Warum schloss sich das Osmanische Reich den Mittelmächten und nicht den Alliierten an

das Osmanische Reich war ein enger verbündeter von Deutschland tatsache
hätte das ja genauso ausgehen können wie bei Italien das sie trotzdem zu den
Alliierten beitreten
 
hätte das ja genauso ausgehen können wie bei Italien, dass sie trotzdem den Alliierten beitreten?

Vielleicht?

Einige Strömungen in der jungtürkischen Bewegung waren frankophil (wie auch in arabischen Kreisen), Großbritannien war bis Mai 1914 die Stütze der Osmanischen Marine (die man gegen Greichenland und Rußland dringend benötigte), und kurz vor Kriegsausbruch wurde auf der Krim auch mit der Triple Entente verhandelt.

Offenbar waren die möglichen Kriegsziele gemeinsam mit den Mittelmächten erfolgsversprechender als die noch vorhandene Option einer strikten Neutralität.
 
Das Osmanische Reich hatte durch ein Bündnis mit den Mittelmächten einfach mehr zu gewinnen als durch ein Bündnis mit der Entente (natürlich jeweils einen Sieg der Verbündeten vorausgesetzt). Territoriale Interessen hatte es vor allem gegenüber Russland, dem britischen Kolonialreich und Griechenland (wobei Griechenland beim osmanischen Kriegseintritt allerdings noch neutral war). Von den Mittelmächten hingegen gab es realistischerweise nichts zu holen. (Bulgarien war beim osmanischen Kriegseintritt noch neutral.)
 
Wenn ich mich korrekt erinnere, haben die Briten, die vom Osmanischen Reich bestellten und bezahlten Dreadnoughts, einfach einbehalten, da ja der Krieg ausgebrochen war. Das war zumindest nicht gerade ein freundlicher Akt und wurde entsprechend vermerkt.
 
Wenn ich mich korrekt erinnere, haben die Briten, die vom Osmanischen Reich bestellten und bezahlten Dreadnoughts, einfach einbehalten, da ja der Krieg ausgebrochen war. Das war zumindest nicht gerade ein freundlicher Akt und wurde entsprechend vermerkt.
In der Tat, war neben den außenpolitischen Umständen um die Zugängen zum Nahen Osten und zum Schwarzen Meer der zündende Funke für den Eintritt des Osmanischen Reiches an der Seite der Mittelmächte im 1.Weltkrieg ein Schiff, bzw. die maritime Frage des Osmanischen Reiches.

Allerdings würde ich nicht soweit gehen, daß mit der beschlagnahme der Großkampfschiffe HMS Erin ex Reschadije und HMS Agincourt ex Sultan Osman I ex Rio de Janeiro hier eine Strömung für den Weg zu den Mittelmächten gelegt wurde. Immerhin war die Reschadije schon 1911 bestellt worden und sollte auch ein Schwesterschiff erhalten, was wegen Finanzknappheit abbestellt wurde. Die Sultan Osman I war dann auch nur ein Gelegenheitskauf Anfang 1914 eines unfertigen brasilianischen Schiffes (Übrigens, die deutsche Marine hat auch Schiffe verfeindeter Nationen nach Kriegsbeginn beschlagnahmt, siehe kl. Kreuzer Elbing und Pillau...).

Nein, der Zufall und die Nachsicht (oder Weitsicht?) eines Admirals um der Versenkung seiner Schiffe zu entgehen brachte den Funken für die Türkei an der Seite der Mittelmächte in den Krieg zu ziehen.

Die Rede ist vom Chef der deutschen Mittelmeerdivision, Wilhelm Souchon und den Schiffen SMS Goeben und SMS Breslau.

Nach Kriegsbeginn konnten die deutschen Schiffe italienische Häfen nicht mehr nutzen, wegen der Neutralitätserklärung und ein Durchbruch in die Adria zur k.u.k Flotte erschien aussichtslos. Zudem wurden britische Schlachtkreuzer auf die beiden Schiffe angesetzt. Diese konnte Souchon ausmanövrieren und letztlich blieb nur der Weg zu den Dardanellen und der Türkei, die als „vielleicht als Ausgleich“ der beiden nicht erhaltenen Schiffe aus England den deutschen Schlachtkreuzer Goeben als so Wertvoll betrachteten, sich mit diesen an der Seite der Mittelmächte in den Krieg zu begeben...
 
Zuletzt bearbeitet:
Allerdings würde ich nicht soweit gehen, daß mit der beschlagnahme der Großkampfschiffe HMS Erin ex Reschadije und HMS Agincourt ex Sultan Osman I ex Rio de Janeiro hier eine Strömung für den Weg zu den Mittelmächten gelegt wurde.

