Rotfrontkämpferbund in Hamburg

BerndHH

Aktives Mitglied
Moin,

Hamburg-Barmbek war lange Zeit KPD-Hochburg. Hamburgs Geschichte ist mit Persönlichkeiten wie Ernst Thälmann verbunden. Gibt es eigentlich Berichte über das Alltagsleben des RFB in Hamburg?

Wie waren sie organisiert (KPD Waterkant, Rote Marine, etc.), wie und wo engagierten sie sich?

Welche Art von AgitProp betrieben sie?

Wie wurde der Rote Jungsturm, die Rote Jungfront ausgebildet?

Warum verwenden sie eine ähnliche Symbolik Begrifflichkeit wie die Nationalsozialisten? Gau Wasserkante. Gau war dann offensichtlich ein “germanisierter Begriff” für eine politische Siedlungsgemeinschaft.

WP (Roter Frontkämpferbund ? Wikipedia)
Gau Wasserkante 1924 i. Neumünster gegründet. Aktivitäten in Pinneberg, Winterhude-Uhlenhorst, Altona (Thälmanns Heimat), Wandsbek und Bramfeld.
In Hamburg existierten 17 Abteilungen, jeweils mit Musikformationen Trommler und Pfeifer, Blasmusik oder Schalmeienkapellen in folgenden Stadtteilen: Altona, Hammerbrook, Barmbek, Rothenburgsort, Veddel, etc. Am stärksten mit jeweils fünf Kameradschaften waren Altona und die Rote Marine vertreten. Eimsbüttel hatte zwei und Stellingen eine.
In der WP steht zum Thema

Problemfeld Jugend – vom Roten Jungsturm zur Roten Jungfront (RJ)

Seit den ersten Gründungen von RFB-Ortsgruppen bestand in diesen ein besonderes Verhältnis zwischen den ehemaligen Soldaten des Weltkriegs – der eigentlichen Zielgruppe – und der Jugend. So waren im Widerspruch zum Wunsch nach Sammlung kriegserfahrener Kämpfer die Gründungsveranstaltungen meistens von Jugendlichen dominiert. Im Widerspruch dazu wurde die Jugendorganisation in den ersten Satzungen und Richtlinien des RFB nicht einmal erwähnt. Auf der 1. Reichskonferenz war der Rote Jungsturm (später Rote Jungfront) „einer der Hauptberatungsgegenstände“. Als Unterabteilung des RFB sollte der RJS in „gewissem Umfang“ eine „selbständige Organisation“ für die Altersgruppe der 16- bis 21jährigen (ab November 1928 bis 23jährigen) sein, und in alle RFB-Leitungen sollte ein RJS-Mitglied und in alle RJS-Leitungen ein RFB-Mitglied gewählt werden. Politische Aktionen bedurften allerdings der Genehmigung der zuständigen RFB-Leitung. In den Ortsgruppen waren die RFB-Kameraden als „Lehrer“ präsent. Ab 1927 konnte die RJF anlässlich der Reichskonferenz eine Vorkonferenz abhalten. Die Zunahme der Agitation machte eine verstärkte Schulung notwendig. Von besonderer Bedeutung war die zentrale Ausbildung im Sinn der Partei. Zwei ursprünglich zu Ferienzwecken angedachte Sommerkamps wurden zu „Reichsführerlagern“ umfunktioniert. Das erste fand vom 3. bis 24. Juli 1927 im thüringischen Tambach-Dietharz und das zweite vom 15. Juli bis 12. August in Einsiedel (Erzgebirge) statt. Das Programm bestand aus militärischem Drill (Morgenappell, Planspiele, Wehrsportübungen usw.) gepaart mit einem Lagerleben wie es bei Pfadfindern üblich ist. Die größere Radikalität war zweifellos in der Jugendorganisation vorhanden, aber vielfach von einem unkontrollierten Aktionismus geprägt, der immer wieder neben den Schwierigkeiten mit den staatlichen Organen auch Probleme mit der Mutterorganisation brachte. Auf der 2. Reichskonferenz wurde deutlich, dass der jugendliche Überschwang sogar zu Übergriffen der RJ auf den RFB geführte hatte. Während der gesamten Zeit des Bestehens des RFB gelang es der Führung nicht, eine fruchtbare Jugendarbeit zu leisten. Ende 1925 gehörten 20 Prozent der RFB-Mitglieder zur RJ. Während die Mitgliederzahlen des Gesamtverbandes stetig anstiegen, stagnierten die der RJ. Auf der 5. Reichskonferenz des RFB im März 1928 wurde die Einführung einer eigenen Wehrsportgruppe der RJ für alle Mitglieder im Alter von 16 bis 28 Jahren beschlossen.

