Weimarer Republik

momomo

Neues Mitglied
Ich habe ein paar Fragen, die mir leider nicht einmal meine Lehrerin beantworten konnte, bzw. extrem abgeschweift ist. Wenn ihr mir helfen könntet wäre das wirklich toll.

1. Was passiert wenn der Reichskanzler der Weimarer Republik zurücktritt?
Git es dann Reichstagswahlen?

2. Was passiert, wenn der Reichstag über Art. 25 aufgelöst wird?
Hat dies in irgendeiner Weise Auswirkungen auf den Reichskanzler oder die Reichsregierung?

3. Hat die Ernennung zum Reichskanzler etwas mit der Stimmenanzahl der Partei im Reichstag zu tun?

4. War es in irgendeiner Weise besonders, dass Hitler Reichskanzler wurde, oder war es absehbar, wenn ja warum?

Es muss nicht jeder alle beantworten, ich möchte nur dass sie richtig sind. :D
 
1) Nein, der Reichspräsident alleine ernennt einen neuen Kanzler.

2) Nein.

3) Der Reichspräsident kann sich von solchen Gedanken leiten lassen, muss aber nicht.

4) Es war insofern absehbar, als er Führer der stärksten Partei war und einige andere Kanzler vor ihm schon "verschlissen" worden waren - zwingend notwendig, ihn zum Kanzler zu ernennen war es aber nicht.
 
zu Frage zwei kann ich dir auf jeden Fall helfen.
Wenn der Reichstag aufgelöst wird, kann der Reichskanzler ohne Reichstag regieren und wird quasi zum Alleinherrscher...
 
zu Frage zwei kann ich dir auf jeden Fall helfen.
Wenn der Reichstag aufgelöst wird, kann der Reichskanzler ohne Reichstag regieren und wird quasi zum Alleinherrscher...

Da würde ich energisch widersprechen. Der Kanzler kann alleine keine Gesetze erlassen - das muss entweder der Reichstag tun oder der Reichspräsident mit einer Notverordnung.

Der Reichspräsident kann auch den Kanzler jederzeit entlassen - von Alleinherrschaft kann da keine Rede sein. Wenn (!) der Kanzler "alleine, ohne Reichstag" regiert, dann nur, weil der Reichspräsident ihm das über Notverordnungen ermöglicht.
 
Da würde ich energisch widersprechen. Der Kanzler kann alleine keine Gesetze erlassen - das muss entweder der Reichstag tun oder der Reichspräsident mit einer Notverordnung.

Der Reichspräsident kann auch den Kanzler jederzeit entlassen - von Alleinherrschaft kann da keine Rede sein. Wenn (!) der Kanzler "alleine, ohne Reichstag" regiert, dann nur, weil der Reichspräsident ihm das über Notverordnungen ermöglicht.
oh stimmt hast du natürlich recht:autsch:
hab mich da irgendwie voll vertan
 
Danke ... aber so nebenbei: Wenn Deine Lehrerin DAS tatsächlich nicht beantworten konnte ... *Kopfschüttel*.
 
[Lehrkörperrettung]
"... bzw extrem abgeschweift ist..."

Das kann auch bedeuten, dass sie es zu gut erklärt; was jetzt nicht didaktisch, sondern fachlich-historisch gemeint ist. ;)
[/Lehrkörperrettung]
 
Da kann ich jede Zweifel über meine Auffassungsgabe ausräumen. Ich glaube sie hat einfach die Frage nicht verstanden, da sie nur das erzählt hat, was ich schon wusste.

Außerdem redet sie sooo langsam, dass man währenddessen einschläft
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Da würde ich energisch widersprechen. Der Kanzler kann alleine keine Gesetze erlassen - das muss entweder der Reichstag tun oder der Reichspräsident mit einer Notverordnung.
Der Reichspräsident kann auch den Kanzler jederzeit entlassen

Hier liegt auch eine Einschränkung für die "Allmacht" des Reichspräsidenten, auf die ganz vorsichtig hinzuweisen ist.

Für die Auflösung des Reichstags nach Art. 25 benötigt der Reichspräsident nämlich die Gegenzeichnung durch den zuständigen Minister bzw. Reichskanzler. Anschütz weist in seinem Kommentar zur WV darauf hin, dass bei dieser Frage wahrscheinlich nur die Gegenzeichnung des Reichskanzlers ausreichend sei.

Es ist also nach der Papierlage ein Zusammenwirken erforderlich (von dem man insbesondere bei den Präsidialregierungen aber praktisch ausgehen kann).

Bei der Ernennung des Reichskanzlers ist der RP materiell durch Art. 54 WV gebunden (Mehrheitssuche). Theoretisch kann er aber die gesamte Reichsregierung inkl. RK entlassen und für die erforderliche Gegenzeichnung (Entlassung der Reichsregierung plus Auflösung des Reichstages) den wiederum vom RP bestellten Nachfolger "benutzen".

Dadurch die die Kontrolle durch Gegenzeichnung faktisch ausgehebelt.
 
Bei der Ernennung des Reichskanzlers ist der RP materiell durch Art. 54 WV gebunden (Mehrheitssuche).
Das war Anschützens Interpretation [1], die von anderen bestritten wurde. Nach Pohl [2] war der Reichspräsident ohne weiteres "in der Lage, zur Durchsetzung seines politischen Willens gegen eine Reichstagsmehrheit zunächst eine Minderheits- und Kampfregierung [sic] zu bilden, zu der dann ein aus Neuwahlen hervorgehender Reichstag Stellung zu nehmen hat".

Dadurch die die Kontrolle durch Gegenzeichnung faktisch ausgehebelt.
Deshalb wurde schon im Verfassungsausschuss der Nationalversammlung gefordert, die Gegenzeichnungspflicht in diesem Punkt von vornherein entfallen zu lassen. [3] Der Ausschusses entschied sich zugunsten der "Kosmetik", weil der Reichspräsident nicht als ein dem Reichtag völlig ebenbürtiger Faktor erscheinen sollte.


[1] Verfassung des Deutschen Reiches (1929), S. 271, 276
[2] in: Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. 1 (1930), S. 487 f.
[3] aaO, S. 486
 
Das war Anschützens Interpretation [1], die von anderen bestritten wurde.

Und die von anderen geteilt wurde, wobei die außerordentliche Ausnahme der Regel nicht ausgeblendet wurde.

ZB Nawiasky beschreibt das Verhältnis als "elastisches Zusammenwirken". Dem Berufungs- und Enthebungsrecht des RP steht - so wohl beabsichtigt - das Vertrauensverhältnis des RK zum Reichtstag und seiner Mehrheit gegenüber. (Staatslexikon IV, 726). Anschütz sieht in Art. 54 I WV die Proklamation des parlamentarischen Systems, entsprechend folgt aus seiner Aushebelung die Aussetzung desselben. Dafür bedarf es eines Ausnahmefalls, analog Art. 48 II WV.

Das Problem sind nun Störungen der ideellen Elastizität, weswegen ich den Gedanken von Anschütz/Nawiasky u.a. nachvollziehbar finde, dass die Bestellung gegen die Mehrheit wegen der Durchbrechung dieser Bindung besonderer Verhältnisse bedurfte.
 
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