Ich möchte das Thema reaktivieren, unter Bezug auf Entstehung und Ursprung der Dolchstoßlegende bzw. der Formulierung "Im Felde unbesiegt".
Wiki erklärt das so:
Dolchstoßlegende ? Wikipedia
"Die Metapher vom „Dolchstoß von hinten“ wurde
erstmals in einem Artikel der Neuen Zürcher Zeitung vom 17. Dezember 1918 öffentlich gebraucht."
Das erscheint mir etwas zu kurz gegriffen, wenn man die Floskeln materiell fasst und nicht ausschließlich nach der erstmaligen Verwendung sucht, sondern nach denselben Inhalten.
Sämtliche Darstellungen gehen wohl zurück auf Kaehler (zB Studien zur Deutschen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert, S. 259 "Vier quellenkritische Untersuchungen zum Kriegsende 1918", insbes. S. 303: "Über die Herkunft des Schlagwortes "Im Felde unbesiegt").
Danach überraschte Ludendorff bei der Mitteilung vom Rücktritt des Reichskanzlers Hertling seine militärische Zuhörerschaft mit der militärischen Bankrotter klärung, der Forderung nach sofortigem Friedensschluß und der Formulierung:
"Ich habe aber S.M. gebeten, jetzt auch diejenigen Kreise an die Regierung zu bringen,
denen wir es in der Hauptsache zu verdanken haben, daß wir so weit gekommen sind. Wir werden also diese Herren jetzt in die Ministerien einziehen sehen. Die sollen nun den Frieden schließen, der jetzt geschlossen werden muß. Sie sollen die Suppe essen,
die sie uns eingebrockt haben".
(Tagebuchaufzeichnung Thaers, 1. Oktober 1918)
"Diese Herren" faßt den Sündenbock, und bezieht sich auf die führenden Parlamentarier der Mehrheitsparteien, speziell der Sozialdemokraten. Die Grundidee übernahm Ludendorff dann in seine Kriegserinnerungen, die er angeblich nach seiner Ausreise nach Schweden in 2 Monaten "ohne alle Unterlagen aus dem Gedächtnis" niederschrieb (fragmentarische Niederschrift vom Dezember 1918: ... eine gewisse Streitschrift. Es gilt, die Ehre ... der Armee und meine eigene Ehre und meinen Namen zu retten.").
Die Heimat sei "dem wundersamen Gaukelbild des Verständigungsfriedens erlegen und habe das eherne Gesetz des Krieges verkannt". Man "wandte sich von den Männern ab, die die Aufgabe hatten, den Feind zu schlagen und hierfür das
ganze Vaterland von der Regierung erbaten." Das deutsche Volk habe viel hergegeben, "... aber es gab nicht das Letzte her, daß Heer bekam nicht genug Menschen- und Seelenkraft aus der Hemiat." (Dez. 1918).
Hier ist zudem die Verkettung des "Dolchstosses" mit der Abberufung Ludendorffs erkennbar.
Der Wiki-Artikel zitiert sodann den Ausspruch des britischen Generals Neill Malcolm (in einem Buch von Lindsay Fraser) kurz nach dem 11.11.1918, der den Ausdruck "Dolchstoß" im Gerspräch mit Ludendorff wörtlich gebraucht habe, allerdings beim Versuch, Ludendorffs Ausführungen in einem Ausdruck zu kristallisieren: Anklage gegen die Reichsregierung und die Bevölkerung (civilian population), die ihn (Lud.) nicht hinreichend unterstützt, sondern ihn (Lud.) im Stich gelassen habe und sich damit den Überlieferungen der kämpfenden Nation (fighting nation) unwürdig erwiesen habe. (an die Nibelungen hatte Lud. bereits im Oktober 1918 wörtlich angeknüpft). Die Rückfrage von Neill Malcolm: "
you mean that you are stabbed in the back". Ludendorff: "that´s it exactly - we were stabbed in the back, stabbed in the back."
Hindenburg nahm das Zitat im Januar 1919 auf ("wie ein englischer General sehr richtig gesagt hat ..." Auch der Aufsatz in der NZZ vom 17.12.1918 bezieht sich auf einen englischen General (Maurice). Dieser hat die Verwendung allerdings abgestritten, der Aufsatz bezieht sich damit lediglich auf den englischen Ursprung. Hindenburg verwandete den Begriff "Dolchstoß" zudem schon vor dem Januar 1919 am 19.12.1918 im Rückblick auf den Munitionsarbeiterstreik vom Januar 1918(Tagebuch Thaers, selbes Datum).
Schließlich ist nicht die konservative Presse zum "unbesiegt" zu erwähnen, sondern die "Badische Volksregierung" vom 16.12.1918 zu erwähnen:
"An die Badischen Soldaten! ...
Nicht besiegt und geschlagen kommt ihr zurück; ... eine falsche Politik und der maßlose Übermut des Militarismus haben das Unglück verursacht."
Ähnlich mißverständlich in Bezug auf den militärischen Zustand äußerte sich zB Ebert.
Dazu die Fragen:
1. sind die Floskeln "Dolchstoß" und "im Felde unbesiegt" zu trennen? Letztere wurde parallel benutzt (von der nationalen Reaktion, vom Nationalsozialismus wie von Revolutionsregierungen (von diesen in Bezug auf die heimkehrenden Soldaten).
2. ist die pointierte Verwendung in Zusammenhang mit der Niederlage erstmalig auf Ludendorff zurückzuführen und steht sie im Kontext seiner Abberufung und der einzugestehenden Niederlage nach Sturz des Reichskanzlers von Hertling?