Was bedeutet das? Gab es einen Generationenkonflikt zwischen RFB-Weltkriegsveteranen und Jugendlichen, welche nicht in den Schützengräben lagen? Wie kann man sich das vorstellen?

Der Text besagt ja, dass es ja offensichtlich unter den RFB-Jugendorganisationen besonders viele Heißsporne gegeben haben musste, die gegen den “gemäßigteren Kurs” der Älteren wohl heftig gestritten haben.

Die frühen SA-Organisationen werden von einem Historiker als eine Art Jugendgang mit einem älteren Mitglied als Anführer beschrieben, der schon etwas auf dem Kerbholz hatte.
Trifft das auch für RFB-Jugendorganisationen zu? Wie sah ihr Alltagsleben aus?

Über weitergehende Informationen würde ich mich sehr freuen.
Gruss,
Bernd
 
Über den RFB findet man bei WP den allgemeinen Hinweis:

Der Rote Frontkämpferbund (RFB) war die paramilitärische Schutztruppe der KPD in der Weimarer Republik. Er wurde Mitte Juli 1924 in Thüringen gegründet (es werden unterschiedliche Daten kolportiert) und entwickelte eine Agitationskultur, die von einem Frontkämpferdasein ebenso geprägt war wie von ihrem politischen Selbstverständnis. Am 3. Mai 1929 wurde der RFB vom preußischen Innenminister verboten. Seine Mitglieder agierten in Nachfolgeorganisationen oder wechselten die politische Heimat.

Auffallend ist das Stichwort Thüringen. 1923 wurde in Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt ist in thüringischer Nähe) der Wehrverband Wehrwolf gegründet und in Thüringen war die nationalsozialistische Bewegung auch besonders stark. Zufall oder war die Entstehung des ROTFRONTKÄMPFERBUNDES vielleicht eine Reaktion auf das Erwachen rechter Kräfter in dieser Region?
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir geht es aber eigentlich mehr um die Geschichte der RFB in Hamburg.

Die sozialen Spannungen müssen in der Hansestadt so groß gewesen sein, dass es zu dieser Entwicklung kam.
1892 Choleraepidemie im Hamburger Gängeviertel (Slum in Alt- und Neustadt)
1897 Hamburger Hafenarbeiterstreik - einer der größten Arbeitskämpfe im Deutschen Kaiserreich (WP), endete mit der Niederlage der Arbeitergruppen - vielleicht ein Vorläufer der KPD-Bewegung
1919 Hamburger Sülzeaufstand
1923 Hamburger Aufstand - von der KPD iniitiert

Diese Ereignisse werden die Vorgeschichte des RFB geformt haben.
 
@BerndHH

Ein interessantes Thema.

Eines vorab, alle politischen Parteien der WR mußten sich der "WK I - Frontkämpfer-Generation" annehmen und schufen tw. paramilitärische Organisationen. Bei der Uhntersuchung dieser Organisationen spielt m.E. das soziologische Rekrutierungspotential (Milieu) eine große Rolle.

Nun zum Thema.

Darüber habe ich noch nie gearbeitet, aber ich könnte Rechercheergebnisse beisteuern, wie tief bzw. wie breit angelegt sollte Deiner Meinung nach die Recherche gehen?

M.
 
Hallo Melchior,
einen "Schriftsteller" interessiert natürlich immer der zeitgenössische Kontext, Motive, Hintergründe, was bewegte die Menschen, wie sah das soziale Umfeld, etc. aus.
Sozusagen ein Sittengemälde, was die damalige Zeit plastisch wiedergibt.