Ich auch nicht.:winke: Es war aber von Großbritannien aber definitiv ein unfreundlicher Akt gegenüber dem Osmanischen Reich und zeigt auch, das man im Kriege nicht groß gewilt war, irgendwelche Rücksichten zu nehmen.
 
Ich auch nicht.:winke: Es war aber von Großbritannien aber definitiv ein unfreundlicher Akt gegenüber dem Osmanischen Reich und zeigt auch, das man im Kriege nicht groß gewilt war, irgendwelche Rücksichten zu nehmen.

Es wurden auch Schiffe anderer Nationen, die auf britischen Werften bestellt waren, beschlagnahmt.

OT: Aber seit wann kann man in einem Satz -Rücksicht- und -Krieg- nennen?
 
Es wurden auch Schiffe andere Nationen, die auf britischen Werften bestellt waren, beschlagnahmt.

OT: Aber seit wann kann man in einem Satz -Rücksicht- und -Krieg- nennen?



Wenn man die Sympathien der Neutralen gewinnen und behalten
will, ist dieses rücksichtslose Vorgehen dazu wenig geeignet. Des Weiteren läßt sich anmerken, wenn man der Auffassung ist, das man das Recht und die Moral auf seiner Seite hat, ist so ein Vorgehen auch nicht gerade vertrauenserweckend ist.
 
Wenn man die Sympathien der Neutralen gewinnen und behalten
will, ist dieses rücksichtslose Vorgehen dazu wenig geeignet. Des Weiteren läßt sich anmerken, wenn man der Auffassung ist, das man das Recht und die Moral auf seiner Seite hat, ist so ein Vorgehen auch nicht gerade vertrauenserweckend ist.

Wem sagst Du das...:winke: Aber wenn es um die Navy ging, war (und vielleicht ist) sich Großbritannien selbst der Nächste. Die Angst vor der Invasion ist unbrechbar, egal ob beeinflußt durch Feind oder Freund...

So und nun benötigen wie eine Überleitung zum Thema, sonst wird´s Mega OT.
 
Wenn hier soviel Einigkeit besteht, dann will ich mal etwas Wasser in den Wein kippen. :winke:

Es wurden auch Schiffe anderer Nationen, die auf britischen Werften bestellt waren, beschlagnahmt.
Das Verbot der Ausfuhr von Kriegsmaterial (oder dessen Dosierung) ist ein recht gewöhnlicher Vorgang für eine kriegsführende Nation. Wieso sollte das hier einen so singulären Charakter haben, dass es einen Kriegseintritt nach sich zieht. Immerhin wurden die Verträge mit privaten Unternehmen geschlossen, welche Bindung soll hier völkerrechtlich für London vorgelegen haben?

Nein, der Zufall und die Nachsicht (oder Weitsicht?) eines Admirals um der Versenkung seiner Schiffe zu entgehen brachte den Funken für die Türkei an der Seite der Mittelmächte in den Krieg zu ziehen.
So ist das in der militärhistorischen Literatur (englische wie deutsche) häufig dargestellt. Die Engländer beklagen das Versäumnis, die Deutschen den gelungenen Coup. Beide Schiffe sollen "Weltgeschichte" geschrieben haben, so liest man.

Haben Sie das wirklich? Schöllgen schreibt in seiner umfassenden politisch/wirtschaftlichen Historie zu den deutsch-englisch-osmanischen Beziehungen Folgendes:

"Nunmehr, im August 1914 freilich war es die deutsche Seite, die auf die Verwirklichung jenes einst von Bismarck als letzte Notlösung ventilierten Bündnisses und auf den Kriegseintritt der Türkei drängte." (S. 417).

Man liquidierte damit zugleich die deutsche Pénétration Pacifique des Osmanischen Reiches. Und die Motive in Konstantinopel lagen klar auf der Hand: die Durchsetzung der Gleichbehandlung mit den Mittelmächten (quest for equality) als wichtiges Merkmal im deutsch-türkischen Vertrag vom 2.8.1914 (Bone und Philippville wurden von der Mittelmeerdivision erst am 4.8.1914 beschossen). Ich sehe das als entscheidenden Aspekt: das Triumvirat sah ggü. der Neutralität die Chance, den Machtpoker der europäischen Großmächte um die Meerengen zu beenden. Wie realistisch das war, steht auf einem anderen Blatt.

Der Lagebericht Moltkes vom 2.8.1914 mit unterzeichnung des Abkommens war deutlich: "Die Türkei hat sobald wie möglich Rußland den Krieg zu erklären".
First World War.com - Primary Documents - Turco-German Alliance, 2 August 1914
[In case Russia should intervene with active military measures, and should thus bring about a casus foederis for Germany with relation to Austria-Hungary, this casus foederis would also come into existence for Turkey.]


