Die Ermordung des Generals von Schleicher

G

Gulasch

Gast
Hallo :)
Bin neu im Forum hoffe aber bei der folgenden frage auf ein wenig hilfe :)
Also bei der Vorbereitung des Abiturs stoße ich mich schon länger an den Umständen der Liquidierung des Generals von Schleicher während des " Röhmputsches". Dabei will mir nicht in den Kopf wieso die NS- Führung einen Mord an Schleicher für notwendig hielt wo er doch wie andere auch ( z. B. Von papen, Brüning, Groener etc.) nach dem scheitern von Weimar nicht mehr für die NSdaP ein hinderniss darstellen konnte. Auch in der Reichswehr wurde er ja durch blomberg ersetzt und hatte folglich dort deutlich an Einfluss verloren.

Danke im vorraus für Antworten
 
"Die" Führung war sich ja wohl nicht einig, ansonsten hätte es ein paar Stunden nach dem Mord nicht einen weiteren Versuch der Verhaftung gegeben.

Neben persönlicher Rache dürfte von Schleicher auch aufgrund von abwertenden Äußerungen ermordet worden sein. Offenbar wurde er zumindest von einigen politisch als Gefahr wahrgenommen.
 
Hallo Gulasch,
während von Schleichers Kanzlerschaft "paktierten" sein Vorgänger v. Papen und sein Nachfolger Hitler gegen ihn. Von Papen wurde Vizekanzler im Kabinett Hitler bis Juli 34. Dennoch scheint er während des "Röhm-Putsches" in Gefahr gewesen zu sein. Göhring warnte ihn, nicht das Haus zu verlassen. Von Schleicher hatte nicht so einflussreiche Freunde und wahrscheinlich sehr viel mehr Feinde bei den Nazis.

Dieser Artikel beschäftigt sich mehr mit den Todesumständen und den Versuchen, staatsanwaltliche Ermittlungen einzuleiten als mit den Tatmotiven. Vielleicht ist er dennoch interessant. :winke:
http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1953_1_5_eschenburg.pdf
 
Die Ermordung erklärt sich sehr plausibel durch zwei Erklärungsstränge.

Der übergeordnete Erklärungsstrang ist der allgemeine Terror, der vor während und vor allem nach der Machtergreifung gegen die anderen Parteien der Weimarer Republik durch Hitler und sein NS-Regime durchgeführt wurde (vgl. z.B. Bracher u.a.: Die Nationalsozialistische Machtergreifung)

Erstaunlicherweise mit Kenntnis und Duldung durch Hindenburg und seiner politischen Berater. Und somit Teile der konservativen Militäreliten zu Mitwissern bzw. passiven Beihilfen gemacht hat, durch die Duldung des Terrors.

Eine sehr authentische Darstellung und auch Kritik an den handelnen Akteuren findet sich beim ex-Reichskanzler und demokratischen Zentrums-Politiker H. Brüning (Memoiren 1918 - 1934). Ihm war zum Zeitpunkt der Machtübernahme durch die Nazis die Dimension des politischen Terrors durchaus bewußt und im letzten Satz äußert er sich - durchaus zu Recht - stolz darauf, dass er politischen "Freund und Feind" vor Verhaftungen durch die SS bzw. SD gewarnt hatte (S. 679)

Neben dieser allgemeinen Dimension, spielt noch die konkrete politische Situation eine Rolle. Während der Machtübernahme durch Hitler gab es Spekulationen über einen Staatsstreich gegen Hitler. Im Zentrum dieser Spekulationen befanden sich Schleicher und Hammerstein. Und somit im Prinzip wichtige Teile der Reichswehr.

Da Schleicher mit seiner "Quer-Koalition" als talentierter "Volkstribun" durchaus über eine realistische politische Alternative zu Hitler verfügte und mit der Reichswehr das wichtigste Instrument der Exekutive kontrolliert, war er eine - potentielle - massive Gefahr für Hitler.

Irgendwelche Äußerungen von Schleicher über Hitler als Begründung für den Mord erscheinen im Vergleich dazu fast lächerlich. Mit solch einem "Kleinkram" hat sich ein Hitler nicht beschäftigt.

Vor diesem Hintergrund kann man den "Röhm-Putsch" als einen "politischen Tausch zwischen Hitler und den restlichen militärischen Eliten betrachten. Hitler eleminiert Röhm und somit die Bedrohung der elitären Existenz der aristokratischen Reichswehr und gleichzeitig fordert er implizit den Tod von Schleicher von der Reichswehrführung als Opfer und als Unterwerfung unter die politische Oberhoheit des neuen Reichskanzlers Hitler.

Zusätzlich "legalisiert" wurde dieser staatliche NS-Terror durch die Schriften von Carl Schmitt, der im Handeln von Hitler angesichts eines - angeblichen - "Staatsstreichs" durch Röhm und seine SA eine legitime Selbstverteidung des Staates sah.

Schleicher und Hammerstein waren nicht so brutal in der Durchsetzung ihres Willens zur Macht. Sie waren traditionelle Machiavellisten, die der Nationalismus als revolutionäre Bewegung und mit einem neuen, radikalen Verständnis der Legitimität politischen Handelns, entmachtet hat.
 
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