Etwas schwierig ist die Eingangsfrage grundsätzlich, da man das Links-Rechts-Schema zeitlich gesondert und in Bewegung betrachten muss - und es sich sogar über den Zeitlauf 1848 bis heute bei manchen Parteien umkehrte:
Im Reichsrat Österreichs (cislaithanische, kaiserliche Hälfte) um 1900 galten alle Gruppierungen der Nationalen (egal, ob Deutsch-, Tschechisch-, Italianisch- usw.) der Öffentlichkeit als LINKS! Am äusserst linken Rand standen da zB. die Großdeutschen. Die Herkunft liegt in ihren Ursprüngen der Revolutionsjahre/Studentenprogramme der Jahre vor und um 1848 mit für damalige Verhältnisse teilweise sozialrevolutionären Inhalten und für Monarchisten undenkbaren (national-)politischen Lösungen.
Dass diese dann seit damals ständig in Bewegung zu Mitte-/Zentrums- und mannigfaltig auslegbaren LIBERALEN Parteien mutierten, liegt am Auftreten der Arbeiterparteien, die dann natürlich wiederum den äusserst linken Rand besetzten - besser: dorthin gesetzt wurden.
Die Benennung bzw. Positionierung "links" nämlich war eigentlich keine selbstgewählte, sondern vom Establishment geprägte: von den Konservativen, also den "Beharrenden", denen anscheinend der RECHTE Platz angemessen erschien.
RECHTS stand also hierzulande immer das regierende, saturierte, besitzende Lager, natürlich wieder mit Abstufungen von der (christlich-caritativen) Mitte bis hin zu einer, ich nenn es mal "reaktionären Orthodoxie von Adel/Grundbesitz/Kirche". Und die hat zB. besonders in Ungarn sonderbare Blüten getrieben und nannte sich dort, man glaube es nicht, "LIBERALE". (Deren "Liberalität" - ihre Mitglieder waren ausschließlich großgrundbesitzende Hocharistorakten- war schlichtweg die Übersetzung für "freie (recte eigenmächtige) Machtverfügung".)
Die Christlichsozialen (ideolog. Vorfahren der heutigen ÖVP, vergleichbar mit der CSU) waren sozusagen innerhalb des konservativen Lagers Revoluzzer und wanderten zB. noch während ihrer Gründerzeit über 10,15 Jahre unter Lueger von einiges-Links-der-Mitte nach Mitte-rechts.
Einige haben über die "Internationalen" oben ja schon mit guten, anderen Worten gesagt:
Das Auftreten der polit. Arbeitervertretungen hatte eine übernationale Note (und Sprengkraft) und hat auch diese in vielen Abstufungen und schließlich durch ihre Vereinigung zur Sozialdemokratie (unter Viktor Adler in Ö.) alleine wegen ihres Wortes "Demokraten" mehr am linken Rand festgehalten, als es der Wortteil Sozialisten ausmachte. (Das Wort "Sozial/isten" ist anscheinend der älteste Wählerköder...) Da mussten erst Kommunisten oder Anarchisten auftreten, die ihrerseits das linksextreme Tellerranderl besetzten und die Sozialdemokraten weiter in die Mitte zu rücken (aber da sind wir schon nach dem 1., bzw. in Österreich nach dem 2. WK).
Dass heutige "Nachfolger" (SPs od CS) heute noch dieses Spiel des Jahrhunderts 1850-1950 spielen, dürfte daran liegen, dass der liebe Wähler mehr in links-rechts-Gegnerschaften denkt und demgemäß simpler zu ködern ist.
*Was ihr heute über Ös Parteienlandschaft als "rechts/extrem (etc.)" bezeichnet liest (FPÖ/BZÖ) stand gemäß ihrer Ursprungsherleitung also einmal ganz links! Und da sie einerseits eigentlich ein gesellschaftsliberales Programm hätten, aber wahltechnisch nur mit reinstem und teils abstoßendem Populismus punkten können (Carl Lueger war übrigens der Vater dieses österr. Populismus), besetzen sie inzwischen -zeitgemäß betrachtet- längst wieder das äusserst linke Eck, das Eck, von dem die Störenfriede kommen ....