Ich würde mich über Materialien freuen, egal wie sehr sie ins Detail gehen.
Der Protagonist meines Romans wächst in HH-Barmbe(c)k auf und sieht sich im Spannungsfeld zwischen SA und RFB. Über die SA gibt es gute Quellen, nur die Geschichte des RFB in HH ist in großen Teilen noch eine Blax Box.

Ich würde mich sehr freuen, etwas von Dir zu hören.

Einen schönen sonnigen Feierabend,
Gruss
Bernd
 
Hier ein praktisches Beispiel: nehmen wir mal an, in Barmbe(c)k gab es 1931 einen SA-Sturm und einen RFB Roten Jungsturm. Beide nehmen getrennt an Wehrübungen, sagen wir mal in der Lüneburger Heide teil. Vielleicht wetteifern beide Gruppen, wer schneidiger, zackiger, etc. war.
Wie sahen solche "Freizeitbeschäftigungen", denn 1931 stand Deutschland ja kurz vor einem Bürgerkrieg, so dass beide Seiten ein vitales Interesse haben, ihre "Wehrhaftigkeit" zu erhalten.
 
Die Schützengrabengeneration des I. WK als Ausbilder der radikalen Jugend?

@BerndHH

Ja, etwas verkürzt und zugespitzt, aber m.E. korrekt.

Du mahnst zeitgenössischen Kontext an, aus Deiner schriftstellerischen Sicht vollkommen o.k.

Lies Dich einmal in das "Hamburger Tageblatt" ein, das war eine regionale NSDAP-Zeitung für Hamburg, dort dürftest Du auch Querverweise auf Zeitungen der politischen Gegner der NSDAP finden. Um in Deinem Kontext zu bleiben, käme da noch die "Norddeutsche Zeitung" prima facie infrage, die regionale Zeitung der KPD.

Diese Zeitungen findest Du in der Staats- und Universitätsbibliothek in HH.

Vergl.:

http://www.sub.uni-hamburg.de/fileadmin/redaktion/Sammlungen_und_HAC/Hamburg/presse_chrono.pdf

Zur Vollständigkeit kann ich aus ferner Sicht nichts schreiben, wäre aber ein erster Rechereansatz.

M. :winke:
 
Ja, etwas verkürzt und zugespitzt, aber m.E. korrekt.

Seid ihr euch da sicher? Die NS-Bewegung definierte sich als "Jugendbwegung" und grenzte sich, auch aufgrund ihrer Erfahrung als "Frontkämpfer", inklusive dem "Frontsozialismus" beispielsweise eines "Röhms", gegen die etablierten Politiker ab.

Das war eine Trennline der Generationen, die politisch wirksam wurde in der Formierung der NSDAP. Ob ähnliche Einflüsse für die KP zu erkennen sind kann ich nicht beurteilen.

Interessant sind dabei die Schilderungen von Goebbels in seinem Tagebuch, in dem er die "Schlägerein" mit der KPD "lustvoll" beschreibt. Das war "jugendliche Randale", die sogar eine gewisse Anerkennung für den Gegner zeigte, sofern er sich ausreichen "gut geschlagen" hatte.
 
Seid ihr euch da sicher? ...

Nein (!), selbstverständlich nicht. Nur, die sozio-hierarchische Ebene einer Sicht von Goebbels kann m.E. nicht auf die Sichtweise eines Arbeiters der vllt. bei Blohm- und Voss arbeitet, transponiert werden. Vllt. war dieser Arbeiter Uffz. im I. WK und mußte dort Entscheidungen treffen, die letztlich über Tod und Überleben der Soldis seiner Gruppe entschieden.

Jetzt ist er zurück in der Heimat und muss sich wieder in die normale Zivilgesellschaft einfügen.

Da bieten sich auf einmal Möglichkeiten an, gleichsam die "Führungsposition" wieder zu erlangen (HJ, SA, RFB wie auch immer), vllt. empfand er dieses "Angebot" als attraktiv, jenseits seiner realen sozialen Stellung in der Zivilgesellschaft.

M. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Welche Art von AgitProp betrieben sie?

Nicht aus Hamburg, sondern aus Berlin: Das Lied Roter Wedding der gleichnamigen Agitprop-Gruppe war sowas wie die Hymne des RFB, auch über Wedding respektiove Berlin hinaus.