________
P.S. zu den Schiffen: hier hätte die Türkei bei strikter Neutralität (als Alternative) die Internierung betreiben können und in Ruhe den Kriegsausgang abwarten können. Nur nebenbei gesagt war die Finanzierung der Seerüstung ohnehin unsicher: Konstantinopel stand die letzten 30 Jahre permanent vor dem Staatsbankrott, und seine Auslandsschulden entfielen zu rd. 80% auf Frankreich und England. Setzt man auf Sieg, konnte man diese Quittungen in die Tonne treten. Ein beachtlicher Ansporn ;)
 
Wenn hier soviel Einigkeit besteht, dann will ich mal etwas Wasser in den Wein kippen. :winke:
Das Verbot der Ausfuhr von Kriegsmaterial (oder dessen Dosierung) ist ein recht gewöhnlicher Vorgang für eine kriegsführende Nation. Wieso sollte das hier einen so singulären Charakter haben, dass es einen Kriegseintritt nach sich zieht. Immerhin wurden die Verträge mit privaten Unternehmen geschlossen, welche Bindung soll hier völkerrechtlich für London vorgelegen haben?

Kannste machen, aber ich war ja eigendlich auch der Meinung, dass die Beschlagnahme von Kriegsgerät nicht unbedingt primär entscheiden ist, für Seitenwechsel von vorab Neutralen und politische Aktivitäten im Krieg, es sei denn, das Kriegsgerät ist die Hauptwaffe der jeweilgen Nation.;)
[...]Beide Schiffe sollen "Weltgeschichte" geschrieben haben, so liest man.

Haben Sie das wirklich?[...]
Vielleicht genauso viel Weltgeschichte, wie das Attentat in Sarajevo? Veilleicht nicht der Grund der historischen Handlung, aber defenitiv der Anlaß, oder?
 
Wenn ich wählen müßte, ob die Türkei primär einen Land- oder Seekrieg führte, würde ich bei der "Hauptwaffe" dem ersten Bereich zuneigen.

Wichtig sind oben die Daten: die Türkei unterzeichnete am 2.8., obwohl die Schiffe am 3.8. schon auf dem Boden den Mittelmeeres angekommen sein konnten.

Nach den politisch-ökonomischen Analysen der Gründe für den Kriegseintritt (siehe oben) sehe ich nicht, wo da der eine Schlachtkreuzer in die Vorgeschichte des Bündnisses an wesentlicher Stelle hineinzupressen wäre.

Daher: eine Episode, keine Kausalität in Bezug auf den Kriegseintritt. Aber wir können ja noch etwas recherchieren.
 
Ich frage mich, ob es angesichts der zahlenmäßigen Überlegeheit der Royal Navy tatsächlich erforderlich war, die Kriegsschiffe zu beschlagnamen, denn die britische Flotte benötigte im Gegensatz zur kaiserliche Flotte keine Entscheidungsschlacht. Die britischen überseeischen Verbindungen waren doch durch die deutsche Flotte definitiv nicht gefährdert. In Großbritannien waren auch mehr Dreadnoughts im Bau als im Deutschen Reich. Die britschen Schiffe verfügten bereits seit 1912 über das 38cm Kaliber. Das Kaiserreich zog erst später nach. Die Royal Navy war also überlegen. Deshalb stelle ich die Notwendigkeit der Beschlagnahme in Frage.
 
Nach den politisch-ökonomischen Analysen der Gründe für den Kriegseintritt (siehe oben) sehe ich nicht, wo da der eine Schlachtkreuzer in die Vorgeschichte des Bündnisses an wesentlicher Stelle hineinzupressen wäre.

Daher: eine Episode, keine Kausalität in Bezug auf den Kriegseintritt. Aber wir können ja noch etwas recherchieren.

Ich würde die Situation einfacher Betrachten, so spielt es keine Rolle, ob der Schlachtkreuzer in eine Vorgeschichte passt, noch irgendetwas mit einem Bündniss zu tun hat. Im Gegenteil, war doch marinetechnisch Großbritannien der bessere Partner für die Türkei. 1910 verkaufte das deutsche Reich zwei seiner ältesten Pötte an die Türken, obwohl diese eigendlich schon damals mit einem Schlachtkreuzer liebäugelten. Doch Wilhelm gab seine neuen Schiffe nicht her.

Das alles kann natürlich in der tiefgründigen Entscheidung der Türken letzlich nicht entscheiden gewesen sein, bei welcher Partei die Türkei im Krieg Stellung bezieht.
Daher denke ich ein wenig Schicksal wird das Salz der historischen Suppe gewürzt haben, ohne die Goeben kein Kriegsgebiet Dardanellen?

