Franz von Papen

L

luisa106

Gast
Hallo,

ich lese immer wieder, dass von Papen Hitler zu eigenen Zwecken an die Macht bringen wollte. Warum? Im Internet und meinem Buch finde ich leider keine ausführliche Erklärung.

Und wie lange regiert seit 1933 das Präsidialkabinett Hitler? Bis er die Ämter des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers vereinigt?

Danke schon mal fürs lesen.
 
Hast Du Dich mit der unmittelbaren Vorgeschichte Papens und seiner Ablösung als Reichskanzler durch Schleicher befasst?

Das ist aufschlussreich.:winke:
 
Van Papen hatte mit seiner Zentrumspartei ohne Hitler keine Machtoption - genauer: nicht genügend
Sitze im Reichstag, sodass er die NSDAP für seinen erneuten Sprung an die Macht nutzen wollte.
In der neuen Regierung wollte er die drei Kabinettsmitglieder der NSDAP (Hitler, Göring, Frick // er
selbst zunächst als Vize-Kanzler) in die Ecke drängen und politisch kaltstellen, um nach ein paar
Monaten selbst die Macht im Staate wieder an sich zu reißen.

Hitlers Präsidialkabinett endete im März mit der Reichstagswahl 1933.


Gruß
 
Van Papen hatte mit seiner Zentrumspartei ohne Hitler keine Machtoption - genauer: nicht genügend Sitze im Reichstag, sodass er die NSDAP für seinen erneuten Sprung an die Macht nutzen wollte....

Zwei Dinge dazu:
1.) Von Papen (das war kein Niederländer) war seit 1932 nicht mehr im Zentrum.
2.) Du sprichst selbst die Präsidialkabinette an. Das Problem der späten Weimarer Republik war ja, dass die Regierungen keine Parlamentsmehrheiten hinter sich vereinigen konnten. Es war allerdings folgerichtig, dass Hindenburg Hitler irgendwann den Auftrag gab, eine Regierung zu bilden, schließlich hatte dieser die stärkste Parlamentsfraktion hinter sich.
In der Bundesrepublik - und in den meisten Demokratien - ist das Usus, dass zunächst die stärkste Parlamentsfraktion den Auftrag des Staatschefs erhält zur Regierungsbildung einen Koalitionspartner zu suchen.
Das war in der Weimarer Republik nicht so. Hier bestimmte der Staatschef die Regierung.
Du hast also gewissermaßen Recht, wenn du meinst, dass es zu einer vernünftigen Regierungsarbeit auch einer Parlamentsmehrheit bedurfte, ABER die Praxis sah seit 1930 eben die von dir erwähnten Präsidialkabinette vor, denen es eben genau an dieser Mehrheit mangelte.
 
Zuletzt bearbeitet:
...Das war in der Weimarer Republik nicht so. Hier bestimmte der Staatschef die Regierung.
...

Erlaube mir bitte eine kurze Ergänzung. Der Reichskanzler bedurfte des Vertrauens des Reichtstages (Artikel 54).

documentArchiv.de - Verfassung des Deutschen Reichs ["Weimarer Reichsverfassung"] (11.08.1919)

Über die geübte Praxis der "Präsidialkabinette" ist die historische und rechtshistorische Literatur Legion.

o.t.

Ich vermute, über jeden Tag seit dem 1. Juni 1932 wird es inzwischen eine Dissertation geben. Ebenso für die Tage nach dem 4. Dezember 1932, an dem ein General RK wurde.

M. :winke:
 
Erlaube mir bitte eine kurze Ergänzung. Der Reichskanzler bedurfte des Vertrauens des Reichtstages (Artikel 54).

documentArchiv.de - Verfassung des Deutschen Reichs ["Weimarer Reichsverfassung"] (11.08.1919)

Das interessante an diesem Artikel ist ja, dass der Reichstag der Regierung nicht das Vertrauen aussprechen, sondern es ihm explizit ("durch ausdrücklichen Beschluss") entziehen muss. Die Verfassungsväter dürften sich 1919 die Möglichkeit der Präsidialkabinette bzw. die Schwierigkeiten der Regierungsbildung einige Jahre später schlicht nicht haben vorgestellen können. Der Artikel geht ja quasi davon aus, dass der Reichstag der vom Reichspräsidenten bestimmten Regierung quasi automatisch das Vertrauen aussprach und es nur im Fall, dass dies irgendwann nicht mehr der Fall sei, ein entsprechender Vorgang notwendig sei.
 
Diese kommende Zersplitterung lag sicher nicht in der Phantasie der Verfassungsväter.

Ganz bewusst hatte man die Regierung als Brücke installiert, die auf den zwei "Pfeilern" des Reichspräsidenten und des Reichstags ruhte. Das destruktive Entziehen des Vertrauens durch den Reichstag wurde möglich, wobei sich herausstellte, dass hierdurch iVm Artikel 48 die Machtposition des Präsidenten anwuchs.

Bereits frühe Regierungen neigten dazu, das Misstrauen des Reichstages weit auszulegen (Stresemann 1923). Hier reichte schon die Verweigerung, eine Abstimmung über das Vertrauen durchzuführen.
 
Vielen lieben Dank euch allen, jetzt ist mir alles klar:)

Liebe Grüße
 
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