Roter Wedding ? Wikipedia

Der rote Wedding ? Wikipedia

Warum verwenden sie eine ähnliche Symbolik Begrifflichkeit wie die Nationalsozialisten? Gau Wasserkante. Gau war dann offensichtlich ein “germanisierter Begriff” für eine politische Siedlungsgemeinschaft.

Großer Teile der Symbolik haben sich die Nazis bei der Arbeiterbewegung geklaut, angefangen mit der (größteneils) roten Fahne und dem Begriff "Arbeiterpartei". Der Begriff "Gau" war mWn vor dem NS-Regime durchaus üblich und wurde erst durch diese diskreditiert.

(OFF-TOPIC: Was Fantasy-Fans dann das Auenland beschert hat; die wörtliche Übersetzung wäre "Der Gau".)

Wie wurde der Rote Jungsturm, die Rote Jungfront ausgebildet?

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in vielen Jugendverbänden der Zeit die "Wehrertüchtigung" sehr hoch im Kurs stand, zumindest für Jungen. Seien es christliche Gruppen, Pfadfinder, HJ oder eben die Gruppen der Arbeiterjugend, paramilitärische Übungen, Körperertüchtigung und Märsche als Kriegsvorbereitung, Uniformen, Fahnen und pseudo-militärisches getue fand sich bei allen.

Was bedeutet das? Gab es einen Generationenkonflikt zwischen RFB-Weltkriegsveteranen und Jugendlichen, welche nicht in den Schützengräben lagen? Wie kann man sich das vorstellen?

Der Text besagt ja, dass es ja offensichtlich unter den RFB-Jugendorganisationen besonders viele Heißsporne gegeben haben musste, die gegen den “gemäßigteren Kurs” der Älteren wohl heftig gestritten haben.

Ist ja heute nicht völlig anders; die Jugendorganisationen aller Parteien sind oft radikaler in ihren Forderungen als die Mutterparteien.

Der Unterschied zu heute: Um Straßenkämpfe und gewalttätige Angriffe auf Staat oder politische Gegner zu planen und durchzuführen muss man heute schon sehr radikal sein Zur Zeit der WR war das alles sehr viel näher, zumindest in den Jugendorganisationen, die massiv gegen diese WR eingestellt waren, inkl RFB und Jugendabteilung. Bewaffnete Kämpfe und Aufstände gab es immer wieder; Leute, die an solchen Aktionen teilgenommen hatten, waren zahlreich verfügbar, als Vorbild oder Lehrer (1918/19, 1923, aber auch zahlreiche gewaltsame Demonstrationen oder Streiks etc); und es war das reklärte Ziel der KPD und aller verbündeter Organisationen, gewaltsam die Macht zu übernehmen, was ja auch geübt werden will. Heute üben manche junge Leute das Verhalten während Sitzblockaden, damals halt Überfälle auf Polizeiwachen...

Noch ein Hinweis auf das "Alltagsleben": Kennst Du den Film Kuhle Wampe? Ein Agitprop-Film aus den frühen 30ern, der das darstellen will; wenn auch keine objektive Dokumentation, durchaus sehenswert.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kuhle_Wampe_oder:_Wem_gehört_die_Welt?
 
Hallo Reinecke,
der Begriff, das Lied "Roter Wedding" war mir noch unbekannt. Vielen Dank für den Hinweis.
Der Film "Kuhle Wampe" zeigt die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, eine Paralelle zum RFB hat er meines Wissens nicht, ich habe ihn aber auch nicht ganz bei You Tube gesehen.
Quintessenz der bisherigen Beiträge: SA und RFB unterscheiden sich nicht groß in ihrer Radikalität, höchstens unter welcher Fahne.
 
Die ideologische Ausrichtung war aber nicht nur vom soziokulturellem Hintergrund abhängig. So konnte in der späten WR der Riss auch durch Familien gehen. Ein Familienangehöriger bekennt sich zur SA und der andere ist in der Schalmeienkapelle des RFB gebunden. Und sie treffen sich alle zur Massenschlägerei auf der Sternschanze.
Jene Begegnung im Jahr 1930, die mit dem Tod des SA-Truppführers Heinrich Dreckmann endete.
 
