Der Reichspräsident in der Weimarer Republik

Markus K.

Neues Mitglied
Ich habe ein Frage an euch :

Konnte man den Reichspräsidenten in der Weimarer Republik absetzten?

Das Interressiert mich, weil er ja über dem Reichstag stand und in der Literatur auch oft als ,,Kaiser,, genannt wird.
Würde mich über eine Antwort sehr freuen.
 
Das regelte Art. 43 der Verfassung:

"Das Amt des Reichspräsidenten dauert sieben Jahre. Wiederwahl ist zulässig.

Vor Ablauf der Frist kann der Reichspräsident auf Antrag des Reichstags durch Volksabstimmung abgesetzt werden. Der Beschluß des Reichstags erfordert Zweidrittelmehrheit. Durch den Beschluß ist der Reichspräsident an der ferneren Ausübung des Amtes verhindert. Die Ablehnung der Absetzung durch die Volksabstimmung gilt als neue Wahl und hat die Auflösung des Reichstags zur Folge.

Der Reichspräsident kann ohne Zustimmung des Reichstags nicht strafrechtlich verfolgt werden."


Als Instrument daneben:
"Artikel 59
Der Reichstag ist berechtigt, den Reichspräsidenten, den Reichskanzler und die Reichsminister vor dem Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich anzuklagen, daß sie schuldhafterweise die Reichsverfassung oder ein Reichsgesetz verletzt haben. Der Antrag auf Erhebung der Anklage muß von mindestens hundert Mitgliedern des Reichstags unterzeichnet sein und bedarf der Zustimmung der für Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Mehrheit. Das Nähere regelt das Reichsgesetz über den Staatsgerichtshof."
[auch dafür also Zweidrittelmehrheit]
 
Zuletzt bearbeitet:
..., weil er [der Reichspräsident] ja über dem Reichstag stand...
Dazu der Hinweis, dass die Formulierung "über dem Reichstag" etwas überzogen ist. Die Weimarer Reichsverfassung wollte einen Mittelweg zwischen dem amerikanischen System (starker Präsident) und dem französischen (schwacher Präsident) beschreiten. Im Ergebnis wurde eine durchaus machtvolle Figur kreiert, die aber nur in Ausnahmefällen (z. B. Art. 25, 48) direkte Eingriffsmöglichkeiten haben sollte - dass es anders kam, steht auf einem anderen Blatt.

Zweidrittelmehrheit
Und weil ich schon mal am klugsch...en bin::winke:

Was eine verfassungsändernde Mehrheit ist, stand in Art. 76 Satz 2 WRV: "wenn zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl anwesend sind und wenigstens zwei Drittel der Anwesenden zustimmen"! Kleines Rechenbeispiel: gesetzliche Mitglieder = 600, 2/3 anwesend = mindestens 400, 2/3 der Anwesenden = mindestens 267.

Für eine Verfassungsänderung - und die Anklageergebung gemäß Art. 59 - genügte also im Extremfall die sog. 4/9-Mehrheit! Insoweit bestand ein Unterschied etwa zum heutigen Art. 79 Abs. 2 i.V.m. Art 121 GG, wo eine Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl verlangt wird.
 
Die Weimarer Reichsverfassung wollte einen Mittelweg zwischen dem amerikanischen System (starker Präsident) und dem französischen (schwacher Präsident) beschreiten. .


Und dazu den Hinweis, dass dies auf den Stand von 1919 bezogen ist.

Die heute gültige französische De Gaulle-Verfassung von 1958 kennt einen sehr starken Präsidenten.
 
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