtskollegen aufnehmen sollen und denen versichern müssen, dass ich nicht an Krieg interessiert und zu Verhandlungen bereit wäre.

Dem Generalstabschef würde ich befehlen, die Mobilisierung fortzufahren (ist ja ein Selbstläufer), aber alle offensiven oder provozierenden Handlungen zu unterlassen. :rechts: Da die anderen Staaten, auch mobilisieren, gehe ich davon aus, dass sie das nicht direkt als Provokation empfinden.

Der verbündeten Großmacht, würde ich meinen Beistand versichern, aber auch von Ihr verlangen, die Krise ohne Waffengang zu beenden, wenn dies denn noch möglich wäre.
Dem Generalstabschef der verbündeten Großmacht würde ich sagen, dass man sich im Krieg nie sicher sein kann, (ich denke z.B. an den Westfeldzug 1940 wo die Zahlen auch gegen das DR standen, die Generalität nicht losschlagen wollte und man es dennoch geschafft hat) und es noch nicht zu spät sei die Krise durch Verhandlungen zu lösen.
Ausserdem: kein Plan übersteht den ersten Schuss.

Um das Misstrauen zu schwächen, würde ich vorschlagen, dass sich Abgesandte der beteiligten Großmächte, an einem neutralen Ort treffen um zu verhandeln.
Davon verspreche ich mir eine Entschärfung der Situation, damit niemand überstürzt handelt, handeln muss. Somit wird die ganze Sache entzerrt und alle können mal Nachdenken. :grübel:

Das Anliegen des Finanzministers ist so eine Sache, denn heute ist keine Währung mehr ans Gold gebunden (Das Bretton-Woods-System ist 1973 gescheitert).
Also würde es heute dieses Anliegen garnicht mehr geben und selbst wenn, die Regierungen zahlen im Krieg doch mit Wechseln und die drucken Sie einfach.
War damals auch so, oder?


Was haltet Ihr von diesen Gedankengängen? :winke:
 
Der Knackpunkt ist die Mobilisierung. Eine Mobilisierung war, weil jeder einen Angriff des Gegners nach der Mobilisierung als zwingend ansah fast schon eine Kriegserklärung und ein Akt großer Aggression. Ohne die Mobilisierung zu stoppen, hätte man den Kriegsbeginn nicht stoppen können.

Außerdem waren die Militärs auf beiden Seiten Siegesgewiss und "verkauften" ihren Regierungen, dass sie innerhalb von wenigen Monaten den Feind besiegt hätten. Demnach war die Angst vor dem Krieg in den Regierungskreisen eher gering. Keiner wollte den Krieg wirklich, aber keiner wollte ihn verhindern. Die Briten sahen in ihm eine Möglichkeit das deutsche Reich zu schwächen, die franzosen sahen eine Möglichkeit sich für 1870/71 zu revanchieren, die deutschen ihre Hegemonialstellung zu erreichen, die Russen endlich den streit um den Balkan beizulegen und die Österreicher endlich Serbien zu schlucken, bzw. Russlands Einfluss zu verdrängen. Deshalb waren diplomatische Konsultationen nicht wirklich "angesagt".
 
Der Knackpunkt ist die Mobilisierung. Eine Mobilisierung war, weil jeder einen Angriff des Gegners nach der Mobilisierung als zwingend ansah fast schon eine Kriegserklärung und ein Akt großer Aggression. Ohne die Mobilisierung zu stoppen, hätte man den Kriegsbeginn nicht stoppen können.

Die Bedeutung der Mobilisierung (sgeschwindigkeit) wurde durch die bestehenden Militärpläne bestimmt, die durch den zeitbestimmenden "cult of offensive" beinnflusst waren.

Jede Land war damit nah dran an "Präventivkriegsgedanken": schneller zu sein als der Gegner, ihm zuvorzukommen. Diese militärische Denke verhinderte in der letzten Krisenphase jede diplomatische Lösung, und raubte der Politik Zeit zum Ausweg aus der krisenhaften Zuspitzung.

Ausnahme dieses Mechanismus: Großbritannien. Deren Poilitik versagte durch Fehleinschätzung der Situation.

Die Briten sahen in ihm eine Möglichkeit das deutsche Reich zu schwächen, die franzosen sahen eine Möglichkeit sich für 1870/71 zu revanchieren,
Großbritannien trat ein, als der Europäische Krieg lief, und die Überwältigung/Vernichtung des französischen "Festlandsdegens" befürchtet werden musste.

Für Frankreich - das es zuvor versäumte, Russland zu zügeln - musste anlassunabhängig jeder deutsch/österreichisch-ungarische Kriegsfall mit Russland ein Automatismus zum Kriegseintritt darstellen, da man seine östliche Lebensversicherung nicht riskieren konnte.
 
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