Im Bundesarchiv bin ich jetzt auf einige interessante Dokumente gestoßen:

RY 1/I 4/2/1
Gründung des RFB im Aug. 1924 Enthält nur: Gründung des RFB durch die provisorische Bundesleitung am 24. Aug. 1924; Satzungen; Pressemeldung über Schreiben des RFB v. 17. Sept. an die Zentrale der KPD, Antwort vom 18. Sept. 1924; Erste Nummer des Bundesorgans des RFB "Die Rote Front", Nr. 1 vom 15. Okt. 1924

RY 1/I 4/2/7 Orgaufbau und -struktur
Enthält v. a.: Bescheinigung über Eintragung des RFB in das Vereinsregister des Amtsgerichts Mitte; Richtlinien, Beschlüsse über Bedeutung, Aufbau, Aufgaben u. Gliederung des RFB, der Roten Jungfront; Schematas des Aufbaus, Mitgliederbewegung 1. Halbjahr 1928; Angestelltenlisten d. RFB, o. Dat.; Warenvertriebslisten (Bekleidungs- u. Ausrüstungsgesellschaft 'Gebagos') des RFB; Satzungen; Betrittserklärungen; Mitgliedskarte u. -buch; Beitragsmarken; Gelöbnis; Sammellisten; Abteilungsbefehle des RFB; Schrift zur Werbung von RFB-Mitgliedern; Aufbau u. Gliederung der Roten Wehrschar; Kommando-Reglement 1931 - 1932

RY 1/I 4/2/15 Gau Wasserkante
Enthält: 2 Hefte mit hs. Aufzeichnungen eines RFB-Genossen über die Lage in Hamburg, insbesondere im Reichsbanner, Stahlhelm und in der NSDAP Heft 1: Okt. 1928 - März 1929; Heft 2: März 1929 - Sept. 1930; Resolution, Antrag von der Bezirks-Konferenz Nord 1928 sowie von der Gau-Konferenz, Rundschreiben; Briefe u. Mitteilungen; Dokumente u. Materialien über die Sektion "Marine" beim RFB Wasserkante 1924 - 1931 (wurde aber vermutlich schon im WP-Artikel verwendet)

RY 1/I 4/2/17 Agitationsmaterial
Enthält nur: Artikel-Mss.; Rede-Dispositionen u. Referentenmaterial über Stellung der Presse zum RFB; Aufgaben u. Ziele des RFB; Novemberrevolution in Deutschland 1918; 11. Jahrestag der Roten Armee

RY 1/I 4/2/20 Rote Jungfront
Enthält nur: Protokolle von der ersten Jungsturmsitzung der Reichsleitung mit den 9 wichtigsten Gauen im Dez. 1925; Mitteldeutsche Rote Jungsturm-Konferenz in Halle am 23. Aug. 1925; Diskussion auf der Konferenz der Pol.leiter u. Jungsturmfraktionsleiter des KJVD am 24. Jan. 1926; Resolutionen über Rote Jungfront, angenommen auf der Bezirkskonferenz des KJVD Wasserkante, Nov. 1928; Politische Lage; Aufgaben der RJF [1929]; Richtlinien über die Org.struktur, Aufbau und Aufgaben der RJF und ihre Verhältnis zum RFB; 2 Rundschreiben, 1925 - 1926; Arbeitsplan zum Märzaufgebot der RJF 1928; "Rotes Jungwählerkomitees Lichtenberg"; Polizeibericht über den RFB und die RJF [1925]
 
@BerndHH

Wenn Du einplanst auch in Archive zu gehen, dann schau auch mal hier:

R 1507 "Reichskommissar für die Überwachung der öffentlichen Ordnung"

"Informationen zum Bestand
Im August 1920 als innenpolitische Informations- und Nachrichtenstelle eingesetzt; unterrichtete die Reichsregierung über alle, die innere Lage des Reiches berührenden politischen Bestrebungen und Vorgänge; Auflösung 1929; Aufgaben wurden von der Nachrichtensammelstelle im Reichsministerium des Innern übernommen; Dienststelle ging 1933 im Geheimen Staatspolizeiamt auf."