Das Schiff hat letzlich dazu beigetragen, denn wenn sich die Türkei als weiterhin neutral verhalten hätte, wäre Souchon gezwungen gewesen, die Schiffe aufzugeben also zu Internieren oder gegen die britischen Schlachtkreuzer zu kämpfen bzw. unter zugehn, ohne Stützpunkt im Mittelmeer. Somit gab es für die Mittelmeerdivision keine Alternative und die Türken spielten mit.
 
Ich frage mich, ob es angesichts der zahlenmäßigen Überlegeheit der Royal Navy tatsächlich erfohttp://www.geschichtsforum.de/newreply.php?do=postreply&t=37906rderlich war, die Kriegsschiffe zu beschlagnamen, denn die britische Flotte benötigte im Gegensatz zur kaiserliche Flotte keine Entscheidungsschlacht. Die britischen überseeischen Verbindungen waren doch durch die deutsche Flotte definitiv nicht gefährdert. In Großbritannien waren auch mehr Dreadnoughts im Bau als im Deutschen Reich. Die britschen Schiffe verfügten bereits seit 1912 über das 38cm Kaliber. Das Kaiserreich zog erst später nach. Die Royal Navy war also überlegen. Deshalb stelle ich die Notwendigkeit der Beschlagnahme in Frage.

Diese Frage wäre ein eigenes Thema wert bzw. hier besser aufgehoben:
http://www.geschichtsforum.de/f62/kriegstechnologie-als-verkaufsschlager-im-1-weltkrieg-19205/

Aber letzlich zählte jedes Schiff, vor allem, wenn es -für umme- in die Flotte einzureihen war. Aber wenn wir das tiefgründiger betrachten möchten, dann ein Wechsel der Frage in o.g. Thema...interessant ist es allemal.
 
Daher denke ich ein wenig Schicksal wird das Salz der historischen Suppe gewürzt haben, ohne die Goeben kein Kriegsgebiet Dardanellen?
Das Fragezeichen ist berechtigt. Weder hat die Goeben bei der britisch-französischen Entscheidung zum Angriff auf die Dardanellen eine bemerkbare Rolle gespielt (sondern die Befestigungen und Minen, nebst Versorgung Rußlands und Ausschaltung der Türkei als Kriegsgegner), noch wären die Schiffe ein Faktor oder ein noch verbleibendes Hindernis, wenn die Osmanische Armee 1915 zusammengeklappt wäre. Dagegen wirkte wohl eher die deutsche Militärberatung für die Armee.

Das Schiff hat letzlich dazu beigetragen, denn wenn sich die Türkei als weiterhin neutral verhalten hätte, wäre Souchon gezwungen gewesen, die Schiffe aufzugeben also zu Internieren ...
Eben. Die Schiffe wären bei strikter Neutralität einkassiert worden.

Aufgrund des russisch-türkischen Gegensatzes war die Konstellation aber so, dass man in Konstantinopel kaum neutral bleiben konnte. Dazu die alliierten Avancen in Richtung Italien und Griechenland, allesamt auf der Gegnerliste.

Ich frage mich, ob es angesichts der zahlenmäßigen Überlegeheit der Royal Navy tatsächlich erforderlich war, die Kriegsschiffe zu beschlagnamen, denn die britische Flotte benötigte im Gegensatz zur kaiserliche Flotte keine Entscheidungsschlacht.
Irgendwo meine ich auch gelesen zu haben, dass die Beschlagnahme der für die Türkei vorgesehenen Schiffe als Druckmittel dienen sollte, den drohenden Übertritt zu den Mittelmächten zu verhindern (das müßte nach den Gesprächen auf der Krim der frz.-russ.-engl.-türkischen Delegationen passiert sein, die wohl nicht erfolgversprechend verlaufen waren).

Zum "Polster":
Immerhin jammerte Jellicoe noch im Dezember 1914, dass ihm die Überlegenheit nicht ausreichen würde, und reichte Fisher und Churchill Memoranden herein, in denen im Schiff-Schiff-Vergleich die Royal Navy ein komfortables Polster benötigen würde (Jellicoe-Papers, Band 1).
 
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Zum "Polster":
Immerhin jammerte Jellicoe noch im Dezember 1914, dass ihm die Überlegenheit nicht ausreichen würde, und reichte Fisher und Churchill Memoranden herein, in denen im Schiff-Schiff-Vergleich die Royal Navy ein komfortables Polster benötigen würde (Jellicoe-Papers, Band 1).

OT:Nur um die Flotte aufzufüllen und damit auf fremde Schiffsbauten auf britischen Werften zu spekulieren wäre dann schon wirklich dreist.

Aber diesen Umstand konnte wohl niemand erahnen oder voraussehen, somit ist die Beschlagnahme nicht in die britische Flottenrüstung aufzunehmen, oder wurde damit tatsächlich spekuliert?
 
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