Quelle: Bundesarchiv, vergl.:

http://startext.net-build.de:8080/b...ndex.htm?kid=54ECD954C05243CEBF5183C1463EF8E7

Dort findest Du sozusagen, die "staatliche Wahrnehmung" von Auseinandersetzungen zwischen RFB und beispielsweise der SA.

M.
 
Hallo Melchior,
Der Gang in die Archive ist auch fest eingeplant, allerdings erst in der kalten Jahreszeit. :)

Über die Schlacht an der Sternschanze und Heinrich Dreckmann gibt e seine Quelle:
Kollektives Gedächtnis: SA-Sturmführers Conn

Erlebnisbericht des SA-Sturmführers Conn aus Hamburg:

Die Schlacht an der Sternschanze am 7. September 1930

Zum 7.9. plante die NSDAP eine Werbefahrt auf Lastwagen durch Hamburg. Was den Kommunisten genehmigt wurde, wurde uns abgeschlagen. Der Polizeipräsident war nicht bereit, Aufmärsche im Braunhemd zuzulassen, obwohl das Tragen der Uniform nicht verboten war. In einem Gespräch in unserer Geschäftsstelle in der Grossen Bleichen erzählte mir Brigadeführer Ellerhusen davon und meinte, eine Umfahrt in Zivil lohne sich nicht; er habe sich daher entschlossen, den Marsch zu Fuß in aufgelöster Ordnung zu unternehmen.
Überrascht fragte ich: "Mit der ganzen Brigade?”. Dann wies ich darauf hin, daß ich am kommenden Abend einen solchen Marsch unternähme und forderte ihn auf, ihn sich anzusehen. [...]
Mittags traten wir in der Hammerstraße gleich hinter dem S-Bahnhof Wandsbeker Chaussee an. Um 2 Uhr setzte sich die SA in Marsch. Wie ein langer, unübersehbarer Bandwurm zogen die Braunhemden rechts und links auf den Bürgersteigen dahin. Meifert hatte die Spitze, dann folgte Stäublin, den Schluß bildete meine Standarte, zuerst der Sturm 50 und zu allerletzt der Sturm 2.
So ging es unaufhaltsam und ohne Zwischenfall die Wandsbeker Chaussee entlang, durch die Lübeckerstraße, den Steindamm und dann in die Mönckebergerstraße. Von dort bogen wir rechts ein, die Bergstraße hinab und über den Jungfernstieg. Da wir nicht angemeldet waren, begleitete uns auch keine Polizei. Auf dem Jungferstieg verständigte ich Sturmführer Trzebiatowsky, daß ich vorfahren wolle, um zu erfahren, was vorne geplant sei.
Wie bei all meinen Unternehmungen in aufgelöster Ordnung war ich auch dieses Mal motorisiert. Ich saß auf dem Motorrad des Parteigenossen Häfker, einem alten Soldaten und Schlagetermann, dem späteren Kreisleiter von St. Pauli. Am Gänsemarkt angekommen, wandte sich der Marschzug in die Hohen Bleichen. Dort traf ich Ellerhusen an der Spitze.
Hier erfuhr ich, daß Ellerhusen nur bis zur Mönckebergerstraße geplant hatte. Er war davon ausgegangen, daß uns die Polizei auf jeden Fall längst vorher auseinandertreiben würde. Das hatte sie aber nicht getan. Und nun wußte keiner, wohin es weiter gehen sollte. Ich fragte ihn, wohin es denn nun gehen sollte. Ellerhusen sagte: zu Wagner in die Gabelsbergerstraße, dem Lokal von Sturm 2.
Da er die Straßen hier nicht gut kannte, mußte ich die Spitze übernehmen und den Weg weisen. Da wir bislang weit und breit keiner anderen Partei begegnet waren, erschien uns allen das letzte Stück des Unternehmens durchaus harmlos. Trotzdem war ich vorsichtig. Wir überquerten den Karl-Muck-Platz, und ich wählte dann die Marktstraße. [...] Als ich gegen 4 Uhr mit der Spitze die Hochbahnbrücke Feldstraße überquerte, stieß ich auf ein starkes Polizeiaufgebot und sah dahinter in der Sternstraße die Kommune mit einer langen Wagenkolonne abfahrbereit versammelt. Ich stockte, was war zu tun?
Jetzt rächte sich die fehlende Aufklärung. Wir waren unmittelbar auf den Gegner geplatzt! Kehrt machen konnte ich mit dem nachdrängenden ungeordneten Haufen nicht. Da die Polizei abriegelte, durfte ich annehmen, daß wir ohne Zwischenfall über den Neuen Pferdemarkt und die Schanzenstraße vorbei ziehen könnten. Uns blieb auch keine andere Wahl, weil die gegenüberliegende Seite des Platzes bereits preußisch war, wo wir uns im dort verbotenen Braunhemd nicht hinbegeben durften, ohne uns strafbar zu machen. [...]
Ich ließ die ganze Brigade an mir vorbeiziehen. Als die Nachhut kam, setzte ich Trzebiatowsky rasch ins Bild und ermahnte ihn, die Männer eng zusammen zu halten und in möglichst beschleunigter Gangart den Anschluß zu halten. Dann fuhr ich wieder nach vorne. Ich stellte fest, daß die Polizei alle kleinen Terrassen zwischen der Sternschanze und dem Neuen Pferdemarkt ebenfalls abgeriegelt hatte. Ebenso war der Ausgang der Lagerstraße zur Schanzenstraße abgesperrt. Die Spitze erreichte ich in der Schanzenstraße. Sie war schon an der Kommune vorbei. Ich atmete auf.
Inzwischen war ein kommunistischer Motorradfahrer mit wehender roter Fahne aus der Lagerstraße heraus in die Schanzenstraße Richtung Pferdemarkt eingebogen und mitten unter die SA gefahren. Die Fahne wurde ihm entrissen, der Fahrer stürzte mit dem Rad. Da ich selbst das nicht gesehen habe, bleibt es mir unverständlich, daß die Polizei diese offensichtliche Provokation zugelassen hat.
Dieser bedauerliche Vorfall gab das Signal für einen umfassenden Angriff der Kommune gegen die SA. Wieso und warum die Polizei ihre Absperrung nicht aufrecht erhielt, vermag ich nicht zu beurteilen. Sie hatte es in der Hand, alles Folgende zu verhindern. Statt dessen ging auch sie gegen die SA vor, verhaftete eine ganze Anzahl der sich gegen die Kommunisten Wehrenden und fuhr sie mit dem Peterwagen in Richtung Schlump ab.
Die roten Lastwagen kamen nun vom Neuen Pferdemarkt her, die Besatzung sprang ab und verstärkte den Angriff entlang der Schanzenstraße. Sie fuhren auch über Schulterblatt auf preußischem Gebiet und drangen durch die Susannenstraße vor, um uns im Rücken zu fassen.
Hier, Ecke Susannenstraße und Schanzenstraße, fiel der stellvertretende Truppenführer Heinrich Dreckmann vom Sturm 50 unter den Messerstichen von Rotfront.
Statt nun Gelände zu gewinnen, verbiß sich die SA in eine aussichtlose Abwehr. Ich besorgte sehr, die Roten möchten uns über Schulterblatt und Altonaerstraße gänzlich einschließen. Hier drohte der Brigade eine nicht auszumalende Gefahr. Mehrfach fuhr ich die einmündenden Straßen ab. Zum Glück ist der Rotfrontkämpferbund auf diesen naheliegenden taktischen Gedanken nicht gekommen. Zwischendurch bemühte ich mich immer wieder vergeblich, die zusammengeballte Masse von SA und Zivilisten zum Weitermarsch zu bewegen, damit auch die Nachhut sich aus der Umklammerung lösen könnte. Alles war völlig durcheinander geraten, kein Führer hatte seine Leute, keine Leute ihre Führer, dazwischen Parteigenossen, Frauen und Passanten. Niemand hörte mehr auf Befehle. Die Truppe war der Führung, soweit eine solche überhaupt noch da war, vollständig entglitten.
Plötzlich kam ein Ruck in die Masse. Die Kommune hatte zum Sturm angesetzt. Viele SA-Leute flüchteten in den Sternschanzenbahnhof, der Rest der Brigade flutete an mir vorbei, hinein in die Weidenallee! Und dann kam die Kommune, die Fahnen zusammengerollt und wie Lanzen eingelegt. Da erst Schritt die Polizei ein.
Am Eingang des Kleinen Schäferkamp hatten sich einige wenige meiner SA-Leute eingefunden. Ich schickte sie über die Schäferkampsallee zum Sturmlokal. [...] So verließ ich als Letzter den Schauplatz und fuhr in die naheliegende Gabelsbergerstraße. Dort hatten sich die Reste zusammengefunden. Dr. Lochmann war schon dabei, verschiedene Messerstichwunden zu verklammern. Glücklicherweise waren sie nicht gefährlicher Art. Aber der mehr und mehr zur Gewißheit werdende Verlust unseres braven, allseitig beliebten Dreckmann drückte die Stimmung sehr herab. Dazu nach all den erfolgreichen Märschen der Standarte diese verlorene Schlacht! Den folgenden Tag verbot auch Hamburg das Tragen der SA-Uniformen. Rotfront geschah nichts.

Über die Vita Dreckmann findet sich nichts. Vielleicht in den Archiven.
Gruss,
Bernd
 
@BerndHH

In diesem Findbuch solltest Du etwas über die Causa Dreckmann finden, zumindest seine Personalakte. Da er aus ns Sicht in der sog. "Kampf- bzw. Systemzeit" "ermordet" wurde, sollte das "archivtechnisch" dort Spuren hinterlassen haben.

Findbuch, NS 23, "Sturmabteilungen der NSDAP (SA)"

M.

http://startext.net-build.de:8080/barch/MidosaSEARCH/Bestaendeuebersicht/index.htm?search=NSDAP%2C%20SA&KontextFb=KontextFb&searchType=any&searchVolumes=all&highlight=true&vid=Bestaendeuebersicht&kid=46E20B61DFF140AE91A593EFF0CE5BFF&uid=CAF7C87FB97A4FA3A5AF00767FC7E6D3&searchPos=16

Vergl. hier:


"NS 23
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Informationen zum Bestand
1921 aus der „Turn- und Sportabteilung der NSDAP“ hervorgegangen, Verbot 1923; Neugründung 1925, Errichtung der Obersten SA-Führung in München mit dem Chef des Stabes 1926 als zentrale Leitung, zuständig für die vor- und nachmilitärische Ausbildung der Mitglieder der NSDAP.


Überlieferung
Teil 1: 1921-1945 (439):
Befehle, Verfügungen, Anordnungen 1927-1940 (71); Verwaltungsangelegenheiten 1931-1945 (208); Rechtsamt (26), Presseangelegenheiten (16); SA-Obergruppen und SA-Gruppen (104); Diverses (14).
Teil 2: 1931/1933-1935 (15):
Chef des Ausbildungswesens 1931/33-1935 (15).
In den Beständen des ehem. BDC befinden sich Personalunterlagen zu ca. 500.000 SA-Angehörigen, in den "Z-Beständen" in Dahlwitz-Hoppegarten ca. 15.000 AE (Provenienz: Chef des Ausbildungswesens).


Erschließungszustand (Kommentar)
Teil 1: Vorläufiges Findbuch, Findkartei: 1991
Teil 2: Findkartei


Amtliche Druckschriften
Verordnungsblatt der Obersten SA-Führung, 1931-1944, NSD 40/1.
Stabsbefehl/Personalstabsbefehl, 1935-1944, NSD 40/5.
Der SA-Führer. Zeitschrift der SA-Führer der NSDAP, 1936-1944, NSD 40/20.
Der SA-Mann, 1929, 1932-1938, NSD 40/85.


Literatur
Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates, hrsg. von Heinz Boberach, München 1991/1995, Teil 1, S. 491-493, Teil 2, S. 294.
The Holdings of the Berlin Document Center. A Guide to the Collections, Berlin Document Center (nicht im Buchhandel erhältlich), 1994, S. 94-101.
29,5 lfm, 454 AE 1921-1945"
 
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